Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 106⏐⏐Heft 25⏐⏐19. Juni 2009 A1317
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ie Angina pectoris ist ge- kennzeichnet durch ein Miss- verhältnis zwischen Sauerstoffange- bot und -bedarf im Herzmuskel. In- folge der Überladung der Zelle mit Natrium und Kalzium kommt es zu einer Reduktion der Kontraktilität des Herzmuskels. Ranolazin (Ra- nexa®) greift direkt in diese Abläufe ein und verbessert die Sauerstoff- versorgung des Myokards. Anders als andere antianginöse Therapeuti- ka wirkt Ranolazin direkt auf den Prozess der Ischämieentstehung durch effektive Hemmung des spä- ten Natriumeinstroms (INa-late).Prof. Dr. med. Thomas Meinertz (Universitätsklinikum Hamburg-Ep- pendorf) bezeichnete Ranolazin als Innovation im Arzneimittelbereich, von der viele ältere Patienten profi- tieren, die bei Herzinsuffizienz und/
oder Ischämie-induzierten Herzrhyth- musstörungen unter Angina pectoris leiden und in ihrer Lebensqualität be- einträchtigt sind. Einige von ihnen blieben trotz Therapie mit Nitraten, Betablockern oder Kalziumkanalblo- ckern symptomatisch und könnten nicht interventionell behandelt werden.
Ranolazin ist indiziert bei stabiler Angina pectoris, bei der durch her- kömmliche Therapie allein das Be- schwerdebild nicht ausreichend ge- mindert wird, und als First-line- Therapie, wenn die antianginöse Medikation nicht vertragen wird.
Zahlreiche Studien weisen die anti- anginöse und antiischämische Wir- kung nach; die Dosisfindungsstudie MARISA1 sowie die doppelblinde placebokontrollierte CARISA-Stu- die2, die Ranolazin ergänzend zur täglichen Standardtherapie mit Ate- nolol 50 mg, Amlodipin 5 mg oder Diltiazem 180 mg überprüfte. Hier erhielten die Patienten zweimal täg- lich 750 mg Ranolazin versus Place- bo über zwölf Wochen. Die mittlere Anzahl der wöchentlichen Angina- pectoris-Attacken verringerte sich
signifikant um 24 Prozent. Es kam zu einer Halbierung des Nitratbe- darfs pro Woche im Vergleich zum Ausgangswert.
In der ERICA-Studie3 erhielten 560 Patienten sechs Wochen lang zu- sätzlich zur Basistherapie mit 10 mg Amlodipin entweder Ranolazin oder Placebo. Auch hier sanken die Attackenhäufigkeit und der Ver- brauch an Nitroglyzerin.
Bei der den Langzeiteffekt an 6 560 Patienten prüfenden MERLIN- TIMI-36-Studie4 wurden Patienten mit akutem Koronarsyndrom, insta- biler Angina pectoris oder Nicht- ST-Hebungsinfarkt eingeschlossen.
Zum Einsatz kam Ranolazin initial 2 000 mg i.v., danach 80 mg/h i.v.
über zwölf bis 96 Stunden oder Placebo. Zwar traten innerhalb von 348 Tagen weniger Angina-pecto- ris-Anfälle auf, aber Ranolazin konnte weder die allgemeine Sterb- lichkeit noch das Risiko des plötzli- chen Herztods oder die Arrhythmie- häufigkeit reduzieren.
Häufigste Nebenwirkungen der Therapie waren Schwindel, Kopf- schmerzen, Obstipation, Erbrechen und Übelkeit sowie Asthenie. Dabei waren ältere Menschen und nieren- kranke Patienten häufiger betroffen.
Der Wirkstoff hat ein hohes Wech-
selwirkungspotenzial. Da Ranola- zin im Darm und über die Leber (CYP3A4) verstoffwechselt wird, sollte es nicht mit starken CYP3A4- Inhibitoren (zum Beispiel Itracona- zol, HIV-Proteasehemmern) kombi- niert werden.
Kontraindiziert ist auch die Kom- bination mit Antiarrhythmika der Klasse Ia (zum Beispiel Chinidin) oder Klasse III (beispielsweise Do- fetilid, Sotalol) mit Ausnahme von Amiodaron. Vorsicht sollte bei der Kombination mit mittelstarken CYP3A4-Inhibitoren und Inhibito- ren des P-Glykoproteins herrschen.
Patienten mit Leber- und Nierenfunk- tionsstörungen, geringem Gewicht (unter 60 Kilogramm), Herzinsuf- fizienz NYHA-Klasse III bis IV be- dürfen der sorgfältigen Kontrolle.I Dr. phil. Barbara Nickolaus
1MARISA = Monotherapy Assessment of Ra- nolazine in Stable Angina
2CARISA = Combination Assessment of Rano- lazine in Stable Angina
3ERICA = Efficacy of Ranolazine in Chronic Angina
4MERLIN TIMI-36 = Metabolic Efficiency with Ranolazine for Less Ischemia in Non-ST Ele- vation Acute Coronary Syndromes
Pressekonferenz „Ranexa®-InnO2vation in der Thera- pie der stabilen Angina pectoris“ in Berlin, Veranstalter:
Berlin-Chemie AG
MYOKARDIALE ISCHÄMIE
Mehr Sauerstoff für den Herzmuskel
Ranolazin bietet ein neues Wirkprinzip zur Behandlung der koronaren Ischämie für Patienten mit unvollständig kontrollierter Erkrankung.
KURZ INFORMIERT
Rote-Hand-Brief zu CellCept®– Mycophenolatmofetil (CellCept, Roche-Phar- ma) ist ein Immunsuppressivum, das in Kombination mit Ciclosporin und Cortico- steroiden zur Prophylaxe von akuten Transplantatabstoßungsreaktionen zuge- lassen ist. In einem Rote-Hand-Brief informiert Roche-Pharma über Fälle von Erythroblastopenie (Pure Red Cell Aplasia), die unter der Therapie mit CellCept in Kombination mit anderen Arzneimitteln (Alemtuzumab, Tacrolimus, Azathioprin und Cotrimoxazol) berichtet wurden. Bei Patienten, die eine Erythroblastopenie entwickeln, sollte eine Dosisreduktion oder ein Absetzen von CellCept unter ge- eigneter Kontrolle in Betracht gezogen werden. Die Arzneimittelkommission der deutschen Ärzteschaft (AkdÄ) bittet, alle Nebenwirkungen (auch Verdachtsfälle) mitzuteilen. Auf der Internetseite der AkdÄ finden Sie dafür einen Berichtsbogen (www.akdae.de). Ferner sind Informationen unter www.cellcept.de verfügbar. EB