Leben.i Totholz
Wie müssen Wäfüi:ller lbies<Cltmffän sein, damit T0Il.,ob:i:ns1?1kie111 übedenern kölfmeu? Diese lFrnge :im lbeantvvorten war rllas Zftel ei\neir Dokto1ra1rlbeU an dleir Pmifessm für Nafan-
011md Lar:ulscl\1alftsschiu;);z (ETH
Zürich)tmd irieir WSL mrmensdoirf.
K. Schiegg
i~ll:hoii~r~s~kfü!liril 1ral~ g1fäl'infüHt~e Gnm~!)l~
Während Jahrhunderten war Holz der 1.vichtig:,te Encrgietriiger ucid dei"!lZll-
folge
wurde totes
undabst,~rber,1d<::.s
Holz konsequent aus den Vl/äklerr: eiü- fernt. Damit wurde jedoch der Lebens- raum von auf Totholzangewiesenen
Artenzerstört
Totholzinsektengehö-
ren zu den Tiergruppen mit demgrössten
Anteilan
gefährdeten Arten :inEuropa (Spe.:ght 1989).
Der Tot- holzmangel in Wirtschaftswäldern führte auchdazu,
dass viele dieser Ar- ten nur noch mit isolierten Populatio- nen vertreten sind. Verschiedene Au- toren vermuten, dass die meisten Tot- holzarten an die stabilenVerhältnisse
in Urwäldern angepasst und daher nur schlecht mobil sind.Sie schliessen dar-
aus, dass Totholzinsekten111icht
nur unter dem Verlus1. ihres Lebensrau- mes, sonden: a1:ch unter denFolgen
von Habitatfragmentation ieiden. Die 1neisten Totho'.lzinsektenarten si.nd inihren Lebensraumansprüchen hochspe-
zialisiert. Dies erschwert es ihnen zu~sfüzlich, ein Stück Todlolz zu finden, das sie besiedeln können. Der Bockkä- fer Prionus coriarius beispielsweise entv,ickelt sich a:.1.sschliesslich lrn Wurzelbereich von
älteren Bäumen,
der Schnellkäfer Ampedu:, cardinalishingegen
nur in trockenen Bereichen von Baumhöhlen.l?rüher od,er später müssen ::i.lle, die
I·-r aturschu tzbi,0
1.ogie beitreiben, sich mit
Problemen der Ha·oÜ8.tfragmentation auseinandersetzen. Vormals zusam- menhängende Lebensräume frnden sich heute in Mitteleuropa meist nur noch2,Is
kleine, voneinander isolierte lFle::;ken. Es hängt jedoch von den Ei-genschaften
einzelner Arten ab,wann
ei.n Lebensraum alsfragmentiert
be- zeichnet werden muss.iNährend
einSchwarzspecht
p:·oblemioseinige
hundert Meter unbewaldetesGebier
überfliegen kann, bilden W aklstrassen für Laufkäfer und Mäuse bereits fast unüberv1:indbare Hindernisse. Eine be-stimm ite Art empfindet
ihrHabitat dann
alsfragmentiert, YveEn
die Dütanzenzwischen
v1ichtigen Ressourcen imVergleich
zum Aktionsradius derbe- treffenden Artsehr
gro3s sind. Zudem erhöhen gewissebiologische Eigen- schaften die Ecnpfindlichkeit einzelner Arten gegenüber Isolationseffekten und
Arealverlusten: Arten. dle auf ganz bestimmte Habitattypen spezialisiert und an eine stabile Umwelt angepasstsind,
sowienur geringe .Ausbreitungs-
kapazitäten haben, scheinen in starkAbb. 1: Schlüpffalle (Eklektor) während der Montage über einem liegenden Totholz- stamm. Zeichnung von Verena Fataar, WSL Birmensdorf.
Fig. 1: Piege
a
emergence (Eldektor) lors de son montage sur un tronc d 'arbre mort au sol.Dessin de Verena Fataar, WSL Birmensdorf
lLa' vfo ([J\:Bms !e b01iis mrnrt Comment faut-il amenager les forets pour que Ies insectes saproxyliques puissent y survi vre ? Cette question a
ete
etudiee dans le cadre d' un travml de doctorat realise ä la Chairede
lPmteciion de Ja nature e:t du paysage (EPF Zurich) et au FNPa
Birmensdorf. Il en resuite que le nornbre et la diversite des especes d' insectes i:aproxyliques sont d',mtant plus grands que l' espace entre les troncs morts est pel:it. Par ailleurs, il s' estdeveloppe un plu:; grand nombre d'esp,eces dans d~,s. ~0,ranchts n:1c:1rtes de hGStre ciue d.ri:.ns 1es troncs rnorts de; cette memc. CS,Sc:nce. Des lorc,, sir
on favo:ris1:: Ra presenct: -de· bois rfH)rt d:msi:oule
la fon':t et qu'on y laisse aussi des branches ,c:paisses, on c,?nt1:"ibue_ l~rgeme~1ta
enrichir la b10d1versue en foret.fragmentierten Habitaten
kaJJm
über- leben zul,Jj11nen.
Daher sind Totholz·i.nsekten aufgrund ihrer Biol:)gie ;Je- sonders empfindlich gegenüber den Folgen der Habitatfragmentation.
Einzelne Totholzstikke ki:innen als Habiw.tinseln fö.r Totholzh1sek;:en bezeichnet werden. Der,1entsprechencl repräsentiert das Volumen eines Tot- hol:zsfückes die: Grösse d::r Insel tind
di1e
Dislanz zwischen Totholzstü.ck"on die Isolation bzw. den Vemetzungs- 6rad de,• foseln. Di<c, Artenzahl von Tor-holzinsektenin:einern
"0/aldbestand soll- te sich somit durch die vorhandene Tot- holzmenge und/oder den Vemetzungs- grad von'I
otholzsfücken. erklären lassen.1iorU11!ll~;1;l~nia1(ll!!:IJ:®m1 i~n SlhhJ111atld 0[~" :lliMclw~
Im !Rahmen einer Doktorarbeit mi der
Profe.ssu::- für t•Tatur- und Landschafls-
schutz (ETHZürich)
und der WSL Birmensdorf wurden von Tothoiz ab- hängige Dipteren (Mücken und.Flie- gen) und Käfer untersucht (SCHiEGG1999). Im
Zentrum von14
Probeflächen (r =200
m) im Sihlwald (Kt. Zürich) wurden in den Jahren1996
und 1997 mittels Schlüpffallen (Eklekcorcn, Abb. 1.) und modifizierten Fenster- fallen (Abb. 2) Insekten gefangen. Die Schlüpffallen wurden nach einem bestehenden Prototyp verändert, so dass liegendes Totholz nüt Boden- kontakt befangen werden konnteInf.bl. Forsch.bereich Landsch. 43, 1999 4
Abb. 2: Modifizierte Fensterfalle.
Zeichnung von Verena Fataar, WSL Birmensdorf.
Fig. 2: Piege
a
fenetre modifie. Dessin de Verena Fataar, WSL Birmensdorf.(ScHIEGG
et al. im Druck). In den Schlüpffallen befand sich liegendes Buchentotholz (Fagus sylvatica) von mittlerem Zerfallsgrad. Die eine Hälf- te der Fallen enthielt Astholz mit ei- nem Durchmesser .Yon 5 bis 10 cm, die andere Hälfte Stammholz ab 20 cm Durchmesser. Die Fensterfallen wur- den alle zwei, die Eklektoren alle vier Wochen geleert, die Dipteren und Kä- fer aussortiert und zur Artbestimmung an verschiedene Expertinnen und Ex- perten im In- und Ausland verschickt.
Insgesamt fanden sich - in den Proben 699 Käfer-und 953 Dipterenarten. Von den letzteren waren 186 Arten neu für die Schweiz und über 20 Arten sogar neu für die Wissenschaft (DELECOLLE
& SCHIEGG 1999, Schiegg et al. im Druck; Abb. 3). In allen 14 Probe- flächen wurde zudem das Totholz ab einem Durchmesser von 20 cm kar- tiert. Diese Erhebung ergab eine durch- schnittliche Totholzmenge von 6,3 m
3pro ha, was rund 2
%des stehenden Vorrats im Sihlwald entspricht und geringfügig über dem Durchschnitt mitteleuropäischer Wirtschaftswälder liegt.
Vernetzung statt Volumen
Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass weniger die verhandene Tot- holzmenge als vielmehr die Vernet- zung von Totholzstücken die Arten- zahl und Diversität der Totholz- insekten beeinflusst. Je kürzer die mittleren Abstände zwischen einzel- nen Totholzstücken waren, umso mehr Arten und eine höhere Diversität lies- sen sich nachweisen.
Dies bedeutet, dass fürTotholzinsekten die Distanzen zwischen einzelnen Tot- holzstücken massgebend sind. Liegen die Tothölzer im Schnitt über 20 m weit auseinander, so reduziert sich die Anzahl von Totholzinsekten deutlich.
Klein aber fein
Viel Totholz auf kleiner Fläche erhöht für die zahlreichen Spezialisten unter den Totholzinsekten die Chance, ein zur Eiablage geeignetes Stück inner- halb ihrer Reichweite zu finden. Ein weiteres Ergebnis der oben erwähnten Dissertation ist, dass sich in toten Buchenästen etwa doppelt so viele Arten entwickeln als in toten Buchen- stämmen. Dies könnte durch die rauhe und rissige Borke der Äste bedingt sein, die mehr Nischen für die Eiablage bietet als die glatte Oberfläche der Buchenstämme. Es ist aber auchpenk- bar, dass viele Arten, die auf dickes Totholz angewiesen sind, im Sihlwald bereits ausgestorben sind. Diese
Hy-pothese liesse sich mit einer verglei- chenden Studie in einem Buchenurwald in Osteuropa überprüfen.
Vorschläge zur Förderung von Totholzinsekten
Die Artenzahl von Totholzinsekten und damit die Biodiversität im Wald kann durch einfache Massnahmen erhalten oder sogar erhöht werden: Es sollten möglichst auf der gesamten Waldfläche viele verschiedene Totholztypen be-
lassen werden, um genügend Lebens- raum für die zahlreichen spezialisier- ten Arten zu schaffen (SCHIEGG im Druck). Alternativ können auch be- reits bestehende Totholzinseln unter- einander mit totholzreichen Korrido- ren verknüpft werden. Weiter sollten dicke Äste im Wald liegengelassen, statt zu Haufen zusammengetragen und verbrannt werden. Mit dem Verzicht auf Schlagräumung kann so ein we- sentlicher Beitrag zur Förderung von Totholzinsekten geleistet werden (vgl.
auch FoRSTER et al. 1998). Ein hoher Totholzanteil fördert nicht nur die Artenvielfalt, sondern hilft auch Ko- sten einzusparen. Erste Erfahrungen zeigen nämlich, dass sich das Belas- sen von Totholz in cter Bilanz eines Betriebes positiv niederschlägt.
Grosse Totholzmengen kommen nicht nur den Insekten, sondern dem gesam- ten Waldökosystem zugute. Totholz wirkt ausgleichend auf das Mikrokli- ma des Bodens und fördert die Natur- verjüngung (STÖCKLI 1995; SCHIEGG 1998). Zudem sind zahlreiche weitere Arten auf Totholz oder deren Bewoh- ner als Nahrungsgrundlage angewie- sen: Verschiedene Moose, Pilze und Flechten wachsen ausschliesslich auf totem Holz und zahlreiche insekten- fressende Arten wie Spechte, Kleiber oder Fledermäuse profitieren vom er- höhten Beuteangebot.
Dank: Das Projekt wurde vom Schwei- zerischen N atio,nalfonds unterstützt (Beitrag Nr. 31-45911.95).
Abb. 3: Die Gnitze Forcipomyia sihlwaldensis (Ceratopogonidae), eine neue Mücken- art für die Wissenschaft, gefunden im Sihwald (Kt. Zürich). Zeichnung von Verena Fataar, WSL Birmensdorf.
Fig. 3: Forcipomyia sihlwaldensis (Ceratopogonidae), une espece de moustique, nouvelle pour la science, decouverte dans Je Sihlwald (canton de Zurich). Dessin de Verena Fataar, WSL Birmensdorf.
lnf.bl. Forsch.bereich Landsch. 43, 1999 5
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Französische und italienische Version:
- Protection des forets- Vue d'ensemble 1998
- Situazione fitosanitaria 1998 Zu beziehen bei der WSL Bibliothek.
Telefonnummern Bereich Landschaft
' .Bereichssekretariat . Bereichsleiter
Abteilung Ökologische Prozesse AQteilUng Biodiversität
Abteilung Landschaftsdyrtamik u. M.
Abteilung Landschaftsinventuren Abteilung Landsch. und Gesellschaft Programmleiter W alddynarnik Programmleiter Wald-Wild
Impressum:
Redaktion:
Heidi Paproth PD Dr. Otto Wildi Dr. Peter Blaser Prof. Dr. Peter Duelli PD Dr. Felix Kienast Dr. Peter Brasse!
Marcel Hunziker Dr. Thomas. Wohlgemuth
· Dr. Werner Suter
Peter Longatti
011739 23 08 01/73923 61 01/73922 65 01/73923 76 01/73923 66 01 / '739 22 38 01/73924 59 01/7392317 01/739 25 67
01/73924 74
W.bl. Forsch.bereich Landsch. 43, 1999 6