Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 1–2|
7. Januar 2013 A 41 HYGIENETechnologie für keimfreie Oberflächen
Basierend auf dem Modell des na- türlichen Säureschutzmantels der menschlichen Haut hat Prof. Dr.
med. Josef Peter Guggenbichler, emeritierter Vorstand des Instituts für Kinderheilkunde und Infektio- logie der Universität Erlangen, eine neuartige Technologie zur antimi- krobiellen Ausstattung von Kunst- stoffen, Lacken und Keramik ent- wickelt. Vor allem in Krankenhäu- sern und Pflegeheimen ließe sich dadurch der Kampf gegen multire- sistente Keime unterstützen, indem das Risiko von nosokomialen In- fektionen deutlich und nachhaltig gesenkt werde.
Übergangsmetalloxide, die in die Werkstoffe eingebracht wurden, er- zeugen dabei mit der Luftfeuchtig- keit direkt an der Oberfläche einen Säurefilm, der Bakterien, Viren und Pilze rasch abtötet. Es wird ein pH- Wert von etwa 4,5 bis 5,5 erreicht.
An der Oberfläche der antimikro- biell ausgestatteten Materialien be- wirken die H+-Ionen eine Koagula- tionsnekrose der Fibrien und Flagel- len. Die Zellwand wird zerstört, und
die Bakterien „verhungern“, weil sie gegen den pH-Gradienten ankämp- fen. Das Verfahren wurde gegen Sta- phylococcus aureus, Escherichia coli, Pseudomonas aeruginosa, Candida albicans und 20 weitere Keime er- probt. Zusätzlich wird auch die Adhärenz der Keime blockiert, was die Biofilmbildung vermeidet.
Die Vorteile der Technologie gegenüber dem Stand der Technik sind:
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Keimtötung bei Kontakt, ohne dass ein Biozid in die Umwelt frei- gesetzt werden muss, daher lange Wirksamkeit bei Schonung der Umwelt●
breites Aktivitätsspektrum un- abhängig von Antibiotikaresistenzen, damit ist sie auch wirksam gegen Methicillin-resistenten Staphylo - coccus aureus, Extended Spectrum Beta-Lactamase (bakterielle Enzyme) und vancomycinresistente Entero- kokken●
keine Inaktivierung durch Schweiß und Protein.Vor allem der letzte Punkt ist für den Praxiseinsatz der Technologie
relevant. Tests haben die Haut- und Schleimhautverträglichkeit so- wie auf Zytotoxizität der Techno - logie bestätigt. Der Mechanismus der Keimabtötung funktioniert über Säure und ist damit unspezifisch, so dass sich keine Resistenzen ent - wickeln können. Die Wirksamkeit wurde von drei externen, akkredi- tierten Labors bestätigt.
Im Oktober 2012 ist ein Feld - versuch im Allgemeinen Kranken- haus Wien geplant, bei dem die Technologie getestet wird. Informa- tionen: AMiSTec GmbH & Co. KG, Kössen (Tirol/Österreich): www.
amistec.at. EB
LITERATUR
1. Zollfrank C, Gutbrod K, Wechsler P, Gug- genbichler J P: Antimicrobial activity of transition metal acid MoO3 prevents micro- bial growth on material surfaces, Materials Science and Engineering: C; 32(1): 47–54, 2012.
2. Lackner M: Antimicrobial Activity of Submi- cron Transition Metalloacids: An Innovative Concept to Generate Permanent Germfree Surfaces, SAR 2011 Conference, Beijing/
China, 3. Dezember 2011.
KINDERKLINIK
Frühchen per Handy im Blick
An der Kinderklinik Dritter Orden in Passau gibt es seit Ende 2012 ein virtuelles Besuchssystem für früh- geborene Kinder (www.kinderkli nik-passau.de/mybabywatch). El- tern können mit dem „Frühchen TV“ rund um die Uhr nachsehen, wie es ihrem Kind geht. Mit einer am Bettchen befestigten Webcam sollen Eltern ihr Kind künftig wäh- rend der oft wochenlangen Kran- kenhausaufenthalte von zu Hause aus am Computer oder von unter- wegs auf dem Handy im Live- Stream beobachten können. Darüber hinaus können sie über das daten - sichere internetbasierte Software- system auch Vitaldaten ihre Kin-
des, wie etwa Körpergewicht und -größe, abrufen (Informationen zum System: www.mybabywatch.de).
Das System gebe Eltern die Möglichkeit, jederzeit einen Blick auf ihr Kind zu werfen, lobte die Vorsitzende der Europäischen Stif- tung für Neu- und Frühgeborene, Silke Mader. Mit dem „Frühchen- TV“ könnten sie das Neugeborene außerdem den Großeltern, Ge- schwistern und Freunden zeigen.
Das „Frühchen-TV“ kann nach Herstellerangaben rund um die Uhr und von jedem Ort der Welt aus aktiviert werden. Das von einer nordrhein-westfälischen Firma ent- wickelte Überwachungssystem ist
bislang an drei deutschen Kliniken in Hamburg, Berlin und Witten im Einsatz. Die Passauer Kinderklinik ist nach eigenen Aussagen bislang das einzige Krankenhaus in Bayern, das ein solches „Frühchen-TV“ an-
bietet. EB
Mit dem „Früh- chen-TV“ können Eltern rund um die Uhr nachsehen, wie es ihrem Kind geht.
Foto: dpa