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TIERVERSUCHE
Zu der Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer
„Tierversuche in der Medizin".
Heft 47/1981, Seite 2219 ff.:
Erster Schritt
Die Stellungnahme ... ist ein lobenswerter Versuch, etwas Ordnung in das unüberschaubare Chaos, das auf diesem Gebiet herrscht, hineinzubringen.
Wozu allerdings die aufrei- ßerische Headline auf der Titelseite der Nr. 47 Ihres Blattes nötig war, ist nicht ganz verständlich.
Dem oberflächlichen Leser könnte dies als eine Abseg- nung der bestehenden Praktiken erscheinen. Mei- ner Ansicht nach gilt nicht:
„Kein Fortschritt ohne Tier- versuche": Ein wirklicher Fortschritt wäre die allmäh- liche Abschaffung dieser — doch noch recht primitiven
— Forschungsmethoden und ihre Ersetzung durch verfeinerte und präzisere Verfahren. Es ist zu hoffen, daß dies mit der Zeit mög- lich sein wird.
Die Empfehlungen des Wissenschaftlichen Beira- tes der Bundesärztekam- mer (Absatz „Kritische Wertung und Verbesse- rungsmöglichkeiten") sind sehr begrüßenswert. Wer jedoch soll darüber wa- chen, daß solche Bestim- mungen auch befolgt wer- den? Es wäre z. B. denk- bar, in wissenschaftliche Kongreßprogramme keine Beiträge aufzunehmen, die lediglich Wiederholungen bereits publizierter und be- kannter Versuche dar- stellen.
Gut ein Drittel aller tierex- perimentellen Ergebnisse, die man bei solchen Gele- genheiten zu hören be- kommt, sind nämlich nichts Neues. Sie dienen lediglich dem Drang des Vortragenden, sich bei ei-
ner solchen Gelegenheit zu profilieren. Eine weitere Einschränkung sollte die barbarische Mißhandlung von Fröschen und anderen
„niederen" Tieren durch Schulkinder und Studen- ten in den ersten Seme- stern sein. Außer der För- derung des Grausamkeits- triebes erbringen solche
„wissenschaftlichen" Akti- vitäten nichts! Der Passus
„Begrenzung der Versuche auf das unbedingt erforder- liche Ausmaß ..." ist im- mer noch zu ungenau. Ein Fachgremium, dem u. a.
auch ein Vertreter einer Tierschutzorganisation an- gehören sollte, müßte dar- über befinden, was das
„unbedingt erforderliche Ausmaß" von Fall zu Fall bedeutet.
Es wäre ferner wünschens- wert, solche Einschränkun- gen auch hinsichtlich der Kosmetik- und Chemika- lien-Industrie zu erwägen.
Abschließend möchte ich die Initiative der Bundes- ärztekammer zur Ein- schränkung und Begren- zung der ausufernden Praktiken, die zum großen Teil nur als Alibi dienen, als äußerst willkommen be- grüßen.
Es ist zu hoffen, daß diesen Überlegungen weitere, prä- zisere Richtlinien folgen werden.
Dr. med. Noemi Pascal Rathausplatz 3 4019 Monheim/Ruhr
El
Ein Beispiel
... Der folgende Versuch dürfte sowohl in der Ärzte- schaft ebenso wie bei den Tierversuchsgegnern auf Unverständnis und Ab- scheu stoßen und läßt uns Ärzte verstehen, weshalb Laien und Tierversuchs- gegner uns der Vivisektion bezichtigen. Hier die Ver- suchsschilderung: Um die schmerzlindernde Wirkung
eines neuen Antirheumati- kums zu demonstrieren, wird Mäusen Essigsäure intraperitoneal injiziert.
Durch die hochgradige Schmerzhaftigkeit dieser Maßnahme bedingt, führen die Mäuse für ca. eine Vier- telstunde Schleifbewegun- gen aus. Die Zahl dersel- ben wird registriert und mit der Zahl der Schleifbewe- gungen von Mäusen vergli- chen, die vor der Intraperi- tonealinjektion das Rheu- mamittel erhielten. Anhand der Verminderung der Schleifbewegungen wird dann der Grad der Schmerzlinderung gewer- tet.
Ein solcher Versuch ver- stößt klar gegen die — an sich für jeden Versuchslei- ter selbstverständlich sein sollende — Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats der Ärztekammer, er verstößt klar gegen das Tierschutzgesetz, er ist un- nötig, weil nach erfolgter Toxizitätsprüfung die Prü- fung der reinen Schmerz- linderung am Menschen mit mindestens der glei- chen Genauigkeit bzw. Un- genauigkeit erfolgen kann.
Es fällt schwer, die Ge- dankengänge desjenigen nachzuvollziehen, der ei- nen solchen Test erdacht hat. Ich möchte hoffen und wünschen, daß es kein Arzt war. Außerdem wird an die- sem Versuch offenbar, daß solch unnötige, enorm schmerzhafte Tests ohne Einschreiten der zuständi- gen behördlichen Aufsicht ablaufen... Es kann kein Zweifel daran bestehen, daß bei den Praktiken des Tierversuchs ein Umden- ken erforderlich ist.
Die Stellungnahme des Wissenschaftlichen Beirats ist möglicherweise ein Sil- berstreif an diesem düste- ren Horizont der Un- menschlichkeit.
Dr. med. Karl Schmitz Gartenstraße 38
5377 Schmidtheim/Eifel
ARZNEIMUSTER
Zu der Mitteilung: „Ab 1. Ja- nuar: Vier Arzneimuster je schriftliche Anforderung":
Nebenwirkung
Als einer der vielen jungen Kollegen, die an Wochen- enden die ärztliche Basis- versorgung der Bevölke- rung im ambulanten Be- reich im Rahmen des ärztli- chen Notdienstes gewähr- leisten, erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, daß für mich durch die Begren- zung der Musterabgabe der Notdienst schwieriger wird. Sicher ist es richtig, daß Muster zur Erprobung dienen sollen. Glauben Sie aber, daß durch die Rezep- tur der parenteral verab- reichten Medikamente die Bewältigung des Notdien- stes reibungsloser wird?
Ich bin jedenfalls sehr froh, daß ich durch die Muster, die mir zur Verfügung ste- hen, meine Zeit besser für die ärztliche Tätigkeit (Un- tersuchung, Behandlung und Gespräch) nutzen kann, als sie für „admini- strative" Aufgaben zu ver- geuden.
Ich teile Ihre Auffassung, daß die Praxis — die auch heute noch leider geübt wird —, von der vereinbar- ten Höchstzahl bei der Mu- sterabgabe nach oben ab- zuweichen, aus vielerlei Gründen, auf die ich hier nicht einzugehen brauche, abzulehnen ist.
Jedoch fände ich eine Rah- menvereinbarung, die ein Überschreiten der Höchst- zahl bei der Musterabgabe gestatten würde, wenn die Anforderung mit dem Ver- merk „für den ärztlichen Notdienst" versehen wäre, aus den erwähnten Grün- den sinnvoll.
Andreas Egri Arzt
Basaltstraße 21 6000 Frankfurt/M. 90>
Ausgabe A/B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 7 vom 19. Februar 1982 15