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ZEW-Projekt: Von der Finanzierung der Arbeitslosigkeit zur Förderung von Arbeit - Analysen und Empfehlungen zur Steigerung der Effizienz und Effektivität der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland

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Academic year: 2022

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ZEW

Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung GmbH L7, 1

D-68161 Mannheim

Von der Finanzierung der Arbeitslosigkeit zur Förderung von Arbeit –

Analysen und Empfehlungen zur Steigerung der Effizienz und Effektivität der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland

Kurzfassung

Endbericht an das

Bundesministerium der Finanzen

Projektteam: Dr. Viktor Steiner (Leiter) Dipl.-Volkswirt Tobias Hagen Tel. 0621/1235-151 Tel. 0621/1235-288

steiner@zew.de hagen@zew.de

Mannheim, den 28. Februar 2000

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Einleitung

Im Jahr 1998 betrugen die Ausgaben für Arbeitsmarktpolitik der Bundesanstalt für Arbeit und des Bundeshaushalts über 133 Mrd. DM. Hinzu kommen noch Ausgaben anderer öffentlicher Körperschaften wie Länder, Gemeinden sowie des Europäischen Sozialfond (ESF). Von dem genannten Ausgabenbetrag wurden circa 64% für passive Maßnahmen, wie Arbeitslosengeld und –hilfe und verschiedene arbeitsmarktpolitisch motivierte Frühverrentungsformen, und circa 36% für aktive Maßnamen, wie geförderte berufliche Weiterbildung oder Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen, aufgewendet. Kommu- nen – als Träger der Sozialhilfe – führen oftmals in eigener Regie Maßnahmen zur Wiederbeschäftigung von Sozialhilfeempfängern durch. So wurden auf kommunaler Ebene im Jahr 1998 für über 10 Mrd. DM rund 200.000 befristete Beschäftigungsver- hältnisse für diesen Personenkreis geschaffen. Darüber hinaus tragen Kommunen zum Teil zur Finanzierung von Arbeitsbeschaffungs- und Strukturanpassungsmaßnahmen bei.

Der Europäische Sozialfond beteiligt sich ebenfalls an der Finanzierung ausgewählter arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen wie beispielsweise dem Sofortprogramm zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit. Der Bundeshaushalt finanziert zum einen die Arbeits- losenhilfe, zum anderen ist er meist an speziellen Maßnahmen, wie beispielsweise dem genannten Sofortprogramm oder der „Aktion Beschäftigungshilfe für Langzeitarbeitslo- se“, beteiligt.

Durch Reformvorschläge, die mittels Lohnkostensubventionen an Unternehmen oder lohnbezogenen Transfers an Arbeitnehmer die Beschäftigung von Geringqualifizierten im Niedriglohnbereich fördern wollen, entstünden vor allem dem Bund, den Ländern und den Sozialversicherungsträgern hohe fiskalische Kosten bzw. Mindereinnahmen.

Ausgaben öffentlicher Körperschaften ziehen im Allgemeinen Steuer- und Beitragsbe- lastungen nach sich. Im Fall der Bundesanstalt für Arbeit ist grundsätzlich abzuwägen, ob potenzielle Beitragssenkungen, die zu einer Entlastung der Arbeitskosten sowie einer Stärkung der Arbeitsanreize führen können, gesellschaftlich nicht vorteilhafter sind als kostspielige Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarktpolitik. Angesichts der hohen fiskali- schen Kosten, der Hinweise auf geringe oder gar fehlende Effektivität aktiver Maßnamen und der verbreiteten Diskussion über negative Anreizeffekte von Zahlungen bei Arbeits- losigkeit (Arbeitslosengeld und –hilfe und Sozialhilfe) ist eine breit angelegte Evaluation der Arbeitsmarktpolitik in Deutschland dringend geboten. Das Ziel des Gutachtens ist eine Bestandsaufnahme und kritische Bewertung der Effizienz und Effektivität einer Vielzahl von Instrumenten der Arbeitsmarktpolitik. Daraus sollen zum einen Handlungs- optionen für eine effizientere Ausgestaltung abgeleitet und zum anderen Ansatzpunkte für eine fundierte wissenschaftliche Evaluation der Arbeitsmarktpolitik in Zukunft aufgezeigt werden.

Im Rahmen dieses Gutachtens werden folgende Maßnahmen der aktiven Arbeitsmarkt- politik (AAMP) bezüglich deren Effizienz und Effektivität evaluiert: Arbeitsbeschaf- fungsmaßnahmen (ABM), Strukturanpassungsmaßnahmen (SAM), Strukturanpassungs- maßnahmen Ost für Wirtschaftsunternehmen (SAM OfW), geförderte berufliche Weiterbildung (FbW), Eingliederungszuschüsse, Beschäftigungshilfen für Langzeitar-

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beitslose (BHI), Beratung und Vermittlung, Überbrückungsgeld bei Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit, gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassung (gAÜ) sowie Reform- vorschläge zu Lohnkostensubventionen an Arbeitgeber und lohnbezogenen Transfers an Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich. Bezüglich des Sofortprogramms zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit wird eine erste Einschätzung gegeben.

Zu den analysierten Maßnahmen der passiven Arbeitsmarktpolitik (PAMP) gehören Arbeitslosengeld (ALG), Arbeitslosenhilfe (ALH), Sozialhilfe (Hilfe zum laufenden Lebensunterhalt) sowie Maßnahmen zur Senkung der Lebensarbeitszeit am Beispiel des Reformvorschlags „Rente mit 60“.

Kriterien und Methoden zur Evaluation von Arbeitsmarktpolitik

Das durch AFG bzw. SGB III gesetzlich vorgeschriebene Ziel der AAMP liegt in der Wiedereingliederung von Arbeitslosen in reguläre Beschäftigung (Erfolgskriterium) unter besonderer Berücksichtigung bestimmter Problemgruppen des Arbeitsmarktes (Kriterium der Zielgruppenorientierung). An diesen Kriterien wird die Effektivität der AAMP in diesem Gutachten gemessen. Anderen möglichen Ziele der AAMP sind mit den genannten Kriterien korreliert oder lassen sich aus diesen ableiten. Darüber hinaus werden in der öffentlichen Diskussion auch Ziele genannt, die einer wissenschaftlichen Evaluation bei der Datenlage in Deutschland nicht zugänglich sind oder sich nicht aus den gesetzlichen Vorgaben ableiten lassen. Die kosmetische Senkung der Arbeitslosig- keit, die nur darauf beruht, dass Teilnehmer an den meisten Maßnahmen der AAMP nicht als arbeitslos registriert werden („bookkeeping“-Effekt), kann nicht als Erfolg gewertet werden.

Bei der Bewertung der Effektivität von Maßnahmen für Jugendliche bedarf es einer Erweiterung der Erfolgskriterien. Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit wird oftmals mit einem fehlenden Berufs- oder Schulabschluss erklärt. Diese wird wiederum auch auf zu geringe Motivation der Jugendlichen zurückgeführt. Aus diesem Grund untersuchen einige Evaluationsstudien zu Arbeitsmarktprogrammen für Jugendliche auch explizit, ob und inwieweit die Teilnahme an der Maßnahme auch die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass Personen in reguläre Bildungs- bzw. Ausbildungseinrichtungen eintreten.

Außerdem ist der Zeithorizont, in dem die Maßnahme einen Effekt haben kann, auf- grund des jugendlichen Alters viel länger als bei Erwachsenen. Aus beiden Überlegungen ergibt sich, dass Evaluationsstudien zu Maßnahmen für Jugendliche einen möglichst langen Untersuchungszeitraum abdecken sollten.

Die Ziele von ALG und ALH liegen in der Versicherung des Arbeitslosigkeitsrisikos.

Im Rahmen des Gutachtens werden ALG und ALH bezüglich der Anreizeffekte auf Arbeitslose (Abgang aus sowie Dauer der Arbeitslosigkeit) und auf Beschäftigte (Zugang in die Arbeitslosigkeit) untersucht.

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Das Ziel von Maßnahmen zur Senkung der Lebensarbeitszeit liegt im Abbau der Arbeitslosigkeit über die Reduktion der Zahl der Erwerbspersonen. Ein sinnvolles Effektivitätsmaß ist die Wiederbeschäftigungsquote, die angibt, wie viele Personen pro frühverrenteten Arbeitnehmer eingestellt werden.

Mittels mikroökonomischer Evaluation der AAMP ermittelt man direkt Aussagen zu den oben abgeleiteten Kriterien „Wiedereingliederung in reguläre Beschäftigung“ und

„Zielgruppenorientierung“. Dabei bedarf es zur Ermittlung der Effektivität einer Maßnahme einer Kontrollgruppe von Nichtteilnehmern. Diese ergibt sich entweder aus sozialen Experimenten oder sie wird mittels statistischer Methoden auf Basis von Individualdatensätzen erzeugt. Für Deutschland kommt bisher nur die zweite Methode in Frage. Untersuchungen zur AAMP, die nicht in irgendeiner Form den Maßnahmeerfolg durch den Vergleich des Erfolgskriteriums zwischen den Teilnehmern und einer Kon- trollgruppe zu schätzen versuchen, werden in diesem Gutachten wegen zu geringer Aussagekraft nicht berücksichtigt.

Durch Maßnahmen der AAMP werden auch die Beschäftigungschancen von Nichtteil- nehmern beeinflusst. Es kann über verschiedene Kanäle (Wettbewerbsverzerrungen, erhöhte Lohnsteigerungen, Steuerbelastung, Substitution von geförderten Arbeitnehmern durch nichtgeförderte, Umschichtung öffentlicher Mittel) zu einer Verdrängung regulärer Beschäftigung im selben oder auch anderen Unternehmen kommen. Die Nichtberück- sichtigung dieser Effekte führt in der Regel zu einer Überschätzung des Erfolgs arbeits- marktpolitischer Maßnahmen. Diese indirekten Effekte werden teilweise mittels aggre- gierter Wirkungsanalysen berücksichtigt, so dass man zu dem Nettobeschäftigungseffekt der Maßnahmen gelangt. Da die indirekten Effekte mit dem Umfang der Maßnahme steigen, sind aggregierte Wirkungsanalysen vor allem bei umfangreichen Programmen, wie beispielsweise ABM und FbW in Ostdeutschland, für die Beurteilung der Effektivität dieser Maßnahmen von großer Bedeutung.

Zu berücksichtigen sind außerdem potenzielle Mitnahmeeffekte bei Arbeitnehmern und Unternehmen, die ebenfalls den Nettobeschäftigungseffekt einer Maßnahme schmälern.

Diese bestehen darin, dass Arbeitslose an Maßnahmen der AAMP teilnehmen bzw. durch diese gefördert werden, ohne dass sie derer bezüglich ihrer Wiederbeschäftigungschan- cen bedürften. Im Falle der PAMP beziehen die Arbeitslosen Unterstützungsleistungen, obwohl sie eine Beschäftigung aufnehmen könnten oder aus dem Erwerbsleben aus- scheiden wollen. Bei Arbeitgebern spricht man von Mitnahmeeffekten, wenn sie durch Lohnkostensubventionen geförderte Personen einstellen, die sie auch ohne Förderung eingestellt hätten. Mitnahmeeffekte sind aufgrund der damit verbundenen Verschwen- dung fiskalischer Mittel zu verhindern. Im Bereich der AAMP kann strenge Zielgrup- penorientierung Mitnahmeeffekte minimieren.

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Arbeitslosigkeit in West- und Ostdeutschland und Zielgruppen der AAMP Das Niveau der tatsächlichen Arbeitslosigkeit wird durch Maßnahmen der AAMP und der PAMP in Deutschland verschleiert („bookkeeping effect“). Dies erklärt sich daraus, dass Teilnehmer an vielen Maßnahmen der AAMP nicht als arbeitslos registriert sind und somit nicht in der amtlichen Statistik erscheinen. Außerdem ist es möglich, dass Perso- nen trotz des Bezugs von ALG oder ALH nicht als arbeitslos registriert sind. Personen die von arbeitsmarktpolitisch motivierten Frühverrentungsmaßnahmen Gebrauch machen können ebenfalls als „verdeckt arbeitslos“ bezeichnet werden. Legt man diese Definition zugrunde, dann kam in Westdeutschland im Jahr 1998 zu drei „offenen Arbeitslosen“

noch ein „verdeckt“ Arbeitsloser hinzu. In Ostdeutschland kamen aufgrund des massiven Einsatzes von AAMP auf drei registrierten Arbeitslose sogar zwei verdeckt Arbeitslose.

In §7 SGB III wird gefordert, dass besonders förderungsbedürftige Personengruppen gemäß ihres Anteils an der Gesamtzahl der Arbeitslosen durch die AAMP gefördert werden sollen. Als Zielgruppe der AAMP werden dabei Langzeitarbeitslose, Schwerbe- hinderte, Ältere mit Vermittlungserschwernissen, Berufsrückkehrer sowie Frauen (§6 SGB III) genannt. Die empirische Analyse zeigt, dass Personen mit den genannten Merkmalen tatsächlich ein höheres Risiko für langfristige Arbeitslosigkeit aufweisen.

Darüber hinaus zählen auch Ausländer zu den Personen mit überdurchschnittlichem Risiko für Langzeitarbeitslosigkeit. Es ist daher zu überlegen, auch Ausländer als explizite Zielgruppe der AAMP aufzunehmen.

Das Alter ist negativ mit den individuellen Wiederbeschäftigungschancen korreliert, d.h. je älter Arbeitslose sind desto höher ist deren Risiko der Langzeitarbeitslosigkeit.

Dagegen werden Jugendliche eher selten langfristig arbeitslos. Frauen haben bei sonst gleichen Charakteristika wie Männer insbesondere in Ostdeutschland niedrigere Wieder- beschäftigungschancen. Gesundheitliche Einschränkungen erhöhen die Wahrscheinlich- keit langfristiger Arbeitslosigkeit, das gleiche gilt für Personen mit Erwerbsunterbre- chung. Personen mit niedriger Qualifikation oder ohne abgeschlossene Berufsausbildung haben eine überdurchschnittlich hohe Arbeitslosenquote. Diese erklärt sich weniger durch niedrige Wiederbeschäftigungschancen als vielmehr durch deren häufigen Wechsel zwischen Arbeitslosigkeit und Erwerbstätigkeit, d.h. geringe Beschäftigungsstabilität.

Eine Kumulation der genannten Risikomerkmale führt zu Langzeitarbeitslosigkeit.

Die Hypothese, dass sich mit zunehmender Arbeitslosigkeitsdauer aufgrund des Ver- lusts von Humankapital oder Stigmatisierung die individuellen Wiederbeschäftigungs- chancen stark reduzieren wird durch die vorliegende empirische Evidenz nicht gestützt.

Die Dauer der individuellen Arbeitslosigkeit wird durch arbeitsmarktrelevante Charakte- ristika determiniert. Dies impliziert, dass es nicht sinnvoll ist, nur die Dauer der Arbeits- losigkeit als Auswahlkriterium für die Teilnahme an Maßnahmen der AAMP heranzu- ziehen. Vielmehr ist es effizienter, schon zu Beginn der Arbeitslosigkeit das individuelle

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Risiko der Erwerbsperson auf Langzeitarbeitslosigkeit zu bestimmen. Dazu bedarf es sogenannter „Profiling“-Methoden, die beispielsweise schon in den USA erprobt wurden.

Teilnehmer und Kosten wichtiger Maßnahmen der Arbeitsmarktpolitik Alle hier genannten Beträge in DM sind, um Vergleichbarkeit herzustellen preisberei- nigt, d.h. sie sind in Preisen des Jahres 1998. In Westdeutschland (Ostdeutschland) empfingen im Jahr 1998 rund 1,24 Mio. (759.000) Personen ALG und 955.000 (549.200) Personen ALH. Dies führte zu Ausgaben von 34,65 Mrd. DM (18,18 Mrd.

DM) für ALG, was 57,6% (47%) der Gesamtausgaben der Bundesanstalt für Arbeit in Westdeutschland (Ostdeutschland) entspricht. Pro Empfänger beliefen sich die monatli- chen Ausgaben für ALG auf 2.330 DM (2.020 DM) und für ALH auf 1.780 DM (1.520 DM). In diesen Ausgaben sind Sozialversicherungsbeiträge enthalten. Die tatsächlichen Lohnersatzleistungen liegen circa 40% unter den monatlichen Ausgaben pro Empfänger.

In Westdeutschland (Ostdeutschland) nahmen im Jahr 1998 rund 193.700 (151.000) Personen an einer FbW-Maßnahme teil. Dies führte zu Ausgaben von 7,04 Mrd. DM (5,47 Mrd. DM), was 11,7% (14,4%) der Gesamtausgaben der Bundesanstalt für Arbeit in Westdeutschland (Ostdeutschland) entspricht. Die monatlichen Ausgaben pro Teil- nehmer beliefen sich auf 3.340 DM (3.160 DM), wobei das Unterhaltsgeld im Durch- schnitt 2.154 DM (2.065 DM) betrug. Der Höhepunkt des Einsatzes von FbW wurde in West- und Ostdeutschland im Jahr 1992 erreicht. In Westdeutschland (Ostdeutschland) nahmen in diesem Jahr 362.200 Personen (491.200) an dieser Maßnahme teil, was zu realen Ausgaben von 8,32 Mrd. DM (14,02 Mrd. DM) führte.

Langzeitarbeitslose, Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen, ältere Arbeitslo- se und Ausländer sind unter den Teilnehmern – gemessen an der Struktur des Arbeitslo- senbestandes – unterrepräsentiert. Das Kriterium der Zielgruppenorientierung wurde insbesondere in Ostdeutschland Anfang der neunziger Jahre nicht beachtet. Seit 1993 ist allerdings eine zunehmend strengere Konzentration auf Zielgruppen zu beobachten. Es lässt sich jedoch aus dem SGB III ableiten, dass der voraussichtliche Wiedereingliede- rungserfolg in reguläre Beschäftigung als das dominierende Kriterium angesehen wird.

Ein Zielkonflikt zwischen den beiden Kriterien dürfte insbesondere für FbW zum Tragen kommen.

An einer ABM nahmen 1998 in Westdeutschland (Ostdeutschland) im Jahresdurch- schnitt rund 59.000 (151.800) Personen teil. Damit waren Ausgaben der BA und des Bundeshaushalts von 1,98 Mrd. DM (5,45 Mrd. DM) verbunden, was 3,28% (14,1%) der Gesamtausgaben der BA für Westdeutschland (Ostdeutschland) entspricht. Dies führte zu monatlichen Ausgaben von 2.790 DM (2.990 DM) pro Teilnehmer. Wenn zusätzlich Ausgaben anderer öffentlicher Körperschaften hinzugerechnet werden, kommt man für das Jahr 1996 auf monatliche Ausgaben von 4.500 DM (3.940 DM) pro Teilnehmer. Seit 1994 fallen die Ausgaben pro Teilnehmer aufgrund einer Kürzung der Entlohnung in

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einer ABM. Der Höhepunkt der Förderung wurde in Ostdeutschland im Jahr 1992 mit 388.100 Teilnehmern erreicht, was knapp 5% der ostdeutschen Erwerbspersonen entspricht und zu Ausgaben von circa 10,2 Mrd. DM führte. Bezüglich der Teilnehmer- struktur lässt sich feststellen, dass ältere Erwerbspersonen in Westdeutschland unterrep- räsentiert sind. Personen mit gesundheitlichen Einschränkungen oder Schwerbehinderung sind in West- und Ostdeutschland deutlich unterrepräsentiert. Besonders in den ersten zwei Jahren nach der Vereinigung hatten ältere Arbeitnehmer, verheiratete Frauen mit Kindern, Personen ohne Berufsausbildung und früher Nichterwerbstätige in Ostdeutsch- land eine tendenziell geringere Teilnahmewahrscheinlichkeit. Dagegen nahmen jüngere Männer und Frauen mit Hochschulausbildung mit hoher Wahrscheinlichkeit an einer ABM teil. Das Kriterium der Zielgruppenorientierung wird in Ostdeutschland erst ab Mitte der neunziger Jahre angewendet.

An SAM (frühere Bezeichnung: „Produktive Arbeitsförderung“) nahmen 1998 in Westdeutschland (Ostdeutschland) im Durchschnitt des Jahres 1998 circa 9.800 Personen (47.500) teil. Dafür wendeten die BA und der Bundeshaushalt 318 Mio. DM (1,23 Mrd.

DM) auf. Dies entspricht monatlichen Ausgaben von 2.700 DM (2.150 DM) pro Teilnehmer. SAM zeichnet sich aber durch breite Finanzierungsbeteiligung öffentlicher Körperschaften aus. Wenn auch die Ausgaben anderer öffentlicher Körperschaften mitberücksichtigt werden, kommt man für Ostdeutschland im Jahr 1994 auf reale monatliche Ausgaben von circa 6.000 DM. Damit stellt SAM ohne Berücksichtigung möglicher fiskalischer Rückflüsse und indirekter Effekte noch vor ABM die kostspie- ligste Maßnahme dar. Das Kriterium der Zielgruppenorientierung wird in Westdeutsch- land schwach und in Ostdeutschland überhaupt nicht eingehalten, d.h. die Teilnehmer sind eine „Positivauswahl“ des Arbeitslosenbestandes.

Der Teilnehmerbestand von SAM OfW – eine Lohnkostensubvention an private Unternehmen in Ostdeutschland und Westberlin – belief sich 1998 im Jahresdurchschnitt auf rund 117.000 Personen. Dies führte zu Gesamtausgaben von 3,13 Mrd. DM und monatlichen Ausgaben pro geförderten Arbeitnehmer von 2.230 DM. Die Struktur der Geförderten spiegelt die schwache gesetzliche Eingrenzung der Zielgruppe wider. Alle genannten Zielgruppen sind deutlich unterrepräsentiert. Die Unternehmen konnten eine erhebliche Positivauswahl vornehmen, was auf Mitnahmeeffekte hindeutet. Diese Vermutung findet Bestätigung in einer nichtrepräsentativen Betriebsbefragung des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesanstalt für Arbeit, bei der 27,3% der Arbeitgeber angeben, sie hätten die selbe Person auch ohne die Förderung eingestellt.

Weitere Lohnkostensubventionen an private Unternehmen sind die Eingliederungszu- schüsse. Diese zeichnen sich durch strengere Förderkonditionen und Eingrenzung der Zielgruppen aus. Dadurch ist die Inanspruchnahme durch Arbeitgeber sehr viel geringer als bei SAM OfW. Durch die hier untersuchten Teilinstrumente Einarbeitungszuschuss (§

49 AFG), Eingliederungsbeihilfe (§ 54 AFG) sowie Zuschuss zu den Lohnkosten für

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ältere Arbeitslose (§97 AFG) wurden im Jahr 1997 in Westdeutschland insgesamt 32.000 und in Ostdeutschland circa 24.000 Personen gefördert. Insgesamt wurden dafür in dem Jahr in Westdeutschland (Ostdeutschland) 398,8 Mio. DM (368,5 Mio. DM) ausgegeben.

Für Einarbeitungszuschüsse wurden monatlich pro Geförderten 1.170 DM (940 DM), für Eingliederungsbeihilfe 1.338 DM (934 DM) und für Zuschüsse zu den Lohnkosten älterer Arbeitsloser 1.725 DM (1.530 DM) aufgewendet. Bei dem zuerst genannten Instrument waren die Zielgruppen stark unterrepräsentiert. Dies deutet auf Mitnahmeef- fekte hin. In der Betriebsbefragung des IAB ergibt sich, dass in Westdeutschland 33,8%

und in Ostdeutschland sogar 57,1% ohne Förderung die selbe Person eingestellt hätten.

Bei den BHI für Langzeitarbeitslose handelt es sich um ein steuerfinanziertes Son- derprogramm der Bundesregierung in Form einer Lohnkostensubvention an Arbeitgeber.

Die Ausgaben hierfür beliefen sich in Westdeutschland (Ostdeutschland) im Jahr 1998 auf circa 685 Mio. DM (194,4 Mio. DM). Damit wurden 31.500 (12.600) ehemals Langzeitarbeitslose gefördert. Daraus ergeben sich monatliche Ausgaben von 1.800 DM (1.290 DM) pro Geförderten. Innerhalb der geförderten Langzeitarbeitslosen konnten die Arbeitgeber eine Positivauswahl vornehmen. Die durch das BHI geförderten sind im Durchschnitt jünger und kürzer arbeitslos als Personen aus dem Bestand der Langzeitar- beitslosen. Außerdem ist der Anteil der Männer höher.

Der Einsatz des Instruments „Überbrückungsgeld“ zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit durch Arbeitslose wurde in den neunziger Jahren forciert. Wurden im Jahr 1991 im gesamten Bundesgebiet nur circa 13.000 Personen gefördert, was 0,03% der Erwerbs- personen und 0,4% aller Selbständigen entspricht, gab es im Jahr 1998 bereits 97.800 Förderfälle. Dies entspricht 0,26% aller Erwerbspersonen und 2,7% aller Selbständigen.

In dem betrachteten Zeitraum stiegen die Ausgaben von 108,1 Mio. DM auf fast 1,25 Mrd. DM. Es ergibt sich für das Jahr 1999 eine durchschnittliche monatliche Förder- summe von 2.860 DM pro Existenzgründer.

Internationale Erfahrungen aus der Evaluation von Arbeitsmarktpolitik Bezüglich der Anreizeffekte der Arbeitslosenunterstützung zeigt sich, dass von einer Senkung der Einkommensersatzquote keine starken Effekte auf die Dauer der Arbeitslo- sigkeit ausgehen. Stärkere und eindeutigere Effekte auf die Arbeitslosigkeitsdauer werden für die Dauer der Anspruchsberechtigung ermittelt. Der Einfluss der Arbeitslo- senunterstützung auf den Zugang in Arbeitslosigkeit scheint im Allgemeinen gering zu sein.

Bezüglich geförderter Qualifizierungsmaßnahmen zeigt sich keine klare empirische Evidenz, ob eher inner- oder außerbetriebliche Kurse die Wiederbeschäftigungschancen der Teilnehmer erhöhen. Außerdem lässt sich keine Aussage ableiten, ob Kurse von längerer oder solche von kürzerer Dauer effektiver sind. Allerdings sollten Maßnahmen

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von langer Dauer zu einem von den Arbeitgebern anerkannten Berufsabschluss führen, der als eindeutiges Signal für die Produktivität der Teilnehmer dienen kann. Die Maß- nahmen sollten sich stark an den Bedürfnissen der Teilnehmer und den Anforderungen des (regionalen) Arbeitsmarktes orientieren. Qualifizierungsmaßnahmen scheinen insbesondere für Berufsrückkehrerinnen, nicht aber für Langzeitarbeitslose effektiv zu sein. Durch die Teilnahme an einer Qualifizierungsmaßnahme sollte kein Anspruch auf den Bezug von Arbeitslosenunterstützung erworben werden. Dadurch dürfte die durch- schnittliche Motivation der Teilnehmer höher sein. Außerdem werden negative Signale an potenzielle Arbeitgeber vermieden.

Beratung und Vermittlung durch die öffentliche Arbeitsverwaltung mit dem Ziel der Steigerung der Suchintensität scheint gemäß internationaler Erfahrungen ein effektives und kostengünstiges Instrument zu sein. Als zentral stellt sich dabei die Interaktion der Kernkompetenzen „Information, Beratung und Stellenvermittlung“, „Gewährung von Arbeitslosenunterstützung“ und „Weiterleitung von Arbeitslosen an Maßnahmen der AAMP“ dar. Durch die obligatorische Teilnahme an einer kurzen Maßnahme der AAMP nach einer gewissen Dauer der Arbeitslosigkeit, beispielsweise in Form eines Bewer- bungstrainings, kann die Dauer der Arbeitslosigkeit verkürzt werden. Diese Maßnahmen sollen dann auch zur Prüfung der Arbeitsbereitschaft von Arbeitslosen dienen („work- test“-Effekt der AAMP). Es zeigt sich, dass ein Teil der Arbeitslosen eher bereit ist, eine Beschäftigung aufzunehmen, die nicht ihren Vorstellungen entspricht, oder auf den Bezug von Arbeitslosenunterstützung zu verzichten, als an einer solchen Maßnahme teilzunehmen. Nicht alle Arbeitslosen bedürfen intensiver Beratung und Vermittlungstä- tigkeit und anderer Maßnahmen der AAMP. Um Mitnahmeeffekte zu vermeiden, bieten sich „Profiling“-Methoden zur Früherkennung von Langzeitarbeitslosigkeit an. Da aber nicht alle relevanten Charakteristika, die zu langfristiger Arbeitslosigkeit führen, bekannt und beobachtbar sind, müssen kurzfristige aus Mitnahmeeffekten resultierende Kosten, gegen langfristige Kosten langandauernder Arbeitslosigkeit abgewogen werden.

Die internationalen Erfahrungen bezüglich der Effektivität von Programmen für Jugendliche sind ernüchternd. Es erscheint unmöglich, Aussagen darüber abzuleiten, welche Maßnahmen für welchen Jugendlichen effektiv sein könnten. Es wird auf die Bedeutung der Erhöhung der Motivation und der gleichzeitigen Unterstützung der Familien hingewiesen. Sehr wichtig scheint auch die Individualisierung der Maßnahme bezüglich der arbeitsmarktrelevanten Bedürfnisse der Jugendlichen zu sein. Obligatori- sche (Berufsausbildungs-) Maßnahmen in Verbindung mit Sanktionen in Form von Kürzungen der Lohnersatzleistungen scheinen einen positiven Effekt auf den Abgang aus Arbeitslosigkeit in reguläre Bildung bzw. Ausbildung sowie in Beschäftigung zu haben.

Die meisten Evaluationsstudien deuten darauf hin, dass Lohnkostensubventionen an private Arbeitgeber sowohl mit hohen Mitnahmeeffekten (Arbeitgeber erhalten die Subvention, obwohl sie die jeweiligen Personen ohnehin eingestellt hätten) als auch mit Substitutionseffekten, d.h. einer Umverteilung der Arbeitsmarktchancen zwischen

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subventionierten und nicht-subventionierten Arbeitslosen, verbunden sind. Darüber hinaus kann es noch über die induzierten Wettbewerbsverzerrungen auf den Gütermärk- ten zu Verdrängung von regulärer Beschäftigung in anderen Unternehmen kommen, insbesondere wenn die Maßnahme einen größeren Umfang annimmt. Es existieren allerdings Hinweise darauf, dass mittels strenger Zielgruppenorientierung und der Beschränkung des Umfangs der Maßnahmen, die Nettobeschäftigungseffekte gesteigert werden können.

Die international mittels mikroökonomischer Evaluationsstudien für ABM ermittelten Effekte auf die individuelle Wiederbeschäftigungschance von Teilnehmern im Vergleich zu Nichtteilnehmern sind mäßig und teilweise sogar negativ. Darüber hinaus werden durch einige Studien erhebliche negative indirekte Effekte nachgewiesen. So zeigen aggregierte Wirkungsanalysen für Schweden, dass mit einer Ausweitung der Teilneh- merzahl von ABM die reguläre Beschäftigung in der Privatwirtschaft in gleichem Umfang sinkt. Diese Verdrängungseffekte erklären sich durch Wettbewerbsverzerrungen sowie die Umschichtung finanzieller Ressourcen in öffentlichen Haushalten. Die beschriebenen Verdrängungseffekte sollen durch das „Zusätzlichkeitskriterium“ bei den durch ABM durchgeführten Arbeiten vermieden werden. Allerdings wird gerade dieses Kriterium als wichtiger Grund für die niedrige Effektivität der Maßnahmen angesehen.

Es impliziert nämlich, dass es sich bei den Tätigkeiten nur um solche mit niedriger Produktivität handeln kann. Wenn aber das Ziel von ABM darin besteht, die Wiederbe- schäftigungschancen der Teilnehmer durch die Vermittlung von Arbeitserfahrung zu erhöhen, können gerade diese zusätzlichen Tätigkeiten nicht dazu beitragen, da sie sich fundamental von denen in regulärer Beschäftigung unterscheiden. ABM sollten deshalb auf die Arbeitslosen mit den gravierendsten Risikomerkmalen beschränkt sein. Dies kann zum einen Mitnahmeeffekte durch Arbeitslose, die auch ohne Teilnahme relativ prob- lemlos wiederbeschäftigt werden, verhindern. Darüber hinaus scheint die Effektivität gerade für Personen mit relativ guten Wiederbeschäftigungschancen am geringsten oder sogar negativ zu sein. Die Tätigkeiten sollten möglichst nah an denen in regulärer Beschäftigung sein und zusätzliche Qualifizierungsmaßnahmen beinhalten. Um trotz der

„marktnahen“ Arbeit Verdrängungseffekte zu minimieren, sollte der Umfang der Maßnahme gering gehalten werden.

Erfahrungen zu lohnbezogenen Transfers an Arbeitnehmer im Niedriglohnbereich zur Erhöhung der Arbeitsanreize von Arbeitslosen liegen unter anderem in den USA mit dem „Earned Income Tax Credit“ (EITC) und in Großbritannien mit dem „Family Credit“ vor. Diese basieren auf der Idee, dass Arbeitslose für die Aufnahme von Arbeit

„belohnt“ werden und nicht durch die Reduktion einer Unterstützungsleistung „bestraft“

werden sollen. Die genannten Transfers orientieren sich am Haushaltshaltseinkommen.

Empirische Analysen zu den Effekten des EITC zeigen, dass einige bereits Erwerbstätige ihre Arbeitsstundenzahl reduzieren, um transferberechtigt zu werden. Es geht allerdings auch ein positiver Effekt auf die Erwerbsbeteiligung aus, d.h. Personen, die zuvor nicht erwerbstätig waren, nehmen eine Beschäftigung auf. Bezüglich des Effektes auf Er-

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werbsbeteiligung und Arbeitsangebot (in Stunden) von Ehepaaren zeigt sich, dass der EITC das Arbeitsangebot verheirateter Männer kaum beeinflusst. Für die verheirateten Frauen führten die Erhöhungen der Leistungen des EITC zwischen 1984 bis 1996 zu einem Rückgang der Erwerbsbeteiligung. Ähnliches ergibt sich aus den Erfahrungen mit dem Family Credit in Großbritannien. Auch dort führt eine Erhöhung der Transfers dazu, dass Single-Haushalte bzw. Alleinerziehende ihre Erwerbsbeteiligung ausdehnen, während der Effekt für Verheiratete leicht negativ ist. Dies impliziert, dass von derarti- gen Transfers nach der internationalen Erfahrung keine größeren positiven Beschäfti- gungseffekte zu erwarten sind.

Eine weitere Form von Lohnsubventionen an Arbeitnehmer, die die Arbeitsanreize stärken und die Suchintensität steigern sollen, sind sogenannte Wiederbeschäftigungs- prämien („re-employment bonuses“). Diese werden einmalig gezahlt, wenn Empfänger von Arbeitslosenunterstützung eine reguläre Beschäftigung aufnehmen. Experimentelle Evaluationen in den USA zeigen, dass dadurch die Bezugsdauer von Unterstützungsleis- tungen um bis zu 6% reduziert werden konnte. Ein mögliches Problem sind Mitnahmeef- fekte durch Arbeitssuchende bzw. Job-Wechsler. Diese haben einen Anreiz sich arbeits- los zu melden, obwohl sie auch ohne die Arbeitslosenmeldung schnell einen Job finden könnten, was einen expansiven Effekt auf die Anzahl der Transferempfänger haben könnte.

Die Förderung von Unternehmensgründungen durch Arbeitslose besteht meist aus einem Zuschuss, der statt der Zahlung von Arbeitslosenunterstützung für einen be- stimmten Zeitraum nach der Unternehmensgründung gewährt wird. Die internationalen Evaluationsstudien kommen zu relativ eindeutigen Ergebnissen. Die Beschäftigungs- wahrscheinlichkeit (in unselbständiger oder selbständiger Beschäftigung) der Geförder- ten ist nach einigen Monaten im Vergleich zu den Nichtgeförderten höher. Die Überle- benswahrscheinlichkeit des gegründeten Unternehmens ist bei geförderten Arbeitslosen höher als bei nichtgeförderten arbeitslosen Unternehmensgründern. Dies gilt wahr- scheinlich vor allem dann, wenn die Förderung mit Beratung und gewissen Qualifizie- rungsmaßnahmen verbunden ist. Durch die geförderten Unternehmensgründungen werden Arbeitsplätze geschaffen. Ob und inwieweit es sich dabei um zusätzliche Beschäftigung handelt, kann auf Basis vorliegender empirischer Studien nicht bewertet werden. In zwei Studien werden Verdrängungseffekte ausgewiesen, die zwischen 30 und 50 % liegen. Die Mitnahmeeffekte liegen bei den wenigen Studien, die dies untersuchen, bei 20 bis zu 70%. Allgemein kann festgestellt werden, dass diese Maßnahme nur für einen kleinen Anteil der Arbeitslosen effektiv ist. Dabei handelt es sich im Allgemeinen um Personen mit geringen Risikomerkmalen, nämlich relativ gut qualifizierte Männer mittleren Alters mit kurzer Arbeitslosigkeitsdauer. Die Maßnahmen können aufgrund der engen Zielgruppe und den zu erwartenden Verdrängungseffekten als Folge von Wettbe- werbsverzerrungen nur in geringem Umfang durchgeführt werden.

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Mikroökonomische Evaluation einzelner Maßnahmen der Arbeitsmarktpoli- tik in Deutschland

Die für Deutschland vorliegenden mikroökonomischen Evaluationsstudien ermitteln die Effekte von Arbeitslosengeld (ALG) und Arbeitslosenhilfe (ALH) auf die Ab- gangsrate aus Arbeitslosigkeit und damit auf die Arbeitslosigkeitsdauer. Außerdem werden in einer Studie auch die Effekte auf die Zugänge in Arbeitslosigkeit aus Beschäf- tigung analysiert. Einige der Studien machen sich die Variationen zu Nutze, die sich aus rechtlichen Änderungen in den achtziger Jahren ergeben haben. Diese bestanden aus einer Kürzung der Einkommensersatzquote und einer Verlängerung der Anspruchsbe- rechtigung auf ALG und ALH insbesondere für ältere Arbeitslose.

Es ergeben sich für Männer und Frauen geringe oder keine Effekte einer Veränderung der Einkommensersatzquote im ALG sowie ALH auf den Abgang aus Arbeitslosigkeit in Beschäftigung. Auch lässt sich kein Effekt der Höhe der Einkommensersatzquote auf den Zugang in Arbeitslosigkeit aus Beschäftigung nachweisen. Mittels einer Senkung der Einkommensersatzquote wird sich demnach weder ein nennenswerter Effekt auf die Langzeit- noch auf die Kurzzeitarbeitslosigkeit ergeben. Hingegen reduziert eine Verlängerung der Anspruchsberechtigung auf ALG die Abgangsrate in Beschäftigung von Männern. Dies gilt vor allem für die Empfänger, die keinen Anspruch auf Anschluss- ALH haben. Für diese ist der starke Anstieg der Abgangsrate in Beschäftigung kurz vor dem Auslaufen des ALG-Anspruchs charakteristisch. Die Verlängerung der Anspruchs- berechtigung und deren sukzessive Ausdehnung auf jüngere Personengruppen beim ALG durch die rechtlichen Änderungen der achtziger Jahre haben die durchschnittliche Arbeitslosigkeitsdauer der Männer erhöht und damit zur Steigerung der Langzeitarbeits- losigkeit beigetragen. Die dadurch bei den Männern induzierte niedrigere Suchintensität bis kurz vor dem Auslaufen des Anspruch, lässt sich als Mitnahmeeffekt interpretieren.

Auch die Zugänge in Arbeitslosigkeit aus Beschäftigung haben sich für Männer ab einem Alter von 54 Jahren durch die Verlängerung der Anspruchsdauer auf ALG deutlich erhöht. Dies weist darauf hin, dass diese Regelung als vorgezogener Ruhestand benutzt wurde.

Für Frauen senkt die Verlängerung der Anspruchsberechtigung auf ALG die Abgangs- rate aus Arbeitslosigkeit in die Nichterwerbstätigkeit. Dies lässt sich als Mitnahmeeffekt interpretieren. Da allerdings die Abgangsraten der Frauen in die Nichterwerbstätigkeit sehr gering sind, dürften sich durch die Variationen der Anspruchsberechtigungsdauer nur sehr geringe Effekte auf die Arbeitslosigkeitsdauer ergeben. Die durch das Arbeits- förderungsreformgesetz 1997 eingeführte Erhöhung des Mindestalters für den langfristi- gen Bezug von ALG dürfte nach der vorliegenden empirischen Evidenz zu einem Rückgang der Arbeitslosigkeitsdauer von Männern ab 42 Jahren beitragen.

Die meisten mikroökonomischen Studien zur geförderten beruflichen Weiterbildung (FbW) stellen entweder keinen signifikant positiven oder kurzfristig sogar negative Beschäftigungseffekte aufgrund einer Teilnahme fest. Eine Studie des ZEW stellt für die Zeit zwischen Mitte 1992 und 1994 bei den Männern leicht und bei den Frauen deutlich

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positive Effekte von FbW in Ostdeutschland fest. Hingegen waren unmittelbar nach der Vereinigung die Beschäftigungseffekte sowohl bei den Frauen als auch bei den Männern negativ. Die Effekte unterscheiden sich etwas zwischen inner- und außerbetrieblich durchgeführter FbW, letztere weisen tendenziell eher positive Beschäftigungseffekte auf.

Auch für Westdeutschland finden die meisten mikroökonomischen Studien auf der Basis des SOEP im Durchschnitt keine oder sogar negative Beschäftigungseffekte. Nur eine Studie findet positive Effekte. Außerdem finden die Studien eher positive Effekte für innerbetriebliche FbW und für kürzere als für längere Dauern der Maßnahmen. Die Aussagekraft all dieser Studien ist aufgrund der Datenlage für Deutschland allerdings sehr beschränkt. In der Regel können die Effekte nicht nach den einzelne Personengrup- pen und nach Art der Weiterbildungsmaßnahme differenziert werden. Daher ist auch keine Aussage darüber möglich, durch welche konkreten Änderungen in der Struktur der Kurse deren Effektivität verbessert werden könnte.

Mikroökonomische Evaluationsstudien zu Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) liegen nur in geringer Anzahl und nur für Ostdeutschland vor. Die beiden mikroökono- mischen Studien des ZEW zeigen durchgängig negative Effekte auf die Wiedereingliede- rung von ABM-Teilnehmern in reguläre Beschäftigung. Außerdem bestätigt sich die oben gemachte Aussage, dass in Ostdeutschland Anfang der neunziger Jahre kaum eine Zielgruppenorientierung stattgefunden hat. Zwei neuere Studien für Sachsen-Anhalt finden längerfristig leicht positive Beschäftigungseffekte. Allgemein hängen die ge- schätzten Beschäftigungseffekte aber sehr stark von der Evaluationsmethode ab.

Außerdem wird in den meisten Studien die in einer ABM verbrachte Zeit nicht berück- sichtigt. Die Bewertung der Effektivität dieser Maßnahme ist daher auch bezüglich der Teilnehmer stark eingeschränkt.

Aufgrund der Datenlage sind bisher keine Aussagen zur Effektivität des Sofortpro- gramms der Bundesregierung zum Abbau der Jugendarbeitslosigkeit möglich. Auch die Angaben, die sich aus der bisherigen Begleitforschung des IAB ergeben eignen sich aufgrund der noch fehlenden Kontrollgruppe nicht zu einer fundierten Evaluation. Es sind aber aufbauend auf internationalen Erfahrungen und einer Evaluationsstudie zur geförderten beruflichen Ausbildung in Sachsen-Anhalt erste Einschätzungen möglich.

Bezüglich der Teilnehmerstruktur zeigt sich, dass ausländische Jugendliche unterreprä- sentiert sind. Personen mit (Fach-) Hochschulreife sind mit einem Anteil von 7 % vertreten. Aus den internationalen Erfahrungen ist von der Aufnahme von Personen mit höherem Bildungsabschluss dringend abzuraten. Es ist nicht nur zu befürchten, dass die Maßnahmen für diese Jugendlichen ineffektiv sind, sondern dass sich sogar die Arbeits- marktsituation der Teilnehmer dadurch langfristig verschlechtert, da von der Teilnahme ein negatives Signal für private Arbeitgeber ausgehen dürfte. Darüber hinaus ist zu befürchten, dass es insbesondere bei den Lohnkostenzuschüssen (Art. 8) und der Förderung von betrieblichen Ausbildungsplätzen (Art. 2) zu „cream skimming“, d.h.

einer Positivselektion zugunsten der Personen mit hohen Schulabschlüssen, durch die privaten Arbeitgeber kommt. Dies kann die Ausbildungs- und Arbeitsmarktsituation der

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Personen mit niedrigerem Schulabschluss weiter schmälern und außerdem zu Mitnahme- effekten durch die Arbeitgeber führen.

Erfahrungen aus geförderter beruflicher Erstausbildung in Deutschland liegen aus einer Evaluationsstudie für Sachsen-Anhalt vor. Danach es kam nicht nur zu Mitnahmeeffek- ten durch Unternehmen, sondern zu einer „Förderfalle“. Durch eine verstärkte staatliche Förderung sind kaum mehr positive Effekte auf die Anzahl der Ausbildungsstellen zu erwarten. Gleichzeitig ist aber bei der Verminderung der Förderung mit einem Einbruch der Ausbildungsbereitschaft der privaten Wirtschaft zu rechnen. Die außerbetrieblichen Ausbildungseinrichtungen schmälern den Anreiz privater Unternehmen, in betriebliche Ausbildung zu investieren. Außerdem zeigt sich, dass die Berufsstruktur der Auszubil- denden bezüglich der aktuellen und zu erwartenden zukünftigen Arbeitsnachfrage inadäquat ist. Die geförderte berufliche Ausbildung findet gerade in den Bereichen statt, in denen in Zukunft nur mit einem sehr begrenzten Bedarf zu rechnen ist und in denen die Nettokosten für die Betriebe möglichst gering sind oder sogar Nettoerträge bringen.

Dies führte dazu, dass im Jahr 1997 in Sachsen-Anhalt fast jeder dritte Lehrling in einem Bauberuf ausgebildet wurde.

Die Ergebnisse dieser Studie deuten darauf hin, dass massive Förderung von betriebli- cher Ausbildung nicht nur zur Verschwendung öffentlicher Mittel, Verdrängung nicht- geförderter Ausbildung und Abhängigkeit von staatlichen Zuschüssen führen kann, sondern auch zu langfristiger mismatch-Arbeitslosigkeit aufgrund von qualifikatorischer Profildiskrepanz zwischen Arbeitsangebot und –nachfrage. Daher sind einige der zum 1.

Januar 2000 in Kraft getretenen Änderungen der Richtlinien zum Sofortprogramm zu begrüßen.

Eine Form von Leiharbeitsfirmen mit dem expliziten Ziel der Wiedereingliederung der Leiharbeitnehmer sind sogenannte gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassungsgesell- schaften (gAÜ). Bei den Leiharbeitnehmern handelt es sich um ehemals Arbeitslose. Die grundsätzliche Zielsetzung der Arbeitnehmerüberlassung geht in zwei Richtungen. Zum einen sollen Arbeitslose – insbesondere die Problemgruppen des Arbeitsmarktes – durch den Verleih an einen Betrieb wieder an Arbeit herangeführt werden. Zum anderen soll der Anreiz der Unternehmen gestärkt werden, offene Stellen auch mit Problemgruppen – wenn auch zunächst nur temporär – zu besetzen. Die Möglichkeit, risikolos und jederzeit reversibel Arbeitnehmer aus dieser Personengruppe zu beschäftigen, führt dazu, dass sich die Unternehmen kostengünstig ein Bild über die tatsächliche Produktivität der Personen machen können und die Arbeitnehmer die Chance haben, sich während der Zeit betriebs- spezifisches Humankapital anzueignen. Beides kann zu einer Erhöhung der Wiederein- gliederungschance der Leiharbeiter in den ersten Arbeitsmarkt – entweder im entleihen- den oder auch anderen Unternehmen – führen.

Eine vom ZEW durchgeführte Evaluation von gAÜ in Rheinland-Pfalz zeigt, dass mit diesem Instrument der „experimentellen Arbeitsmarktpolitik“ die Wiedereingliederungs- quote für Teilnehmer erhöht werden konnte. Die Teilnehmerstruktur zeigt eine strenge Zielgruppenorientierung. Die fiskalischen Kosten sind vergleichsweise gering. Aus den Ergebnissen lässt sich schließen, dass gAÜ als Instrument der AAMP zumindest

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kurzfristig und in dem hier vorliegenden Umfang effektiv ist. Ob und inwieweit Substi- tutions- und Verdrängungseffekte einen Teil dieses Erfolges indirekt wieder konterkarie- ren, kann mittels der vorliegenden mikroökonomischen, Studie zwar nicht bewertet werden. Aufgrund des geringen Umfangs, den diese Programme bisher haben, sind derartige Effekte aber unwahrscheinlich.

Bezüglich des Überbrückungsgelds zur Aufnahme einer selbständigen Tätigkeit bestätigen die Ergebnisse zweier ZEW-Studie die internationalen Erfahrungen. In West- und Ostdeutschland zeigt sich, dass die Überlebenswahrscheinlichkeit und die induzier- ten Beschäftigungseffekte der geförderten Unternehmensgründungen aus Arbeitslosigkeit denen der nichtgeförderten Unternehmensgründungen entsprechen. Darüber hinaus wird ein Unternehmensgründer mit niedrigerer Wahrscheinlichkeit wieder arbeitslos als eine Person, die eine abhängige Erwerbstätigkeit aufnimmt und sonst die gleichen arbeits- marktrelevanten Charakteristika aufweist. Es wird gezeigt, dass die rechtlichen Änderun- gen der Förderbedingungen für Überbrückungsgeld Einfluss auf die Beschäftigungssta- bilität der Existenzgründer hatten. Daraus lässt sich ableiten, dass die Reform des Überbrückungsgeldes 1994, die sowohl bezüglich Förderhöhe und –dauer als auch der Zielgruppeneingrenzung zu einer großzügigeren Handhabung geführt hat, positiv zu beurteilen ist. Mitnahmeeffekte werden recht unterschiedlich auf 10% bis 50% quantifi- ziert. Da die institutionelle Ausgestaltung zusätzlich zu den Anreizen führt das Überbrü- ckungsgeld als sechsmonatige Verlängerung des Arbeitslosengeldbezugs zu nutzen ohne ernsthaft eine Unternehmen gründen zu wollen, würden wir die Mitnahmeeffekte eher bei über 50% veranschlagen. Verdrängungseffekte konnten nicht nachgewiesen werden.

Diese werden allerdings nur von einer Studie explizit analysiert, deren Aussagekraft bezüglich dieses Effekts als eingeschränkt bezeichnet werden kann. Bei noch stärkerer Ausdehnung des Überbrückungsgeldes sind Verdrängungseffekte auf ungeförderte Unternehmensgründungen und reguläre Beschäftigung wahrscheinlich. Das Überbrü- ckungsgeld kann in seiner momentanen Ausgestaltung – unter Berücksichtigung der vergleichsweise niedrigen fiskalischen Kosten von durchschnittlich 2.860 DM pro Geförderten und Monat – als effiziente Maßnahme zum Abbau der Arbeitslosigkeit ausgewählter Personengruppen bezeichnet werden. Trotzdem sind Reformschritte, die versuchen Mitnahmeeffekte zu minimieren, notwendig.

Beschäftigungseffekte und fiskalische Kosten arbeitsmarkpolitischer Re- formvorschläge

Maßnahmen zur Senkung der Lebensarbeitszeit streben über eine Verringerung der Erwerbsquote eine Umverteilung der Arbeit zugunsten von Arbeitslosen an. Eine Steigerung der Beschäftigtenzahl einer Volkswirtschaft kann damit auf keinen Fall erreicht werden, da nur eine Umverteilung von Arbeit erfolgt. International zeigt sich, dass Länder mit sinkender Arbeitslosigkeit tendenziell eine steigende Erwerbsbeteiligung aufweisen und umgekehrt.

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Der Reformvorschlag „Rente mit 60“ der IG Metall wurde in einer neuren ZEW- Studie auf seine Beschäftigungseffekte und fiskalischen Kosten untersucht. Dabei wird angenommen die Reform sei zum 1.1.2000 in Kraft getreten, die Maßnahme sei auf fünf Jahre befristet und der Tariffond würde hälftig durch Arbeitnehmer und Arbeitgeber finanziert.

Der ermittelte Finanzbedarf bei einem gesamtwirtschaftlichen Tariffond beträgt über einen Zeitraum von 5 Jahren je nach den Annahmen über die zu erwartenden Änderun- gen beim Rentenzugang wegen Erwerbsunfähigkeit oder Arbeitslosigkeit zwischen 60 und 86 Mrd. DM. Dies entspricht durchschnittlich zwischen 0,8 und 1,16% der jährlichen Lohnsumme.

Für die Ermittlung der Beschäftigungseffekte ist die Wiederbesetzungsquote relevant.

Die Wiederbesetzungsquote gibt den Anteil der frei gewordenen Stellen, der im gleichen Jahr wiederbesetzt wird an. Dabei müssen auch die Auswirkungen der Arbeitskostenstei- gerung aufgrund der Finanzierung des Tariffonds auf die Arbeitsnachfrage berücksichtigt werden. Die Wiederbesetzungsquote liegt nach der ZEW-Studie nur bei 10 bis 20%. Im Durchschnitt würden daher in der Gesamtwirtschaft über einen Zeitraum von 10 Jahren nur 10.000 bis 50.000 der durch die Rente mit 60 frei werdenden Stellen wieder besetzt werden. Da diesen erhebliche Kosten gegenüber stehen, ist die Rente mit 60 kein geeignetes Instrument der Arbeitsmarktpolitik.

Lohnkostensubventionen an private Arbeitgeber lassen sich generell durch die Dimensionen „Zielgruppe“, „Voraussetzungen an Arbeitgeber“, „Förderumfang“ und

„Förderdauer“ beschreiben und unterscheiden. Die bisher in Deutschland gewährten Lohnkostensubventionen an private Arbeitgeber (SAM OfW, Eingliederungszuschüsse, BHI) sind für spezielle Zielgruppen konzipiert (Ältere, Langzeitarbeitslose) und sehen eine begrenzter Förderdauer vor. Dies impliziert einen begrenzten Umfang der Maßnah- men.

Die drei analysierten Reformvorschläge zu Lohnsubventionen an Arbeitgeber im Niedriglohnbereich für Deutschland zeichnen sich dadurch aus, dass die Förderdauer unbegrenzt ist und die Förderung nicht auf eine bestimmte Zielgruppe eingeschränkt wird. Das einzige Kriterium für die Gewährung der Subvention ist das niedrige Ar- beitseinkommen, wobei der Umfang der Subventionierung mit steigender Entlohnung relativ sinkt. Die ermittelten Beschäftigungseffekte und fiskalischen Nettokosten solcher Reformvorschläge hängen entscheidend von den geschätzten bzw. unterstellten Real- lohnelastizitäten von Arbeitsangebot und –nachfrage ab. Diese determinieren die Reaktion der Arbeitsnachfrage der Unternehmen, des Arbeitsangebots der Haushalte sowie der Löhne auf die Einführung der Subvention.

Zwei Studien kommen zu sehr pessimistischen Einschätzungen bezüglich der Beschäf- tigungseffekte und der fiskalischen Nettokosten solcher Reformvorschläge. Beispielswei- se ermittelt die Analyse des ZEW eine Erhöhung der Beschäftigung von 55.000 bis 100.000 Personen, der jährliche Nettokosten von circa 7 Mrd. DM gegenüber stünden.

Die dritte Studie kommt zu sehr optimistischen Ergebnissen bezüglich Beschäftigung und Nettokosten. Allerdings basiert diese auf unrealistischen Annahmen bezüglich des

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Arbeitsangebots. Es wird ein vollkommen elastisches Arbeitsangebot und damit fixierte Löhne in diesem Segment unterstellt. Damit wird aber gerade die Anreizproblematik bezüglich der Aufnahme einer gering entlohnten Tätigkeit ausgeblendet, die den ursprünglichen Anlass für Vorschläge zu Lohnsubventionen im Niedriglohnbereich darstellt.

In Deutschland existieren schon bisher implizite lohnbezogene Transfers an Arbeit- nehmer im Niedriglohnbereich durch die nicht vollständige Anrechnung von Er- werbseinkommen in der Sozialhilfe und beim Arbeitslosengeld sowie der Arbeitslosen- hilfe. Im Jahr 1995 waren allerdings im gesamten Bundesgebiet nur ca. 2,3 % der ALG− und unter 2 % der ALH–Empfänger regelmäßig oder unregelmäßig erwerbstätig. Der Anteil der erwerbstätigen Sozialhilfeempfänger lag im Jahr 1995 bei circa 10%. Diese Zahlen zeigen, dass die rechtlichen Regelungen offenbar nicht besonders hohe Anreize zur Arbeitsaufnahme der jeweiligen arbeitslosen Leistungsempfänger boten.

In einer Studie des ZEW werden die Arbeitsangebotseffekte von verbesserten Hinzu- verdienstmöglichkeiten bei der Sozial- und Arbeitslosenhilfe simuliert und die damit verbunden Beschäftigungseffekte abgeschätzt. Es ergeben sich aufgrund der geschätzten geringen Arbeitsangebotselastizitäten nur sehr geringe Beschäftigungseffekte und nur geringe fiskalische Kosten. Auch andere Studien die verschieden Reformvorschläge, wie beispielsweise den einer „negativen Einkommensteuer“ oder des „Kombilohns“ (Vor- schlag der Bundesvereinigung deutscher Arbeitgeber) beinhalten, kommen zu eher bescheidenen Beschäftigungseffekten aber auch geringen fiskalischen Kosten. Diese Ergebnisse entsprechen den oben erwähnten Erfahrungen aus den USA und Großbritan- nien.

Aggregierte Wirkungsanalysen auf international vergleichender Ebene

Wie oben dargestellt wurde, haben Maßnahmen der AAMP auch Auswirkungen auf die Nichtteilnehmer. Wenn ausschließlich Substitutionseffekte vorliegen, führt AAMP nur zu einer Umverteilung von Arbeitsmarktchancen zwischen Teilnehmern und Nichtteil- nehmern ohne positiven Nettobeschäftigungseffekt. Darüber hinaus ist immer dann, wenn Maßnahmen der AAMP ein größeren Umfang bezüglich Teilnehmerzahlen und Ausgaben annehmen, davon auszugehen, dass sie auch noch eine Vielzahl möglicher makroökonomischer Verdrängungseffekte haben, beispielsweise über die mit den Finanzierung der Maßnahmen verbundenen Kosteneffekte. Eine Vernachlässigung dieser Effekte führt tendenziell zu einer Unterschätzung der Kosten bzw. einer Überschätzung der Nutzen der Maßnahmen.

Analysiert werden auf der international vergleichenden Ebene die Effekte vom AAMP und PAMP auf Beschäftigung, Arbeitslosenquote und/oder das Lohnniveau. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt ist es noch umstritten, ob AAMP eher gesamtwirtschaftlich lohnerhöhend oder -mäßigend wirkt. Wenn ersteres zutrifft, dann lässt sich dies dadurch erklären, dass aus Sicht der Gewerkschaften die AAMP den durch zu hohe Lohnab- schlüsse induzierten Beschäftigungsabbau als weniger gravierend erscheinen lässt, so

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dass die Anreize für Lohnzurückhaltung geschwächt werden. Andere Hypothesen betonen dagegen den lohnmäßigenden Effekt der AAMP, da die Investition in Human- kapital den Wettbewerb zwischen Arbeitslosen (Outsidern) und Beschäftigten (Insidern) stärken und somit tendenziell lohnmäßigend wirken würde. Falls AAMP lohnerhöhend wirkt, werden die auf mikroökonomischer Ebene ermittelten positiven Effekte mittel- bis langfristig durch den reallohninduzierten Beschäftigungsabbau konterkariert.

Die international vergleichenden Studien weisen alle die Schwäche auf, dass nicht genau zwischen verschiedenen Maßnahmetypen und schon gar nicht deren spezifischer Ausgestaltung differenziert werden kann, so dass die abgeleiteten Aussagen relativ allgemein bleiben.

Die meisten Studien kommen zu dem Ergebnis, dass die Einkommensersatzquote in der Arbeitslosenversicherung einen negativen Effekt auf die Höhe der gesamtwirtschaftli- chen Beschäftigung bzw. einen expansiven Effekt auf die Arbeitslosenquote hat. Eine Studie ermittelt, dass die Höhe der Einkommensersatzquote eher expansiv auf die Kurzzeitarbeitslosigkeit wirkt, während die Dauer der Anspruchsberechtigung die Langzeitarbeitslosigkeit erhöht. Letzteres deckt sich mit den Ergebnissen der mikroöko- nomischen Evaluation der Arbeitslosenunterstützung in Deutschland.

Eine Studie kommt zu dem Ergebnis, dass Ausgaben für AAMP die gesamtwirtschaft- liche Beschäftigung erhöhen. Andere Studien kommen zu dem Ergebnis, dass AAMP die Arbeitslosenquote und die Quote der Langzeitarbeitslosen senkt. Aber gerade diese Ergebnisse sind mit größter Vorsicht zu interpretieren, da immer die Gefahr besteht, dass nur der „bookkeeping“-Effekt der AAMP gemessen wird. Teilnehmer an Maßnahmen der AAMP sind nicht als Arbeitslose registriert, so dass eine Erhöhung der AAMP rein statistisch die Arbeitslosigkeit reduziert, ohne sich dadurch die regulärer Beschäftigung erhöht.

Die geschätzten Effekte der Arbeitsmarktpolitik auf das gesamtwirtschaftliche Lohnni- veau sind in allen vorliegenden Studien statistisch insignifikant.

Aggregierte Wirkungsanalysen der aktiven Arbeitsmarktpolitik für Deutschland

Für Westdeutschland zeigen zwei Studien, dass ABM am effektivsten bezüglich des Abbaus der Arbeitslosigkeit ist. Aus methodischen Gründen ist dieses Ergebnis aber mit einer gewissen Skepsis zu betrachten.

Eine neuere Studie auf Basis von Arbeitsamtsbezirken in Westdeutschland kommt zu einem eher gegenteiligen Ergebnis. Danach ist FbW beim Abbau von Arbeitslosigkeit über 6 Monaten am effektivsten, während Lohnkostensubventionen an private Arbeitge- ber (Eingliederungszuschüsse, Beschäftigungshilfen für Langzeitarbeitslose) am wirkungsvollsten beim Abbau sehr langer Arbeitslosigkeit von 24 Monaten ist. Für ABM ergeben sich dagegen keinerlei signifikante Effekte. Bezüglich der Dauer der Maßnah- men zeigt sich, dass eher kurze FbW-Maßnahmen und eher langfristige Förderung mittels Lohnkostensubventionen effektiv sind. Arbeitsämter, die ihre AAMP gemäß

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regionaler Bedürfnisse ausgestalten, haben mehr Erfolg bei der Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

Für Ostdeutschland untersucht eine Studie die Effekte von FbW auf das aggregierte Lohnniveau. Es ergibt sich ein signifikant negativer Effekt, d.h. FbW-Maßnahmen in Ostdeutschland reduzieren das aggregierte Lohnniveau und könnten damit indirekt positive Beschäftigungseffekte haben.

Bezüglich der Effekte von FbW auf die Abgänge aus Arbeitslosigkeit ermittelt eine Studie des ZEW für Ostdeutschland, dass diese nur sehr kurzfristig leicht positiv sind, aber schon nach zwölf Monaten wird dieser Effekt weitgehend abgebaut. Insgesamt zeigt sich wenig Evidenz dafür, dass FbW-Maßnahmen zum Abbau der Arbeitslosigkeit beitragen konnten.

Im Rahmen des Gutachtens führte das ZEW eine eigene aggregierte Wirkungsanaly- se für ABM, SAM sowie FbW-Maßnahmen getrennt für West- und Ostdeutschland mit monatlichen Daten auf Basis von Arbeitsamtsbezirken durch. In einer ersten Schätzung werden die monatlichen Abgänge aus der registrierten Arbeitslosigkeit durch den Bestand an offenen Stellen sowie die Arbeitslosen des Vormonats erklärt. Als zusätzliche erklärende Variablen werden die Teilnehmerbestände an ABM, SAM und FbW aufge- nommen. Diese gehen allerdings mit einer Verzögerung von einem bis zu zwölf Monaten ein, um den reinen „book-keeping“-Effekt zu vermeiden.

In einer zweiten Schätzung werden die selben Variablen zur Erklärung der Zugänge in die registrierte Arbeitslosigkeit herangezogen. Die Schätzung der Effekte der AAMP sowohl auf die Abgänge aus als auch auf die Zugänge in AL erlaubt es, den Nettoeffekt einer Maßnahme auf den Arbeitslosenbestand zu ermitteln. Dadurch wird die Existenz potenzieller Substitutions- und Verdrängungseffekte explizit berücksichtigt.

Der Untersuchungszeitraum von Januar 1990 bis November 1999 für West- und Januar 1993 bis Oktober 1999 für Ostdeutschland wird zusätzlich in zwei Subperioden einge- teilt.

Für Ostdeutschland zeigen die Schätzungen, dass eine Ausweitung von FbW- Maßnahmen kurzfristig (innerhalb von 3 Monaten) die Arbeitslosigkeit senkt. Kurzfristig wirken sowohl ABM als auch SAM arbeitslosigkeitserhöhend. In langfristiger Betrach- tung (12 Monate) zeigt sich, dass eine Ausweitung von ABM und FbW zu einem starken Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit führt. Eine Erhöhung des Teilnehmerbestandes an SAM scheint langfristig zu einer sehr geringen Reduktion der Arbeitslosigkeit zu führen. Möglicherweise lässt sich die vergleichsweise positive Effektivität von SAM damit erklären, dass in den Teilnehmerzahlen für SAM ab April 1997 auch die Teil- nehmerbestände von SAM OfW enthalten sind.

Hinter diesen Nettoeffekten stehen unterschiedliche Veränderungen der Stromgrößen.

So ist der ermittelte expansive Effekt von FbW-Maßnahmen auf den Arbeitslosenbestand vor allem auf die erhöhten Zugänge in Arbeitslosigkeit zurückzuführen. Dagegen scheinen FbW-Maßnahmen in Ostdeutschland die Abgänge aus Arbeitslosigkeit tenden- ziell zu erhöhen. Eine mögliche Erklärung für den Effekt von FbW auf die Zugänge in

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Arbeitslosigkeit besteht darin, dass ein erheblicher Teil der Teilnehmer nach Beendigung der Maßnahme wieder arbeitslos ist. Allerdings lässt sich der expansive Effekt von FbW auf die Zugänge auch in Arbeitslosigkeit auch damit erklären, dass diese Maßnahme vor allem von Berufsrückkehrern genutzt wird, die sich vor der Teilnahme arbeitslos melden.

Dieser Arbeitsangebotseffekt von FbW wäre positiv zu werten, da zum einen Berufs- rückkehrer eine explizite Zielgruppe der AAMP und zum anderen eine Erhöhung des Arbeitsangebots längerfristig eine lohndämpfende Wirkung haben dürfte, was zu positiven Beschäftigungseffekt führen würde. Sowohl für Ost- als auch Westdeutschland zeigt sich das bemerkenswerte Ergebnis, dass der Effekt von FbW-Maßnahmen in der zweiten Untersuchungsperiode geringer ist. Möglicherweise lässt sich dies dadurch erklären, dass FbW-Teilnehmer seit 1998 keinen Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld erwerben, so dass diese einen verstärkten Anreiz haben, direkt im Anschluss an die Maßnahme eine Beschäftigung aufzunehmen.

Für Westdeutschland sind die geschätzten Effekte insgesamt sehr viel geringer. Hier führen alle drei Maßnahmen im gesamten Untersuchungszeitraum langfristig zu einer leichten Erhöhung der Arbeitslosigkeit, wobei FbW zu dem stärksten Anstieg der registrierten Arbeitslosigkeit führte. FbW-Maßnahmen können zwar in der zweiten Subperiode die Zugänge in die Arbeitslosigkeit reduzieren, dafür ergibt sich allerdings ein stark negativer Effekt auf die Abgänge aus Arbeitslosigkeit, so dass der Nettoeffekt die Arbeitslosigkeit stärker erhöht als in der ersten Periode.

Insgesamt interpretieren wir die Ergebnisse der aggregierten Wirkungsanalyse zwar als weiteres Indiz für die geringe oder fehlende Effektivität der betrachteten Maßnahmen, der Vergleich der einzelnen Instrumente untereinander sollte aber wegen der unter- schiedlichen Laufzeiten nur mit Vorsicht vorgenommen werden.

Handlungsempfehlungen für eine effizientere Ausgestaltung der Arbeits- marktpolitik

Die internationalen, aber auch die deutschen Erfahrungen belegen, dass mittels aktiver Arbeitsmarktpolitik die Arbeitslosigkeit nicht entscheidend reduziert werden kann.

Aktive Arbeitsmarktpolitik kann nur ergänzend die Wiedereingliederungsaussichten bestimmter Personengruppen fördern.

Bezüglich der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter legen unsere Analysen die folgenden Handlungsempfehlungen nahe. Wichtig erscheint die „Verzah- nung“ der drei „Kernkompetenzen“ der Arbeitsämter:

– Information, Beratung und Stellenvermittlung, – Gewährung von Unterstützungsleistung und

– Weitervermittlung der Arbeitslosen an Maßnahmen der AAMP.

Diese Zuständigkeiten sollten für jeweils eine Gruppe von Arbeitssuchenden bei einem Arbeitsberater liegen. Dadurch können Arbeitsbereitschaft und Eigenbemühungen der Arbeitslosen gefördert, beobachtet, aber auch sanktioniert werden.

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Wenn sich eine Person erstmals arbeitslos meldet, sollten zunächst mit Hilfe von

„Profiling“-Methoden die individuellen Wiederbeschäftigungschancen und damit das Risiko einer Langzeitarbeitslosigkeit ermittelt werden. Darauf aufbauend lässt sich detailliert festlegen, zu welchem Zeitpunkt welche Maßnahme für die Wiedereingliede- rung der Person sinnvoll ist. Für einige Arbeitslose wird sich dabei zeigen, dass sie keiner intensiven Beratung und Vermittlung oder Maßnahme der AAMP bedürfen. Für andere Arbeitslose mit einer Kumulation von Risikomerkmalen für Langzeitarbeitslosig- keit erscheint schon nach kurzer Arbeitslosigkeitsdauer die Teilnahme an einer Maßnah- me sinnvoll. Mittels „Profiling“ kann man demnach versuchen, dem Entstehen von Langzeitarbeitslosigkeit frühzeitig entgegenzuwirken. Außerdem kann verhindert werden, dass es zu Mitnahmeeffekten durch Personen kommt, die gute Wiederbeschäfti- gungschancen haben. Darüber hinaus kann es dazu beitragen, für Arbeitslose eine

„passende“ Maßnahme der AAMP zu identifizieren. Insgesamt könnte durch „Profiling“

demnach die Effizienz der Beratungs- und Vermittlungstätigkeit der Arbeitsämter erhöht werden.

Daraus folgt auch, dass Langzeitarbeitslosigkeit niemals das einzige oder dominierende Auswahlkriterium für die Zulassung zu einer bestimmten Maßnahme darstellen sollte. Es sollten auch Arbeitslose, bei denen aufgrund individueller Charakteristika festgestellt wird, dass sie mit hoher Wahrscheinlichkeit langzeitarbeitslos werden, schon nach kürzerer Arbeitslosigkeitsdauer eine Zugangsmöglichkeit zu den Maßnahmen erhalten.

Gleichzeitig könnte dadurch der potenzielle Anreiz für Arbeitslose beseitigt werden, die Arbeitslosigkeit bewusst zu verlängern, um an einer Maßnahme teilnehmen zu können.

Durch eine obligatorische Teilnahme an einer kurzen Maßnahme, beispielsweise einem Bewerbungstraining, nach einer bestimmten Arbeitslosigkeitsdauer kann die Arbeitsbe- reitschaft von Arbeitslosen geprüft werden. Dies kann nach US-amerikanischen und dänischen Erfahrungen zu erhöhten Abgängen in Beschäftigung und Nichterwerbstätig- keit führen und damit die Bezugsdauer von Arbeitslosenunterstützung bzw. die Dauer der Arbeitslosigkeit reduzieren. Ein solcher Test auf Arbeitsbereitschaft sollte spätestens bei Auslaufen des Anspruchs auf ALG vor dem Bezug von Anschluss-ALH durchgeführt werden. Die empirische Analyse zu den Anreizeffekten der Arbeitslosenversicherung hat für westdeutsche Männer ergeben, dass die Abgangsrate aus Arbeitslosigkeit in Beschäf- tigung zum Ende des Anspruchs auf ALG für die Empfänger ansteigt, die danach keinen Anspruch auf Anschluss-ALH haben. Dieser Anstieg ist für die Personen, die noch Anspruch auf Anschluss-ALH haben, sehr viel geringer.

Aufgrund der für Deutschland und andere Länder ermittelten geringen oder teilweise sogar negativen Effekte von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (ABM) auf die Wieder- eingliederungschancen der Teilnehmer sowie der negativen indirekten Effekten auf reguläre Beschäftigung sollte diese Maßnahme in ihrem Umfang eingeschränkt werden.

Zu berücksichtigen sind dabei auch die vergleichsweise hohen fiskalischen Bruttokosten von ABM.

Die möglichen Gründe für die Ineffektivität von ABM bezüglich der individuellen Wiederbeschäftigungschancen der Teilnehmer sind vielseitig. Zum einen könnte eine

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Teilnahme an ABM gerade bei relativ Hochqualifizierten ein negatives Signal für potenzielle Arbeitgeber darstellen, die die Teilnahme als Indikator für die geringe Produktivität der Arbeitslosen werten. Zum anderen sind die meisten ABM nicht mit einer expliziten Qualifizierung der Teilnehmer verbunden. Ein etwaiger Aufbau von Humankapital erfolgt demnach nur über das Aneignen spezieller Fähigkeiten und Kenntnisse, die mit den Tätigkeiten in ABM verbunden sind. Das Zusätzlichkeitskriteri- um bezüglich der durch ABM durchzuführenden Arbeiten impliziert, dass es sich dabei für die Teilnehmer um Tätigkeiten mit geringer Produktivität und geringem Bezug zu regulärer Beschäftigung handelt. Es erscheint plausibel, dass die Arbeitsnachfrage der Unternehmen nach Personen mit diesen Fähigkeiten und Kenntnissen gering ist, da sich letztere gerade dadurch auszeichnen, dass sie für Arbeiten benötigt werden, die im Allgemeinen nicht durch die Unternehmen durchgeführt werden. Demnach besteht ein grundsätzlicher Zielkonflikt zwischen dem Zusätzlichkeitskriterium, das zur Vermeidung von Verdrängungseffekten notwendig erscheint, und dem Erfolg dieser Maßnahme im Sinne der Wiedereingliederung der Teilnehmer in reguläre Beschäftigung. Der Zielkon- flikt kann nur dadurch etwas entschärft werden, dass die Teilnehmerzahlen reduziert werden und ausschließlich Personen mit sehr schlechten Arbeitsmarktchancen zugelassen werden. Nur diese Personen können dadurch unter Umständen Fähigkeiten aufbauen, die ihre Wiedereingliederungschancen in reguläre Beschäftigung verbessern.

Ein weiterer Grund für die geringe Wiederbeschäftigungsquote direkt im Anschluss an ABM, aber auch an geförderte berufliche Weiterbildung (FbW), ist der „Locking-in“- Effekt. Dieser ergibt sich daraus, dass Teilnehmer im Vergleich zu den Nichtteilnehmern während der Maßnahme eine geringere Suchintensität aufweisen oder weniger Suchzeit zur Verfügung haben. Gerade für ABM müsste dies unserer Auffassung nach nicht sein, da Teilnehmer auch während der Laufzeit der Maßnahme Stellenangebote vom Ar- beitsamt erhalten und von diesem abberufen werden können. Außerdem ist mit der vollständigen Teilnahme an ABM im Gegensatz zu geförderten beruflichen Weiterbil- dungsmaßnahmen kein Abschluss verbunden, der als positives Signal an Arbeitgeber fungieren könnte. Eine Steigerung der Suchzeit könnte durch die Beschränkung der Arbeitszeit in ABM auf Halbtagsstellen erreicht werden. Damit ergäbe sich gleichzeitig eine Verringerung der Entlohnung. Normalerweise liegt diese über der Arbeitslosenun- terstützung und dem bei Teilnahme an FbW gezahlten Unterhaltsgeld. In Ostdeutschland kann die Entlohnung in ABM auch bei einer inzwischen vorgeschriebenen Arbeitszeit von nur 80% der tariflichen Arbeitszeit über dem Lohn einer Vollzeitbeschäftigung in einer gering qualifizierten Tätigkeit im außertariflichen Bereich liegen.

Wahrscheinlich könnte im Allgemeinen eine Verringerung der Entlohnung in ABM ebenfalls den „Locking-in“-Effekt abschwächen. Dies wäre dadurch möglich, dass der Akzeptanzlohn der Teilnehmer sinkt, was gemäss der ökonomischen Suchtheorie die Aufnahme einer regulären Beschäftigung wahrscheinlicher machen würde. Allerdings lässt sich in einer Studie für Ostdeutschland kein signifikant negativer Einfluss der Einkommenseratzquote auf die Abgangsrate aus ABM in Beschäftigung nachweisen.

Weitere Möglichkeiten der Steigerung der Effektivität von ABM und einer Kostensen- kung für die Bundesanstalt für Arbeit sehen wir in den folgenden Reformen: Der

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„Locking-in“-Effekt kann zusätzlich dadurch reduziert werden, dass die Laufzeit der Maßnahmen sinkt. Je kürzer die Laufzeit der Maßnahmen ist, desto weniger Zeit geht den Teilnehmern für Arbeitssuche verloren. Gerade bei ABM und SAM scheint eine lange Laufzeit wenig sinnvoll, da durch die Teilnahme wahrscheinlich eher wenig Humankapital aufgebaut werden kann. Darüber hinaus befürworten wir die Abschaffung der Möglichkeit, durch die Teilnahme an ABM und SAM den Arbeitslosengeldanspruch zu erneuern. Dies wurde im Jahr 1998 für FbW-Maßnahmen eingeführt. Es gibt nach unserer Auffassung keinen Grund dafür, dies nicht auch für die anderen Maßnahmen der AAMP entsprechend zu ändern. Der Erwerb eines Anspruchs auf Arbeitslosenunterstüt- zung durch die Teilnahme an ABM führte darüber hinaus in der Vergangenheit dazu, dass Kommunen diese Maßnahme dazu genutzt haben, die Zahl ihrer Sozialhilfeempfän- ger zu reduzieren. So wurde berichtet, dass Kommunen Sozialhilfeempfänger an Träger von ABM mit der Auflage vermittelten, diese nicht vor Ablauf einer Teilnahmedauer von 360 Kalendertagen in reguläre Beschäftigung zu integrieren. Hintergrund dafür ist, dass Teilnehmer nach dieser Frist Anspruch auf Arbeitslosengeld erworben haben, so dass die Kommunen im Falle erneuter Arbeitslosigkeit maximal einen gewissen Aufstockungsbe- trag an Sozialhilfe zahlen müssen. Weiterhin gibt es etliche Beispiele dafür, dass sich Kommunen ihre Aufgaben über die Einrichtung von ABM-Stellen finanzieren lassen.

Auch diese Fehlanreize, die nicht nur die Beitragszahler belasten, sondern auch den Trägern keinerlei Anlass geben, die Teilnehmer möglichst rasch in reguläre Beschäfti- gung zu integrieren, sollten durch entsprechende Regelungen beseitigt werden.

In den Monaten vor Beginn der ABM und FbW-Maßnahmen lässt sich bei den Teil- nehmern ein Rückgang der Beschäftigungsquote im Vergleich zu den Nichtteilnehmern feststellen. Dies kann damit erklärt werden, dass die Arbeitslosen in Antizipation einer Teilnahme ihre Suchanstrengungen einschränken bzw. Stellenangebote nicht annehmen („Ashenfelter’s Dip“). Die sinkende Suchintensität vor Beginn der Maßnahme kann im Fall von ABM möglicherweise auch damit erklärt werden, dass im Normalfall eine bestimmte Dauer der Arbeitslosigkeit (6 Monate) als Kriterium für die Teilnahme an der Maßnahme erfüllt sein muss. Dies würde wiederum die oben getroffene Aussage bestätigen, dass die Dauer der Arbeitslosigkeit nicht das wichtigste Zielgruppenkriterium sein sollte. Bei Maßnahmen der AAMP sollten die Teilnahmekriterien so ausgestaltet sein, dass kein Anreiz zur Verlängerung der Arbeitslosigkeit geboten wird. Ein weiterer Grund für den Rückgang der Beschäftigungsquote schon vor der Teilnahme ist darin zu sehen, dass zwischen der Zulassung zu einer Maßnahme und dem tatsächlichen Beginn zu viel Zeit verstreicht. Demnach sollten alle Maßnahmen so ausgestaltet sein, dass ein Antritt möglichst jederzeit erfolgen kann. Dies ist bei ABM wahrscheinlich leichter zu realisieren als bei FbW-Maßnahmen.

Eine mögliche Alternative zu ABM sind gemeinnützige Arbeitnehmerüberlassun- gen, die laut dem Ergebnis einer ZEW-Studie gerade für Personen mit schlechten individuellen Wiederbeschäftigungschancen mit einer Verbesserung der Arbeitsmarktsi- tuation verbunden sind. Darüber hinaus ist diese Maßnahme kostengünstiger als ABM.

Aber auch dieses neue Instrument der AAMP kann bei einem großflächigen Einsatz mit

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unerwünschten indirekten Effekten verbunden sein und reguläre Beschäftigung verdrän- gen oder zumindest gefährden. Dazu liegt allerdings bisher keine empirische Evidenz vor.

Auch bezüglich geförderter beruflicher Weiterbildung (FbW) ermitteln die für Deutschland durchgeführten Evaluationsstudien nur eine sehr geringe Effektivität. Zwar ergeben sich teilweise leicht positive Effekte auf die individuellen Wiederbeschäfti- gungschancen, allerdings sind die Ergebnisse alles andere als eindeutig. Die aggregierten Wirkungsanalysen des ZEW deuten aber darauf hin, dass der erhöhte Einsatz von FbW in Ostdeutschland längerfristig die Arbeitslosigkeit sogar steigert, in Westdeutschland scheint die expansive Wirkung auf die Arbeitslosigkeit weniger stark. Wie auch schon für ABM diskutiert, ergibt sich für die Teilnehmer im Vergleich zu den Nichtteilnehmern ein deutlich negativer Beschäftigungseffekt im Anschluss an die FbW-Maßnahme, was sich unter anderem durch die geringe Suchintensität bzw. die geringe zur Verfügung stehende Suchzeit während der Maßnahme erklären lässt („Locking-in“-Effekt). Hier scheint dieses Problem allerdings systematisch zu sein. Im Gegensatz zu ABM ist die Teilnahme an FbW meist mit einem Abschluss verbunden, der als positives Signal für potenzielle Arbeitgeber fungieren soll. Aus diesem Grund erhalten Teilnehmer während der Laufzeit der Maßnahme keine Stellenangebote vom Arbeitsamt bzw. können nicht von diesem abberufen werden. Daraus ergäbe sich als möglich Handlungsempfehlung die Verkürzung der Laufzeit des Kurses. Allerdings müsste auch während der Laufzeit des Kurses eine Arbeitssuche mit späterer Arbeitsaufnahme möglich sein. Hierzu müssten die Anreize gesteigert werden.

Aus theoretischen Überlegungen und der Erfahrung von Praktikern ergibt sich, dass ein deutliches Signal an potenzielle Arbeitgeber bezüglich der angeeigneten Qualifikation der Teilnehmer wichtig ist. Als ein solches Signal können Zertifikate nach einer bestan- denen Abschlussprüfung fungieren. In dem Zusammenhang sind die Arbeitsämter und die Träger von FbW-Maßnahmen aufgefordert, eine entsprechende Zusammenarbeit mit Industrie- und Handelskammern sowie Handwerkskammern zu suchen bzw. zu verstär- ken. Es scheint überlegenswert, dass die Kammern generell Abschlussprüfungen zumindest bei bestimmten FbW-Maßnahmen übernehmen. Von einer solchen Zusam- menarbeit können sowohl die Arbeitgeber profitieren, die dadurch möglicherweise mehr Einfluss auf Lehrinhalte haben und so eventuellen Fachkräftemangel begegnen können, als auch die Teilnehmer, deren Eingliederungsaussichten dadurch gesteigert werden.

Eine weitere mögliche Erklärung für die sehr geringe Beschäftigungswahrscheinlich- keit im Anschluss an FbW-Maßnahmen liegt darin, dass durch die Teilnahme die berufliche Mobilität der Arbeitssuchenden gesenkt wird, da sie sich auf die Stellenange- bote konzentrieren, die ihrer erworbenen beruflichen Qualifikation entsprechen. Hier besteht offenbar ein Zielkonflikt zwischen kurz- und langfristiger Effektivität der Maßnahme. Ob und inwieweit die geringe Effektivität von FbW auf einer falschen oder ungenügenden Qualifizierung der Teilnehmer beruht, kann auf Basis der vorliegenden empirischen Evidenz nicht beurteilt werden.

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