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Untersuchungen zur Erhebung und Bewertung von Informationen aus der Lebensmittelkette für die risikoorientierte Schlachttier- und Fleischuntersuchung

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___________________________________________________________________

UNTERSUCHUNGEN ZUR ERHEBUNG UND BEWERTUNG VON INFORMATIONEN AUS DER LEBENSMITTELKETTE FÜR DIE

RISIKOORIENTIERTE SCHLACHTTIER- UND FLEISCHUNTERSUCHUNG

Inaugural-Dissertation

zur Erlangung des Grades eines Doktors der Veterinärmedizin - Doctor medicinae veterinariae -

(Dr. med. vet.)

vorgelegt von Heinz Dieter Schmidt

(Cloppenburg)

Hannover 2008

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1. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Thomas Blaha 2. Gutachter: Univ.-Prof. Dr. Günter Klein

Tag der mündlichen Prüfung: 26.05.2008

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung und Aufgabenstellung ... 1

2 Schrifttum ... 3

2.1 Geschichte der Fleischuntersuchung in Deutschland ... 3

2.2 Aufgaben der Fleischuntersuchung... 8

2.3 Grenzen der traditionellen Schlachttier- und Fleischuntersuchung ...11

2.4 Methodik der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung ...13

2.5 Wissenschaftliche Grundlagen...14

2.6 Das EU-Lebensmittelrecht ...25

2.6.1 Basis-Verordnung zur Lebensmittelsicherheit ...25

2.6.2 Das Hygienepaket ...26

2.7 Gesetzliche Vorgaben in Deutschland ...30

2.8 Revisionskonzepte der Fleischuntersuchung ...34

2.8.1 Frühe Konzepte zur Revision der Fleischuntersuchung ...34

2.8.2 Risikoorientierte Fleischuntersuchung...36

2.8.3 Der Untersuchungsgang in der amtlichen Fleischuntersuchung nach der FlHV und der VO (EG) 854/2004 ...44

2.9 Risikoanalyse in der Fleischuntersuchung ...47

2.9.1 Der „Risikobegriff“...47

2.9.2 Risikofaktoren...48

2.9.3 Konzepte zur Umsetzung der risikoorientierten Fleischuntersuchung ...48

2.10 Transparenz und Informationsflüsse ...50

2.10.1 Konzepte der Prozesssteuerung ...50

2.10.2 Informationsmanagement ...54

2.11 Tiergesundheit und Pre-Harvest Food Safety...56

2.12 Häufigkeitsbefund als Indikator für die Tiergesundheit...57

3. Material und Methoden ...59

3.1 Das Pilotprojekt Emstek ...59

3.1.1 Der Schlachtbetrieb ...60

3.1.2 Teilnehmende Betriebe ...60

3.1.3 Die Datenübermittlung...61

3.2 Entscheidungskriterien am Schlachthof ...62

3.4 Arbeitsschritte ...65

3.5 Statistische Auswertungen ...72

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4. Ergebnisse:...73

4.1 Der Gesundheitszustand der Tiere ...73

4.1.1 zu Allgemeinbefinden der Tiere: ...73

4.1.2 zu Anzahl im Wachstum zurückgebliebener Tiere:...73

4.1.3 zu vorliegende Atemwegserkrankungen:...74

4.1.4 zu Darmerkrankungen: ...76

4.1.5 zu Endoparasitenerkrankungen:...77

4.1.6 zu Hautveränderungen: ...77

4.1.7 zu lokalen Veränderungen:...78

4.1.8 zu Salmonellenkategorie: ...79

4.2 Tierverluste: ...80

4.3 Tierbehandlungen ...85

4.3.1 zu Tierbehandlungsindex (TBI):...85

4.3.2 zu Behandlungskosten: ...89

4.4 Verlauf der Schlachtbefunde innerhalb einzelner Mastgruppen...91

5. Diskussion ...92

5.1 Der Gesundheitszustand der Tiere ...92

5.2 Tierverluste ...95

5.3 Tierbehandlungen ...96

5.3.1 Tierbehandlungsindex (TBI) ...96

5.3.2 Behandlungskosten ...98

5.4 Verlauf der Schlachtbefunde innerhalb einzelner Mastgruppen...100

5.5 Die Datenerfassung und Datenübermittlung ...100

5.6. Schlussfolgerungen...102

6. Zusammenfassung ...105

7. Summary ...109

8. Literaturverzeichnis...112

9. Anlagen: ...141

Anlage 9.1 Standarderklärung mit Informationen zur Lebensmittelkette ...141

Anlage 9.2: Meldebogen zur Durchführung der visuellen Fleischuntersuchung von Mastschweinen ...142

Anlage 9.3: Im Betrieb eingesetzte vollständige Checkliste zur Tiergesundheit 149 Anlage 9.4: Behandlungsbuch ...151

Anlage 9.5: Schlachtbefunde (geschlossene Tiergruppen)...152

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Anlage 9.6: Gesamtübersicht aller zur Auswertung herangezogenen Daten ...158 Anlage 9.7: Abbildungsverzeichnis ...160 Anlage 9.8: Tabellenverzeichnis ...161

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Verzeichnis häufig verwendeter Abkürzungen

AFUS Alternatives Fleischuntersuchungssystem

ALARA as-low-as-reasonably-achievable (englisch). (deutsch: so niedrig, wie vernünftigerweise zu erreichen)

AVV FlH Allgemeine Verwaltungsvorschrift über die Durchführung der amtlichen Überwachung nach dem Fleischhygienegesetz und dem Geflügelfleischhygienegesetz

AVV LmH Allgemeine Verwaltungsvorschrift für Lebensmittelhygiene

AG Arbeitsgruppe

Anh. Anhang

Art. Artikel

BfR Bundesanstalt für Risikobewertung

BgVV Bundesinstitut für gesundheitlichen Verbraucherschutz und Veterinärmedizin

BSE Bovine Spongiforme Enzephalopathie BVET Bundesamt für Veterinärwesen

BVL Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit

CCP Critical Control Point (englisch). (deutsch: kritischer Steuerungspunkt) DFD dry, firm and dark (englisch). (deutsch: trocken, fest und dunkel) EFSA European Food Safety Authority

EG Europäische Gemeinschaft

EHEC Enterohämorrhagische Escherichia coli et al. et alii/alia (lateinisch). (deutsch: und andere)

EU Europäische Union

EWG Europäische Wirtschaftsgemeinschaft ff. folgende (Seiten)

FlHG Fleischhygienegesetz FlHV Fleischhygiene Verordnung GHP Gute Hygiene Praxis

GIQS Grenzüberschreitende Integrierte Qualitätssicherung GmbH Gesellschaft mit beschränkter Haftung

HACCP Hazard Analysis and Critical Control Point (englisch). (deutsch:

Gefahrenanalyse und Festlegung kritischer Steuerungspunkte)

IfSG Gesetz zur Verhütung und Bekämpfung von Infektionskrankheiten beim Menschen (Infektionsschutzgesetz)

IQS Integriertes Qualitätssicherungssystem

lt. lateinisch

Jh. Jahrhundert

Kap. Kapitel

Kat. Kategorie

LM Lebensmittel

MRSA Meticillin-resistente Staphylococcus aureus NFZ Norddeutsche Fleischzentrale

PIA Porcine Intestinale Adenomatose

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QS Qualitätssicherung RKI Robert Koch Institut

RL Richtlinie

Salm.-Status Salmonellenstatus

SFU Schlachttier- und Fleischuntersuchung spp. Spezies (Plural)

TBI Tierbehandlungsindex

VIT Vereinigte Informationssysteme Tierhaltung

VO Verordnung

VVVO.-Nr. Betriebsregistriernummer nach Viehverkehrsverordnung

WHO World Health Organisation (englisch), Weltgesundheitsorganisation (deutsch)

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1 Einleitung und Aufgabenstellung

Nach Einführung des „Europäischen Weißbuches zur Lebensmittelsicherheit“ im Jahr 2000 traten in den Jahren 2002 bis 2004 eine Reihe von EU-Verordnungen in Kraft, die in den Mitgliedstaaten unmittelbare Gültigkeit haben. Im Mittelpunkt dieser neuen, umfassend geänderten Lebensmittelpolitik, steht ein hoher Standard an Lebens- mittelsicherheit mit dem Ziel, die Gesundheit des Verbrauchers zu schützen.

Mit einer Abkehr von detaillierten Vorschriften hin zur Formulierung von Zielen wurde am 28.01.2002 die „Verordnung (EG) Nr. 178/2002 zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Lebensmittelsicherheit“ vom Europäischen Parlament und dem Rat verabschiedet. Ziele dieser neuen in allen Mitgliedsstaaten gültigen Verordnung sind neben dem verbesserten Verbraucherschutz auch die Schaffung einheitlicher Grundsätze und Zuständigkeiten in der Europäischen Union.

Aufbauend auf die Verordnung (EG) Nr. 178/2002 wurde am 29.04.04 vom Europäischen Parlament und vom Rat das sogenannte „Hygienepaket“

verabschiedet. Mit Einführung der neuen EU-Verordnungen VO (EG) 852/2004, VO (EG) 853/2004 und VO (EG) 854/2004 und dem Inkrafttreten am 01.01.2006 werden Lebensmittelunternehmer und die amtliche Überwachung vor neue Herausforderungen gestellt. Neu ist der Übergang von vertikalem, produkt- bezogenem Recht zu horizontalem, produktübergreifendem Recht. Beginnend bei der Primärproduktion wurden alle Stufen der Lebensmittelkette mit in die Verantwortung genommen. Die Verantwortung des Lebensmittelunternehmers für die Lebensmittelsicherheit wurde dabei ausdrücklich betont. Der Landwirt muss garantieren, dass nur gesunde Tiere zur Schlachtung angeliefert werden.

Schon in den Entwürfen zur „alternativen Fleischuntersuchung“ in den frühen 90er Jahren, war das Vorsortieren auffälliger Tiere durch den Landwirt zentraler Bestandteil einer reduzierten Fleischuntersuchung am Band. Die Vorsortierung sollte im Herkunftsbetrieb unter Verantwortung des Schweinemästers erfolgen. Die amtliche Überwachung hätte sich nicht mehr nur auf die Endproduktkontrolle beschränkt, sondern auch die Eigenkontrolle der Lebensmittelproduzenten mit einbezogen.

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Heute mit der VO (EG) 854/2004 ist folgendes Vorgehen gesetzlich vorgeschrieben:

Zentraler Teil der risikoorientierten Schlachttier- und Fleischuntersuchung (SFU) ist die Lebensmittelketteninformation (quasi, um die Vorsortierung bzw. die Lebend- untersuchung im Bestand, wie sie beim Geflügel bereits seit langem vorgeschrieben, aber beim Schwein nicht durchführbar ist, zu ersetzen), auf deren Grundlage der amtliche Tierarzt einschätzen soll, wie intensiv die Schlachtkörper am Band zu untersuchen sind. Schon nach Anmeldung der Schlachtpartien durch den Landwirt wird der amtliche Tierarzt eine Risikoeinschätzung anhand vorliegender Daten vornehmen, welche Konsequenzen für die Einstufung nachfolgender Lieferpartien hat. Er hat dabei drei Entscheidungsmöglichkeiten:

„visuell untersuchen“, „traditionell untersuchen“ oder gezielt „erweitert untersuchen“.

Die Einstufung muss zeitnah erfolgen, damit eine logistische Planung der Anlieferung möglich ist. Voraussetzung hierfür ist ein technisch und organisatorisch effektives Informationsmanagement, welches über die einzelnen Produktionsstufen hinweg greift.

Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, die Aussagefähigkeit von Lebensmittelkettenin- formationen aus schweinehaltenden Betrieben für die risikoorientierte Fleischuntersu- chung zu analysieren und zu bewerten. Dafür wurden Schlachttiere auf dem Erzeu- gerbetrieb vor der Schlachtung klinisch beurteilt, die vorhandenen Behandlungs- und Produktionsdaten den Tiergruppen zugeordnet und alle Informationen in einem Formblatt erfasst. Nach der Schlachtung der Tiere erfolgte dann eine Auswertung der Betriebsdaten und der von der amtlichen Fleischuntersuchungsstelle erfassten Schlachtbefunde. Im Ergebnis der Untersuchungen werden Vorschläge für die Opti- mierung der Erfassung von Daten aus landwirtschaftlichen Tierbeständen vorgelegt, die dem amtlichen Tierarzt am Schlachthof eine lebensmittelsicherheitsrelevante Entscheidung bezüglich der Untersuchungssicherheit bei der Fleischuntersuchung ermöglichen sollen.

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2 Schrifttum

2.1 Geschichte der Fleischuntersuchung in Deutschland

Unter der Fleischbeschau, die in Deutschland um 1900 mit dem „Reichsfleischbe- schaugesetz" durch führende Initiative von Robert von Ostertag gemeinsam mit A.- Schroeter amtlich und damit obligatorisch eingeführt wurde, versteht man die mak- roskopische und mikroskopische Untersuchung von für den menschlichen Verzehr bestimmtem Fleisch. Dies beinhaltet vor allem auch die spezielle Trichinenschau bzw. -untersuchung nach der Schlachtung. Mit dem Fortschritt in den biologischen Wissenschaften erfuhr das Gesetz bis heute zahlreiche Neufassungen (DRIESCH 1989).

Durch die konsequent durchgeführten Fleischuntersuchungen konnten die „klassi- schen“, visuell erfassbaren, Zoonosen weitestgehend getilgt werden. Dagegen liegen im Falle von subklinischen Zoonosen bei Schlachttieren (z.B. durch latente bakteriel- le Infektionen) und Rückständen keine primär sichtbaren Veränderungen an Tierkör- pern und Organen vor. Dies bedeutet, dass die traditionelle Fleischuntersuchung nicht alle gesundheitlichen Risiken für den Menschen ausschließen kann.

Die Schlachttier- und Fleischuntersuchung nach heutigen EU-Verordnungen umfasst im Vorfeld vor der Ablieferung eine Beurteilung der Gesundheit der Tiere im Erzeu- gerbetrieb, die klinische Untersuchung der lebenden Tiere am Schlachthof (die so- genannte „Lebendbeschau“) sowie die nachfolgende makroskopische bzw. organo- leptische Untersuchung der Tierkörper nach der Schlachtung. Die oben angeführte mikroskopische Trichinenschau ist noch weiter wesentlicher Bestandteil der Fleisch- untersuchung, da die Kommissionsverordnung (2075/2005) in Deutschland bisher noch nicht angewendet wurde.

Die neue Verordnung ermöglicht die Festlegung von:

1. „Trichinenfreien Beständen“

2. „Trichinenfreie Kategorie von Beständen“

3. „Regionen mit einem vernachlässigbaren Risiko bezüglich Trichinen“

Auch die Hausschlachtung zum Eigenbedarf unterliegt den lebensmittelrechtlichen Bestimmungen und somit den vorgeschriebenen veterinärmedizinischen Kontroll- maßnahmen.

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Die amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchungspflicht betrifft Rinder, Schweine, Schafe, Ziegen und andere Paarhufer, Pferde und andere Einhufer im Rahmen des geltenden Fleischhygienerechts. Die Durchführung der Schlachttier- und Fleischun- tersuchung obliegt dem amtlichen Tierarzt.

Die tierärztliche Lebensmittelüberwachung umfasst alle Tätigkeiten von der Erzeu- gung bis zum Inverkehrbringen von Lebensmitteln tierischer Herkunft. Dies beinhaltet die Überwachung der Hygiene und der aktuell geltenden Rechtsvorschriften.

Amtliche Tierärzte fungieren im Fleischhygienebereich neben dem Amtstierarzt (Lei- ter/in der jeweiligen amtlichen Fleischuntersuchungsstelle). Es handelt sich bei die- sen um Tierärzte, die mit der behördlichen Überwachung bei der Gewinnung von fri- schem Fleisch betraut sind, unabhängig von ihrem Dienstverhältnis zur Veterinär- verwaltung. Zusätzlich werden in der amtlichen Fleischuntersuchung auch noch amt- liche Fachassistenten (Fleischkontrolleure) eingesetzt, welche weisungsgebunden, Fleischuntersuchungen durchführen dürfen. Neben der Kontrolle der Lagerung und der Verkaufseinrichtungen in Lebensmittelbetrieben stellt die Prüfung der Aufzeich- nungen des Betriebes über Kontrollen in eigener Verantwortung eine zentrale Aufga- be dar. Der Amtstierarzt oder amtliche Tierarzt steht hier vor allem im Dienste der Gesundheitsvorsorge und des Verbraucherschutzes.

Nach dem neuen EU-Lebensmittelhygienerecht (Januar 2006) müssen laut VO (EG) 854/2004 Informationen zu den Schlachtschweinen vor deren Anlieferung am Schlachthof durch einen amtlichen Tierarzt systematisch bewertet werden. Dieser entscheidet unter risikoorientierten Aspekten über die erforderliche Untersuchungs- methodik, d.h. ausschließlich visuelle, traditionelle oder gezielt erweiterte Untersu- chung. Die Verordnung (EG) 853/2004 fordert vom Herkunftsbetrieb für alle Schlacht- tiere relevante, die Lebensmittelsicherheit betreffende Informationen.

Der Haupterreger der parasitären Lebensmittelinfestationen für den Menschen im Zusammenhang mit Schlachtfleisch, Trichinella spiralis, wurde von OWEN 1835 entdeckt und ist auch heute nahezu weltweit vertreten. Nicht betroffene Gebiete sind Afrika südlich der Sahara und Australien (MURELL et al. 2000, AUER und ASPÖCK 2002).

Bereits im antiken Ägypten kamen Trichinen vor. Dies wurde anhand von Trichinen- kapseln in 3200 Jahre alten Mumien nachgewiesen (MILLET et al.1980). Nach Auf- zeichnungen von HERODOT und PLUTARCH galt ein Schweinefleischverbot, da

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„dieses Fleisch eine Verseuchung der Kräfte“ verursachte, also folglich krankheits- auslösend war (SATTMANN und PROSL 2005).

In Analogie dazu wurde das Schwein schon im Alten Testament als „unrein“ angese- hen, mit dem Argument, dass es „krank mache“. Im 8. Jahrhundert n. Chr. erließ Papst Zacharias ein Gebot, Schweinefleisch und Speck nur in gekochter Form zu verzehren.

Es wird vermutet, dass Trichinella spiralis zu Beginn des 19. Jahrhunderts durch Schweineimporte aus China nach Europa gelangte (JOHNE 1904).

In den Jahren 1863/64 traten in Deutschland mehrere Trichinenepidemien auf. 1860 wurde ein Trichinellose-Fall aus Plauen durch ZENKER publiziert (SATTMANN und PROSL 2005). Die Pathogenität des Trichinella-Erregers wurde dennoch angezwei- felt.

VIRCHOW (1860, 1864, 1865) wies darauf hin, dass bis 1860 nur Fälle beim Men- schen bekannt wurden, die man als Zufallsbefunde bei „gesunden“ Verstorbenen diagnostizierte. Erkrankungen und Todesfälle wurden meist auf Typhus zurückge- führt. Der endgültige Nachweis der Pathogenität erfolgte 1865 durch VIRCHOW und MOSLER anhand von Anamnesen und Sektionen.

Bis ins 12. Jahrhundert erfolgten in Deutschland vorrangig Hausschlachtungen zum Eigenbedarf. Ab dem 13. Jahrhundert etablierten sich zunehmend gewerbliche Flei- schereien (Metzgereien), aus denen die „Fleischerzunft“ als übergeordnete Standes- organisation resultierte. In der Folge wurde die visuelle Fleischbeschau als Kontroll- maßnahme eingeführt. Diese wurde im Mittelalter von Zunftmitgliedern ausgeführt und unterlag primär wirtschaftlichen Aspekten. Dabei wurde die Qualität des Flei- sches beurteilt aber auch pathomorphologische Veränderungen des Tierkörpers be- anstandet, die eine Bedeutung für die Gesundheit der Konsumenten hatten. Dies betraf insbesondere die „Finnigkeit“, die aus Unkenntnis der Ätiologie der Schweine- finne häufig mit tuberkulösen Veränderungen gleichgesetzt wurde. Hygienische As- pekte bzw. der damals noch unbekannte Begriff der „Lebensmittelsicherheit“ standen nicht im Vordergrund (GIESE 2000, SCHRUFF 2004). Wie bereits erwähnt, hatten ökonomische Gesichtspunkte Priorität. So wurde durch apathogene Mikroorganis- men befallenes und entsprechend beanstandetes Fleisch in der Regel nicht entsorgt, sondern zu geringeren Preisen für den menschlichen Verzehr angeboten.

Nur regional gab es Regelungen, die diese Praxis untersagten und insbesondere bei

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„finnigem“ Fleisch Maßnahmen zur Entsorgung oder Kenntlichmachung enthielten (GIESE 2000).

Im 13. bis 15. Jahrhundert strebte man aufgrund der z. T. katastrophalen hygieni- schen Bedingungen in den Innenstädten an, das Fleischergewerbe an der Peripherie von Städten anzusiedeln (GIESE 2000). Diese Bemühungen waren erst zum Ende des 19. Jahrhundert erfolgreich.

Öffentliche Schlachthäuser wurden zentralisiert eingerichtet und erste regionale Re- gelungen über die Durchführung einer „amtlichen“ Fleischbeschau erlassen.

Mit der Novellierung der Fleischbeschauordnung 1868 bzw. mit dem preußischen Gesetz zur „Errichtung öffentlicher, ausschließlich zu benutzender Schlachthäuser“

1881 änderten sich die hygienischen Zustände grundlegend (SUCHFORT 1997;

GIESE 2000).

Die obligatorische Trichinenbeschau, d.h. die mikroskopische Untersuchung von Schweinefleisch zur Detektion der Muskellarven von Trichinella spiralis, wurde in Preußen 1886 eingeführt (GIESE 2000).

Vor Einführung des "Reichsfleischbeschaugesetzes" um 1900 gab es in Deutschland nach Schätzungen etwa 15.000 Erkrankungen, die durch Trichinella spiralis verur- sacht wurden. Im Ergebnis der nachfolgend konsequenten Fleischbeschau sank die- se Zahl in nur 50 Jahren auf nahezu Null.

„Mit dem 1900 verkündeten ´Reichsgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleisch- beschau´ (Reichsfleischbeschaugesetz) wurde eine allgemeine gesundheitspolizeili- che Untersuchung des zum Genuss für den Menschen bestimmten Fleisches von Rindern, Schweinen, Schafen, Ziegen, Pferden und Hunden eingeführt“ (BARTELS 1962).

Das Reichsfleischbeschaugesetz legte verbindliche Kriterien für eine amtliche Über- wachung des Fleisches fest und bewirkte prinzipielle Änderungen der hygienischen Bedingungen im Fleischergewerbe. Die wissenschaftliche Grundlage der Untersu- chungsvorschriften bildeten Erkenntnisse über Trichinellose, Tuberkulose und bakte- rielle Infektionen.

Die erste Publikation zur Fleischhygiene stellt das Buch von GERLACH aus dem Jahr 1865 dar: „Die Fleischkost des Menschen vom sanitären und marktpolizeilichen Standpunkte“ (GIESE 2000).

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RUDOLF VON OSTERTAG propagierte 1892 in seinem „Handbuch der Fleischbe- schau“ diese als eine vorrangige Aufgabe der Tierärzte (GIESE 2000).

In Norddeutschland erachtete man Ende des 19. Jahrhunderts häufig noch Human- mediziner als zuständig. Nach Inkrafttreten des Reichsfleischbeschaugesetzes 1903 wurde im Jahr 1906 die Fleischuntersuchung in der tierärztlichen Approbationsord- nung als Prüfungsfach verankert.

„Das Gesetz hatte in erster Linie den Schutz der Verbraucher vor gesundheitlichen Schäden durch den Verzehr von dazu nicht geeignetem Fleisch zum Ziel. Es sollte auch vor nicht gesundheitsschädlichen Manipulationen und Täuschungen schützen sowie der Erkennung und Bekämpfung von Tierseuchen dienen und inländische Interessen bei der Einfuhr von Fleisch schützen“ (BARTELS 1962; GIESE 2000).

In Tab. 1 soll ein kurzer chronologischer Überblick zur gesetzlichen Trichinen- bzw.

Fleischbeschau dargestellt werden (ENIGK 1986, SIELAFF 1962):

Tabelle 1: Gesetze/Verordnungen zur Durchführung von Fleischbeschauen Jahr Gebiet bzw. Gesetz

1862 Plauen

1863 Sachsen-Coburg-Gotha

1864 Braunschweig

1864/1883 Berlin

1866 Hamburg

1868/1877 Preussen

1900/1903 „Reichsgesetz, betreffend die Schlachtvieh- und Fleischbeschau“

1940 Regelung der Trichinenschau im Fleischbeschaugesetz

1978 Vereinfachte Methode durch künstliche Verdauung von Sammelproben

Bis 1964 behielten die Vorschriften des Reichsfleischbeschaugesetzes, bis auf die Verankerung der obligatorischen Trichinenbeschau für verschiedene Tierarten im Jahr 1937, weitgehend ihre Gültigkeit (BARTELS 1962).

1964 wurde die „Richtlinie 64/433/EWG des Rates vom 26. Juni 1964 zur Regelung gesundheitlicher Fragen beim innergemeinschaftlichen Verkehr mit frischem Fleisch“

(RL 64/433/EWG) („Frischfleischrichtlinie“) erlassen, die bis zum Jahr 2005 in der Eu-

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ropäischen Union (EU) für die amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung bin- dend war.

Obwohl die Richtlinie generellen Charakter trägt und vielfältige Auslegungen zulässt, schützt sie die Verbraucher in der Europäischen Gemeinschaft, indem sie die Pro- duktion eines Vorrates an für den Verbraucher gesundheitlich unbedenklichem Fleisch sicherstellt, welches unter angemessenen und hygienischen Bedingungen produziert wird (JAGGER 1974).

Auf das neue EU-Lebensmittelrecht, das 2006 in Kraft trat, soll in Kap. 2.6 der vorlie- genden Arbeit näher eingegangen werden.

2.2 Aufgaben der Fleischuntersuchung

Die Durchführung der amtlichen Fleischuntersuchung berücksichtigt neben dem Schutz der menschlichen Gesundheit auch die Tiergesundheit, den Tierschutz und die Qualität der erzeugten Lebensmittel (FRIES 2001).

Nach HATHAWAY und RICHARDS (1993) umfasst das Aufgabengebiet der Fleisch- hygiene folgende Teilbereiche:

Die amtliche Schlachttier -und Fleischuntersuchung als Endproduktkontrolle (HATHAWAY und RICHARDS 1993):

Danach müssen Produkte, die nicht als Lebensmittel geeignet sind oder pathogene Erreger enthalten könnten, aus der Fleischerzeugungskette entfernt werden (LOG- TESTIJN 1993). Makroskopisch deutlich erkennbare Veränderungen, die bei der amtlichen Fleischuntersuchung beanstandet werden, sind von essentieller Bedeu- tung für den gesundheitlichen Verbraucherschutz, die Tiergesundheit und die ästhe- tische Qualität des Fleisches (HATHAWAY und MCKENZIE 1991).

Obwohl die Eliminierung makroskopisch auffälliger Produkte im Rahmen einer End- produktkontrolle verhältnismäßig einfach erfolgen kann (EDWARDS et al. 1997), er- möglicht die Fleischuntersuchung keine Garantie bezüglich ihrer Erkennung (HA- THAWAY und RICHARDS 1993).

Monitoringprogramme zur Kontrolle chemischer und kontagiöser Gefahren (CODEX ALIMENTARIUS 1976, HATHAWAY und RICHARDS 1993):

Der Erfolg derartiger Programme erfordert die eindeutige Kennzeichnung der

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Schlachttiere (BOROWKA et al. 1987). Durch Screening der Nutztierpopulationen hinsichtlich übertragbarer Krankheiten kann die Aufgabe der amtlichen Fleischunter- suchung bei flächendeckender Anwendung effektiv erfüllt werden (SEXAUER 1965, LOGTESTIJN 1993). Klassische Zoonosen, wie v. a. Tuberkulose und Trichinellose, wurden durch die konsequente Durchführung der amtlichen Fleischuntersuchung in den „entwickelten Ländern“ gut beherrscht und sind seit den 60er Jahren des 20.

Jahrhunderts fast vollständig getilgt (RINKENBURGER et al. 1987, EDWARDS et al.

1997). Für den Menschen als Konsumenten bedenkliche Arzneimittelrückstände (chemische Kontamination) werden seit der Novellierung des Fleischhygienegeset- zes 1973 in Deutschland mit einem nationalen Rückstandskontrollplan überwacht (PÜSCHNER 1975, BOROWKA et al. 1987).

Trotz dieser positiven Entwicklung gibt es große regionale Unterschiede bezüglich Inzidenz und Prävalenz der klassischen Tierseuchen (EDWARDS et al. 1997).

Überwachung der konsequenten Einhaltung der Guten Hygiene Praxis (GHP) auf allen Stufen der Fleischerzeugung(HATHAWAY und RICHARDS 1993):

Im Hinblick auf den gesundheitlichen Verbraucherschutz spielt die Hygiene bei der weiteren Verarbeitung des Fleisches eine größere Rolle als der Zustand des Flei- sches zum Zeitpunkt der amtlichen Fleischuntersuchung (EDWARDS et al. 1997).

Seit der Verankerung von Vorschriften über bauliche Anforderungen an Schlachthöfe sowie Hygienemaßnahmen in Schlachtbetrieben im Fleischhygienerecht wurden in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts beträchtliche Fortschritte bezüglich der Fleischhygiene erzielt (GINSBERG 1965).

Unter Beobachtung und entsprechender Berücksichtigung der sich ändernden Ge- fahren, die vom Verzehr von Fleisch ausgehen, müssen sich die amtlichen Überwa- chungsbehörden aktiv an der Forschung und der Gesetzgebung im Bereich der Fleischuntersuchung beteiligen. Tierärzte mit Erfahrung in der Fleischhygiene sollten, entsprechend ihres wissenschaftlichen Kenntnisstandes, auch die Problematik biolo- gischer Rückstände in Form pathogener Mikroorganismen im Fleisch umfassend be- urteilen können und daher mehr Verantwortung in der amtlichen Lebensmittelüber- wachung übernehmen (MCENROE 1971).

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BERGANN (2002) fasst die Aufgaben der Schlachttier- und Fleischuntersuchung (SFU) wie folgt zusammen:

Verbraucherschutz

• Schutz vor gesundheitlichen Schädigungen des Konsumenten nach dem Fleischverzehr durch Infektions- und/oder Intoxikationserreger sowie Rück- stände biologischer oder chemischer Herkunft und Kontaminanten

• Schutz vor Übervorteilung durch Qualitätsmängel des Fleisches, wie z. B. Ab- weichungen in Geruch und Geschmack und/oder mangelhafte Zusammenset- zung und Haltbarkeit

Tierseuchenprophylaxe und -bekämpfung/Tiergesundheit

• Mitwirkung bei der Erkennung, Bekämpfung und Tilgung von Tierseuchen so- wie bei der Verbesserung der Tiergesundheit in den Nutztierbeständen durch Systeme der Rückinformation über Befunde der Schlachttier- und Fleischun- tersuchung

Tierschutzaspekt

• Aufdecken und Abstellen tierschutzwidriger Tatbestände im Prozess der Fleischgewinnung

Ökonomische Aspekte

• Vermeidung von Fehlprodukten in der weiterverarbeitenden Industrie und Er- halt wertvoller tierischer Rohstoffe durch wissenschaftlich begründete und fleischhygienerechtlich korrekte Untersuchung und Beurteilung

Hygienische Aspekte

• Einflussnahme auf die hygienische Gestaltung von Produktionsprozessen und Betriebsabläufen

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2.3 Grenzen der traditionellen Schlachttier- und Fleischuntersuchung

Die in den letzten Jahren ausgelösten Krisen in der Fleischwirtschaft belegen, dass wichtige mit dem Verzehr von Fleisch, für den Menschen bestehende Risiken, durch z. B Salmonellen, Yersinien, Campylobacter, Dioxin, Nitrofen, Antibiotikarückstände, usw., von der seit 1900 fast unverändert durchgeführten klassischen Schlachttier- und Fleischuntersuchung nicht erkannt werden (BLAHA et al. 2007).

Der stetige Rückgang des Fleischkonsums spiegelt das Misstrauen des Verbrauchers gegenüber dem Lebensmittel Fleisch wider. Neben gesundheitlichen Bedenken haben auch Fragen der Ethik an Gewicht gewonnen (HAMBÜCHEN 1998).

Um diesem Trend zu begegnen, ist die Einrichtung einer transparenten Lebensmittelproduktion mit einer stufenübergreifenden Qualitätssicherung notwendig, bei der der lebende Tierbestand mit einbezogen wird. Zucht, Aufzucht, Mast und Tiertransport bilden ebenso Produktionsstufen bei der Fleischerzeugung, wie der Umgang mit den Tieren am Schlachthof, die Schlachtung selbst und die Verarbeitung des Fleisches (BLAHA u. NEUBRAND 1994).

Qualitätssicherung und gesundheitlicher Verbraucherschutz sind nur mit Hilfe von

„Hof-zu-Herd“ Konzepten umzusetzen (BLAHA 1999)

BERENDS et al. (1996a) bezeichnet sowohl die Schlachttier- als auch die Schlacht- körperuntersuchung als „Momentaufnahmen von geringer Aussagekraft“. Er führt da- bei die zweifelhafte Bedeutung makroskopisch erfassbarer Läsionen für die Verbrau- chergesundheit an, zumal die Effektivität der Erkennung nicht ausreichend sei. Be- mängelt werden Sensitivität und Spezifität der traditionellen Methodik. In diesem Zu- sammenhang weisen MURRAY (1986) und PRUCHA (1987) darauf hin, dass das Entfernen von makroskopisch veränderten Tierkörperteilen mit geringer gesundheitli- cher Bedeutung nicht von qualifiziertem veterinärmedizinischem Personal durchge- führt wird. Jede Vermeidung manueller Tätigkeiten am Schlachtband verringert das Risiko einer Kreuzkontamination (GINSBERG 1965, BERENDS et al. 1996a, MCMAHON et al. 1997).

Daher ist es notwendig, für den Endverbraucher gesundheitlich relevante Läsionen zu definieren und deren Entfernung dem amtlichen Untersuchungspersonal (amtli- chen Tierärzten) zu übertragen.

„Die amtliche Schlachttier- und Fleischuntersuchung ist eine Einzeltieruntersuchung.

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Die Untersuchungsvorschrift geht bislang von dem Grundsatz aus, dass jedes ein- zelne Schlachttier ganz individuellen Einflüssen ausgesetzt und auch selbst indivi- duell vorgeprägt ist. D.h., dass auch bei Schlachttieren mit ähnlichem genetischen Potential und vergleichbaren Umwelt- und Aufzuchtbedingungen mit unter- schiedlichen Befunden hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes gerechnet werden muss“ (RINKENBURGER et al. 1987, SCHRUFF 2004). Diese standardisierte Unter- suchungsprozedur berücksichtigt weder Informationen seitens des Primärproduzen- ten über die Schlachttiere (SNIJDERS et al. 1989) noch den verbesserten Gesund- heitsstatus von Beständen (LOGTESTIJN 1984).

Ein weiteres, mittlerweile sehr aktuelles Problem, ist die (berechtigte) steigende Nachfrage der Verbraucher nach unbehandelten Lebensmitteln („BIO-Produkte“).

Diese Schlachttiere durchlaufen beim Primärerzeuger in der Regel keine keimtöten- den Prozesse (z. B. Einsatz von Antibiotika) (BLAHA 1997).

Einerseits wird dadurch das Risiko der chemischen Kontamination des Fleischend- produktes mit Arzneimitteln oder Chemikalien minimiert, welches in den westlichen Industriestaaten bei der Produktion von Schweinefleisch als erhebliche Gefahr ein- geschätzt wird (BERENDS et al. 1996a, BLAHA 1997). Andererseits kann unter „öko- logischen“ Haltungsbedingungen (z. B. Freilandhaltung) die Aufnahme pathogener Erreger nicht verhindert werden. Kontaminationen mit derartigen Mikroorganismen stellen ein Problem in der Fleischhygiene dar, welches mit den Standardprozeduren der amtlichen Fleischuntersuchung nicht beherrschbar ist (MCENROE 1971, GOODHAND 1983, DUBBERT 1984, BLAHA 1997).

Nach MUSSMANN (1973) sollten daher Monitoringprogramme vor und bei der Schlachtung etabliert werden. Dies wiederum bedingt die zuverlässige Rückmeldung von Monitoring- und Untersuchungsergebnissen zum Produzenten (LOGTESTIJN 1984), sowie eine enge Kooperation zwischen amtlichen Überwachungsstellen und landwirtschaftlicher Primärproduktion (GINSBERG 1965).

Eine effektive und im Sinne des Verbrauchers sichere Fleischuntersuchung erfordert eine bundesweit einheitliche Dokumentation, die statistisch verwertbare Aussagen zulässt (WINDHAUS 1995).

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2.4 Methodik der amtlichen Schlachttier- und Fleischuntersuchung

Nach BANDICK et al. (1997) beinhaltet die amtliche Fleischuntersuchung am Schlachthof seit 1900 zwei Grundprinzipien:

• Die klinische Untersuchung der noch lebenden Tiere am Schlachthof

• Die makroskopische (organoleptische) Untersuchung der erschlachteten Tier- körper und Organe unmittelbar nach der Schlachtung.

Die Fleischuntersuchung bei Schlachtschweinen besteht aus einer visuellen Inspek- tion des Tierkörpers mit allen Organen. Verschiedene Organe und Lymphknoten sind obligatorisch zu palpieren oder anzuschneiden (FlHV, Anlage 1, Kapitel II, Nr. 5.4).

Mit der Novellierung des Fleischhygienegesetzes in den 70er Jahren des 20. Jahr- hunderts ist bei festgestellter Lymphknotentuberkulose nicht mehr der ganze Tierkör- per, sondern nur noch das betroffene Organ bzw. Organsystem, im konkreten Fall der Mandibularlymphknoten und der Verdauungstrakt, als untauglich zu beurteilen.

Diese sind ohnehin nicht für den menschlichen Verzehr bestimmt (PÜSCHNER 1975). Im Falle sensorisch festgestellter Abweichungen werden Tierkörper oder Teile von Tierkörpern untauglich beurteilt (MUSSMAN 1973).

Die Untersuchung soll sich auf Adspektion und Palpation sowie die obligatorischen Untersuchungsschnitte beschränken. Weitere Inzisionen sowie zusätzliche Untersu- chungen sind nur bei konkretem Verdacht auszuführen (BOROWKA et al. 1987).

Die Adspektion gilt als favorisiertes Verfahren bei Wegfall anderer Untersuchungstei- le. Die Palpation wird kontrovers diskutiert (z. B. Risiko der Kreuzkontamination) und z. T. als Ersatz für Inzision praktiziert. Die Inzision wird stark kontrovers beurteilt und durch Palpation ersetzt. Vereinzelt wird sie im Sinne der erhöhten Sicherheit wieder gefordert (BERGANN 2002).

Die Gefahr der Kreuzkontamination besteht bei beiden Methoden und ist abzuwägen.

Darüber hinaus ist die derzeitige organoleptische Fleischuntersuchung „mehr geeig- net eine Kontamination mit pathogenen Keimen zu verursachen, als eine solche zu kontrollieren“ (TULLOCH 1997).

Auch bei der herkömmlichen Fleischuntersuchung bei Ziegen und Lämmern wird eingeräumt, dass das Durchtasten und Anschneiden (gemäß Richtlinie 64/433/EEC) das Risiko einer Kreuzkontamination des Fleisches erhöht. In einer Studie stuft die

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EFSA das Risiko durch eine relevante Kreuzkontamination für die öffentliche Ge- sundheit sogar höher ein, als das Risiko Gefahren durch die alleinige Besichtigung nicht zu entdecken. Ziel ist es, anhand von Herkunftsinformationen einschließlich tierärztlicher Maßnahmen zur Sicherung der Gesundheit des Viehbestandes, eine Vorselektion vorzunehmen, nach der eine Post-mortem-Untersuchung vereinfacht werden kann. Dieser Ansatz ist nur möglich, wenn die Lämmer und Ziegenlämmer aus einem integrierten Erzeugungssystem mit integrierter Qualitätssicherung stam- men, in dem sie aufgezogen und ausgemästet werden (EFSA 2004).

Die obligatorische Trichinenuntersuchung nimmt einen wichtigen Stellenwert im ge- sundheitlichen Verbraucherschutz ein (BOROWKA et al. 1987).

Zusatzuntersuchungen zur Abklärung des Freiseins von Infektions- und Intoxikati- onserregern, Rückständen und Kontaminanten sowie Qualitätsmängeln sind bei Ver- dacht unverzichtbar. Ihre Bedeutung nimmt zu, bei Trend zu Schnellmethoden (BERGANN 2002).

Die Novellierung der Fleischhygieneverordnung von 1986 bewertet FRIES (2000) als

„Auflösungserscheinung in der Durchführung der Schlachttier- und Fleischuntersu- chung“, da hiermit eine Abkehr von der morphologischen Untersuchung durch Ads- pektion, Palpation und Inzision zu erkennen sei.

Ergänzend zur europäischen und nationalen Gesetzgebung legte die Codex Alimen- tarius Commission Leitlinien für die hygienische Praxis bei der Schlachttier-und Fleischuntersuchung von Schlachttieren vor (CODEX ALIMENTARIUS 1976).

Ergänzend zur makroskopischen Untersuchung werden dort epidemiologische Zoo- nosemonitoringprogramme, z. B. für Salmonellen, gefordert (SCHRUFF 2004).

2.5 Wissenschaftliche Grundlagen

SCHRUFF (2004) bewertet die Umsetzung der wissenschaftlichen Grundlagen der Fleischhygiene-Richtlinien kritisch.

Trotz der internationalen Anerkennung des klassischen Fleischhygiene-Systems, welches den gesundheitlichen Verbraucherschutz und die Lebensmittelsicherheit stützt, existieren nur wenige wissenschaftliche Studien, die die Wirksamkeit der Re- gelung belegen (HATHAWAY und MCKENZIE 1991, HATHAWAY und RICHARDS 1993, FORSYTHE 1996).

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Die „United States National Research Council on meat inspection“ unternahm in den 80er Jahren des 20. Jahrhunderts erhebliche Bemühungen, einen diesbezüglich wis- senschaftlichen Nachweis zu erbringen. Dabei konnten jedoch keine Risikoanalysen erstellt werden, da die erhobenen Befunde nicht einheitlich waren, keine systemati- sche Datenerhebung stattfand und es zudem keine vollständige Analyse von Gefah- ren für die menschliche Gesundheit innerhalb des traditionellen Systems gab (HA- THAWAY und MCKENZIE 1991).

Lebensmittelsicherheit hat in der Fleischuntersuchung Priorität. Dennoch wird die Da- tenerfassung, Dokumentation und statistische Auswertung häufig als „notwendiges bzw. bürokratisches Übel“ empfunden und demzufolge vernachlässigt. Um einen wissenschaftlichen Anspruch auf der Basis von Risikoanalysen zu erheben, muss die Dokumentation bundesweit einheitlich praktiziert werden und statistische Auswertun- gen erlauben (MÜLLER 1965). WINDHAUS (1995) bemängelt die uneffektiv durch- geführte Fleischuntersuchung. Dies betrifft z. B. Befunde, wie herdförmige Verände- rungen an Schlachtkörpern, die oftmals nicht den Erzeugerbetrieben zugeordnet werden. Die Auswertung dieser Daten ermöglicht zwar Informationen über Prävalen- zen auf Basis einer nationalen Tierpopulation, der geforderte Beitrag zur Verbesse- rung der Herdengesundheit kann jedoch nicht geleistet werden und der Anspruch der Nachhaltigkeit der amtlichen Fleischuntersuchung wird nicht in vollem Umfang erfüllt (FELTMATE 1965, WINDHAUS 1995).

Auf die Gefahr der Kreuzkontamination bei Inzision und Palpation wurde bereits in Kap. 2.4 der vorliegenden Arbeit eingegangen. Bis zu 90% der Lebensmittel- infektionen bei Menschen sind auf eine Kontamination des Fleisches nach der Schlachtung zurückzuführen (GINSBERG 1965). Insbesondere Inzisionen der intes- tinalen, hepatischen und mesenterialen Lymphknoten sind Ursache der Kreuzkonta- mination mit Salmonellen (MURRAY 1986; MCMAHON et al. 1987). Eine Reduzie- rung aller manuellen Tätigkeiten am Schlachtband (GINSBERG 1965) und beson- ders eine Reduzierung der Lymphknoten-Inzisionen könnten wesentlich zu einer Ver- ringerung der Kreuzkontamination beitragen (MURRAY 1986, MCMAHON et al.

1987).

Auch wenn die vorliegende Arbeit die risikoorientierte Fleischuntersuchung in Deutschland unter dem Aspekt der der Informationserhebung im Bereich der Le-

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bensmittelsicherheit nach EU-Richtlinien untersucht, sollen zu Vergleichszwecken die Verordnungen und Zielsetzungen der Schweiz als Nicht EU-Mitglied anhand des Mehrjahresforschungsberichts 2001-2003 an das Bundesamt für Veterinärmedizin (BVET) 2001-2003 (JEMMI, HERHOLZ 2004) auszugsweise vorgestellt werden.

In den jeweiligen Gesetzgebungen, die Fleischhygiene und den Verbraucherschutz betreffend, werden vorrangig folgende Aspekte behandelt:

• Schutz der Tiere vor Krankheiten (gesunde Tiere)

• schonender Umgang mit Tieren und tiergerechte Haltung sowie verantwor- tungsvolle Nutzung von Tieren

• Schutz vor Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen übertragen werden (Zoonosen)

• hygienisch einwandfreie und rückstandsarme Lebensmittel tierischen Urs- prungs, welche die Konsumenten weder gesundheitlich gefährden noch täu- schen

• günstige veterinärmedizinische Rahmenbedingungen für den Marktzugang von Tieren und Tierprodukten

Die Maßnahmen zur Sicherung und Verbesserung von Tiergesundheit, Fleischhy- giene und Public Health (Verbrauchergesundheit) umfassen:

• Entwicklung und Verbesserung diagnostischer Methoden: Dabei stehen kos- tengünstige Schnelltests sowie hochsensible und spezifische Methoden im Vordergrund.

• Epidemiologische Kenntnisse übertragbarer Krankheiten ermöglichen das Be- reitstellen von Entscheidungsgrundlagen wie z. B. für das Erarbeiten und Ver- bessern von Bekämpfungskonzepten, für Kosten-Nutzen-Analysen von Be- kämpfungskonzepten, von Grundlagen für Risikoeinschätzungen und für das Konzept «Freiheit von Krankheiten» (Freedom of disease).

• Erforschung des Einflusses des verminderten Einsatzes von Chemotherapeu- tika als Leistungsförderer auf den Gesundheitszustand von Tieren.

• Rückstandsanalysen

• Zoonosen: An erster Stelle stehen die latenten Zoonosen, also Krankheiten, die beim Tier klinisch selten oder gar keine Symptome hervorrufen und vor al- lem durch Lebensmittel tierischer Herkunft auf den Menschen übertragen wer-

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den und dort Krankheiten auslösen.

• „Emerging diseases“ (neu auftauchende Krankheiten).

• „Reemerging pathogens“ („Altbekannte“ Erreger), die aufgrund erworbener Ei- genschaften (z.B. Multiresistenz) wieder aktuell sind.

Unter dem Gesichtspunkt des Tierschutzes im Zusammenhang mit der Fleischpro- duktion ergeben sich die nachfolgend aufgeführten Maßnahmen:

• Verbesserung der Haltungsbedingungen von Nutztieren

• Verbesserung der Bedingungen bei Tiertransporten

• Verbesserung der Bedingungen für Schlachttiere (Zutrieb, Betäubungs- und Tötungsmethoden)

• Tierschutzrelevante Probleme in der Zucht von Nutztieren (konventionell ge- züchtete Tiere und transgene Tiere, Beurteilung der Belastung der Tiere)

• Tierschutzrelevante Eingriffe und Handlungen an Tieren

• Erarbeitung wissenschaftlicher und methodischer Grundlagen zur Beurteilung von Haltungsaspekten auf Tiergerechtheit

Als weitere Untersuchungsschwerpunkte werden Toxizitätsprüfverfahren für die Pharmaka-Entwicklung sowie die Registrierung von Produkten und Chemikalien be- trachtet, wie beispielsweise Sensibilisierungstests und Modelle für chronische Toxizi- tät.

Die Diagnostik ist die Grundlage für die Bekämpfung von Tierkrankheiten. Diagnosti- sche Tests sind nicht immer präzise und können falsch positive oder falsch negative Resultate liefern. Letztlich resultiert dies aus einer inkorrekten Klassifizierung des Tieres als krank oder gesund. Das Ausmaß der fehlerhaften Diagnose durch ein Testverfahren kann im Verhältnis zu einem so genannten «Goldstandard» quantifi- ziert werden. Dabei handelt es sich um die aktuell etablierteste und zuverlässigste Methode, mit der ein neues Testverfahren verglichen wird. Die Qualität eines Test- verfahrens ergibt sich aus dessen Sensitivität und Spezifität. Insbesondere Überwa- chungs- und Bekämpfungsprogramme von Tierseuchen erfordern sensitive, spezifi- sche und kostengünstige Schnelltests zur Diagnose des jeweiligen Erregers bzw. Er- regerstammes. Die Verbesserung diagnostischer Methoden ist essentiell für eine ef- fiziente Seuchenbekämpfung.

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„Zoonosen sind sämtliche Krankheiten und/oder sämtliche Infektionen, die auf natür- lichem Weg zwischen Tier und Mensch übertragbar sind. Zoonoseerreger sind Bak- terien, Viren, Parasiten oder andere biologische Einheiten, die eine Zoonose hervor- rufen können“ (EU-Zoonose-Richtlinie 92/117 EWG). „Zoonoseerreger sind Erreger, die sich nicht nur auf einen Wirt beschränken, sondern bei mehreren Wirten ein- schließlich des Menschen eine Infektion (mit und ohne klinisch manifeste Erkran- kung) hervorrufen können.“ (TEUFEL et al. 1999). Lebensmittel liefernde Tiere kön- nen mit Zoonoseerregern ohne Zeichen einer klinischen Erkrankung ante mortem und sichtbaren Veränderungen post mortem infiziert sein, oder sie tragen pathogene Mikroorganismen im Gastrointestinaltrakt und/oder auf der Haut. Während der Schlachtung und Weiterverarbeitung können diese Krankheitserreger, einschließlich E. coliO157 und andere VTEC, Salmonella spp., Campylobacter jejuni und Liste- ria monocytogenes direkt oder indirekt auf die Fleischoberfläche übertragen werden (EFSA 2004).

Die in der EU 2004 bei weitem am häufigsten gemeldeten zoonotischen Infektionen beim Menschen werden durch bakterielle Zoonoseerreger verursacht, die durch asymptomatische landwirtschaftliche Nutztiere verbreitet werden können. Parasiten (Toxoplasma gondii, Echinococcus spp., Trichinella spp. und Taenia spp. / Cys- ticercus spp.) wurden 2004 weniger häufig beim Menschen gemeldet. Der Erreger, der für die meisten gemeldeten Todesfälle bei lebensmittelbedingten Erkrankungen verantwortlich war, war Listeria monocytogenes (EFSA 2006a).

In Deutschland bereits erfolgreich bekämpfte Zoonoseerreger könnten jederzeit wie- der eingeschleppt werden, wie z. B. die Brucellose. Es besteht auch die Gefahr, dass Zoonoseerreger, die ursprünglich auf bestimmte Regionen beschränkt waren, sich global verbreiten (KRAUS et al. 2004).

Die Trichinellose ist in Deutschland selten geworden, seitdem jedes Schwein bei der Schlachtung auf Tichinen untersucht wird. Vereinzelte Erkrankungsfälle in jüngerer Vergangenheit standen im Zusammenhang mit dem Verzehr von Fleischprodukten aus Risikogebieten in Osteuropa. So erkrankten 2007 mehr als 170 Personen in Westpommern an Trichinellose nach dem Verzehr von Rohwürsten (BFR 2007).

Neue Tierkrankheiten wie BSE sind aufgetreten, welche ihren Ursprung in der Nutz- tierfütterung hatten (GEISER 2002).

2005 galt zum ersten Mal in der EU eine Meldepflicht für Erkrankungen die durch den

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Verzehr kontaminierter Lebensmittel hervorgerufen werden (Tab. 2). Es wurden in 2005 5.311 durch Lebensmittel verursachte Krankheitsausbrüche gemeldet, von de- nen 47.251 Menschen betroffen waren. 5.330 Menschen mussten in Krankenhäu- sern behandelt werden, 24 Menschen starben (EFSA 2006b).

Tabelle 2: Gemeldete Fälle von Zoonosen bei Menschen 2005 (EFSA 2006b)

Krankheit Inzidenz /

100.000 Menschen

Gemeldete Fälle

Campylobacteriose 51,6 197 363

Salmonellose 38,2 176 395

Yersiniose 2,6 9 630

VTEC 1,2 3 314

Listeriose 0,3 1 439

Brucellose 0,2 1 218

Echinokokkose > 0,01 320

Trichinose > 0,01 175

Tuberkulose durch M. bovis > 0,01 119

Tollwut > 0,01 4

Der ausgedehnte internationale Lebensmittelhandel erfordert neue Überwachungs- ansätze für Lebensmittel tierischer Herkunft. Diese müssen schon bei der Tierhaltung ansetzen. So hatten alle bedeutenden Lebensmittelkrisen der letzten Jahrzehnte ih- ren Ursprung im Stall (GEISER 2001).

Die durch Yersinia enterocolitica verursachte Yersiniose ist gleichfalls eine Zoono- se. Der Erreger findet sich v. a. im Darm von Säugetieren. Eine wichtige Rolle für menschliche Erkrankungen spielen Schweinebestände mit hoher Prävalenz. Als In- fektionsquellen gelten kontaminierte Nahrungsmittel tierischer Herkunft, Trinkwasser und infizierte Personen. Es erkranken vorwiegend Kinder, aber auch ältere und im- mungeschwächte Menschen. Zum klinischen Bild gehören Durchfallerkrankungen und reaktive Gelenkentzündungen. Die Infektion kann u. a. aber auch zu Hirnhaut- entzündungen (Meningitis) führen. Von den 28 Serogruppen und 5 Biovaren sind fol- gende Serovarietäten pathogen: O:3 (Biovar 4), O:9 (Biovar 2), und O:5,27 (Biovar 2 oder 3). Bei 87 % der 2003 in Deutschland an Yersiniose erkrankten Menschen wur- de der Serotyp O:3 nachgewiesen (STARK 2004).

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Yersinia enterocolitica O:3 wurde 2003 in Deutschland in Schweinefleisch, sowie bei Schweinen, Rindern und Hunden nachgewiesen. Die Isolate aus dem Lebensmit- telbereich und von Heimtieren deuten auf rohes Schweinefleisch als eine gemeinsa- me Infektionsquelle von Menschen und Heimtieren hin (HARTUNG 2004).

In Nordamerika ist Y. enterocolitica O:8, (Biovar 1B) endemisch und wird dort re- gelmäßig als Erreger intestinaler Yersiniosen nachgewiesen, 2001 konnte dieser Er- reger zum ersten Mal auch in Deutschland nachgewiesen werden (RKI 2002a).

Die Salmonellose ist eine durch Bakterien hervorgerufene Infektion der Darm- schleimhaut (Enteritis). Das Reservoir für die zoonotischen Salmonellen spp. sind vor allem Nutztiere (Geflügel, Schweine, Rinder), die oft selbst nicht klinisch erkranken.

Hauptursache für die Salmonellose ist mangelnde Hygiene. Nachlässigkeit bei der Zubereitung von Lebensmitteln und schlechte hygienische Bedingungen in Tierstäl- len können die Verbreitung von Salmonellen begünstigen (RKI 2002b).

Die meisten Fälle von Salmonellose stehen mit dem Verzehr von mit Salmonella En- teritidis und Salmonella Typhimurium kontaminiertem Geflügelprodukten in Verbin- dung (EFSA 2006a).

Die Salmonellose war im Jahr 2006 mit 52.575 gemeldeten Erkrankungen die häu- figste gemäß IfSG übermittelte Erkrankung in Deutschland (RKI 2007).

In der EU lag die Campylobacteriose vor der Salmonellose als häufigste von Tieren auf Menschen übertragbare gemeldete Zoonose (siehe Tab. 2). Zudem berichtete die EFSA über eine Zunahme von Antibiotikaresistenzen bei Campylobacter (EFSA 2006b).

Auch das BfR meldete 2005 schon eine Zunahme meldepflichtiger infektiöser Darm- krankheiten in Deutschland. Die Campylobacter-Enteritiden lagen mit 62.133 ge- meldeten Erkrankungen ebenfalls vor den Salmonellenerkrankungen. 2006 waren die Neuerkrankungen wieder rückläufig, es wurden nur 52.035 Fälle gemeldet (RKI 2007).

Als Ursache menschlicher Campylobacter-Infektionen wird in erster Linie die Auf- nahme der Bakterien über kontaminierte Lebensmittel tierischer Herkunft verantwort- lich gemacht (HÄNEL u. SCHULZE 2004).

Thermophile Campylobacter spp. verursachen beim Menschen eine Darminfektion.

Hauptreservoir sind neben Wild- und Nutztieren hauptsächlich Geflügel, aber auch

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Schweine. Die Übertragung erfolgt vor allem über tierische Lebensmittel und Haustie- re. Die Erreger können, vor allem bei niedrigen Temperaturen, in der Umwelt oder in Lebensmitteln überleben, sich aber nicht außerhalb des Wirtsorganismus, also z. B.

in Lebensmitteln vermehren. Darin unterscheiden sie sich z. B. von Salmonellen und pathogenen E. coli(RKI 2006).

Nach § 7 IfSG ist der Nachweis von darmpathogenen Campylobacter-Spezies und Salmonellen meldepflichtig, sofern eine akute Infektion anzunehmen ist. Gemäß § 6 Abs. 1 Nr. 1 IfSG sind Krankheitsverdacht und Erkrankung meldepflichtig, wenn die entsprechende Person eine Tätigkeit nach § 42 IfSG ausübt.

Der Epidemiologie kommt in der modernen Gesundheitsforschung von Mensch und Tier eine zunehmende Bedeutung zu. Die Epidemiologie untersucht vor allem die Häufigkeitsverteilung von Krankheiten (deskriptive Epidemiologie), ihre Entstehungs- ursachen (analytische Epidemiologie) und wissenschaftlich begründete Handlungs- möglichkeiten (interventive Epidemiologie). Ziel ist die erfolgreiche Bekämpfung und Überwindung von Krankheiten. Insbesondere die analytische Epidemiologie liefert wichtige Ansätze für die Prävention eines Krankheitsgeschehens. Fundierte epide- miologische Kenntnisse sind Grundvoraussetzung für eine effiziente staatliche Tier- seuchenbekämpfung. Lebensmittel tierischer Herkunft können mit unerwünschten chemischen Substanzen verunreinigt sein. Diese werden den Tieren beabsichtigt in Form von Tierarzneimitteln und/oder Futterzusatzstoffen verabreicht, über die pflanz- liche Nahrung aufgenommen (Pflanzenschutzmittel) oder gelangen aufgrund von Umweltkontaminationen (z. B. Schwermetalle, toxische organische Verbindungen, radioaktive Substanzen) in das Tier und nachfolgend in die Lebensmittel. Zu uner- wünschten Rückständen in Lebensmitteln tierischer Herkunft können aber auch die über das Futter aufgenommenen Mycotoxine führen. Durch die gerätetechnische und methodische Verbesserung von Rückstandsanalysen werden immer tiefere Nach- weisgrenzen erreicht, so dass die Zahl und Genauigkeit der Analysendaten wächst (HERHOLZ 2004).

Im Jahr 2005 wurden in Deutschland 407.360 Untersuchungen an 49.679 Tieren oder tierischen Erzeugnissen durchgeführt, dabei wies nur jede 500. untersuchte Probe tierischer Herkunft Rückstände oberhalb der gesetzlichen Normen auf. Bei den Untersuchungen wurden sowohl unverarbeitete tierische Lebensmittel wie auch Pro-

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ben lebender Tiere analysiert. Hormonell wirksame Substanzen (Nandrolon) konnte bei einem von 483 untersuchten Mastschweinen nachgewiesen werden. Die vorge- schriebenen Höchstgrenzen für Antibiotikarückstände wurden in jeder 400. Probe (34 von 13.551 Proben) überschritten. Schwermetalle und chlororganische Verbindungen wurden in 7 von 1.749 untersuchten Proben gefunden (BVL 2006).

Clenbuterol wird bei Atemwegserkrankungen von Pferden, Rindern und Kälbern ein- gesetzt. Als Nebenwirkung hemmt das Medikament die Fettbildung und fördert den Muskelaufbau, was zu einer erheblich verbesserten Futterverwertung führt. Deshalb wurde Clenbuterol auch illegal zur Steigerung der Mastleistung verwendet. Da die Dosierung fünf- bis zehnmal höher ist als beim therapeutischen Einsatz, kann das Fleisch dieser Tiere die Gesundheit der Verbraucher ernsthaft gefährden. Zwischen 1990 und 1997 wurden in Frankreich, Italien und Spanien mehrere hundert Lebens- mittelvergiftungen publiziert, welche auf illegalen Clenbuteroleinsatz in der Mast zu- rückzuführen waren (HERHOLZ 2004).

Die in der Landwirtschaft am häufigsten eingesetzten Arzneimittel sind Antibiotika (BFT 2006). In Deutschland werden jedes Jahr etwa 700 Tonnen, in der EU ca. 5000 Tonnen Antibiotika eingesetzt. Sie werden überwiegend in der Tierhaltung, in Aqua- kulturen (Fischzucht) und im Pflanzenschutz verwendet (SCHNEIDEREIT 2005).

In der Luft, im Wasser und im Boden, konnten um Bauernhöfe in der USA Antibiotika und gegen diese resistente Bakterien gefunden werden. Durch den Verzehr von kon- taminiertem Geflügel und Fleisch kann der Mensch in Kontakt mit diesen Erregern kommen. Einen Anhaltspunkt für Resistenzen im Zusammenhang mit dem Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung sehen die Wissenschaftler des Fogarty Internatio- nal Center in einem Vergleich zwischen Europa und den USA. Während das Antibio- tikum Avoparcin in Europa seit den 70er Jahren in der Tierhaltung eingesetzt wurde, blieb es in den USA verboten. Entsprechend traten beim Menschen in der europä- ischen Bevölkerung mehr Resistenzen gegen das in der Humanmedizin eingesetzte Vancomycin auf als in den USA. Als in den 90er Jahren das Avoparcin auch in Euro- pa verboten wurde, gingen auch dort die Fälle resistenter Bakterien beim Menschen zurück (SMITH et al 2005).

Seit ca. 1970 haben auch einige Staphylokokkenstämme Resistenzen gegen penicillinasefeste Penicilline wie Oxacillin bzw Meticillin entwickelt. Diese Stämme

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werden Oxacillin- bzw. Meticillin-resistente Staphylococcus aureus genannt (ORSA/MRSA) (HÖPKEN 2005). In den Staaten der EU erkranken jedes Jahr circa drei Millionen Patienten an MRSA-Infektionen mit über 50.000 Todesfällen. In Deutschland infizieren sich jährlich circa 16.000 Menschen mit MRSA (BARTELS et al.2008).

In einer Untersuchung der Außenstelle für Epidemiologie der Tierärztlichen Hochschule Hannover wurden 2007 678 Schweine aus 347 Beständen, sowie 86 Personen mit beruflicher Exposition zum Schwein auf eine nasale Besiedlung mit MRSA untersucht. Auf Einzeltierebene konnte eine Nachweishäufigkeit von 13% und auf Bestandsebene von 18% festgestellt werden. Bei 23% der beruflich mit dem Schwein exponierten Personen konnte eine nasale Besiedlung mit MRSA ST398 nachgewiesen werden. Es konnte eine deutliche Assoziation zwischen der Intensität des beruflichen Kontaktes mit Schweinen und der nasalen Besiedlung mit MRSA bei den untersuchten Personen festgestellt werden (MEEMKEN et al. 2008).

SATTELBERGER et al. (2005) gehen davon aus, dass 50 - 90% der eingesetzten Antibiotika mit den Ausscheidungen der Tiere in die Umwelt gelangen, wo sie auf verschiedene Weise verlagert werden können (Abb. 1) Gelangen Antibiotika in Bo- den und Gewässer, ist eine Veränderung der dortigen Bakterienflora möglich (THIE- LE-BRUHN 2003).

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Abbildung 1: Eintrags- und Verlagerungspfade von Antibiotika aus der Land- wirtschaft (REGIERUNG VON UNTERFRANKEN 2006)

Potenzielle Infektionen mit resistenten Erregern können auf zwei verschiedenen We- gen entstehen. Beim direkten oder vertikalen Transfer infiziert sich der Mensch durch den Verzehr von kontaminierten Lebensmitteln. Beim so genannten horizontalen Transfer geben für den Menschen harmlose Bakterien ihre Resistenzgene an kör- pereigene oder humanpathogene Erreger weiter (SMITH et al. 2005).

Jeder Einsatz von Antibiotika, ob in der Humanmedizin, der Veterinärmedizin oder als so genannte antimikrobielle Leistungsförderer (AML) in der Landwirtschaft, be- kämpft nicht ausschließlich sensitive Bakterien, sondern begünstigt gleichzeitig gene- tisch bedingte Resistenzentwicklungen (Plasmidaustausch, Transfektionen etc.). Der Einsatz von Antibiotika als Leistungsförderer ist in der Schweiz daher seit 1999 ver- boten (HERHOLZ 2004).

Das Verbot wurde innerhalb der EU von 1997 bis 2006 sukzessive gleichfalls durch- gesetzt. Zum 1. Januar 2006 wurden die letzten vier Antibiotika europaweit verboten, die noch als Leistungsförderer in der Tiermast zugelassen waren (Tab. 3). Mit Einfüh- rung der Verordnung (EG) 183/2003 und des Rates vom 22. September 2003 über Zusatzstoffe zur Verwendung in der Tierernährung, wurde die Richtlinie 70/524/EWG über Zusatzstoffe in der Tierernährung ersetzt.

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Bis Ende 2005 gab es zwei mögliche Einsatzbereiche von Antibiotika als Futterzu- satzstoffe:

1. Einsatz von antibiotischen Leistungsförderern 2. Einsatz von Kokzidiostatika

Seit dem 01.01.2006 ist die Verwendung antibiotischer Leistungsförderer EU-weit verboten. Zur Prophylaxe der Kokzidiose beim Geflügel und beim Kaninchen werden Ionophore wie Lasalocid, Monensin, Narasin, Salinomycin oder Verbindungen aus anderen chemischen Gruppen (Nicarbazin) noch eingesetzt (BFG 2006).

Tabelle 3: Verbote von antibiotischen Leistungsförderern durch die EU Jahr Antibiotikum

1997 Avoparcin

1998 Zink-Bacitracin, Tylosin, Spiramycin, Virginiamycin 1999 Carbadox, Olaquindox

2006 (Salinomycin, Monensin), Avilamycin, Flavomycin

Die Notwendigkeit des Einsatzes von Antibiotika ist bei erkrankten Tieren unstrittig.

Zulässig ist auch die vorübergehende Anwendung zur Metaphylaxe von Infektionen unter veterinärmedizinischer Kontrolle. Allerdings finden hierbei, vor allem aus öko- nomischen Gründen, vorrangig Tetrazykline (Chlortetracyclin-Präparate) Verwen- dung, die nicht nur entsprechende Tetrazyklin-Resistenzen begünstigen sondern auch aufgrund der Gruppen- und Kreuzresistenzen die Wirksamkeit anderer Antibio- tika beeinträchtigen (RIVERA UND SPOO 1995, KROKER 1999, PLUMB 1999).

2.6 Das EU-Lebensmittelrecht

2.6.1 Basis-Verordnung zur Lebensmittelsicherheit

Das EU-Lebensmittelrecht wurde von 2002 bis 2004 neu erarbeitet bzw. umstruktu- riert. Basis ist die „Verordnung (EG) 178/2002 [...] zur Festlegung der allgemeinen Grundsätze und Anforderungen des Lebensmittelrechts, zur Errichtung der Europä- ischen Behörde für Lebensmittelsicherheit und zur Festlegung von Verfahren zur Le- bensmittelsicherheit“.

Die Verordnung fordert ein risikoorientiertes, wissenschaftlich fundiertes Lebensmit-

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telsicherheitskonzept, welches die Eigenverantwortlichkeit und Eigenkontrollen, in- klusive Produkthaftung, der Lebensmittelunternehmen beinhaltet. Der amtlichen Überwachungsbehörde obliegt die Kontrolle der Kontrolle (HARTIG und UNTER- MANN 2004). Für die Durchführung der amtlichen Kontrolltätigkeit werden Risikoana- lysen gefordert, für deren Erstellung primär die Europäische Behörde für Lebensmit- telsicherheit verantwortlich zeichnet.

2.6.2 Das Hygienepaket

Am 01.01.2006 trat das neue EU-Hygienepaket in Kraft. Es beinhaltet folgende Vor- schriften:

• Verordnung (EG) Nr. 852/2004 des EP und des Rates vom 29.4.2004 über Lebensmittelhygiene

• Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des EP und des Rates vom 29.4.2004 mit spe- zifischen Hygiene-Vorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs

• Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des EP und des Rates vom 29.4.2004 mit be- sonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwachung von zum men- schlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Ursprungs.

2.6.2.1 Lebensmittelhygiene-Verordnung

Die „Verordnung (EG) 852/2004 des Europäischen Parlamentes und des Rates vom 29.04.2004 über Lebensmittelhygiene“ legt die Grundsätze der lebensmittelhygieni- schen Anforderungen auf allen Stufen der Erzeugung fest. Dabei wird die Priorität der Gefahrenanalysen im Bereich der Primärproduktion betont (SCHRUFF 2004, MEEMKEN 2006).

Die Verordnung beinhaltet:

• das allgemeine Hygienegebot sowie die Verpflichtung zur angemessenen Be- achtung der in den Anhängen - getrennt für Primärproduktion und Weiterver- arbeitung - aufgeführten allgemeinen Hygienevorschriften

• die Verpflichtung zur Eigenkontrolle nach den Grundsätzen des HACCP-Kon- zeptes gemäß Codex Alimentarius (ausgenommen für die Urproduktion) ein- schließlich Dokumentationsverpflichtung der HACCP-bezogenen Maßnahmen

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eine allgemeine Melde- bzw. Registrierungspflicht, der alle Betriebe unterlie- gen

• Zulassungspflicht für Betriebe, die Lebensmittel tierischen Ursprungs erst- verarbeiten

• die Forderung, dass Lebensmittelbetriebe in Drittländern, die in die Gemein- schaft liefern, gleiche Anforderungen erfüllen müssen

• das Verfahren für die Erarbeitung und Prüfung von branchenbezogenen natio- nalen oder gemeinschaftlichen freiwilligen "Leitlinien für eine gute Hygiene- Praxis"

• Anhänge mit allgemeinen Hygienevorschriften getrennt nach Primärproduktion und alle sonstigen Betriebstätten.

2.6.2.2 Hygienevorschriften für tierische Lebensmittel

Die „Verordnung (EG) Nr. 853/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 mit spezifischen Hygienevorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs“ legt detailliert Vorschriften für die Lebensmittelsicherheit fest Schwer- punkte sind dabei mikrobiologische und chemische Gefahren.

Die Verordnung gilt ausschließlich für unverarbeitete Erzeugnisse tierischen Urs- prungs sowie für Lebensmittel, die aus der Erstverarbeitung unverarbeiteter tierischer Erzeugnisse hervorgegangen sind. Lebensmittelunternehmen, die diesen spe- zifischen Vorschriften unterfallen, sind zulassungspflichtig. Die Zulassung erfolgt pro- duktunabhängig nach einem einheitlichen Verfahren. Die bisherige Zweiteilung zwi- schen registrierungspflichtigen Betrieben bestimmter Größenordnungen mit lokalem Markt und zulassungspflichtigen Betrieben im Fleisch- und Geflügelfleischhygiene- recht entfällt zugunsten einer Flexibilisierung und risikoorientierten Bewertung bei der Zulassung. Zugelassene Betriebe erhalten ein branchenunabhängiges Identitäts- kennzeichen. Zur Rückverfolgbarkeit sind Lebensmittel aus zulassungspflichtigen Be- trieben mit der Identifizierungsnummer des Betriebes zu kennzeichnen. Eine, aus- schließlich vom Amtstierarzt vorzunehmende, Genusstauglichkeitskennzeichnung gibt es für Schlachttierkörper und Frischfleisch. Die Vorgaben zur Betriebszulassung und Identitätskennzeichnung bei Drittlandseinfuhren werden produktunabhängig zu- sammengefasst und neu geregelt.

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Darüber hinaus enthält die Verordnung in den Anhängen detaillierte Hygienevor- schriften, u. a. für die fleisch-, fisch- milch- und eierverarbeitenden Betriebe, in denen die wichtigsten Bestimmungen aus dem derzeit geltenden Spezialrecht für die ein- zelnen Bereiche aufgenommen wurden.

In Anhang I, Abschnitt II werden für Schlachthöfe HACCP-Verfahren verbindlich vor- geschrieben. Danach müssen die angelieferten Tiere von Informationen aus dem Herkunftsbestand begleitet werden, die dem Schlachthofbetreiber spätestens 24 h vor Anlieferung zur Kenntnis zu geben sind. Nach Abschnitt III sind dies folgende In- formationen:

• Gesundheitsstatus des Herkunftsbetriebes sowie der zu liefernden Tiere

• Informationen über verabreichte Arzneimittel, sonstige tierärztliche Behand- lungen

• Krankheiten, die die Sicherheit des Fleisches beeinträchtigen könnten

• Ergebnisse von Probenanalysen zur Krankheitsdiagnostik und Rückstands- überwachung

• Berichte über die Ergebnisse früherer Schlachttier- und Schlachtkörper- untersuchungen von Tieren aus demselben Herkunftsbetrieb, insbesondere Berichte des amtlichen Tierarztes

• Produktionsdaten, wenn aus diese der Zeitpunkt/-raum des Auftreten von Krankheiten hervorgeht

• Name und Anschrift des privaten Tierarztes, den der Betreiber des Herkunfts- betriebes normalerweise hinzuzieht. (SCHRUFF 2004, MEEMKEN 2006).

2.6.2.3 Amtliche Überwachung tierischer Lebensmittel

Die „Verordnung (EG) Nr. 854/2004 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29.04.2004 mit besonderen Verfahrensvorschriften für die amtliche Überwa- chung von zum menschlichen Verzehr bestimmten Erzeugnissen tierischen Urs- prungs“ ersetzt ab dem 19.01.2006 das deutsche Fleischhygienerecht. Die Verord- nung berücksichtigt alle Aspekte der menschlichen und tierischen Gesundheit sowie des Tierschutzes im Zusammenhang mit der amtlichen Lebensmittelüberwachung.

Hierbei wird das Veterinärkontrollwesen neu geregelt. Gefordert wird ein risikoorien- tiertes Vorgehen. „Amtliche Maßnahmen in der Überwachung sollen immer auf den

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aktuellsten sachbezogenen Informationen beruhen und flexibel an neue Erkenntnisse angepasst werden“ (SCHRUFF 2004).

Der amtlichen Überwachung liegen zwei Hauptmethoden zu Grunde:

1. Audits, die der Überprüfung von durch den Lebensmittelunternehmer getroffenen Maßnahmen dienen. Diese umfassen u. a. HACCP-Verfahren in Schlachthöfen, die auch die Überprüfung von Lebensmitteketteninformationen durch den Schlachthofbe- treiber sicherstellen müssen.

2. Inspektionen bzw. Kontrollen durch den amtlichen Tierarzt Diese umfassen nach Anhang I der Verordnung:

• Informationen zur Lebensmittelkette

• Schlachttieruntersuchung

• Wohlbefinden der Tiere

• Fleischuntersuchung

• Spezifiziertes Risikomaterial und andere tierische Nebenprodukte

• Labortests

(SCHRUFF 2004, MEEMKEN 2006)

Zusammenfassung der Neuerungen des Vorschriften-Katalogs:

• EU-Verordnungen mit unmittelbarer Gültigkeit

• allgemeine Basishygienevorschrift unter Einbezug der Urproduktion für alle Betriebe in der Lebensmittelkette

• Abschaffung vorrangiger Spezialrechte

• spezielle Vorschriften für Lebensmittel tierischen Ursprungs ergänzend

• Durchführungsverordnungen mit mikrobiologischen Kriterien und Temperatu- ren

• Verpflichtung aller Lebensmittelbetriebe zur behördlichen Registrierung

• Pauschale Forderung nach Gleichwertigkeit aller Lebensmittel aus Drittländern

• Aufwertung des Konzepts der freiwilligen Leitlinien für Gute-Hygiene-Praxis

• Dokumentationsverpflichtungen (von HACCP- Maßnahmen)

Referenzen

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