A174 Deutsches ÄrzteblattJg. 105Heft 425. Januar 2008
T E C H N I K
Künstliche Nieren, Roboter als Pfle- gepersonal in der Klinik – an der Schnittstelle von Informationstech- nologien (IT) und Gesundheitsdienst- leistungen sind viele neue Anwen- dungen denkbar. Aber sind sie auch technisch machbar? Und vor allem:
Sind sie auch von den Patienten er- wünscht? Diese Fragen beantwortet eine Delphi-Studie, die das Fraun- hofer-Institut für System- und Inno- vationsforschung im Rahmen des FAZIT-Projekts des Landes Baden- Württemberg erstellt hat. Das Karls- ruher Institut fragte rund 200 Exper- ten aus Forschungseinrichtungen, Unternehmen und Verbänden, wel- che IT-Anwendungen in der Ge- sundheitsbranche bis 2020 machbar, für die Patienten sinnvoll und öko- nomisch lohnend sind.
Die meisten der 36 Thesen hielten die Experten bis 2020 für technisch realisierbar, darunter die Fernüber- wachung von Risikopatienten, die
bessere Auslastung der Kliniken durch EDV-gestützte Planungssys- teme oder Implantate, die Körper- funktionen überwachen und automa- tisiert Medikamente abgeben. Die Befragten gehen davon aus, dass sich dadurch neue Märkte entwickeln werden, vor allem bei Technologien, die noch in weiteren Anwendungsfel- dern eine Rolle spielen. Dies gilt zum Beispiel für RFID-Chips, die bereits heute in der Warenlogistik eine große Rolle spielen. Diese Funketiketten könnten Alzheimer-Patienten helfen, verlorene Gegenstände wiederzufin- den, oder sie könnten im Kranken- haus den Behandlungsverlauf und die
Medikamentengabe von Patienten speichern. Geringe Chancen bei den Experten haben Pflegeroboter, wie sie in japanischen Kliniken schon getestet werden. Einige der Befragten halten einen vollwertigen Ersatz für menschliches Pflegepersonal für technisch nicht realisierbar, gleich- zeitig wurden Pflegeroboter von den meisten auch als „nicht erwünscht“
eingestuft, selbst angesichts eines drohenden Mangels an Pflegeperso- nal. Hemmnisse sehen die Experten auch bei anderen Anwendungen, wo- bei neben technischen Schwierigkei- ten häufig Akzeptanzprobleme bei den Patienten oder offene Fragen beim Datenschutz genannt wurden.
Die Delphi-Studie „Zukünftige Informationstechnologie für den Ge- sundheitsbereich“ ist im Internet unter www.fazit-forschung.de abrufbar. EB
DELPHI-STUDIE ZU IT IM GESUNDHEITSWESEN
Pflegeroboter unerwünscht
NOTRUF PER HANDY
Die Hotline-Nummer für den Lifeservice 112 der Björn- Steiger-Stiftung (Deutsches Ärzteblatt, Heft 1–2/2008) wurde eingestellt. Interessierte können sich entweder kostenfrei online unter www.steiger-stiftung.de/Kostenlos- registrieren.64.0.html registrieren oder aber die Telefon- nummer 1 18 99 der Auskunft-Service GmbH dafür nutzen. Für die Registrierung über die 1 18 99 fallen Kos- ten von 1,29 Euro/Minute aus dem deutschen Festnetz beziehungsweise Gebühren aus dem Mobilfunk an. EB
Die Universität Marburg hat Ende 2007 das erste deutsche Hochsicher- heitslabor zur Erforschung von Vi- ren, wie zum Beispiel den Erregern von Ebola, SARS und der Vogel- grippe, in Betrieb genommen. Das neue Labor des Instituts für Virolo- gie gehört zur Klasse mit dem Bio- logischen Sicherheitslevel vier und entspricht der höchsten Sicherheits- stufe nach dem Gentechnikgesetz.
Im neuen Gebäude ist die Labor- fläche von den übrigen Stockwer- ken und der Außenwelt hermetisch abgeriegelt. Der technisch dichte Laborraum aus Edelstahl und die Lüftungsanlage sind so ausgerich- tet, dass sie weder die Wissenschaft- ler noch die Umwelt gefährden. Bis zu 16 Mitarbeiter werden Zugang zum Labor erhalten, der über drei Schleusen gesichert ist. Parallel können bis zu vier Mitarbeiter in Vollschutzanzügen im Labor je- weils drei Stunden arbeiten.
Das Hochsicherheitslabor soll für die Diagnostik von importierten (zum Beispiel Marburg-, Ebola- und Lassa- viren), neuen (etwa SARS-Coronavi- rus) und ausgerotteten (etwa Pocken-
viren) Viruserkrankungen genutzt werden. Dabei wird eine enge Zu- sammenarbeit mit dem Behand- lungszentrum für hochpathogene Viruserkrankungen in Frankfurt/Main angestrebt. Die Hälfte der Baukosten von rund 11,5 Millionen Euro, die das Land Hessen und der Bund fi- nanzierten, entfiel auf die technische Ausstattung. Das Labor unterstrei- che die herausragende Rolle der Marburger Virologie und der gesam- ten Universität für die Forschung, er- klärte Vizepräsident Prof. Dr. Ger- hard Heldmaier. Vergleichbare Ein- richtungen gebe es zurzeit in Europa nur in Lyon und Stockholm. SIH
HOCHSICHERHEITSLABOR
Gefährlichen Viren auf der Spur
Übernehmen
„Serviceroboter“
künftig Arbeiten im Haushalt oder bei der Versorgung pflegebedürftiger Menschen? Die Bildmontage zeigt die „Hand“ eines fiktiven Pflege- roboters, der Tabletten reicht.
Foto:dpa Foto:Universität Marburg