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Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 45, 12. November 1999
V E R S I C H E R U N G E N
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er Interessent an einer kapitalbildenden Le- bensversicherung war verwirrt. Die unverbindliche Gewinnprognose eines Un- ternehmens, das in den ver- öffentlichten Tarifvergleichen immer im Spitzenfeld lag, war nicht besser als die ihrer Kon- kurrenten. Der Anruf beim Vordermann der Tests war ernüchternd: Die künftige Überschußbeteiligung, so hieß es, ist geschätzt. Wir sind, so wurde weiter versichert, nur ehrlicher als die Konkurren- ten. Daher habe man ange- sichts der niedrigen Zinsen auch die nicht garantierte Überschußbeteiligung nach unten korrigiert.Werbeaussagen realistisch?
Deshalb stellt sich auch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen (BAV) derzeit die Frage, ob die Wer- beaussagen – auch wenn sie formal unverbindlich sind – wirklich ein realistisches Bild von der tatsächlichen Über- schußkraft eines Lebensver- sicherungsunternehmens ge- ben. Als krasses Beispiel er- wähnt BAV-Präsident Dr.
Helmut Müller den Fall, „wo sich die Notwendigkeit einer Senkung der Überschußbe- teiligung in der Zukunft be- reits abzeichnet, gleichwohl aber noch auf der Grundlage der derzeit deklarierten Über- schußanteilsätze Beispielrech- nungen erstellt werden“.
Für die Angebotspräsenta- tionen der Lebensversicherer existiert laut dem Gesamtver- band der Deutschen Versiche- rungswirtschaft (GDV) seit 1994 eine Empfehlung, die ga- rantierten und nicht garantier- ten Leistungen klar voneinan- der getrennt auszuweisen. Die prognostizierte Überschußbe- teiligung solle so dargestellt werden, „daß sie beim Kun- den keine überzogenen Er- wartungen über die künftig mögliche Leistung vermittelt“.
Die Kalkulation in der Le- bensversicherung erfolgt nach Aussage der Provinzial in Düsseldorf mit sehr vorsich- tigen Annahmen. Hierdurch
entstehen Überschüsse, an denen die Kunden beteiligt werden. Der Wettbewerb in der Lebensversicherung spie- le sich deshalb „in der Haupt- sache über die Höhe der Überschüsse ab“. Der soge- nannte Rechnungszins (kal- kulierter Zins auf die Sparan- teile einer Kapitallebensversi- cherung zur Erreichung der vertraglich zugesicherten Er- lebensfalleistung = Versiche- rungssumme) beträgt derzeit noch vier Prozent. Die einzel- nen Lebensversicherungsge- sellschaften würden aber zur Zeit eine durchschnittliche Verzinsung ihrer Kapitalan- lagen zwischen sechs Prozent und 7,5 Prozent erzielen. Der erzielte Zinsgewinn fließe ne- ben den Risikogewinnen (Ge- winne aus geringerer Sterb- lichkeitsrate) und den Kosten- gewinnen (Gewinn durch ra- tionelle Verwaltung) zu min- destens 90 Prozent in die Über- schußbeteiligung und komme damit den Kunden zugute.
Auf die Frage, ob Wettbe- werber, wie das Aufsichtsamt beklagt, mit geschönten Bei- spielrechnungen auf Kunden-
fang gehen, hält man sich in der Branche weitgehend be- deckt. Daß Versicherungsun- ternehmen mit unrealistisch hohen Beispielsrechnungen werben, sind beispielsweise dem Verband „nicht be- kannt“. Für die Allianz gibt es allerdings Hinweise auf un- realistisch hohe Beispiels- rechnungen, doch Namen will man „nicht nennen“.
Die Hochrechnungen bei Allianz, HUK-Coburg und Volksfürsorge basieren auf ei- nem Zinssatz von 7,5 Prozent, bei der ÖVA Lebensversiche- rung in Mannheim beträgt er 7,4 Prozent und bei Cosmos, Deutscher Ring, Provinzial und Stuttgarter 7,25 Prozent.
Eine Senkung der Überschuß- beteiligung ist für das Jahr 1999 bei Allianz, Deutscher Ring, Provinzial und Volksfür- sorge nicht vorgesehen. Eine Reduzierung der derzeit ho- hen Zinsüberschußbeteiligung kann jedoch bei der HUK-Co- burg „auf Dauer nicht ausge- schlossen werden“.
Aufgrund ihrer Gesamt- verzinsung von 7,7 Prozent in 1998 ist auch die Cosmos „in
der Lage, die Überschußbe- teiligung in der Kapitalle- bensversicherung für 1999 un- verändert zu lassen“. Sollten allerdings die Kapitalmarkt- zinsen dauerhaft auf solch niedrigem Niveau wie heute verbleiben, so werde auch bei ihr „eine Anpassung der Ge- winnbeteiligung wahrschein- lich“. Die Hannoversche hat sich bereits entschieden, die Gewinnsätze an die Kapital- marktentwicklung anzupassen.
Der Ansammlungszins, mit dem man das Gewinngutha- ben verzinse, sei von 7,25 Pro- zent auf 6,75 Prozent gesenkt worden. Aufgrund der Ent- wicklungen am Kapitalmarkt hat auch die Stuttgarter ihre Überschußbeteiligung von 3,5 Prozent auf 3,25 Prozent re- duziert. Oskar H. Metzger
Bei Erdbeben:
versicherbar
Auch in Deutschland sind Versicherungen gegen Erdbe- ben ein Thema. Es ist noch nicht lange her, daß in Nord- rhein-Westfalen die Erde zit- terte. Bereits jeder tausendste Haushalt und rund fünf Pro- zent aller Häuser im Kölner Raum sind inzwischen schon gegen Erdbeben versichert.
Dies geschieht im Rahmen der Elementarschaden-Versi- cherung, die es als Zusatz zur Gebäude- und zur Hausratver- sicherung gibt. „Sie ist außer- dem zuständig bei Erdsen- kung, aber nicht bei Bergschä- den, bei Lawinen, auch Dach- lawinen, bei Schneedruck und bei Überschwemmung“, er- klärt Wolfgang Kaup vom Bundesverband Deutscher Versicherungskaufleute.
Vereinzelt gibt es bereits die Möglichkeit, sich gegen Rückstau aus der Kanalisati- on zu versichern oder auch nur gegen Überschwemmung.
Für diese Zusatzrisiken be- rechnen die Versicherer in der Hausratversicherung zusätz- lich fünf Prozent und bei der Gebäudeversicherung zwi- schen 15 und 20 Prozent der bisherigen Prämie. rco
Lebensversicherungen und Werbung
Zweifel an der
Überschuß-Prognose
Die Lebensversicherungen auf den Todes- und Erlebensfall sind in Deutschland nach wie vor beliebt;
in letzter Zeit kommen zudem mehr und mehr Rentenpolicen da- zu. Diese Form der Vorsorge ist je- doch in die Kritik geraten, weil die garantierten Renditen niedrig sind und auch die tatsächlichen oft nicht berauschend ausfallen. Wer sich al- so auf einen langjährigen Vertrag einläßt, sollte wissen, was er tut.
Dabei ist das vorliegende Buch kei- ne Hilfe; es entspricht eher den Werbeprospekten der Versiche- rungsunternehmen (Bernd Röger:
Lebensversicherung nach Maß, Walhalla Verlag, Regensburg/Bonn 1998,
140 Seiten, 16,90 DM). Rie