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Archiv "Steigende Arztzahlen, sinkende Arzteinkommen: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung: Prognosen und Modellrechnungen für das Jahr 1990" (10.11.1977)

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Academic year: 2022

Aktie "Archiv "Steigende Arztzahlen, sinkende Arzteinkommen: Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung: Prognosen und Modellrechnungen für das Jahr 1990" (10.11.1977)"

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Bericht und Meinung NACHRICHTEN

Die Zahl der Ärzte in der Bundes- republik wird im Jahre 1985 auf 180 400 und im Jahre 1990 auf 209 100 ansteigen. Dies entspricht einer Zunahme gegenüber 1976 um 25 Prozent bzw. 45 Prozent.

Diese Hochrechnung des Zentral- instituts für die kassenärztliche Versorgung korreliert gut mit jüngsten vorläufigen Berechnun- gen des Wissenschaftlichen Insti- tuts der Ortskrankenkassen und einer noch unveröffentlichten Prognose des Kieler Instituts für Gesundheits-System-Forschung.

Unterstellt man — entsprechend den bisher bekanntgewordenen Bedarfsplanungen für den Kran- kenhaussektor — eine abnehmen- de Zahl der Krankenhausärzte von 62 000 im Jahre 1976 auf 55 000 im Jahre 1990, so wird es im Jahre 1990 141 600 Ärzte geben, die ent- weder in die freie Praxis drängen oder ohne ärztliche Berufsaus- übung sein werden. Geht man von der derzeitigen Quote von 13 Pro- zent nicht berufstätiger Ärzte aus, so werden im Jahre 1985 voraus- sichtlich 91 100 und im Jahre 1990 114 400 Kassenärzte in freier Pra- xis tätig sein.

In die Hochrechnung eingegangen sind in den Jahren 1976 bis 1990 insgesamt 148 000 neu approbier- te Ärzte. In diesem Zusammen- hang ist es wichtig, darauf hinzu- weisen, daß aufgrund der im Kran- kenhaus jährlich freiwerdenden Weiterbildungsstellen, die kon- stant mit etwa 6500 angesetzt wer- den, zwischen 1976 und 1990 nur etwa 65 Prozent der neu appro- bierten Ärzte die Gelegenheit zu einer Weiterbildung haben wer- den. Mit anderen Worten, 35 Pro- zent der neu approbierten Ärzte werden sich bis zum Jahre 1990

aufgrund des zu erwartenden Eng- passes in den Weiterbildungsstel- len ohne Weiterbildung als prakti- sche Ärzte in freier Praxis nieder- lassen müssen. Diese Entwicklung kann für die Strukturqualität der Basisversorgung der Bevölkerung sicherlich nicht als günstig ange- sehen werden — um es vorsichtig auszudrücken.

1990: Ein niedergelassener Arzt auf 514 Einwohner

Berücksichtigt man die rückläufi- ge Zahl der Gesamtbevölkerung von heute 61,5 Millionen auf 58,8 Millionen im Jahre 1990, so er- rechnet sich im Zusammenhang mit den steigenden Zahlen nieder- gelassener Ärzte eine Dichte von einem Arzt auf 655 Einwohner im Jahre 1985, im Jahre 1990 von ei- nem Arzt zu 514 Personen im Ver- gleich zum heutigen Stand von ei- nem Arzt zu 1220 Personen. Damit steigt die Dichte niedergelassener Ärzte um mehr als 60 Prozent.

In einer Modellrechnung wurde vom Zentralinstitut ferner über- prüft, inwieweit sich das zum 1.

Juli 1977 in Kraft getretene Kran- kenversicherungs-Kostendämp- fungsgesetz auf die Durch- schnittsumsätze und die Durch- schnittseinkommen der niederge- lassenen Ärzte in Zukunft auswir- ken wird. Nach § 368 f Abs. 3 RVO soll die Veränderung der kassen- ärztlichen Gesamtvergütung an die zu erwartende Entwicklung der durchschnittlichen Grundlohn- summe der beteiligten Kranken- kassen angepaßt werden, wobei zusätzlich der Anstieg der Praxis- kosten und die für die kassenärzt- liche Tätigkeit aufzuwendende Ar- beitszeit berücksichtigt werden.

Mit anderen Worten, in Zukunft bestimmen sich die Umsätze der Kassenärzte nicht mehr aus- schließlich nach den von ihnen ab- gerechneten Leistungen, sondern durch die zur Verfügung stehende kassenärztliche Gesamtvergü- tung. Diese wird nach gesamtöko- nomischen Kriterien begrenzt und unter alle, an der kassenärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte aufgeteilt.

Wie wirkt sich das nun bei steigen- den Arztzahlen aus?

Um die Effekte der steigenden Arztzahlen deutlich zu machen, wurden bei der Modellrechnung des Zentralinstituts die inflatori- schen Einflüsse ausgeschaltet und nur mit den realen Zuwachsraten bei Bruttosozialprodukt, Grund- lohnsumme und Einkommen der Ärzte gerechnet. Da an einem rea- len volkswirtschaftlichen Wachs- tum alle Gruppen der Gesellschaft teilhaben, dürfte sich ein reales Wachstum des Bruttosozialpro- duktes in etwa dem gleichen Pro- zentsatz auch in einem realen Wachstum der Grundlohnsumme niederschlagen und damit in ei- nem entsprechenden realen Wachstum der kassenärztlichen Gesamtvergütung.

Aus heutiger Sicht ist es zwar äu- ßerst schwierig, das reale Wachs- tum der Volkswirtschaft bis zum Jahre 1990 zu prognostizieren.

Dennoch kann für die Zukunft mit verschiedenen Annahmen für das reale Wachstum des Bruttosozial- produktes gerechnet werden.

Hierbei wurden für die Modell- rechnung zwei Hypothesen unter- stellt:

Einmal wird von einer pessimisti- schen Hypothese ausgegangen, nämlich der, daß das reale Wachs- tum der Volkswirtschaft in Zukunft stagniert, d. h. die jährlichen Wachstumsraten sind gleich null, zum anderen von einer optimisti- schen Betrachtung, nämlich der, daß die durchschnittlichen jährli- chen Wachstumsraten unserer Volkswirtschaft bei real 4 Prozent

Steigende Arztzahlen,

sinkende Arzteinkommen

Zentralinstitut für die kassenärztliche Versorgung:

Prognosen und Modellrechnungen für das Jahr 1990

2666 Heft 45 vom 10. November 1977 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

liegen. Die optimistische Annahme geht von der Tatsache aus, daß die durchschnittlichen realen Wachs- tumsraten in den vergangenen 16 Jahren bei jährlich knapp über 4 Prozent lagen. Die jüngsten wirt- schaftlichen Rezessionsjahre und die derzeitigen Prognosen der Wi rtschaftswissenschaftsinstitute, die ein reales Wachstum für 1977 und 1978 von nur 3 Prozent vor- aussagen, lassen die Annahme als gerechtfertigt erscheinen, daß mit durchschnittlich jährlich 4 Prozent realen Wachstumsraten für die Zu- kunft kaum mehr zu rechnen sein wird.

Legt man die pessimistische Ver- sion eines stagnierenden Wirt- schaftswachstums für die Zukunft zugrunde, so zeigt sich, daß die Durchschnittsumsätze der Kas- senärzte von 217 000 DM im Jahre 1976 auf 104 000 im Jahre 1990 sinken. Dieser Effekt beruht dar- auf, daß eine stagnierende kassen- ärztliche Gesamtvergütung unter einer immer größer werdenden Zahl von Kassenärzten aufgeteilt werden muß. Die Einkommen der Kassenärzte vor Steuern sinken dagegen von 121 000 DM im Jahre 1976 auf 58 000 im Jahre 1990.

Hierbei wurde unterstellt, daß es den Kassenärzten gelingt, durch die Senkung ihrer Praxiskosten den Anteil der Praxiskosten am Umsatz mit 44,1 Prozent auf der Basis des Jahres 1976 konstant zu halten, was nur unter Abbau von Personal und Sachinvestitionen möglich sein wird. Unter realisti- schen Gesichtspunkten ist eine proportionale Abnahme der Pra- xiskosten mit sinkendem Umsatz allerdings eine sehr optimistische Annahme, da man aus anderen Wirtschaftsbereichen weiß, daß die Anpassungsfähigkeit der Be- triebskosten an sinkende Umsätze sehr gering ist.

Legt man dagegen die optimisti- sche Veriante für das wirtschaft- liche Wachstum mit jährlich 4 Pro- zent zugrunde, so zeigt sich, daß der durchschnittliche Umsatz aus Kassenärztlicher Tätigkeit von 217 000 DM auf 180 000 DM und

das durchschnittliche Einkommen vor Steuern von 121 000 DM im Jahre 1976 auf 100 000 DM im Jahre 1990 zurückgeht. Dies aber heißt nichts anderes, als daß die Kassenärzte im Falle der Stagna- tion des zukünftigen Wirtschafts- wachstums einen realen Einkom- mensverlust von 52 Prozent, im Falle der optimistischen Version eines jährlich 4prozentigen realen Wachstums einen realen Einkom- mensverlust von 17 Prozent im Jahre 1990 zum Vergleichsjahr 1976 hinnehmen müssen.

Einkommensniveau ä la BAT?

Das Einkommensniveau der Kas- senärzte in freiberuflicher Tätig- keit wird in beiden Fällen etwa um das Jahr 1988 das Niveau eines angestellten Arztes mittleren Le- bensalters, der nach der Vergü- tungsgruppe BAT I a bezahlt wird, erreichen, wobei die Entwicklung des BAT-Gehaltes ebenfalls mit den beiden Modellalternativen ei- nes Nullwachstums und eines 4prozentigen Wachstums gerech- net wurde. Dieses Ergebnis ist be- merkenswert, weil es zeigt, wie die gesetzliche Budgetierung der Ge- samtvergütung eines freien Be- rufsstandes bei einem nicht gleichzeitig budgetierten Zuwachs der Mitglieder dieser Berufsgrup- pe zur Verminderung der ökono- mischen Chancen des Freiberuf- lers führen muß. Dies aber heißt nichts anderes, als daß etwa um das Jahr 1988 die Übernahme des wirtschaftlichen Risikos in einer freien Berufsausübung für Ärzte nicht mehr attraktiv sein wird. Ab diesem Zeitpunkt werden Nieder- lassungen in freier Praxis nur dann noch zustande kommen, wenn ein Ausweichen auf andere ärztliche Berufstätigkeiten nicht mehr möglich ist.

In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, daß in der poli- tischen Begründung zum Kosten- dämpfungsgesetz lediglich davon gesprochen wurde, überproportio- nalen Einkommenszuwächsen der Ärzte in Zukunft zu begegnen. Der

Besitzstand der Ärzte wurde in der politischen und parlamentari- schen Auseinandersetzung aus- drücklich nicht in Frage gestellt.

Die Wahrung des derzeitigen Be- sitzstandes aber würde bedeuten, daß in den nächsten Jahren die Gesamtvergütung der Kassenärzte pro Jahr mindestens um real 5,4 Prozent wachsen müßte, um die derzeitige wirtschaftliche Lage und damit das Personal- und Aus- stattungsniveau des Dienstlei- stungsbetriebes Kassenpraxis auch bei steigenden Arztzahlen zu erhalten. Erhöht man diese reale Zuwachsrate von 5,4 Prozent um die jährliche Inflationsrate, so er- hält man eine Leitlinie für die zu- künftige Vereinbarung der Verän- derung der kassenärztlichen Ge- samtvergütung. Über diese Leitli- nie zu verhandeln, wird Angele- genheit zukünftiger Verhandlun- gen zwischen Krankenkassen und Kassenärzteschaft sein.

Die aufgrund der Modellrechnung des Zentralinstituts prognostizier- ten Arztzahlen und die damit ver- bundenen _Prognosen zur Weiter- bildungslage und zu den ökonomi- schen Erwartungen der Ärzte wer- den freilich nur dann eintreten, wenn nicht politisch interveniert wird. Doch die vorgelegten Zah- len, die das Institut als Trends und nicht als präzise Daten verstanden wissen möchte, berühren heute schon nicht nur den ärztlichen Be- rufsstand als Ganzes, sondern ebenso die Hochschul- und Ge- sundheitspolitik unseres Lan- des. Eberhard Brenner

In einem Satz

Weltgesundheitstag 1978 — „Auf den Blutdruck achten", lautet das Motto des Weltgesundheitstages 1978, aus dessen Anlaß die Bun- desvereinigung für Gesundheits- erziehung e. V. am 5. April 1978 in Bonn eine öffentliche Veranstal- tung durchführen wird. DÄ

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 45 vom 10. November 1977 2667

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