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P Begeisterung durch die Hintertür

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© 2017 Wiley-VCH Verlag GmbH & Co. KGaA, Weinheim Physik Journal 16 (2017) Nr. 4 3 M E I N U N G

Meinung von Dr. Beate Brase, Diplomphysikerin und Oberstu- dienrätin mit fast 20-jähriger Unterrichtserfahrung. Sie hat die Fachleitung für Physik am Nieder sächsischen Studienkolleg der Leibniz Universität Hannover inne.

P

hysik steckt überall drin. Be­

ruflich lege ich mich nicht fest, wenn ich Physik studiere. So habe ich mir damals als Abiturientin gesagt. Angetrieben von großer Neugierde spürte ich dennoch ein Unbehagen vor dem intellektuellen Anspruch des Fachs. Auch wusste ich nicht viel über das Arbeitsfeld eines Physikers, kannte dafür aber das gängige Klischee vom ein­

samen Nerd. Heute kann ich darü­

ber nur lächeln: Ohne Teamwork ist erfolgreiche Forschung unmög­

lich. Diese Botschaft gilt es, in die Schulen zu transportieren, um die Vorstellung vom Physiker als iso­

lierten Sonderling aus den Köpfen verschwinden zu lassen.

Welche Vorurteile Schülerinnen und Schüler gegenüber Physikern haben, merke ich an Aussagen über mich: „Sie sind anders, so voll nor­

mal.“ Ein Physiker, der nicht „voll normal“ ist, wäre also der Regelfall?

Dazu passt, dass in meiner Umfra­

ge in zwei Klassen der Jahrgänge 8 und 10 Schüler Physikerinnen und Physiker als „verpeilt“ und „immer leicht neben der Spur“ beschreiben.

Physiker „arbeiten nur und haben kein Privatleben“, sind „sehr prä­

zise“ und „erforschen Sachen, die viele nicht verstehen“.

Als Lehrerin und Physikerin frage ich mich, wie ich das Unbe­

hagen vor Physik nehmen und eine größere Begeisterung für ein Fach schaffen kann, das schon in der Schule als schwer und zu arbeits­

intensiv gilt. Wie erreiche ich bei jungen Menschen, die für das Fach begeistert sind, dass sie sich auch persönlich mit den Berufsfeldern des Physikers bzw. dem Physiker als Mensch identifizieren können und ein Studium anstreben?

Wir haben es hier immer noch mit einem gesellschaftlichen Pro­

blem zu tun: Das Image der Physi­

ker bedarf dringend eines Updates.

Gleichzeitig müssen wir noch mehr

ins öffentliche Bewusstsein rücken, wie bedeutend die Physik für die experimentelle und kognitive Er­

schließung unserer Welt und für den Fortschritt der Menschheit ist.

In den Schulen sollten wir stär­

ker versuchen, auch diejenigen zu gewinnen, die selbst noch gar nicht wissen, dass sie sich für Physik in­

teressieren – etwa weil sie in ihrem außerschulischen Umfeld nicht erkennen, dass die Physik überall verankert ist, ihr Selbstvertrauen nicht gefördert wird oder sie im be­

quemen Irrglauben verharren, dass ihr scheinbares Unvermögen von den Eltern vererbt wurde.

Seit langer Zeit verfolge ich die Idee, für die Physik durch die Hin­

tertür zu begeistern. Die Physik muss sich auch in der Schule viel interdisziplinärer zeigen und nicht nur innerhalb der MINT­Fächer vernetzen. Je unkonventioneller die Fächerverbindungen, umso spannender sind die Auseinander­

setzungen. Das bereichert jedes Fach und macht Schülerinnen und Schüler neugieriger und kreativer.

Im Sportunterricht, etwa beim Aikido, lassen sich Hebelgesetze und Energieumwandlung selbst erproben. Das ist Physik pur! Und warum nicht einen Stirling­Motor als Kunstprojekt oder die Mondlan­

dung als interaktives Theaterstück gestalten? Das sind nur einige Bei­

spiele, um Schüler mit unterschied­

lichen Prägungen im Unterricht zusammenzuführen.

Auch aktuelle Forschung muss zeitnah den Weg in die Schulen fin­

den. Die Erforschung von Materie und Universum – vom Large Ha­

dron Collider bis zur SOFIA­Missi­

on – interessiert Schülerinnen und

Schüler und weckt ihre Neugier.

Doch um das zu erreichen, brau­

chen Lehrer Zeitnischen innerhalb der strengen Fachcurricula. Kreati­

vität ohne Muße ist kontraproduk­

tiv. Dafür brauchen wir bildungs­

politische Rahmenbedingungen, um jeden Schüler individuell för­

dern zu können. Experimentieren mit einer Klassenstärke von 30 ist eine kaum zu leistende pädago­

gische Herausforderung.

Bei der Aufzählung von be­

kannten Physikern nannten meine Schüler neben Hawking nur Ver­

storbene: Einstein, Newton, Galileo und Marie Curie. Als typische Berufe gelten nach wie vor der Atomphysiker oder Lehrer. Nur ein Schüler kannte einen Physiker im persönlichen Umfeld. Daher muss eine Imagekampagne für die Physik bzw. den Physiker als „Mensch wie du und ich“ her! Und wir brauchen Physikerinnen und Physiker zum Anfassen in den Schulen.+) Noch können sich viel zu wenige Schüle­

rinnen und Schüler vorstellen, Phy­

sik zu studieren. Ein Schüler meinte gar: „Ich möchte lieber etwas Krea­

tives studieren“. Dabei sind die viel­

fältigen, kreativen Berufsfelder des Physikers grenzenlos: vom Lehrer bis zur Bundeskanzlerin!

Eine gute Physikausbildung ist eine Investition in unsere Zukunft, die uns gesellschaftlich mehr wert sein muss als überfüllte Klassen.

Sonst kann sich dafür keine Lei­

denschaft bei jungen Menschen entwickeln.

Begeisterung durch die Hintertür

Noch immer gilt es, Barrieren im Physikunterricht und auf dem Weg zum Physikstudium abzubauen.

Beate Brase

+) In diesem Zusam­

menhang sei auf die Ausstellung der DPG über Physike­

rinnen hinge wiesen:

www.dpg­physik.de/

presse/pressemit/2013/

dpg­pm­2013­22.html

Das Image der Physiker

bedarf dringend eines

Updates.

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