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Schenk, A. (1999). Naturschutzmassnahmen - gewünscht, aber dennoch nicht von allen akzeptiert. Informationsblatt Landschaft, 43, 1-3.

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Informationsblatt Forschungsbereich

ISSN 1422-9277

~ Landschaft

1999

43

Eidg. Forschungsanstalt für Institut federal de recherches sur lstituto federale di ricerca per Swiss Federal Institute for Forest, Wald, Schnee und Landschaft la foret, la neige et le paysage la foresta, la neve e il paesaggio Snow and Landscape Research CH-8903 Birmensdorf

vormals (bis Nummer 40) unter dem Namen Informationsblatt des Forschungsbereiches Landschaftsökologie (ISSN: 1421-0304) erschienen.

Naturschutzm_ assnahmen - gewünscht, aber dennoch nicht von allen akzeptiert

In der Schweiz lässt sich zwischen dem Wunsch der Bevölkerung nach Schutz von Natur und Landschaft und der Bereitschaft, die Realisierung entsprechender Schutzmassnahmen zu akzeptieren, eine Diskrepanz beob- achten. Die an der WSL ausgeführte Dissertation «Akzeptanz von Natur- schutzmassnahmen bei der betroffenen Bevölkerung» ging der Frage nach, welche Faktoren des Planungs- und Umsetzungsprozesses sich auf die Akzeptanz von Naturschutzmassnahmen auswirken. Dabei zeigte sich, dass verschiedene Faktoren, wie die Information oder auch die Mitwirkungs- möglichkeiten, von Bedeutung sind.

Anita Schenk

Bis vor wenigen Jahren waren Fragen der Akzeptanz von Naturschutzmass- nahmen und Strategien einer effektive- ren Umsetzung für die Wissenschaft kaum von Interesse. In der Regel wur- de angenommen, dass durch Entschä- digungszahlungen Akzeptanz geschaf- fen und die Schutzziele erreicht wer- den können. Die Tatsache, dass trotz Entschädigungszahlungen nicht die ge- wünschten Erfolge erzielt werden konn- ten, ist ein Hinweis darauf, dass Ak- zeptanz nicht allein durch finanzielle Anreize gefördert werden kann. Ein Ziel dieser Untersuchung ist es daher abzuklären, welche Faktoren des Planungs- und Umsetzungsprozesses sich aus der Sicht der Betroffenen posi- tiv oder negativ auf die Akzeptanz von Naturschutzmassnahmen auswirken.

Methode

Für die Verbesserung der Akzeptanz von Schutzmassnahmen sind Ansich- ten und Meinungen der von solchen Massnahmen Betroffenen von zentra- ler Bedeutung. In fünf Fallbeispielen1 wurden insgesamt 22 Personen inter- viewt, welche von Schutzmassnahmen direkt betroffen sind. Von den Inter- viewpartnem stammen die meisten aus

der Landwirtschaft, da diese in der Regel von Natur- und Landschafts- schutzmassnahmen sehr stark tangiert wird. Befragt wurden auch einige Ver- treter der Tourismusbranche.

Da über Faktoren, welche für die Verbesserung der . Akzeptanz von N aturschutzmassnahmen relevant sind, noch wenig bekannt ist, ging es darum, möglichst viele, auch unerwartete In- formationen zu erfassen. Dazu eignen sich qualitative Methoden am besten (LAMNEK 1989). Im Projekt wurden sogenannte Leitfadeninterviews ange- wendet, welche den Befragten grosse Freiheiten lassen, weil im Gegensatz zu standardisierten Umfragen keine Antworten vorgegeben sind.

Alle Gespräche wurden auf Tonband aufgezeichnet, anschliessend nieder- geschrieben und inhaltsanalytisch aus- gewertet.

Akzeptanzfördernde und -hemmende Faktoren

Eine erste grundlegende Erkenntnis der Untersuchung ist, dass die befragten B auem Naturschutz nicht grundsätzlich

Lors de la mise en reuvre de mesures visant

a

proteger Ja nature et Je paysage, differents facteurs exercent une influence sur Ja disposition de Ja population concemee

a

accepter teile ou teile mesure. Cette etude montre que l'acceptation n'est jamais in- fluencee par un unique facteur decisifmais parplusieurs

a

Ja fois.

Ce sont entre autres Ja diffusion d' une information comprehert- sible pour !es aboutissants ou Ja creation de moyens faisant appel

a

Ja participation des personnes concemees.

ablehnen. Sie sind sich weitgehend ei- nig, dass gewisse Flächen erhalten blei- ben sollen. Mit den Worten eines Bau- ern:« ... dieses Moorgebiet ist jetzt seit jeher da und das soll so bleiben, das ist ja gut und recht.» Im Laufe der Untersuchung wurden verschiedene akzeptanzbeeinflussende Faktoren erfasst (vgl. Abb. 1), welche sich auf die Umsetzung der Schutzmassnahmen auswirken. Im folgenden werden die wichtigsten dieser Faktoren bespro- chen.

1. Unterschiede in der Problem- beurteilung

Zwischen den verschiedenen b~teilig- ten Parteien - Behörden, Fachexperten und ]:3etroffene - lassen sich relativ grosse Unterschiede in der Problem- beurteilung erkennen. Diese Differen- zen beeinflussen die Entstehung von Akzeptanz.

1 Ausgewählt wurden drei Moorlandschaften und zwei durch Trockenstandorte geprägte Regionen.

Inf.bl. Forsch.bereich Landsch. 43, 1999 1

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• Zwischen betroffenen Landwirten und Behördenvertretern lassen sich teilweise völlig gegensätzliche An- sichten über die Schutzwiirdigkeit bestimmter Flächen finden. Für verschiedene Befragte wäre an sich der produktive Boden schützenswert, z.B. Schutz vor Überbauungen, und nicht die in ihren Augen unwichti- gen Flächen wie Ried- oder Mager- wiesen. Aus einer solchen Grund- haltung heraus bekunden diese Personen Mühe, Verständnis für die von den Behörden geforderten Schutzmassnahmen aufzubringen.

• Eine 1Vahrnehmungsdiffere11z iJe- sceht auch bezüglich dem B'!dm:f an Schutz.massnahmen. Verschie- dentlich liess sich beobachten, dass Behördenvertreter negative Verän- derungen in der Qualität eines Stand- ortes feststellten, während für den Bewirtschafter alles war wie früher, Das heisst, die Betroffenen nahmen keine Veränderungen wahL Diese Personen sehen daher nicht ein, warum sie ihte aktuelle Bewiri- schaftungsweise verändern oder im Extremfall sogar aufgeben sollten.

Die auf wissenschaftliche Argumen- te abgestützten Schutzmassnahmen leuchten ihnen nicht ein, da sie in

ihrer Bewirtscbaftungsweise kein oder kaum ein Gefährdungspotential erkennen. Aussagen wie die folgen- de waren immer wieder zu hören:

«Wenn-wir Bauern so falsch geidrt- schaßet hätten, gäbe es heute nichts mehr zu schützen. Warum sollte man jetzt plötzlich etwas an der Bewirt- schaftung ändern?»

Bewirtschafter, welche solche A_n- sichten vertreten" sind der Meinung, dass einfach alles behn alten belas·

sen werden sollie, da so die Natur am ::iesten geschützt werden könne.

Auss::i,gen wie das letzte Ziitat weisen daraufhin, dass Faktoren wie Informa- tion und Kommunikation für die l'.k:zeptanzentstehung eine wichtige Rolle spielen.

• Späte oder ungenügende Informa- äon führt bei den Betroffenen zu einer eher kritischen bis ablehnen- den Haltung, da sie sich übergangen fühlen. Sehr negativ gewertet wer- den Situationen, in denen ohne Wis- sen der Grundbesitzer oder Bewirt- schafter Abklärungen in einem Ge- bietlaufen: «Ich weiss nicht, als Bau-

.Zi;,)t,l~\'.iOkt

;

/

Grundsätzliche Haltung gegenüber

Natiwschutz

er hat man das dann natürlich nicht so gerne, wenn irgend jemand da- herkommt und einfach herumläuft und nicht sagt, was er will. Ich glau- be, dann gibi es schon ein wenig Feuer im Dach.»

Die Betroffenen scheinen eine früh- zeitige und klare foforma1:ion zu _ wünschen. Solange sie nicht recht wissen, woran sie sind und vvorum es g<eht, ist ein ungutes Gefühl vorhan- den. Konkret heissi dies, dass die Betroffenen möglichst schon zu Be- ginn der Planungsphase informiert werden wollen und nicht erst, wenn die Piäne :c:cb ')H weitg~hend a-c1s gear- beirei sh1d,

" DemlnformationskanalkommtBe- deutung zu. Hier stellt sich die Fra- ge, wekhe Infom-::_ationskanäle sinn- und wirkungsvoll eingesetzt_werden könneR Bei den untersuchten 'Fall- beispielen wurden häufig Infom1aü- onsveransta:Ltungen gewählt, um die von den Massnahmen betroffenen Bodenbesitzer oder -bev;irtschafter ins Bild zu setzen. Betroffene beur- teilen den Sinn solcher Veranstal- tungen aber eher kritisch, da in kur- zer Zeü refaüv viele Informationen vernütitdt •Nerden u,nd diese häufig

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Etiahrungen mit Verantworf:licl1en

Abb. 1: Palette der akzeptanzbeeinflussenden Faktoren. (Die grau unterlegten Fal:toren werden im Text angesprochen.)

Fig. 1: Palette des facteurs susceptibles d'influencer l'acceptation du public. (Les facteurs teintes de gris sont evoques dans cet arücle.)

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auf einem eher allgemeinen Niveau bleiben. Ein Bauer beurteilt diese Art von Informationsvermittlung so:

«Aber wenn da nur so auf die Schnel- le eine Orientierungsversammlung gemacht wird und dann davon aus- gegangen wird, dass die Bauern nun wüssten, um was es geht, ist das ein wenig zu hoch gegriffen.»

Im Laufe der Untersuchung zeigte sich, dass Begehungen im kleinen Kreis am geeignetsten sind, um Informationen zu vermitteln und offene Fragen zu klären. Diese Vermittlungsart ermöglicht den Be- troffenen, das Thema mit den Behördenvertretern am konkreten Beispiel zu diskutieren und in Er- fahrung zu bringen, was die geplan- ten Massnahmen für ihren Alltag bedeuten.

• Schliesslich muss auch dem Infor- mationsinhalt Beachtung geschenkt werden. Immer wieder wurde das Bedürfnis nach stärker praxis- orientierten Informationen angemel- det. Wissenschaftlich formulierte, häufig theoretisch geprägte Erklä- rungen und Informationen scheinen die Adressaten - in diesem Fall die Bauern - häufig nicht oder ungenü- gend zu erreichen und wirken sich auf das Verständnis der Zusainmen- hänge nicht unbedingt förderlich aus.

Die Betroffenen haben teilweise Mühe, allgemein formulierte Aussa- gen auf ihre persönliche Situation zu übertragen. In der Folge werden die Informationen teilweise nicht aufge- nommen. Auch diesem Schwach- punkt kann mit Begehungen entge- gengewirkt werden.

3. Mitwirkung

In enger Verbindung mit Information und Kommunikation steht ein weiterer akzeptanzbeeinflussender Faktor: die Mitwirkung. Unter diesem Begriff werden die Möglichkeiten der Betrof- fenen zusammengefasst, aktiv an der Ausarbeitung und Entwicklung von Massnahmen mitzuwirken.

• Der Umfang und die Art der Mit- wirkung ist relevant. Fehlt der Mit- einbezug weitgehend, führt dies bei den Betroffenen zu einer ablehnen- den Haltung. Sie bewerten die gerin- gen oder meist sogar fehlenden Mitwirkungsmöglichkeiten sehr negativ. Gleichzeitig lässt sich bei verschiedenen Befragten eine ge- wisse Desillusionierung bezüglich

des Wertes solcher Mitwirkungs- möglichkeiten beobachten, wie das folgende Zitat zeigt: «Unsere Mei- nung gilt ja sowieso nichts mehr, das ist vorbei. Ich glaube nicht, dass wir da noch etwas erreichen könn- ten, (. .. ). » Aus dieser pessimisti- schen Einschätzung der Lage her- aus ist nicht zu erwarten, dass diese Personen irgendwelcheEigeninitia- ti ve ergreifen, um die Mitwirkung zu verstärken. Aus solchen Gefühlen heraus werden teilweise auch die vor- handenenMitwirkungsmöglichkeiten nicht genutzt.

Eine von den Betroffenen geschätzte Art der Mitwirkung ist die schon unter Punkt II angesprochene Bege- hung. Bei Begehungen bewegen sie sich auf vertrautem Terrain und scheuen sich weniger, Fragen zu stellen, ihre Ansichten zu äussern und verschiedene Aspekte mit den Behördenvertretern zu diskutieren.

• Bei der Diskussion über Mitwirkung ist die Bereitschaft der Betroffenen zur Mitwirkung von Bedeutung. In diesem Zusammenhang lassen sich einerseits jene Betroffenen erken- nen, welche sich eher zurückziehen und keine Mitwirkungsbereitschaft zeigen. Diese Personen verschliessen sich den Massnahmen tendenziell und lehnen sie ab. Andere Betroffe- ne suchen hingegen den Kontakt zu den verantwortlichen Stellen, da sie annehmen, dass sie durch eine ver- weigernde Haltung die noch vor- handenen Einflussmöglichkeiten verlieren. Gleichzeitig sehen diese Betroffenen in einer aktiven Mit- wirkung auch eine Möglichkeit, ihr lokales Wissen in die Diskussion einzubringen. Sie gehen davon aus, dass sie im betreffenden Raum viele Dinge besser kennen als ein orts- fremder Fachexperte. Werden ihnen dennoch keine Mitwirkungsmöglich- keiten geboten, fühlen sie sich vor den Kopf gestossen, was schliesslich auch wieder zur Ablehnung von Massnahmen führt.

4. Rahmenbedingungen des Massnahmenvollzugs

Die Rahmenbedingungen des Mass- nahmenvollzugs spielen ebenfalls eine wichtige Rolle. Dabei zeichnet sich ab, dass die finanziellen Entschädigungen die Bereitschaft der Betroffenen erhö- hen, bei der Bewirtschaftung einen gewissen Mehraufwand in Kauf zu nehmen. Ein deutlicher Hinweis ist die

Tatsache, dass heute auch Flächen bewirtschaftet werden, die früher für die Nutzung als ungeeignet oder vor allem als unrentabel eingestuft wur- den. Eine Bäuerin äusserte sich dazu folgendermassen: «Jetztwirdje länger je mehr wieder jedes kleine Ried zu- sammengekratzt, auch wenn man von Hand tageweise mähen oder die Streue sogar raustragen muss. Jetzt hat man etwas davon. Früher hat man drauf- bezahlt. Und jetzt wo man dieses Geld vom Bund bekommt, da lohnt es sich wieder, dieses Material zu holen.»

Auch wenn die Betroffenen schein- bar durch finanzielle Anreize eher zur Mitarbeit motiviert werden können als durch reine Reglementierung, zeichnet sich ab, dass ökonomische Anreize alleine nicht ausreichen, sondern auch andere Aspekte eine wichtige Rolle spielen und beachtet werden müssen.

Schlussfolgerungen

Die Entstehung von Akzeptanz ist ein komplexer Prozess und wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst.

Um die Akzeptanz zu verbessern, müs- sen alle diese Faktoren berücksichtigt werden. Die Veränderung eines ein- zelnen Faktors führt nicht zur Erhö- hung der Akzeptanz.

Aus den Ergebnissen lassen sich fol- gende Vorschläge ableiten, die auf eine Verbesserung der Akzeptanz von Naturschutzmassnahmen abzielen:

- Die unterschiedlichen Problem- wahrnehmungen von Betroffenen und Verantwortlichen müssen erkannt und im Planungs- und Umsetzungsprozess berücksichtigt werden.

- Informationen sollten den Betroffe- nen frühzeitig und in geeigneter Form, z.B. bei Begehungen, ver- mittelt werden.

- Für die Betroffenen sollten im Planungs- und Umsetzungsprozess vermehrt Mitwirkungsmöglichkeiten geschaffen werden.

Eine Verbesserung der Akzeptanz ist jedoch nur dann möglich, wenn alle beteiligten Seiten (Betroffene und Ver- antwortliche) Veränderungsbereit- schaft zeigen.

Literatur

Lamnek, S., 1989: Qualitative Sozialfor- schung. Bd. 2. Methoden und Techniken.

Psychologie Verlags Union, München.

420S.

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