• Keine Ergebnisse gefunden

Archiv "BASAGLIA: Hilflose Patienten" (27.03.1980)

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Archiv "BASAGLIA: Hilflose Patienten" (27.03.1980)"

Copied!
1
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Aufsätze • Notizen

BRIEFE AN DIE REDAKTION

VERSORGUNGSRECHT

Werden wir ein Volk von Schwerbehin- derten?

„Volkserfassung"

Als niedergelassener Orthopäde und Durchgangsarzt bin ich während meiner praxisfreien Zeit in zuneh- mendem Maße durch das Ausfüllen von Formularen des Versorgungs- amtes (Arbeits- und Sozialbehörde) beschäftigt. So erfreulich gerade in meinem Fachgebiet ein solches Durchforsten mit dem Ziel einer ge- rechten Erfassung sogenannter Schwerbeschädigter sein mag, so sinnlos erscheinen dabei großen- teils Aufwand an Zeit und Geld.

Nach meiner Feststellung sind etwa 70 Prozent der Anträge unange- bracht. Gewiß mögen die Vergünsti- gungen eines entsprechenden Aus- weises bei dem Konsumdenken des heutigen Bürgers verlockend sein.

Anders kann ich mir die offenbar unkontrollierte Möglichkeit des An- tragstellens nicht erklären, wenn z. B. der eine Patient eine Schulter- kapselentzündung, der andere einen Hexenschuß oder auch eine Menis- kusoperation durchgemacht hat und sich dadurch schwerbehindert wähnt. Das Durchsehen der Kran- kengeschichte, der Röntgenbilder, das Diktieren bzw. Selbstschreiben und Korrigieren erfordern, soweit man sich exakt an den Vordruck hält, bis zu einer halben Stunde pro Antrag. Das Honorar beträgt 10 bis 20 DM. Legt man sinnlos erschei- nende Anfragen beiseite, erfolgt bald Mahnung. Dabei sollen allein in Hamburg derzeit 10 000 Formulare auf Halde liegen. Ich kann nicht um- hin, nach dem medizinischen Effekt des ganzen Unternehmens zu fra- gen; und obendrein erscheint mir diese Papierflut vom grünen Tisch des Gesetzgebers als ein Politi- kum.

Durch Aushändigen eines Hinweis- bogens an Antragsteller, Sachbear- beiter und Betriebsräte zwecks In- formation über den Begriff der Schwerbeschädigung müßte es doch möglich sein, diese „Volkser- fassung" besser zu steuern und

gleichzeitig dem über uns gekom- menen Parkinson-Gesetz von der Seite des letztlich „schwergeschä- digten" Formularausfüllers her Ein- halt zu gebieten.

Dr. med. Ottmar Bengert Mittelweg 151

2000 Hamburg 13

BASAGLIA

Zu dem Bericht von Walter Burkart:

„Franco Basaglia und die institutionali- sierte Antipsychiatrie" in Heft 44/1979:

Hilflose Patienten

Im Anschluß an die Round-table- Konferenz zum Abschluß bei dem IX.

Internationalen Kongreß über Psy- chopathologie der Ausdrucksfor- men in Verona, vom 5. bis 7. Oktober 1979, trat eine etwa 30jährige jun- ge Frau mit zögernd-verhaltenem Schritt durch das mehrere hundert Zuhörer fassende Auditorium der In- dustrie- und Handelskammer an das Mikrophon und berichtete, daß sie der Tagung drei Tage lang mit Inter- esse gefolgt sei. Sie habe von dem Für und Wider der Erörterungen (um Basaglia) gehört und bitte als psy- chisch Kranke — offensichtlich han- delte es sich um eine intelligente, von Krankheitsdefekten bereits ge- zeichnete Frau mit einem langjährig blande fortschreitenden psychoti- schen Prozeßgeschehen — darum, daß die Nervenärzte ihre Patienten wieder behandeln; denn jetzt irrten sie, hilflos suchend, ratlos durch die Gegend. Psychiater aus den Come- conländern waren im Zusammen- hang mit der Tagung in Verona von ihren sozialistischen Regierungen zum Studienurlaub in die „fort- schrittlichen" Kliniken und die vom

„Zwang befreiten" institutionalisier- ten psychiatrischen Einrichtungen studienhalber geschickt worden. Sie gaben erschütternde Berichte und bezeichneten die Verhältnisse schlicht als „chaotisch".

Dr. med. Dr. phil. Med.-Dir.

Manfred in der Beeck Landeskrankenhaus 2380 Schleswig Auslegung des § 218

zwei Beispielen aus dem Sprachge- brauch des Bürgertums klar: „das gefallene Mädchen" und „das Kind der Sünde". Heute brauche sich nie- mand mehr in einer Situation der Torschlußpanik in die Illegalität zu begeben. Bei der Diskussion über die Auslegung des reformierten Pa- ragraphen müsse es in erster Linie um die Qualität und die Pluralität der Beratung gehen. „Es muß gewähr- leistet sein, daß Frauen wertneutral beraten werden darüber, was ein Ab- bruch bedeutet und was das Austra- gen des Kindes bedeutet." Die bis- herige Erfahrung der Beratungsstel- len zeige, daß die Notlagen-Indika- tion nur sehr selten ausschließlich aus finanziellen Gründen gewünscht werde, sondern fast ausschließlich wegen des sozialen Umfeldes der Schwangeren. Zur Beratung kämen Mädchen in der Berufsausbildung, Frauen, die noch in Scheidung le- ben und Frauen im Klimakterium.

Im Seminar hatte Frau Haide Halb- leib von der „pro-familia"-Bera- tungsstelle Mainz am Vortag ähnli- ches berichtet, aber auch eine mög- liche finanzielle Notlage geschildert:

Ein Lehrmädchen, das für sich und ihr Kind 442 DM Sozialhilfe pro Mo- nat erhalte, befinde sich wohl in Not.

Auch sie forderte, wie es später wäh- rend des Gesprächs geschah, eine bessere Familienpolitik, die die Be- nachteiligung von alleinstehenden Müttern und Familien mit mehreren Kindern beseitige. Auch die nieder- gelassenen Ärzte hätten nach der Auffassung von „pro familia" einen wichtigen Beitrag zu leisten. Es soll- te ihre Aufgabe sein, die Indikation zu stellen, weil sie die Frau und ihre Familie kennen und deren Vertrauen haben, was „pro familia" erst her- stellen müsse. Leider aber seien die Ärzte dazu nicht ausgebildet und wüßten zu wenig über die Sozialge- setzgebung.

Frau Dr. Laurien wünschte den Be- ratungsstellen mehr Möglichkeiten zu langfristiger Hilfe und sprach sich

— durchaus entgegen der Meinung ihrer Partei — dafür aus, Kontrazepti- va von den Krankenkassen bezahlen zu lassen. „Das ist mir sympathi- scher als die Bezahlung von Abtrei- bungen." pp

850 Heft 13 vom 27. März 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

öffentlichten Ergebnisse der amerika- nischen NSABP-R-02-Studie zeigten jedoch, dass die postoperative Radio- chemotherapie selbst bei Lokalrezi- divraten von nur noch

Bei allen positiven Auswirkun- gen der eigenen Erkrankung auf die Behandlung von und die Beziehung zu Patienten darf jedoch nicht verges- sen werden, dass diese in der

In der Tat: Die Kreise und Gruppierungen, die in dem Gesundheits-Reformgesetz für sich einen Vorteil erse- hen, werden verständlicher- weise von einer Schonung der Patienten

*Allgemeine Ärztliche Gesellschaft für Psy- chotherapie (AÄGP), Deutsche Ärztliche Ge- sellschaft für Verhaltenstherapie (DÄVT), Deutsche Gesellschaft für Medizinische Psy-

Siran 100 TT Trinktabletten zusätzlich: bei Säuglingen unter 10 Tagen nur bei lebenswichtiger Indikation (10 mg/kg KG) und unter strengster ärztlicher Kontrolle.. Siran 200

Eine junge Frau kommt, um ihn zu identi- fizieren: „Eine Frau, so schön, dass es sie gar nicht gibt.“.. Schöner als alle, mit denen Walter zur Sache kommt, schöner selbst als

Ist das für den Arzt erkennbar zweifelhaft, muß er nach Treu und Glauben den Patienten darauf hinweisen, daß ein von ihm vorge- schlagener Krankenhausaufent- halt möglicherweise

Erst wenn das Mobbingopfer einen außerbetrieblichen Lotsen einer für den Arbeitsschutz zuständigen Stelle und eine „Streitmacht“ hinter sich weiß (Arzt, Psychologe,