Blutdruckschwankungen. Insbeson- dere Anstiege des system-arteriellen und des pulmonal-arteriellen Blut- druckes sind konsekutiv anzutreffen.
In diesen sofort meßbaren Folgen der nächtlichen Atemstillstände do- kumentiert sich das unmittelbare Ri- siko für den Patienten. Die Schlaf- apnoe birgt aber vor allem weitere längerfristige Risiken. Mehr als ein Drittel aller Hypertoniker hat Schlafapnoe. Gehäuft findet sich die Schlafapnoe unter Übergewichtigen und unter Patienten mit überwie- gend nächtlichen Herzrhythmusstö- rungen. Bei 50 Prozent der Apnoei- ker finden sich in Ruhe und unter Belastung erhöhte pulmonal-arte- rielle Drucke. Führendes internisti- sches Leitsymptom sind in ausge- prägteren Fällen klinische Zeichen der Herzinsuffizienz. Mit der thera- peutischen Reduktion der Schlaf- apnoeaktivität bilden sich unter der Voraussetzung rechtzeitiger Diagno- se alle Symptome und Befunde zu- rück. Es handelt sich daher bei die- ser Atmungsstörung nicht lediglich um einen Risikoindikator, sondern definitionsgemäß um einen Risiko- faktor für Hypertonie, Herzrhyth- musstörungen und Herzinsuffizienz.
He u. Mitarb. haben jüngst gezeigt (Chest 94,9,1988) daß die kumulative 8-Jahres-Überlebensrate bei Patien- ten mit einem Apnoeindex >20 nur 0.63 beträgt, gegenüber 0.96 bei einem Apnoeindex von <20, und daß dieses insbesondere für Patienten unter 50 Jahre gilt. Damit kann die obstruktive Schlafapnoe als ein erheblicher Risi- kofaktor angesehen werden. Im Ge- gensatz zur Letalität unbehandelter Patienten starb in dieser Untersu- chung kein behandelter Patient. Be- züglich der koronaren Herzkrankheit ist die Frage „Risikofaktor oder Risi- koindikator" noch offen.
Als Konsequenz dieser Erkennt- nisse ist es erforderlich, daß zukünf- tig die Diagnostik der schlafbezoge- nen Atmungsstörungen und insbe- sondere der Schlafapnoe in die inter- nistische und pneumologische Routi- nediagnostik einbezogen wird. Zum Handwerkszeug jedes Arztes sollte das Wissen gehören, daß Patienten mit den oben genannten internisti- schen Befunden, bei denen gleich- zeitig Störungen des Schlaf-/Wach-
verhaltens gefunden werden, auf das Vorliegen einer Schlafapnoe hin un- tersucht werden müssen.
I Therapie Der rechtzeitig diagnostizierten
der Schlafapnoe
Schlafapnoe stehen heute in jedem Fall erfolgreiche therapeutische Möglichkeiten gegenüber. In unse- rem Hause verfahren wir in der The- rapie der Schlafapnoe nach einem gestuften Konzept. Die erste Stufe besteht aus der herkömmlichen Be- handlung der kardiovaskulären und der kardiopulmonalen Grunderkran- kungen sowie einer apnoespezifi- schen Verhaltensberatung. Grund- sätzlich sind das Meiden von Alko- hol und von zentral dämpfenden Medikamenten und das Absetzen apnoeverstärkender Medikation ob- ligat. Bei Adipositas ist Gewichtsre- duktion zwingend indiziert, außer- dem ist das Einhalten eines regelmä- ßigen Schlaf-Wach-Rhythmus wich- tig, und insbesondere müssen Schlaf- defizite vermieden werden.
In der nächsten Stufe wenden wir zur Reduktion der Schlafapnoe-
aktivität unter Beachtung bekannter Kontraindikationen eine medika- mentöse Therapie - mit Theophyllin an. Sollte den genannten Maßnah- men der Erfolg versagt bleiben, wird als dritte Stufe die nasale kontinuier- liche Überdruckbeatmung (nCPAP) zur Verhinderung der Atemstillstän- de eingesetzt. Diese im Vergleich mit chirurgischen Maßnahmen weit weniger eingreifende Behandlung verspricht bei ca. 90 Prozent der Fäl- le Akzeptanz und Erfolg. Erst bei Unanwendbarkeit dieser Therapie kann es erforderlich werden, auf chirurgische oder prothetische Ver- fahren zurückzugreifen (1, 7, 10, 17).
Die Zahlen in Klammem beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonder- druck, anzufordem über die Verfasser.
Anschrift für die Verfasser:
Prof. Dr. med. Peter von Wichert Zentrum für Innere Medizin Medizinische Poliklinik Klinikum der Universität Baldingerstraße
3550 Marburg/Lahn
FÜR SIE REFERIERT
Aspirinvergiftung:
Aktivkohle
Erbrechen oder Magenspülung?
Eine Überdosis Aspirin führt zu erheblichen Magenschleimhautläsio- nen mit gastrointestinaler Blutung.
Wie bei allen Vergiftungen wird durch eine Reihe von Maßnahmen versucht, eine Resorption der Sali- zylatüberdosis zu verhindern.
Die Autoren analysierten in ei- ner simulierten Aspirinintoxikation die Effizienz einer Magenspülung von durch Ipecacuanha induziertem Erbrechen und Aktivkohle bei 12 ge- sunden freiwilligen Probanden. Die- se erhielten 20 x 75-mg-Tabletten in 200 ml Leitungswasser. Nach 60 Mi- nuten wurden 30 ml Ipecacuanha-Si- rup, 50 g Aktivkohle oder eine Ma- genspülung mit 3 1 Wasser durch- geführt und die Aspirinkonzentra- tion im 24-Stunden-Sammelurin be- stimmt.
Im Vergleich zu einer Kontroll- gruppe, bei der keine therapeutische Maßnahme durchgeführt wurde, lag die Urinausscheidung in den drei Be- handlungsgruppen in gleicher Höhe.
Die Autoren kommen zu dem Schluß, daß man bei einer Aspirin- überdosierung mit dem für den Pa- tienten am wenigsten belastenden Verfahren, nämlich der Gabe von Aktivkohle, den gleichen Effekt er- zielen kann wie mit einem aggressi- veren Vorgehen.
Daniel, V., J. A. Henry, E. Glucksman: Ac- tivated charcoal, emesis, and gastric lavage in aspirin overdose. Br. Med. J. 296: 1507, 1988
National Poisons Unit, Guy's Hospital, London SE1 9RT and Accident and Emergency Department, King's College Hospital, London SE5 9RS
9
A-2086 (54) Dt. Ärztebl. 86, Heft 28/29, 17. Juli 1989