otsituationen erfordern schnel- le Entscheidungen. Dies gilt umso mehr, wenn es sich um die eigene Gesundheit handelt. Der Unterschied zwischen dem Kassen- ärztlichen Notdienst und privaten An- bietern wird dann schon mal über- sehen. Dieses Problem kann künf- tig auch in München auftreten. Der
„Arzt-Notruf 19242“ bietet nämlich seit April dieses Jahres seinen priva- ten Notrufservice auch in der bayeri- schen Landeshauptstadt an. Die Ver- braucherzentrale in Hamburg beklag- te bereits 1997, dass Hilfesuchende beim „Arzt-Notruf 19242“ nicht aus- reichend über die private Abrechnung informiert worden seien. Dr. Tammo Bialas, ärztlicher Geschäftsführer des privatärztlichen Notdienstes, wider- spricht diesen Anschuldigungen. Alle Patienten würden vorab über die pri- vatärztliche Behandlung aufgeklärt.
Der Patient entscheide sich wegen der Leistungen und der Qualität des An- gebotes für sein Unternehmen, so der Mediziner. Die sofortige Erreichbar- keit und ausreichend Zeit für den Pati- enten gehörten bei seinem privaten Arzt-Notdienst zum Standard, meint Bialas stolz.
KV wenig euphorisch
Organisiert als modernes Dienst- leistungsunternehmen, soll der privat- ärztliche Notdienst das Angebot der Kassenärzte ergänzen, heißt es in einer Imagebroschüre des Anbieters. Außer- dem trage eine „Mehrklassen-Medi- zin“ auf fortschrittliche Weise zur indi- viduellen Kosten- und Leistungstrans-
parenz bei. Weniger euphorisch be- wertet die Kassenärztliche Vereinigung Hamburg die bisherigen Erfahrungen mit dem privaten Anbieter. Eine Zu- sammenarbeit gebe es nur in dem Sin- ne, dass der Bialas-Dienst vornehmlich die Behandlung von Privatpatienten übernehme. Der „normale“ Kassen- patient erhalte aber eine ebenso gute unentgeltliche Behandlung beim Kas- senärztlichen Notdienst, so Stefan Möl- lers, Sprecher der KV Hamburg.
Abgerechnet wird beim privaten Notdienst nach der GOÄ. Der behan- delnde Arzt erstellt aber lediglich eine Checkliste mit den erbrachten Leistun- gen. Die Zentrale in Hamburg stellt dann die Rechnung. Hierbei wurde in der Vergangenheit der Verdacht des Abrechnungsbetruges laut. Die Ärzte- kammer Hamburg bestätigte, dass sie bereits Mitte der 90er-Jahre Anzeige gegen Tammo Bialas erstattete. Die- ses, so Bialas, „unfaire Verhalten einer Ärztekammer“ führte im Oktober 1997 zu seiner Verhaftung. Nach An- gaben des Hamburger Abendblattes wurden Bialas mehr als 60 Betrugsfäl- le vorgeworfen. In Abrechnungen sei- nes privatärztlichen Notdienstes sollen Leistungen aufgeführt worden sein, die von den Ärzten nicht erbracht wur- den. Bei Säuglingen und nicht Deutsch sprechenden Ausländern seien psych- iatrische Behandlungen abgerechnet worden, hieß es. Bundesweit wurde ge- gen 198 weitere Ärzte, die als freie Mitarbeiter der Gesellschaft tätig wa- ren, ermittelt. Laut Landeskriminal- amt ging es um eine Schadenshöhe von mehreren Millionen Mark. Die Ermitt- lungen der Hamburger Staatsanwalt- schaft dauern bis heute an. RAB A-1514 Deutsches Ärzteblatt 97,Heft 22, 2. Juni 2000
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