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Einheimische Giftpilze- Verwechslungen, Vergiftungssymptome

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Academic year: 2022

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(1)

Verwechslungen,

Vergiftungssymptome

(Ein Versuch, die am häufigsten verzehrten Giftpilze deutschlandweit zu erfassen ...)

Abschlussarbeit im Rahmen des Postgradualstudiums Toxikologie an der Universität Leipzig

Susann Buchheim- Schmidt Apothekerin

Leipzig, August 2009

(2)

dessen Pilzmahlzeiten wir glücklicherweise

alle überlebt haben ...

(3)

1. Einleitung Seite 1

1.1. Ziel der Arbeit Seite 1

1.2. Probleme Seite 3

1.3. Poisoning Severity Score (PSS) Seite 5

2. Einteilung der Pilzvergiftungen Seite 8

2.1. - nach ihrer Latenzzeit Seite 8

2.2. - nach dem Auftreten unterschiedlicher Symptome Seite 8 2.2.1. Brechdurchfälle mit einer Latenzzeit länger als 4 Stunden Seite 9

2.2.1.1. Phalloides-Syndrom (P) Seite 9

2.2.1.2. Gyromitrin-Syndrom Seite 9

2.2.1.3. Orellanus-Syndrom Seite 9

2.2.2. Brechdurchfälle mit einer Latenzzeit kürzer als 4 Stunden Seite 10

2.2.2.1. Gastrointestinales Syndrom (Gi) Seite 10

2.2.2.2. Muscarin-Syndrom (M) Seite 11

2.2.3. Brechdurchfälle mit einer Latenzzeit von weniger als 4 Stunden Seite 12 und Zeichen von Hämolyse – Paxillus- Syndrom (Pax)

2.2.4. Gastrointestinale Symptome mit kurzer oder langer Latenzzeit Seite 13 nach dem Genuss atoxischer oder (nur) roh toxischer Pilze

2.2.4.1. Indigestions-Syndrom, bzw. individuelle Pilzunverträglichkeit (U) Seite 13 auch unechte Pilzvergiftung

2.2.4.2. Pilzallergie Seite 15

2.2.5. Neurologische und psychische Symptome Seite 15

2.2.5.1. Pantherina-Syndrom (Pa) inklusive Amanita muscaria- Syndrom (Am) Seite 15 (Fliegenpilzsyndrom)

2.2.5.2. Psilocybin-Syndrom (Ps) Seite 16

2.2.6. Vergiftungssymptome in Verbindung mit Alkohol - Seite 16 Coprinussyndrom (Azetaldehydsyndrom) ( C )

2.2.7. Rhabdomyolyse – Tricholoma equestre-Syndrom Seite 17

2.2.8. Acromelalga-Syndrom Seite 18

3. Detailierte Beschreibung der am häufigsten erfassten Giftpilze Seite 19 bzw. Pilzgruppen

3.1. Amanita phalloides und Verwandte Seite 21

3.2. Psilocybinhaltige Pilze Seite 32

3.3. Agaricus xanthoderma (Karbolegerling) Seite 39

3.4. Armillaria mellea (Hallimasch) Seite 42

3.5. Amanita pantherina (Pantherpilz) Seite 45

3.6. Amanita muscaria (Fliegenpilz) Seite 48

3.7. Tylopilus felleus (Gallenröhrling) Seite 52

3.8. Pilze der Gattung Panaeolus (Düngerlinge) Seite 54

3.9. Paxillus involutus (Kahler Krempling) Seite 59

3.10. Boletus satanas (Satanspilz) Seite 63

4. Schlussbetrachtung Seite 65

5. Quellenverzeichnis Seite 69

6. Danksagung Seite 72

(4)

1.Einleitung 1.1. Ziel der Arbeit

Ziel der vorliegenden Arbeit, die von Dr. Hahn vom BfR angeregt wurde, ist es, relativ genaue Zahlen über die Vergiftung mit Pilzen pro Jahr auf die einzelnen Pilze bezogen zu erstellen. Zu diesem Zweck wandte ich mich im Herbst 2007 an die 9 deutschen

Giftinformationszentren mit der Bitte um Freigabe der Daten über Pilzvergiftungen für das Jahr 2006. Innerhalb eines Jahres erhielt ich von den Giftinformationszentren Mainz, Bonn, München, Göttingen und Erfurt die Daten von insgesamt 1704 relevanten Vergiftungsfällen mit Pilzen.

Erfassen wollte ich

- den jeweiligen Pilznamen

Oft lag dieser nur als Trivialname vor und wurde dann mit der Pilznamenliste von Frau Eckart vom GIZ Mainz abgeglichen. Alle noch nicht erfassten Pilznamen wurden von mir an Frau Eckart zur Vervollständigung ihrer Pilznamenliste gemeldet.

- das Alter des Patienten - das Bundesland bzw. den Ort

- den Schweregrad der Vergiftung nach PSS (Poisoning severity score) Erfasst wurde jeweils der höchste PSS

- den Ausgang der Vergiftung (Heilung, Defektheilung, Tod) - ob ein Pilzsachverständiger eingeschaltet wurde

Der letzte Punkt sollte ursprünglich zum Abgleich mit der Meldestatistik der Deutschen Gesellschaft für Mykologie (DGfM) dienen, da diese Fälle mit in meine Auswertung eingehen sollten und ich Doppelerfassungen vermeiden wollte. Letztendlich übersteigt das Maß der von den GIZ erfassten Vergiftungsfällen (insgesamt 1704 für das Jahr 2006) deutlich die Fälle der Pilzsachverständigen (mit 207 Vergiftungsfällen im selben Jahr), so dass ich mich auf die Fälle der GIZ beschränkt habe. (117)

Doppelerfassungen wären auch nicht so einfach auszuschließen gewesen, da das von mir gewählte Jahr 2006 auch schon etwas zurückliegt. Ich habe die letzten Daten erst Ende Januar 2009 erhalten.

Eingegangen in die Statistik ist nur der tatsächliche Verzehr von Pilzen, auch von psychoaktiven Pilzen.

Schimmelpilzintoxikationen werden von einzelnen Zentren mit in der Pilzstatistik erfasst, diese Fälle wurden von mir gestrichen.

Ebenso gingen in die Auswertung keine Mischintoxikationen mit Alkohol, Haschisch, Kokain oder Speed ein. Diese Konstellation ergab sich v.a. bei Verzehr von psilocybinhaltigen Pilzen oder Fliegenpilzen. Von den Zentren Bonn, Göttingen und Erfurt liegen mir die Daten für Mehrfachintoxikationen vor, von Mainz und München wurden diese gar nicht mit gemeldet.

Relevant könnte der Verzehr von Alkohol und Pilzen allerdings beim Coprinussyndrom sein.

Hier wird durch Verzehr von coprinhaltigen Pilzen (z.B. Coprinus atramentarius) in Kombination mit Alkohol der Abbau des Alkohols blockiert und damit die

Vergiftungssymptome einer Azetaldehydvergiftung ausgelöst. In den mir vorliegenden Fällen von Mischintoxikationen kam diese Kombination aber nicht vor.

Sofern es Hinweise auf mögliche Lebensmittelvergiftungen gab, wie z.B. überlagerte Supermarktpilze oder gemeinsamer Verzehr mit Geflügel o.ä. wurden diese Fälle ebenfalls nicht in der Pilzvergiftungsstatistik erfasst.

Erfasst wurden nur Vergiftungen am Menschen, die gemeldeten Fälle von Hunden oder anderen Tieren habe ich nicht gewertet.

(5)

Sehr geehrte Leiter der Giftinformationszentren,

das Thema meiner Abschlussarbeit für das Postgradualstudium Toxikologie an der

Universität Leipzig lautet „Einheimische Giftpilze, Verwechslungen, Vergiftungsverläufe“.

Dr. Hahn vom BfR regte an, im Rahmen dieser Arbeit eine Statistik über die Anzahl der Vergiftungen pro Jahr auf die einzelnen Pilze bezogen zu erstellen.

Die Daten der Pilzsachverständigen der DGfM liegen mir bereits vor, diese sind aber sehr unvollständig, weil in diese Statistik „nur“ die Arbeit der Pilzberater eingeht. Um einen relativ genauen Überblick über die Situation zu erhalten, würde ich diese gern mit den Anfragen zu Pilzvergiftungen der deutschen Giftinformationszentren abgleichen und bitte in diesem Rahmen um Ihre Mithilfe.

Eingehen in die Statistik sollen nur der tatsächliche Verzehr von Pilzen, auch von psychoaktiven Pilzen also keine Daten über Schimmelpilzintoxikationen,

Lebensmittelvergiftungen mit überlagerten Supermarktpilzen o.ä. oder fiktive Anfragen (z.B. in der Art, wie viele Fliegenpilze sind tödlich, o.ä.).

Interessant für mich wäre

-der jeweilige Pilz (lateinischer Name oder Trivialname), sofern bestimmt und erfasst, -das Alter des Patienten (Kleinkind kleiner 6 Jahre, Kind kleiner 14 Jahre, Jugendlicher kleiner 18 Jahre, Erwachsener, Senior ab 65 Jahre),

-das Bundesland,

-der Schweregrad der Symptome (nach Poisoning severity score)

-der Ausgang der Vergiftung, sofern rückgemeldet (vollständige Heilung, Defektheilung, Tod,

unbekannt)

-ob ein PSV eingeschaltet wurde, da ich deren Statistik abgleichen muss -Tag der Anfrage

Mir ist bewusst, dass nicht zu jedem Fall von Pilzvergiftungen die entsprechenden Daten verfügbar sein werden, wäre aber sehr dankbar über so viele Informationen wie möglich.

Auswerten möchte ich im Rahmen meiner Arbeit das Jahr 2006.

Ich plane meine Abschlussarbeit Ende 2008 abzugeben, da dann offiziell das

Postgradualstudium endet. Eine Veröffentlichung der Daten über meine Abschlussarbeit hinaus ist von meiner Seite nicht geplant.

Als Gegenleistung biete ich an, die Pilznamenlisten der jeweiligen Zentren mit der Namenliste von Frau Eckart abzugleichen. Dies könnte separat im Vorfeld zur

Datenauswertung 2006 geschehen, aber auch anhand der von mir benötigten Daten für das Jahr 2006. Alle von mir gefundenen, bis dato noch nicht in Frau Eckarts Liste eingepflegten Pilze, werde ich an diese weiterleiten, zur Vervollständigung ihrer Pilznamenliste.

Vielen Dank im voraus für Ihre Mithilfe, Susann Buchheim- Schmidt

Apothekerin Am Linsenberg 18 55131 Mainz Tel.: 06131-556508 susannbuchheim@web.de

Brief an die Giftinformationszentren mit meiner Projektbeschreibung im Herbst 2007

(6)

1.2.Probleme:

Von den 1704 dokumentierten Vergiftungsfällen sind in 750 Fällen (rund 44%) die Pilze nicht bekannt, das schwankt von Zentrum zu Zentrum zwischen 34,4% (Mainz) und 62,4%

(Göttingen). Ein gutausgebildetes Netz von Pilzsachverständigen, an die die Zentren den Anrufer weiterverweisen, sowie die Rückmeldung des Anrufers bzw. PSV an die beratende Giftinformationszentrale erhöhen die Zahl der sicher identifizierten Pilze.

Rückmeldungen über den Ausgang der Vergiftung erfolgten nur zu einem sehr geringen Prozentsatz, in 209 der insgesamt 1704 erfaßten Fälle. (siehe Tabelle 1)

Somit ist die tatsächliche Identität des Pilzes in vielen Fällen nicht als völlig gesichert anzunehmen. Das stellt einen Schwachpunkt der Auswertung von Daten der

Giftinformationszentren im Vergleich zu Daten geschulter Pilzsachverständiger dar, welche die von ihnen aussortierten Pilze eindeutig bestimmen können. Bei den hier dokumentierten Fällen muß man sich auf den jeweiligen Erfahrungsstand des Anrufers verlassen, was natürlich einen Unsicherheitsfaktor in die Statistik bringt und die hohe Zahl der Fälle in der Rubrik „unbekannter Pilz“ erklärt.

Die Anzahl der von der DGfM gemeldeten Vergiftungsfälle ist mit 207 Fällen für 2006 wesentlich geringer als die der Deutschen Giftinformationszentren. Der Anteil der sicher bestimmten Pilze liegt mit über 91% naturgemäß wesentlich höher, da es sich bei den Pilzsachverständigen um Fachleute handelt. (siehe Tabelle 2)

Eine noch intensivere Vernetzung zwischen Giftinformationszentralen und Pilzsachverständigen wäre deshalb wünschenswert und wird auch ausgebaut.

Ein weiteres Problem stellten eventuelle Doppeldokumentationen der Anfragen der GIZ Erfurt und Göttingen dar, die einen gemeinsamen Nachtdienst als „GIZ Nord“ durchführen.

Die Fälle wurden von mir unter diesem Aspekt durchgesehen und genau identifizierte Doppelerfassungen gestrichen.

Häufig wurde bei einer Vergiftung nicht nur eine Pilzart verzehrt, so dass es auch hier zu gewissen Schwierigkeiten bei der Auswertung kam, besonders dann, wenn eigentlich als essbar eingestufte Pilze in der Statistik mit einem hohen PSS erscheinen. Die GIZ Erfurt und Göttingen haben sich bei der Übertragung ihrer Fälle schon auf eine Hauptnoxe beschränkt.

Bei den anderen Zentren habe ich mir die Fälle unter diesem Aspekt genauer angesehen und als essbar eingestufte Pilze, wie z.B. Champignons, Maronen oder Steinpilze, die mit einem giftigen, unverträglichen oder unbekannten Pilz verzehrt wurden, nicht mit in die prozentuale Auswertung aufgenommen. Diese sind aber noch in der Gesamtfallzahl enthalten, was an der Rangliste der als giftig oder unverträglich eingestuften Pilze nichts ändert.

Die unterschiedliche Dokumentationsweise der einzelnen Zentren brachte auch ein paar Probleme in der Auswertung mit sich. Z.B. sind Fälle, bei denen mehrere Personen von einer Pilzmahlzeit essen in Mainz und Bonn extra mit eigener Fallnummer, Alter, PSS und

Ausgang dokumentiert, stellen also jeweils einen Einzelfall dar. Vom GIZ Erfurt z.B. wurde einfach nur eine zusätzliche Spalte mit Patientenzahl übermittelt, die aber nicht als eigene Fälle in die Statistik eingehen, da genauere Daten wie Alter, PSS und Ausgang der Vergiftung nicht dokumentiert sind.

(7)

Giftinformationszentrum Anzahl der gemeldeten Pilzfälle

Anzahl der unbekannten Pilze

Anteil der unbekannten Pilze (%)

Ausgang/ Verlauf der Vergiftung bekannt

Mainz (Mz) 511 176 34,4% 161

Bonn (Bo) 250 124 49,6% 10

München (M) 372 140 37,6% 18

Göttingen (Gö) 399 249 62,4% 2 Todesfälle, Rest

nicht gemeldet*

Erfurt (Ef) 172 61 35,5% 18

Summe 1704 750 44% 209

()* Vom GIZ Göttingen wurde das follow der Vergiftung nicht mit den Daten übermittelt, dieses wird in dieser Giftinformation in ausgewählten Fällen separat auf extra Protokollbögen dokumentiert.

Tabelle 1: Pilzfälle gemeldet von den deutschen GIZ im Jahr 2006

Im Vergleich dazu die Daten der Pilzsachverständigen für das Jahr 2006: (117)

Pilz/ Pilzgruppe Syndrom Anzahl Anteil an Gesamtzahl

(%)

Amanita phalloides Phalloides-Syndrom 2 1%

Amanita pantherina Pantherina-Syndrom 13 6,3%

Andere Amanita- Arten 3 1,4%

Paxillus involutus Gastrointest. Syndrom/

(Paxillus-Syndrom)

7 3,4%

Cortinarius orellanus und Verwandte

Orellanus-Syndrom 4 1,9%

Weiße Clitocybe- Arten Muscarin-Syndrom 1 0,5%

Inocybe- Arten Muscarin-Syndrom 3 1,4%

Agaricus xanthoderma u. V. Gastrointest. Syndrom 51 24,6%

Arten mit halluzinogener Wirkung

Psilocybe-Syndrom 1 0,5%

Arten mit Coprinus- Syndrom Coprinus-Syndrom 5 2,4%

Roh giftige Arten Gastrointest. Syndrom/

Pilzunverträglichkeit 24 11,6%

Sonstige Giftpilzarten 39 18,8%

Anzahl unechter Pilzvergiftungen

38 18,4%

Ungeklärte Fälle 18 8,7%

Gesamtanzahl der

Vergiftungsfälle 207 100%

Anzahl der Erkrankten 232 -

Todesfälle 0 0

Tabelle 2: Erkrankungen nach Verzehr von Pilzen; Jahresbericht 2006 der Deutschen Gesellschaft für Mykologie

(8)

1.3. Poisoning Severity Score (PSS):

Die Erfassung der Schwere der Vergiftungen erfolgt in den Giftinformationszentren nach dem sogenannten Poisoning Severity Score (PSS):

PSS0: asymptomatisch PSS1: leichte Symptome

PSS2: mittelschwere Symptome PSS3: schwere Symptome PSS4: fataler Ausgang; Tod PSS8: nicht dokumentiert PSS9: nicht beurteilbar

Der Schweregrad PSS4 (fataler Ausgang; Tod) wird nicht in allen Zentren so erfasst, z.B. im GIZ Mainz würde so eine Fall unter PSS3 mit Ausgang Tod dokumentiert werden.

Auch PSS8 (nicht dokumentiert) und PSS9 (nicht beurteilbar) sind individuelle

Dokumentationen der einzelnen Zentren und nicht Bestandteil der im folgenden aufgeführten Skala der Vergiftungsschweregrade der WHO.

(9)

PSS - Skala der

Vergiftungsschweregrade

Diese Tabelle ist eine geringgradig ergänzte Übersetzung des WHO-Poisoning Severity Score, der mittlerweile als Standardskala für eine Bewertung der Schwere akuter Vergiftungen weltweit anerkannt ist und genutzt wird.

Organ-

(System) leicht mittelschwer schwer

milde, vorübergehende, sich spontan auflösende Symptome oder Zeichen

betonte oder andauernde Symptome oder Zeichen, die in der Regel eine ärztliche

Behandlung erforderlich machen

lebensbedrohliche Symptome, die in der Regel eine stationäre medizinische Behandlung

erforderlich machen

Magen- Darm- Trakt

Bauchschmerz, Erbrechen, Durchfall;

Schleimhautreizung (1° Verätzung), Aphten im

Mund; endoskopisch:

Schleimhautrötung oder Schwellung

Erbrechen Bauchschmerzen, Durchfall, länger als 2 Stunden anhaltend, 2° oder

3° Verätzung in kleinem Schleimhautbereich; leichte Schluckstörung; endoskopisch: Ulkus

(Schleimhautzerstörung)

starkes Bluterbrechen, Perforation;

2° oder 3° Verätzung in größerem Schleimhautbereich; schwere Schluckstörung; endoskopisch:

tiefes Ulkus, zirkumferente ("ringförmige") Läsion, Perforation

Atemtrakt

Reizgefühl, Husten, Kurzatmigkeit, leichte Atemnot, gering gradiger Bronchospasmus; auffälliger Röntgen-Thorax-Befund ohne

Beschwerden

anhaltender Husten, Bronchospasmus, Atemnot, Stridor, reduzierte Sauerstoffsättigung; auffälliger Röntgen- Thorax-Befund mit mäßigen Beschwerden

manifeste Ateminsuffizienz (z. B.

schwerer Bronchospasmus, Atemwegsverlegung, Glottisödem

(Kehldeckelschwellung), Lungenödem, Atemnotsyndrom

(ARDS), Pneumonitis, Pneumothorax; auffälliger Röntgen-

Thorax-Befund mit starken Beschwerden

Nerven- system

Benommenheit, Schwindel, Ohrgeräusch, Ataxie; innere

Unruhe; leichte extrapyramidal-motorische Bewegungsstörungen, leichte

cholinerge oder anticholinerge Symptome;

Missempfinden; leichte Seh- oder Hörstörungen

Bewusstlosigkeit mit gezielter Reaktion auf Schmerzreize; kurzer Atemstillstand,

verlangsamte Atmung; Verwirrtheit, Agitiertheit, Halluzination, Delir;

vereinzelte Krampfanfälle (lokal oder generalisiert); starke extrapyramidal- motorische Bewegungsstörungen, starke cholinerge oder anticholinerge Symptome;

umschriebene, nicht lebensbedrohliche Muskellähmung; starke Seh- oder

Hörstörungen

Bewusstlosigkeit ohne oder mit ungezielter Reaktion auf

Schmerzreize;

Atemantreibsstörung, extrem starke Agitiertheit; häufige Krampfanfälle

oder Status epilepticus, Opisthotonus; generalisierte oder lebensbedrohliche Muskellähmung;

Erblindung oder Taubheit

Herz- Kreislauf-

System

isolierte Extrasystolen;

leichter oder kurzzeitiger Blutdruckanstieg oder

Blutdruckabfall

mäßige Sinusbradykardie (Erw.: 40-50 /min, Kinder 60 - 80 /min, Neugeborene:

80 - 90 /min); mäßige Sinustachikardie (Erw.: 140-180/min, Kinder 160 - 190/min, Neugeborene: 160 - 200/min);

häufige Extrasystolen, Vorhofflattern oder - flimmern, AV-Block 1-2°, EKG:

verbreiterter QRS-Komplex oder verlängerte QT-Zeit / Repolarisationsstörungen; Myokard- Ischämie; starker Blutdruckanstieg oder

Blutdruckabfall

schwere Sinusbradykardie (Erw.: <

40 /min, Kinder < 60 /min, Neugeborene: < 80 /min);

starke Sinustachdykardie (Erw.: >

180 /min, Kinder > 190 /min, Neugeborene: > 200 /min);

lebensbedrohliche Herzrhythmusstörungen, AV-Block 3°, Herzstillstand; Myokard-Infarkt;

Kreislaufschock, hypertensive Krise

Stoff- wechsel

leichte Säure-Base-Störungen (Hydrogencarbonat 15 - 20 mmol/l oder 30 - 40 mmol/l,

pH 7,25 - 7,32 oder 7,50 - 7,59);

leichte Elektrolytstörungen (K+ 3,0 - 3,4 oder 5,2 - 5,9

mmol/l); leichte Hypoglykämie (Erw.: 50 - 70

mg/dl); kurzeitige Hyperthermie

mäßige Säure-Base-Störungen (Hydrogencarbonat 10 - 14 mmol/l oder >

40 mmol/l, pH 7,15 - 7,24 oder 7,60 - 7,69);

mäßige Elektrolytstörungen (K+ 2,5 - 2,9 oder 6,0 - 6,9 mmol/l); mäßige Hypoglykämie (Erw.: 30 - 50 mg/dl);

anhaltende Hyperthermie

schwere Säure-Base-Störungen (Hydrogencarbonat < 10 mmol/l, pH < 7,15 oder > 7,70); schwere Elektrolytstörungen (K+ < 2,5 oder

> 7,0 mmol/l); schwere Hypoglykämie (Erw.: < 30 mg/dl);

lebensbedrohliche Hyperthermie oder Hypothermie

(10)

Leber

leicht erhöhte Leberenzyme im Serum (AST, ALT 2- bis

5-fach erhöht ggü.

Normalwerten)

stark erhöhte Leberenzyme im Serum (AST, ALT 5- bis 50-fach erhöht ggü.

Normalwerten) ohne Hinweise auf Leberfehlfunktionsstörungen (z. B.

erhöhter Ammoniak-Spiegel, gestörte Blutgerinnung, Ikterus)

sehr stark erhöhte Leberenzyme im Serum (AST, ALT > 50-fach erhöht ggü. Normalwerten) oder Hinweise

auf Leberfehlfunktion (z. B.

erhöhter Ammoniak-Spiegel, Gerinnungsstatus, Ikterus)

Nieren geringe Proteinurie oder Hämaturie

starke Proteinurie oder Hämaturie;

Nierenfunktionsstörung (Oligurie, Polyurie oder Kreatinin im Serum 0,2 - 0,5

mmol/l)

akutes Nierenversagen (z. B. Anurie oder Kreatinin im Serum > 0,5

mmol/l)

Blut leichte Hämolyse; leichte Methämoglobinämie (10 - 30

%)

mäßige Hämolyse; mäßige Methämoglobinämie (30 - 50 %);

gestörter Gerinnungsstatus; Anämie, Leukozytopenie, Thrombozytopenie

starke Hämolyse; schwere Methämoglobinämie (> 50 %);

gestörte Gerinnung mit Blutungen;

schwere Anämie, schwere Leukozytopenie, schwere

Thrombozytopenie

Muskulatur

Leichte Muskelschmerzen, Muskelverspannung;

Creatinkinase 250 - 1500 U/l

Muskelschmerzen, -versteifung, -krämpfe, -zuckungen; Rhabdomyolyse (Creatinkinase 1500 - 10000 U/l)

schwere Muskelschmerzen, -versteifung, -krämpfe, -zuckungen;

Rhabdomyolyse mit Komplikationen (Creatinkinase > 10000 U/l);

Kompartment-Syndrom

Haut

brennendes Gefühl, Entzündung (1° Verätzung)

oder Blasenbildung (2°

Verätzung) auf < 10 % der Körperoberfläche

Entzündung und Blasenbildung (2°

Verätzung) auf 10 - 50 % der Körperoberfläche oder Hautnekrose (3°

Verätzung) < 2 % der Körperoberfläche

Entzündung und Blasenbildung (2°

Verätzung) auf > 50 % der Körperoberfläche (Kinder > 30 %) oder Hautnekrose (3° Verätzung) >

2 % der Körperoberfläche Augen brennendes Gefühl, Rötung

der Bindehaut, Tränenfluss, leichtes Lidödem

starkes Brenngefühl,

Hornhautschädigung; kleine punktförmige Ulzera der Hornhaut

größere Hornhautulzera, Hornhautperforation, bleibender

Schaden

Biss- oder Stich- verletzung

leichte Schwellung, Juckreiz;

leichte Schmerzen

Schwellung des gesamten betroffenen Körperteils (z. B. Arm, Bein), lokaler Gewebsuntergang in kleinem Bereich;

mäßige Schmerzen

Schwellung über das gesamte betroffenen Körperteil (z. B. Arm,

Bein) hinaus, größerer lokaler Gewebsuntergang oder Schwellung in der Nähe der Atemwege; starker

Schmerzen Quelle:

Hans E. Persson, Gunilla K. Sjöberg, John A. Haines, Jenny Pronczuk de Garbino (1998) Poisoning Severity Score.

Grading of Acute Poisoning. Clinical Toxicology, 36(3), 205–213

Tabelle 3: Poisoning Severity Score – Skala der Vergiftungsschweregrade

Die Tabelle wurde der Homepage des GIZ Nord entnommen: (113)

(11)

2. Einteilung der Pilzvergiftungen

Im Folgenden soll hier ein grober Überblick über die unterschiedlichen Arten von Pilzvergiftungen, eingeteilt nach Symptomen in 13 verschiedene Vergiftungssyndrome gegeben werden. Im Hauptteil der Arbeit werde ich dann auf die Vergiftungen mit den aus meiner Statistik ermittelten 10 häufigsten Giftpilzen, bzw. Pilzgruppen detailliert mit Symptomen, Verwechslungsmöglichkeiten und Therapie eingehen.

2.1. - nach ihrer Latenzzeit

Zunächst kann man Pilzvergiftungen nach ihrer Latenzzeit, d.h. nach der Zeit zwischen Pilzgenuss und dem Auftreten erster Symptome einteilen:

Von einer kurzen Latenzzeit spricht man bei weniger als 4 Stunden, lange Latenzzeiten zeigen Vergiftungssymptome nach mehr als 4 Stunden.

Die drei in Mitteleuropa gefährlichsten, Todesfälle verursachenden Vergiftungen, sind die Vergiftung mit Amanitinhaltigen Pilzen (Phalloides- Syndrom) mit einer Latenzzeit von 8 bis 12 Stunden, die Vergiftung mit Frühjahrslorcheln (Gyromitrin- Syndrom) mit einer Latenzzeit von 6 bis 24 Stunden und das sehr seltene Orellanus-Syndrom mit einer extrem langen

Latenzzeit von Tagen bis Wochen.

Als Faustregel kann gelten: Je kürzer die Latenzzeit, umso harmloser ist die Pilzvergiftung.

Aber auch in solchen Fällen gilt, Ausnahmen bestätigen die Regel:

Häufig werden Mischpilzgerichte verzehrt, die Giftpilze mit kurzen und langen Latenzzeiten enthalten können, so dass sich die Vergiftungssymptome überlagern können.

Hohe Giftkonzentrationen im Pilzgericht verkürzen die Latenzzeit.

Eine kurze Latenzzeit schließt eine Vergiftung mit einem gefährlichen Giftpilz, wie z.B.

Knollenblätterpilzen nicht aus!!! (1)

2.2. - nach dem Auftreten unterschiedlicher Symptome lassen sich 13 verschiedene Syndrome unterscheiden:

Die Abkürzungen für die Bezeichnung der Syndrome in Klammern wurde aus der BfR- Broschüre „Risiko Pilze - Einschätzung und Hinweise“ übernommen.

- Phalloides-Syndrom (P) 2.2.1.1.

- Gyromitrin-Syndrom (G) 2.2.1.2.

- Orellanus-Syndrom (O) 2.2.1.3.

- Gastrointestinales Syndrom (Gi) 2.2.2.1.

- Muscarin-Syndrom (M) 2.2.2.2.

- Paxillus-Syndrom (Pax) 2.2.3.

- Pilzunverträglichkeit; Indigestions-Syndrom (U) 2.2.4.1.

- Pilzallergie 2.2.4.2.

- Pantherina-Syndrom (Pa) inkl. Amanita muscaria-Syndrom (Am) 2.2.5.1.

- Psilocybin-Syndrom (Ps) 2.2.5.2.

- Coprinus-Syndrom (C) 2.2.6.

- Tricholoma equestre-Syndrom (Rhabdomyolyse) 2.2.7.

- Acromelalga-Syndrom 2.2.8.

(12)

2.2.1. Brechdurchfälle mit einer Latenzzeit länger als 4 Stunden:

2.2.1.1. Phalloides-Syndrom (P)

Das Phalloides-Syndrom wird durch Amanita phalloides und verwandte Knollenblätterpilze (Amanita verna und Amanita virosa), sowie einige Lepiota-Arten (Gift-Schirmlinge), z.B.

Lepiota brunneoincarnata und durch Galerina-Arten hervorgerufen.

Typisch ist der vierphasige (zweigipfelige) Verlauf.

Nach einer Latenzzeit von meist 8 bis 12 (6 bis 24 Stunden) kommt es zur gastrointestinalen Phase mit extremen Brechdurchfällen und daraus resultierenden Flüssigkeits- und

Elektrolytverlusten. Diese halten bis zu 24 Stunden an.

Daran schließt sich eine weitere Latenzphase, die sogenannte Übergangsphase an, die 12 bis 24 Stunden dauert. Dieser trügerische, scheinbare Erholungseffekt leitet das vierte Stadium, die hepatische Phase ein. Hier dominiert der Leberschaden mit Ikterus und Blutungen infolge Gerinnungsstörungen. Abhängig von der Schwere der Vergiftung kommt es zum akuten Leberversagen und bei schweren Verläufen zum Nierenversagen. (2); (3)

Auf das Phalloides- Syndrom, seine Diagnostik und Therapie werde ich im Verlauf der Arbeit noch näher eingehen, da Amanita phalloides und Verwandte mit 5,05% der von mir ausgewerteten Vergiftungsfälle die Statistik anführen.

2.2.1.2. Gyromitrin- Syndrom (G)

Die Vergiftung mit der Frühjahrslorchel (Gyromitra esculenta) führt nach einer relativ langen Latenzzeit von 6 bis 24 Stunden zu heftigem Erbrechen, Bauchkoliken, wässrigen oder blutigen Durchfällen und Kopfschmerzen. Daran schließen sich zentralnervöse Symptome, wie Benommenheit, Zittern, Gehstörungen, Unruhe, Reflexanomalien, Bewusstseinstrübung bis hin zum Koma an. Im weiteren Verlauf kann es zum Versagen verschiedener Organe, v.a.

Leber, Niere, Kreislauf und zentralem Nervensystem kommen. Tödliche Verläufe enden schon nach 3 bis 4 Tagen.

Verantwortlich für die Vergiftung sind das Leber- und Nervengift Gyromitrin und sein Abbauprodukt Monomethylhydrazin. (4)

Vergiftungen mit Frühjahrslorcheln sind ein für Osteuropa, Finnland und Schweden typisches Problem, da diese dort nach mehrmaligem Kochen und Verwerfen des Kochwassers als essbar gelten. (4)

Vergiftungen mit diesem Pilz sind in unseren Breiten sehr selten. Im Rahmen meiner Auswertung kann ich auf keinen Vergiftungsfall verweisen.

2.2.1.3. Orellanus- Syndrom (O)

Bei diesem Syndrom, das durch Cortinarius orellanus (Orangefuchsiger Rauhkopf) und Verwandte der Gattung Cortinarius (Haarschleierlinge), besonders der Untergattung Leprocybe (Rauhköpfe) ausgelöste Pilzvergiftungen zusammenfasst, kommt es nach einer sehr langen Latenzzeit zu Störungen der Nierenfunktion. 4 bis 24 Stunden nach Pilzgenuss können Brechdurchfälle auftreten, die jedoch fakultativ sind.

Nach einem symptomfreien Intervall von Tagen bis Wochen treten Symptome des beginnenden Nierenversagens mit Durst, verminderter Urinproduktion, Kopf- und Nierenschmerzen auf.

Häufig werden diese auf Grund der langen Latenzzeit nicht mehr mit der verzehrten

Pilzmahlzeit in Verbindung gebracht. Aus diesem Grund galten bis zu einer Massenvergiftung im Jahre 1952 in Polen die Pilze der Gattung Cortinarius als harmlos und essbar.

(13)

Auslöser für diese Vergiftung ist das Nierengift Orellanin, welches eine Nekrose der Nierentubuli verursacht. (5); (6)

In meiner Auswertung fand ich einen Vergiftungsfall mit Cortinarius orellanus, gemeldet vom GIZ Mainz. Der Patient hatte zum Zeitpunkt der Anfrage mittelschwere Symptome (PSS2), ein Pilzsachverständiger wurde eingeschaltet, so dass die Identifikation des Pilzes als

gesichert gelten kann, der Ausgang der Vergiftung ist nicht dokumentiert. 4 weitere Vertreter der Gattung Cortinarius sind in der Statistik enthalten, aber nicht näher identifiziert. Ein Fall nach Verzehr von Cortinarius varius (Ziegelgelber Schleimkopf) ist dokumentiert, dieser Pilz ist aber als essbar eingestuft.

Die Statistik der Pilzsachverständigen des Jahres 2006 enthält 4 Vergiftungsfälle mit Cortinarius orellanus von insgesamt 207 dokumentierten Fällen. (117)

2.2.2. Brechdurchfälle mit einer Latenzzeit kürzer als 4 Stunden:

2.2.2.1. Gastrointestinales Syndrom (Gi)

Unter diesem Pilzsyndrom werden alle Pilzvergiftungen zusammengefasst, bei denen Störungen des Gastrointestinaltraktes, gekennzeichnet durch Übelkeit und oft starken,

mehrere Tage anhaltenden Brechdurchfällen, im Vordergrund stehen. Diese treten nach einer Latenzzeit zwischen 15 Minuten und 4 Stunden auf. Es sollte aber auch trotz der kurzen Latenzzeit bei Brechdurchfällen eine mögliche Vergiftung mit Knollenblätterpilzen in Betracht gezogen und abgeklärt werden, besonders nach Pilzmischgerichten.

Auf dieses Syndrom entfallen etwa 40% aller Pilzvergiftungen, hervorgerufen durch viele verschiedene Pilze unterschiedlicher Gattungen.

Der Übergang zum Indigestions- Syndrom (Pilzunverträglichkeit ungiftiger bzw. roh giftiger Pilze) ist fließend, wobei die Symptome des Gastrointestinalen Syndroms wesentlich stärker und länger anhaltend sind. Vergiftungen mit Pilzarten, die für dieses Syndrom verantwortlich sind, verlaufen nicht tödlich. Lediglich bei kleinen Kindern, alten oder kranken Personen kann es zu Komplikationen, insbesondere durch den Flüssigkeitsverlust kommen. (7),(8),(9)

Folgende Pilze werden in der Literatur (10) für dieses Syndrom verantwortlich gemacht (ohne Anspruch auf Vollständigkeit; die Anzahl der in meiner Auswertung dokumentierten Fälle steht in Spalte 3):

Pilze Literatur: Anteil

am GI (10)

Fälle 2006 Häufige Vergiftungen mit:

Agaricus xanthoderma (Karbolegerling) 8% 58

Entoloma sinuatum (Riesenrötling) 5-10% 4

Tricholoma tigrinum (Tiger-Ritterling) 10-20% 0

Lactarius sp. div. (Scharfe Milchlinge) Fraglich

Paxillus involutus (Kahler Krempling); v.a. Osteuropa 10-30%

(ehemalige DDR)

17

Omphalotus olearius (Ölbaumpilz); Südeuropa 0

Russula emetica (Spei-Täubling) 0

andere scharfe Russula-Arten 0

Weniger häufige Vergiftungen mit:

Amanita porphyria (Porphyrbrauner Wulstling) 1

Boletus calopus (Schönfußröhrling) 4

Boletus satanas (Satansröhrling) 16

Hypholoma fasciculare (Grünblättriger Schwefelkopf) 4

Ramaria pallida (Bauchwehkoralle) 1

(14)

Seltene Vergiftungen mit:

Macrolepiota venenata (Großer Giftschirmling) 3

Scleroderma citrinum (Gemeiner Kartoffelbovist 2

und andere

Tabelle 4: Pilze, die das Gastrointestinale Syndrom verursachen und deren Häufigkeit

Die in der Literatur angegebenen Häufigkeitsverteilungen für das Gastrointestinale Syndrom kann ich mit meiner Auswertung zumindest für das Jahr 2006 nicht bestätigen.

Vergiftungen mit dem Riesenrötling (Entoloma sinuatum; nach Frau Eckart Entoloma eulividum) werden in 5-10%, allerdings in der Schweiz (10) bzw. in 10% (11) aller Fälle für das Gastrointestinale Syndrom verantwortlich gemacht. Ich habe insgesamt nur 4

Vergiftungen mit dem Riesenrötling dokumentiert, gemeldet vom GIZ Mainz. Dabei handelt es sich um eine Tischgesellschaft im Alter von 48, 51, 79 und 82 Jahren, die außer

Riesenrötlingen noch Parasolpilze (Macrolepiota procera; essbar), Mairitterlinge (Calocybe gambosa; essbar), Ziegelrote Risspilze (Inocybe erubescens; Muscarinsyndrom), sowie nicht näher bestimmte Pilze verzehrten. Alle Betroffenen hatten mittelschwere

Vergiftungssymptome (PSS2), ein Pilzsachverständiger wurde eingeschaltet und es kam zur vollständigen Heilung.

Ebenso wenig kann ich die Häufigkeit der Vergiftung mit Tiger-Ritterlingen

(Tricholoma tigrinum bzw. Tricholoma pardinum; nach Eckart Tricholoma pardalotum) bestätigen, die in der Literatur für 10- 20% (10) bzw. 20% (8) der Fälle des Gastrointestinalen Syndroms verantwortlich gemacht wird. In meiner Auswertung kommt dieser Pilz für das Jahr 2006 nicht vor.

Die Angaben für den Karbolegerling (Agaricus xanthoderma) 8 % (10) und den Kahlen Krempling (Paxillus involutus) 10 bis 30% der Fälle (10) decken sich in etwa mit meiner Statistik. Beide Pilze befinden sich unter den „Top 10“ der von mir ausgewerteten

Pilzvergiftungen. Agaricus xanthoderma nimmt mit 58 Fällen Platz 3 ein und ist mit 3,4% an den Gesamtvergiftungsfällen beteiligt, Paxillus involutus belegt mit 17 Fällen (1%) Platz 9.

Auf beide Pilze, sowie den Satansröhrling (Boletus satanas) werde ich im Hauptteil der Arbeit noch näher eingehen.

2.2.2.2. Muscarin-Syndrom (M)

Dem Muscarinsyndrom werden Vergiftungen mit Pilzen, die das Nervengift Muscarin (ein Parasympathomimetikum) enthalten, zugeordnet. Verdächtig sind alle Pilze der Gattung Inocybe, insbesondere der Ziegelrote Risspilz (Inocybe erubescens), sowie einige Vertreter der Gattung Clitocybe (Trichterlinge), hier die kleinen weißen, schmutzig-weißen, beige- grauen und bräunlichen Trichterlinge.

Das sind z.B. Clitocybe dealbata (Feldtrichterling), Clitocybe phyllophila (Bleiweißer Trichterling) und Clitocybe suaveolens (Dufttrichterling).

Amanita muscaria, der Fliegenpilz, enthält nur Spuren von Muscarin unter der Toxizitätsgrenze und verursacht somit kein Muscarinsyndrom, obwohl es der Name vermuten ließe.

Nach einer Latenzzeit von Minuten bis maximal 2 Stunden können Brechdurchfälle (nicht obligat) auftreten, begleitet von typischen cholinergen Symptomen wie Miosis,

Schweißausbrüchen, Tränen- und Speichelfluss, Asthma, Pulsverlangsamung und

Blutdruckabfall. In schweren Fällen kann es zu Lungenödemen und Kreislaufzusammenbruch kommen. Ursache ist eine Dauererregung im parasympathischen Nervensystems, da sich Muscarin an Stelle des Acetylcholins an die Synapsen bindet und nicht durch die

Acetylcholinesterase abgebaut werden kann. Aus diesem Mechanismus erklärt sich auch die

(15)

Verwendung des Antidots Atropin, welches intramuskulär oder intravenös appliziert wird, bis die Symptome abflauen.

Dosierung:

Erwachsene: 1-2 mg Atropin i.v. oder i.m. alle 30- 60 Minuten;

Kinder: 0,05 mg/kg Körpergewicht (12)

Pilz Anzahl

Inocybe (Risspilz) 1

Inocybe erubescens (Ziegelroter Risspilz) 4 Inocybe maculata (Gefleckter Risspilz) 2

Tabelle 5: Fälle von Inocybe-Intoxikationen im Rahmen der Auswertung des Jahres 2006:

Im Rahmen meiner Arbeit habe ich 4 Vergiftungsfälle mit Inocybe erubescens, dem Ziegelroten Risspilz dokumentiert. Dieser wurde jeweils in einem Mischpilzgericht zusammen mit Parasolpilzen, Mairitterlingen, dem Riesenrötling (Entoloma sinuatum;

Gastrointestinales Syndrom) und weiteren unbekannten Pilzen verspeist. (Fallbeschreibung siehe unter Gastrointestinales Syndrom.) Verwechslungen zwischen Inocybe erubescens und dem essbaren Mairitterling (Calocybe gambosa) sind relativ häufig und wohl auch in diesem Fall die Ursache. (12)

Zwei weitere Fälle von Pilzvergiftungen mit Inocybe maculata, dem Gefleckten Risspilz wurden vom GIZ München gemeldet.

Im ersten Fall handelte es sich um einen Erwachsenen, die Erstsymptomatik trat ca. eine Stunde nach Pilzverzehr auf, es kam zu mittelschweren Symptomen (PSS2), behandelt wurde symptomatisch und mit Atropingabe.

Der zweite Fall ist eine Vergiftung mit dem Gefleckten Risspilz, der zu berauschenden Zwecken (Abusus) verzehrt wurde, hier kam es zu leichten Vergiftungssymptomen (PSS1), auch in diesem Fall wurde mit Atropin behandelt.

In beiden Fällen wurde Inocybe maculata makroskopisch und mikroskopisch sicher identifiziert.

Ein weiterer Inocybe-Fall wurde aus Bonn gemeldet, dabei handelt es sich um ein einjähriges Kind, bei Kontakt mit der Giftinformation traten noch keine Symptome auf (PSS0). Der Pilz wurde nicht näher bestimmt, der Ausgang des Falles ist unbekannt.

2.2.3. Brechdurchfälle mit einer Latenzzeit von weniger als 4 Stunden und Zeichen von Hämolyse:

Paxillus-Syndrom (Pax)

Der Kahle Krempling (Paxillus involutus) galt lange Zeit in gut gekochtem Zustand als essbar.

In rohem oder nur ungenügend gekochtem Zustand führt ein unbekanntes Magen-Darm-Gift zu Symptomen des Gastrointestinalen Syndroms (Gi). (siehe dort)

Nach wiederholtem Genuss Kahler Kremplinge kann es auf Grund einer Antigen-

Antikörperreaktion zu einer immunhämolytischen Anämie kommen. Das bedeutet, im Blut befindliche Pilzantigen-Immunglobulin-Komplexe lagern sich an die Erythrozytenoberflächen an und führen zur Hämolyse. (13)

Daraus ergibt sich die für das Syndrom typische Symptomatik:

Nach einer Latenzzeit von 15 Minuten bis 2 Stunden beginnt die Erkrankung mit

Brechdurchfällen. Durch das aus den Erythrozyten freigesetzte Hämoglobin färbt sich der

(16)

Urin rot. In schweren Fällen kommt es durch die Verstopfung der Nierentubuli zu verminderter Urinproduktion und Nierenversagen mit Anstieg des Serumkreatinins.

Für das Nierenversagen ist auch die nach massiver Hämolyse auftretende Schocksymptomatik verantwortlich.

Das Paxillussyndrom ist sehr selten. Bis jetzt sind in der Literatur nur 7 Fälle dokumentiert.

(14)

Der Kahle Krempling gilt in Osteuropa immer noch als Speisepilz, in Polen nimmt er sogar den dritten Rang unter den Pilzvergiftungen ein. Auch in Deutschland, besonders auf dem Gebiet der ehemaligen DDR, sind Vergiftungen mit Paxillus involutus noch an der

Tagesordnung. (15) Diese Aussage kann ich aber durch meine Arbeit zumindest für das Jahr 2006 nicht bestätigen. (siehe unter 3.9.)

Als Speisepilz darf der Kahle Krempling deutschlandweit nicht mehr in Verkehr gebracht werden. (119)

In meiner Auswertung sind 17 Vergiftungsfälle durch Paxillus involutus enthalten, bei denen es sich aber um gastrointestinale Beschwerden, welche zu maximal leichten Symptomen führten (PSS0 bzw. PSS1), handelt. Näheres dazu aber im Hauptteil.

Immunhämolytische Zwischenfälle werden auch bei anderen Pilzen diskutiert. Bis jetzt ist ein Fall für den Butterpilz (Suillus luteus) dokumentiert. (14)

2.2.4. Gastrointestinale Symptome mit kurzer oder langer Latenzzeit nach dem Genuss atoxischer oder (nur) roh toxischer Pilze:

2.2.4.1. Indigestions-Syndrom, bzw. individuelle Pilzunverträglichkeit (U), auch unechte Pilzvergiftung

Die Ursachen für das Indigestionssyndrom sind vielfältig, ebenso sind die Übergänge zum Gastrointestinalen Syndrom fließend.

In der Literatur (16) werden folgende Ursachen für dieses Syndrom genannt:

- Rohgenuss: Dieser ist, abgesehen von Kulturchampignons, nicht zu empfehlen.

- Übermäßiger Genuss: Die WHO- Empfehlungen für Pilze belaufen sich auf nicht mehr als 250g Pilze pro Woche und Person. (17)

- Falsche Zubereitung, häufiges Aufwärmen - Schwerverdaulichkeit

- Individuelle Faktoren, Allergie und Intoleranz

- Kontamination mit Fungiziden, Herbiziden, Pestiziden - Kontamination mit Bakterien und Schimmelpilzen

Das fällt eher in das Ressort der Lebensmittelvergiftungen. Diese Fälle wurden von mir, wenn bekannt, aus der Auswertung gestrichen.

Nach einer Latenzzeit von 15 Minuten bis 24 Stunden kommt es zu gastrointestinalen Symptomen wie Völlegefühl, Blähungen, Bauchschmerzen, Übelkeit und Erbrechen. Der Verlauf ist weniger dramatisch als beim Gastrointestinalen Syndrom und meist ohne Komplikationen.

Im Folgenden werden einige Pilze aufgeführt, die in der Literatur als unverträglich eingestuft werden und v.a. roh oder ungenügend gekocht giftig sind. Prinzipiell ist aber zu bemerken, dass eigentlich jeder essbare Pilz zu einer Unverträglichkeit führen kann. (18)

Die Anzahl der in meiner Auswertung dokumentierten Fälle habe ich immer mit angegeben.

(17)

Pilz Erfasste Pilze im Jahr 2006

Tylopilus felleus (Gallenröhrling) 29

Armillaria mellea (Hallimasch) 34

Amanita citrina (Gelblicher Knollenblätterpilz) 2

Lepista nebularis (Nebebelkappe) 6

Russula ochroleuca (Ockertäubling) 0

Tabelle 6: Pilze, die ein Indigestionssyndrom verursachen

Tylopilus felleus und Armillaria fallen unter die von mir erfassten 10 häufigsten Pilze, auf beide gehe ich im Hauptteil meiner Arbeit noch ein.

Vom Verzehr des Gelblichen Knollenblätterpilzes (Amanita citrina), wird dringend abgeraten, da dieser sehr leicht mit den weißen Formen der Amanitinhaltigen Knollenblätterpilze

verwechselt werden kann.

In individuellen Unverträglichkeiten würde ich auch eine der Ursachen dafür sehen, dass 6, eigentlich als essbar eingestufte Pilze, vordere Plätze in meiner Auswertung belegen:

Pilz Anzahl Anteil an Gesamtfällen (%)

Agaricus (Champignon) 55 3,23%

Boletus edulis (Steinpilz) 48 2,82%

Xerocomus badius (Marone) 30 1,76%

Cantharellus cibarius (Pfifferling) 26 1,53%

Macrolepiota procera (Parasolpilz) 26 1,53%

Agaricus campester (Wiesenchampignon) 17 1,00%

Tabelle 7: Essbare Pilze, die im Jahr 2006 zu Pilzunverträglichkeiten führten

Weitere Gründe könnten sein, dass es sich bei den Champignons nicht in jedem Fall um selbstgesammelte, sondern z.T. auch um Supermarktpilze, bzw. aufgetaute Pilze aus Fertiggerichten handelt und diese Fälle zu einem gewissen Teil auch unter die Rubrik Lebensmittelintoxikation fallen. Wenn es in der Dokumentation einen Hinweis darauf gab, erscheinen solche Fälle schon gar nicht in der Auswertung.

Falls es Hinweise darauf gab, dass die oben aufgeführten Pilze in Mischgerichten mit einem als giftig oder unverträglich eingestuften Pilz oder auch mit unbekannten Pilzen verzehrt wurden, sind sie von mir auch als nicht relevant für die Auswertung eingestuft worden. Dann habe ich mich auf die Wertung der Hauptnoxe (giftiger, bzw. unverträglicher Pilz) beschränkt.

Dies kann natürlich nicht in jedem Fall garantiert werden. Zumal es sich bei den Anrufern zu einem großen Teil um Laien handelt und nicht in jedem Fall ein Pilzsachverständiger

eingeschaltet wurde.

Die Schweregrade (PSS) belaufen sich auf maximal 2 (mittelschwere Symptomatik):

Pilz PSS 0 PSS 1 PSS 2 PSS 8/9

Agaricus (Champignon) 14 27 6 8

Boletus edulis (Steinpilz) 8 31 3 6

Xerocomus badius (Marone) 4 14 5 7

Cantharellus cibarius (Pfifferling) 6 12 4 4

Macrolepiota procera (Parasolpilz) 3 20 2 1

Agaricus campester (Wiesenchampignon) 3 10 1 3

Tabelle 8 : Symptomenschweregrade, die eigentlich als essbar eingestufte Pilze verursachten (Jahr 2006)

(18)

2.2.4.2. Pilzallergie:

Bei der Pilzallergie handelt es sich um eine erworbene Überempfindlichkeit gegenüber Pilzeiweiß.

Diese kann sich in Form von Brechdurchfällen, Asthma, Hautausschlägen, Schleimhautschwellungen bis hin zum Kollaps (anaphylaktischer Schock) äußern.

Sonderformen der Pilzallergie sind das oben schon beschriebene Paxillus-Syndrom

(Immunhämolyse), die durch Pilzsporen als Allergene verursachte Pilzzüchter-Lunge und die Shiitake-Dermatitis, die sich nach Genuss dieses Pilzes bei besonders empfänglichen

Menschen einstellt, von starken Rötungen und Juckreiz der Haut begleitet ist und deren Symptome 20 bis 30 Tage anhalten.

In den USA wurde bei 6 Kindern ein akuter Hirntod durch Hirnödem nach Genuss von rohen Pilzen festgestellt. Die Ursache ist vermutlich eine angeborene Überempfindlichkeit

gegenüber Pilzeiweiß. (19)

2.2.5 Neurologische und psychische Symptome:

2.2.5.1. Pantherina-Syndrom (Pa) inklusive Fliegenpilzsyndrom (Am = Amanita muscaria-Syndrom)

Die Vergiftungen mit dem Pantherpilz (Amanita pantherina) und dem Fliegenpilz (Amanita muscaria), auch Amanita regalis, werden unter dem Begriff Pantherina-Syndrom

zusammengefasst. In einigen Literaturquellen werden die beiden Syndrome noch unterschieden. Allgemein lässt sich sagen, dass die Fliegenpilzvergiftung eine leichtere Variante der Pantherpilzvergiftung ist. Die Symptomatik ist sehr ähnlich. (20)

Auch Amanita gemmata, der Narzissengelbe Wulstling, kann dieses Syndrom verursachen.

(95)

Nach einer Latenzzeit zwischen 30 Minuten und 3 Stunden kommt es zunächst zu Symptomen, die einem Alkoholrausch sehr ähnlich sind, wie Schwindel, Gehstörungen, Verwirrung und Sprachstörungen. Häufig beobachtet werden auch Zittern und

Muskelzuckungen bis hin zu Krampfanfällen. Die Symptomatik ist stark von der allgemeinen Stimmungslage abhängig und wird von einer gewissen Erwartungshaltung bestimmt. Je nachdem, ob der Pilz gewollt zur Rauscherzeugung verspeist wurde, stehen positive Empfindungen wie Euphorie bis hin zum Glücksrausch, Lachen, Singen und Tanzen im Vordergrund. Bei Verwechslungen mit Speisepilzen und somit ungewollten

Vergiftungssymptomen bestimmt die Furcht vor Vergiftung auch die psychische Symptomatik, mit Angstzuständen, Depressionen, Schreien, Weinen und Toben.

Typische Symptome sind auch ein übermäßiges Kraftgefühl, Störungen des Orts- und Zeitgefühls, ein Gefühl des Schwebens und Persönlichkeitsstörungen.

Echte Halluzinationen sind selten, häufig beschrieben werden Farbillusionen.

Die Symptome halten 10 bis 15 Stunden an und gehen in einen tiefen Schlaf über, aus denen die Patienten ohne Erinnerung an das Geschehen aufwachen. (21)

Ibotensäure und das daraus entstandene Muscimol, welche strukturelle Ähnlichkeit mit Glutamat und GABA haben, sind zumindest zum Teil verantwortlich für die Symptome des Pantherina-Syndroms. (22)

Ein Muscarin-Syndrom wird durch beide Pilze nicht ausgelöst, auch wenn der Name des Fliegenpilzes (Amanita muscaria) dies vermuten lässt. 1869 wurde das Gift Muscarin aus dem Fliegenpilz isoliert, liegt aber in zu niedrigen Konzentrationen (0,0002%) vor, um

Vergiftungen hervorzurufen. (21); (22)

Trotzdem kann es gelegentlich am Anfang der Vergiftung zu cholinergen Symptomen, wie Hypersalivation, Bauchschmerzen, Durchfällen, Miosis und Schwitzen kommen. Ansonsten

(19)

dominieren anticholinerge Symptome, die an eine Atropinvergiftung erinnern, wie Mydriasis, Tachykardie und trocken-warme Haut. (21); (23)

Amanita pantherina und Amanita muscaria fallen mit je 33 bzw. 30 Vergiftungsfällen unter die 10 von mir ermittelten häufigsten Verursacher von Pilzvergiftungen.

Näheres zu diesen beiden Pilzen werde ich daher noch im Hauptteil ausführen.

2.2.5.2 Psilocybin-Syndrom (Ps)

Unter diesem Syndrom werden Vergiftungen mit Pilzen der Gattungen Psilocybe (Kahlköpfe), einigen Vertretern der Gattungen Panaeolus (Düngerlinge), Stropharia (Träuschlinge), Conocybe (Sammethäubchen), Inocybe (Risspilze) und Galerina steglichii (Psilocybin-Häubling) zusammengefasst. (24); (25)

Die meisten „Vergiftungen“ mit Pilzen dieser Art sind keine akzidentellen Verwechslungen, sondern mit voller Absicht herbeigeführt.

Die auf das Zentralnervensystem wirkenden Gifte Psilocybin und Psilocin haben strukturelle Ähnlichkeiten mit Mutterkornalkaloiden (Lysergsäurederivaten). Die Wirkung ist demzufolge auch vergleichbar mit einem LSD- Rausch. (25)

Einheimische Arten von Bedeutung sind der Spitzkegelige Kahlkopf (Psilocybe

semilanceata), der von Juli bis Oktober im Gras an Wegrändern zu finden ist (26), der auf gedüngtem Boden und v.a. Kuhfladen wachsende Glockendüngerling (Panaeolus

papillonaceus), (26), entspricht in meiner Auswertung Panaeolus campanulatus, sowie der Dunkelrandige Düngerling (Panaeolus cinctulus). Der Psilocybingehalt von Panaeolus foenisecci, dem Heudüngerling ist umstritten. Dieser Pilz tritt in meiner Vergiftungsstatistik mit 4 Fällen auf. Für Kinder kann er, im rohen Zustand genossen, schon in geringen Mengen giftig sein, was aber eher in den Bereich des Gastrointestinalen Syndroms fällt. (27)

Näheres zu den Düngerlingen im Hauptteil meiner Arbeit, da diese, fast ausschließlich im Zusammenhang mit Vergiftungen im Kleinkindalter, mit insgesamt 23 Fällen auftreten.

Als Zuchtpilze spielen Psilocybe cubensis (Kubanischer Kahlkopf) und Psilocybe mexicana in der Drogenszene eine große Rolle. (25)

Mit 69 erfassten Fällen im Jahr 2006 belegen die psilocybinhaltigen Pilze Platz 2 meiner Liste. Wobei die Anzahl der gemeldeten Vergiftungen um einiges höher ist, da ich, die gerade in Zusammenhang mit psychoaktiven Pilzen häufigen, Mischintoxikationen mit Alkohol und Haschisch nicht eingewertet habe. Weiteres dazu im Hauptteil der Arbeit.

2.2.6. Vergiftungssymptome in Verbindung mit Alkohol:

Coprinussyndrom (Azetaldehydsyndrom) (C)

Dieses Syndrom tritt nur auf, wenn mit bestimmten Pilzen gleichzeitig oder bis maximal 4 Tage danach Alkohol genossen wird.

Das Pilzgift Coprin blockiert den Alkoholabbau durch Hemmung der

Acetaldehyddehydrogenase auf der Stufe des Azetaldehyds und verhindert so die weitere Oxidation zu Acetat.

Die Anreicherung des Azetaldehyds im Blut führt zu folgenden Symptomen:

Hitzegefühl, Beengung, Gesichtsröte, Atemnot, Herzklopfen, Angstzustände, Schwindel, Blutdruckabfall bis zum Kollaps.

Weiterhin werden als typisches Symptom ein metallischer Geschmack sowie ein prickelndes Gefühl in Armen und Beinen angegeben. Die Symptome treten Minuten bis eine Stunde nach Alkoholgenuss (in zeitlichem Zusammenhang mit der Pilzmahlzeit) auf und können 2 bis 4 Stunden anhalten.

(20)

Die Wirkungen des Coprins sind also ähnlich der pharmakologischen Wirkung des

Alkoholentwöhnungsmittels Disulfiram (Antabus®), weswegen das Coprinussyndrom auch Antabus-Syndrom genannt wird (28); (29)

Zu den coprinhaltigen Pilzen zählen Coprinus atramentarius (Faltentintling) und andere Coprinus-Arten, z.B. Coprinus micaceus , Coprinus picaceus und Coprinus disseminatus.

Coprin ist in geringen Mengen auch im Schopftintling (Coprinus comatus) enthalten, ebenso enthält der Ochsenröhrling (Boletus torosus) Coprin. Fraglich ist der Copringehalt im

Netzstieligen Hexenröhrling (Boletus luridus). Hier handelt es sich wohl eher um Verwechslungen mit dem sehr ähnlichen Boletus torosus. (29)

Wie in der Einleitung schon erwähnt, habe ich in meine Auswertung keine

Mischintoxikationen mit einbezogen. Bei den mir gemeldeten Vergiftungsfällen, die in Zusammenhang mit Alkohol standen, kamen oben genannte Pilze jedoch nicht vor. Wirkliche Angaben zum Coprinussyndrom kann ich mit meiner Arbeit aus diesen Gründen jedoch nicht machen.

Folgende Pilze der Gattung Coprinus (Tintlinge) wurden im Jahr 2006 in den Giftinformationszentren erfasst:

Pilz Anzahl

Coprinus atramentarius (Faltentintling) 2 Coprinus comatus (Schopftintling) 2 Coprinus micaceus (Glimmertintling) 1

Tabelle 9: Meldungen über Vergiftungen mit coprinhaltigen Pilzen im Jahr 2006

Der Jahresbericht der Pilzsachverständigen des Jahres 2006 verweist dagegen auf insgesamt 5 Fälle von Coprinus-Syndrom, von insgesamt 207 gemeldeten Vergiftungsfällen. (117)

Ob und in welchem zeitlichen Abstand Alkohol in Verbindung mit der Pilzmahlzeit getrunken wurde, ist nicht bekannt.

2.2.7. Rhabdomyolyse:

Tricholoma equestre-Syndrom

In sehr seltenen Fällen kommt es nach Genuss von Grünlingen (Tricholoma equestre) bei besonders dafür prädestinierten Personen zu Muskelauflösung (Rhabdomyolyse).

Zwischen 1992 und 2000 gab es in Frankreich 12 Vergiftungsfälle mit dieser Symptomatik, 3 davon verliefen tödlich. Aus Polen wurden 2 weitere Fälle gemeldet.

Das Syndrom äußert sich in Form von Müdigkeit, Muskelschwäche, Muskelschmerzen, v.a.

in den Oberschenkeln. Bei schweren Fällen kommt es in Folge des Muskelzerfalls zu Braunfärbung des Urins (Myoglobinurie) und daraus resultierender Nierenschädigung.

Weitere Symptome sind Atembeschwerden und starkes Schwitzen.

Im Falle der 3 Verstorbenen gab es Zeichen einer Myokarditis, Herzrhythmusstörungen, Hyperthermie und starke Erhöhung der Kreatin-Kinase.

Grünlinge galten jahrelang als exzellente Speisepilze. In Deutschland sind bis dato keine Fälle von Rhabdomyolyse nach Verzehr von Tricholoma equestre bekannt geworden. Vom Verzehr der Grünlinge wird abgeraten, eine abschließende Beurteilung des Pilzes steht noch aus.

(30); (31)

Auf jeden Fall darf der Grünling bundesweit in Deutschland nicht mehr als Speisepilz in Verkehr gebracht werden. (119)

(21)

2.2.8. Acromelalga-Syndrom:

Zum ersten Mal wurde dieses Syndrom 1918 in Japan beschrieben. Innerhalb 24 Stunden nach Verzehr von Clitocybe acromelalga kam es zu Missempfindungen an Händen und Füßen mit Kribbeln, Brennen, heftigen Schmerzen, Hautrötung und Schwellung. Wärme und

Bewegung verstärken die Schmerzen, Kälte bessert. Die Schmerzen sind nur mit sehr starken Schmerzmitteln zu lindern. Die intermittierend auftretenden Symptome hielten Tage,

vereinzelt auch Wochen bis Monate an. Verantwortlich für die Vergiftung ist die Substanz Acromelsäure, die als Glutamat-Agonist wirkt.

In Europa wurde dieses Syndrom zum ersten Mal in Frankreich beobachtet.1979 erkrankten zwei Personen. 1996 kam es in einem französischen Alpental zur Erkrankung von 5 Personen an dieser Symptomatik, nach Verzehr von Clitocybe amoenolens, dem Wohlriechenden Trichterling, der fälschlicherweise für Fuchsige Trichterlinge (Lepista inversa) gehalten wurde. Der Pilz ist in Marokko und Südfrankreich heimisch. Gefahr besteht also nur bei Pilzimport aus Südfrankreich und den Mitteleerländern. (32)

(22)

3. Detaillierte Beschreibung der am häufigsten erfassten Giftpilze, bzw. Pilzgruppen „Die Top 10“

Im folgen Teil möchte ich nun detailliert auf die von mir ermittelten 10 häufigsten Giftpilze, bzw. kritisch bewerteten Pilze eingehen. Erfasst wurden diese, wie in der Einleitung schon beschrieben, anhand der Anrufstatistik der 5 (von insgesamt 9) deutschen

Giftinformationszentren: Mainz, Bonn, Göttingen, Erfurt und München.

In die Auswertung gingen ein:

- nur der tatsächliche Verzehr der Pilze - keine Mischintoxikationen mit Alkohol o.ä.

- keine Lebensmittelvergiftungen - keine Vergiftungen an Tieren

- wenn als essbar bewertete Pilze mit giftigen, unverträglichen oder unbekannten Pilzen verzehrt wurden, wurden diese in der Auszählung als nicht relevant eingestuft und nur die „Hauptnoxe“ gewertet, um nicht Risiken vorzutäuschen

Erfasst wurden insgesamt 1704 Vergiftungsfälle.

Teilweise wurden die Pilze in Gruppen zusammengefasst z.B. „Amanita phalloides und Verwandte“, psilocybinhaltige Pilze oder Düngerlinge (Panaeoli).

Top Pilz bzw. Pilzgruppe Anzahl Anteil an allen

Pilzvergiftungen (%) 1 Amanita phalloides und Verwandte

(Amanita, Amanita phalloides, Amanita verna, Amanita virosa)

86 5,05%

2 Psilocybinhaltige Pilze

(Psilocybe, Stropharia cubensis, Panaeolus cinctulus, Panaeolus campanulatus, Copelandia cyanescens)

69 4,04%

3 Agaricus xanthoderma 58 3,40%

(Agaricus)* 55 3,23%

(Boletus edulis) * 48 2,82%

Amanita phalloides 34 1,99%

4 Armillaria 34 1,99%

5 Amanita pantherina 33 1,94%

(Xerocomus badius) * 30 1,76%

6 Amanita muscaria 30 1,76%

7 Tylopilus felleus 29 1,70%

(Cantharellus cibarius) * 26 1,53%

(Macrolepiota procera) * 26 1,53%

8 Panaeolus sp. 23 1,35%

(Agaricus campester) * 17 1,00%

9 Paxillus involutus 17 1,00%

10 Boletus satanas 16 0,94%

..

Galerina- Arten 9 0,53%

Amanitinhaltige Pilze 6 0,35%

Lepiota brunneoincarnata 2 0,12%

Tabelle 10: Pilze, die Vergiftungen im Jahr 2006 verursachten, geordnet nach Häufigkeit der Anfragen bei den Giftinformationszentren

()* Diese Pilze sind als ungiftig, bzw. essbar eingestuft. Vermutliche Gründe für das Erscheinen auf den vorderen Plätzen dieser Auswertung habe ich im Allgemeinen Teil unter dem Punkt Unverträglichkeiten (2.2.4.) aufgeführt.

(23)

Anteil der häufigsten Pilze an den Gesamtpilzvergiftungen im Jahr 2006

unbekannte Pilze (44%)

Ps ilocybinhaltige Pilze (4%) A garicus xanthoderma

(3,4%) A rmillaria (2%) A manita pantherina

(1 ,9%) A manita mus caria

(1,8%) Tylopilus felleus (1,7%)

Panaeoli (1,4%) Paxillus involutus (1%) Boletus s atanas (1%)

A garicus (4,7%) Boletus edulis (2,8%)

Xerocomus badius (1,8%) Cantharellus cibarius

(1,5%) Macrolepiota procera

(1,5%)

Res t (19,5%)

A manitinhaltige Pilze (ges amt) (6%)*

unbekannte Pilze (44%) A manitinhaltige Pilze (6%) Psilocybinhaltige Pilze (4%) A garicus xanthoderma (3,4%) A rmillaria (2%) A manita pantherina (1,9%) A manita muscaria (1,8%) Tylopilus felleus (1,7%) Panaeoli (1,4%) Paxillus involutus (1%) Boletus satanas (1%) A garicus (4,7%) Boletus edulis (2,8%) Xerocomus badius (1,8%) C antharellus cibarius (1,5%) M acrolepiota procera (1,5%) Rest (19,5%)

()* In der Gruppe Amanitinhaltige Pilze (gesamt) sind die Unterrubriken

Amanita phalloides und Verwandte (5,05%), Galerina- Arten (0,53%), Lepiota brunneoincarnata (0,12%) und Amanitinhaltige Pilze (0,35%) zusammengefasst.

Abbildung 1: Anteil der häufigsten Pilze an den Gesamtpilzvergiftungen im Jahr 2006

(24)

3.1. Amanita phalloides und Verwandte „Top 1“

Unter dieser Gruppe sind alle Amanita-Arten zusammengefasst, die das Phalloides-Syndrom hervorrufen können:

Giftinformationszentrum

Pilz Anzahl Mz Bo M Gö Ef

Amanita phalloides 34 2 1 3 22 6

Amanita virosa 1 1

Amanita verna 1 1

Amanita* 50 15 11 19 5

Tabelle 11: Von den GIZ gemeldeteVergiftungen mit Knollenblätterpilzen im Jahr 2006

(*alle Pilze mit der Bezeichnung Knollenblätterpilz, teilweise mit Amanitin-Nachweis, teilweise auch nur Verdachtsfälle)

In meiner Auswertung erscheint noch die Rubrik „amanitinhaltiger Pilz“ (insgesamt 6 Fälle).

Hier wurden Pilze eingeordnet, bei denen der Amanitin-Nachweis positiv war, bzw. die unter

„Amatoxin“ gemeldet wurden. Eine Zuordnung zur Gruppe Amanita phalloides und

Verwandte erfolgte aber nicht, da die Gattung unklar war und das Phalloides- Syndrom auch von Pilzen der Gattung Galerina oder von Lepiota brunneoincarnata verursacht wird.

3.1.1. Beschreibung des Pilzes:

Amanita phalloides (Grüner Knollenblätterpilz): (33)

Im Jungstadium ist der Pilz von einer Hülle, dem Velum universale, ähnlich wie eine Eierschale umhüllt.

Wenn der Pilz wächst, zerreißt die Hülle und Reste dieser bilden, die für Knollenblätterpilze typische, sackartige Volva (Scheide) an der Stielbasis. Beim Abschneiden oder Herausdrehen des Pilzes aus der Erde geht dieses typische Merkmal leider verloren.

Hut 5-15 cm breit

im jungen Stadium halbkugelig, später flach gewölbt, bis ausgebreitet;

Farbe ist grünlich, hell oder dunkel olivgrün, oft auch weißlich verblasst, Randbereiche heller;

Oberhaut trocken, glatt, seidig glänzend, mit feinen, dunklen radial

verlaufenden Fasern, selten bleiben Reste des Velum universale auf dem Hut kleben;

Rand glatt

Lamellen weiß, weich und engstehend Sporenpulver weiß

Stiel 8-15 cm lang, Durchmesser bis 2,5 cm;

Farbe ist weißlich, hell gelbgrünlich genattert;

Manschette schlaff herabhängend (d.h. nach oben abziehbar); fein gerieft;

Stielende knollenartig verdickt, steckt in einer sackartigen Scheide (Volva) Fleisch weiß, zart, unter der Huthaut gelb-grün

Vorkommen Laubwald, bevorzugt unter Eichen, August bis Oktober

(25)

Amanita phalloides

Abbildung 2: Hausner Seite 82

Amanita virosa (Spitzhütiger Knollenblätterpilz; Kegelhütiger Knollenblätterpilz): (34) Dieser etwas seltenere Knollenblätterpilz ist Amanita phalloides ähnlich. Er ist etwas

zierlicher, hat eine rein-weiße Hutfarbe, die Hutform ist bei jungen Pilzen eiförmig-glockig, bei älteren Exemplaren kegelig oder mit stumpfem Buckel.

Das typische Merkmal, knollig verdicktes Stielende in einer sackartigen Scheide (Volva), ist auch hier ausgeprägt. Die Manschette (Ring) ist dünn, hängend, oft zerrissen und vergänglich.

Vorkommen: Nadelwald, bevorzugt im Gebirge, Juli bis Oktober

Amanita virosa

Abbildung 3: Hausner Seite 84

Amanita verna (Frühlingsknollenblätterpilz; Weißer Knollenblätterpilz): (34) Dieser ab Mai, bevorzugt in südlichen Regionen wachsende Pilz, ist dem Grünen Knollenblätterpilz sehr ähnlich, nur etwas heller.

3.1.2.Verwechslungsmöglichkeiten:

Amanita citrina (Gelblicher Knollenblätterpilz):

Dieser, den gelblich-weißen Exemplaren des Grünen Knollenblätterpilzes ähnliche Pilz, ist durch eine an der Knolle angewachsene Hülle von diesem zu unterscheiden. Der Pilz ist amanitinfrei, aber als unverträglich eingestuft und schmeckt nicht. (35)

(26)

Der Grüne Knollenblätterpilz kann wegen seiner variablen Hutfarbe mit ähnlich gefärbten essbaren Pilzen verwechselt werden: (36)

Täublinge: Russula virescens (Gefelderter Täubling); Russula cyanoxantha (Frauentäubling) Ähnlich gefärbte Ritterlinge: Tricholoma equestre (Grünling); Russkopf (Tricholoma portentosum)

Dachpilze: Rehbrauner Dachpilz (Pluteus atricapillus)

Die etwas helleren Formen können mit Champignonarten verwechselt werden (Agaricus sp.).

Junge Fruchtkörper, die noch vom Velum universale umgeben sind, wurden von sehr unerfahrenen Pilzsammlern schon mit Bovisten verwechselt. Eine Längshalbierung schließt durch den völlig anderen Aufbau Verwechslungen aus!

Längsschnitte durch die jungen Fruchtkörper von Amanita phalloides und Lycoperdon perlatum

Abbildung 4: Hausner Seiten 82 und 124

Bei dem sehr früh im Jahr fruchtenden Frühlingsknollenblätterpilz besteht die Verwechslungsgefahr mit dem Maipilz (Calocybe gambosa). (37)

Die typischen Merkmale der giftigen Knollenblätterpilze, wie die Knolle in der umgebenden Volva (Scheide), die Manschette, der glatte Hutrand und die weißen Lamellen mit weißem Sporenpulver, sollten Verwechslungen mit Speisepilzen eigentlich ausschließen.

Unerfahrenere Pilzsammler sollten beim geringsten Zweifel an ihren Pilzfunden diese unbedingt von einem versierten Pilzberater begutachten lassen und auf jeden Fall nur Pilze sammeln, die sie wirklich kennen!

3.1.3. Pilzgifte: (38)

Die tödlich wirkenden Gifte im Grünen Knollenblätterpilz und seinen weißen Verwandten sind Amatoxine (im engeren Sinne Amanitine). Diese sind Eiweißverbindungen, die aus 8 Aminosäuren bestehen (Oktapeptide), die in Form eines Doppelringes angeordnet sind.

Bis dato sind 9 verschiedene Amatoxine nachgewiesen, die aber nicht alle giftig sind. (39) Die 4 wichtigsten Amatoxine sind α-,β- und γ-Amanitin und das Amaninamid, welches in Amanita phalloides nicht enthalten ist. (40) Das Verhältnis der drei Amanitine in den

unterschiedlichen Arten der amanitinhaltigen Knollenblätterpilze weist breite Streuungen auf.

Der Hauptanteil entfällt auf das α-Amanitin.

(27)

Eine typische Probe von Amanita phalloides enthält 45% α-Amanitin, 45% β-Amanitin und 10% γ-Amanitin. (40)

In Amanita phalloides sind zusätzlich noch Phalloidine, bestehend aus 7 Aminosäuren (Heptapeptide), enthalten. Diese sind bei der Knollenblätterpilzvergiftung unbedeutend.

Amanita virosa enthält zusätzlich noch Viroidine, diese sind für die Vergiftung mit diesem Pilz nicht relevant.

0,1 mg α-Amanitin pro kg Körpergewicht ist die für einen Erwachsenen angegebene tödliche Giftmenge. Das entspricht, da der Toxingehalt der Pilze sehr variabel ist, 5 bis 50 g

Frischpilzen. Für Kinder ist die tödliche Giftmenge schon in wenigen Gramm des Pilzes enthalten.

3.1.4. Wirkmechanismus des Giftes: (41)

Amanitine binden sich an die RNA-Polymerase II im Zellkern eukaryotischer Zellen und verhindern dadurch die Transkription der DNS in m-RNS. Damit wird die Bioproteinsynthese in der Leberzelle vollständig lahmgelegt. Amanitin wird nicht in alle Körperzellen

aufgenommen. Eine besondere Affinität besteht zu den Leberzellen, wobei zur Aufnahme in die Zellen ein physiologisches Transportsystem für Gallensäuren und Fremdstoffe genutzt wird. Zuerst werden aber die Zellen der Darmmucosa, die eine hohe Teilungsrate aufweisen, geschädigt. (44) Dies äußert sich in Form der Symptome der Gastrointestinalen Phase. An Mäusen wurde eine Schädigung der Niere im Bereich des proximalen Tubulus festgestellt.

Die Bindung des Amanitins an das Enzym (RNA-Polymerase II) ist eine starke, nicht kovalente Bindung. Die Dissoziationskonstante des Enzym-Amanitin-Komplexes liegt im Nanomol-Bereich. Deshalb liegt ein Teil des Amanitins in dissoziierter Form vor und kann über die Galle wieder ausgeschieden werden und wird so dem enterohepatischen Kreislauf zugeführt.

3.1.5. Vergiftungssymptome: (42); (43)

Der Klinische Verlauf einer Amanitinvergiftung kann sehr charakteristisch in 4 Phasen eingeteilt werden. Man spricht auch von einem zweigipfeligen Verlauf:

Phase 1: Latenzphase (6 bis 24 h)

Dies ist die Zeit zwischen der Pilzmahlzeit und dem Auftreten erster Symptome.

Die Latenzzeit ist relativ lang (siehe Einteilung der Pilzvergiftungen) und bewegt sich zwischen 6 und 24 Stunden. Gastrointestinale Symptome nach einer kürzeren Latenzzeit schließen aber eine Knollenblätterpilzvergiftung nicht aus, weil im Normalfall

Mischpilzgerichte verzehrt werden, die auch noch andere Giftpilze mit kürzeren Latenzzeiten enthalten können. Ein Früherbrechen, ausgelöst durch einen anderen Pilz, kann so einen unbeabsichtigten therapeutischen Effekt haben.

Je weniger Amanitin in der Pilzmahlzeit verzehrt wurde, umso länger ist die Latenzzeit.

Phase 2: Gastrointestinale Phase (24 h, selten 2 bis max. 4 Tage)

Diese äußert sich in massiven Durchfällen, starkem Erbrechen und Bauchschmerzen.

Die mit dem Erbrochenen ausgeschiedenen unverdauten Pilzreste sollten unbedingt für eine mykologische Diagnostik aufbewahrt werden.

Durch die Brechdurchfälle kann es zu einem massiven Flüssigkeitsverlust mit erhöhtem Hämatokrit, Hämoglobin und Kreatinin kommen.

Ein Anstieg der Transaminasen (GOT/GPT) als Zeichen der beginnenden Leberschädigung zeigt sich ab dem 1. Tag.

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