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Archiv "Echokardiographie bei Patienten mit zerebraler Ischämie" (20.04.2001)

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it 170 000 bis 250 000 Fällen pro Jahr ist der Schlaganfall in Deutschland die dritthäufigste Todesursache. Nach aktuellen Zahlen der europäischen BIOMED-Studie (36) liegt die Drei-Monats-Sterblich- keit nach Schlaganfall in Krankenhäu- sern in West- und Zentraleuropa noch immer bei 19 bis 42 Prozent. Mehr als 80 Prozent der Patienten behalten nach der Entlassung ein erhebliches persistierendes neurologisches Defi- zit (36).

Nach erlittenem Schlaganfall be- steht eine hohe Rezidivrate von zehn bis zwölf Prozent im ersten und fünf bis acht Prozent in jedem weiteren Jahr. Damit ist fünf Jahre nach dem er- sten Ereignis bei 30 bis 40 Prozent ein erneuter Insult aufgetreten (14). Die- se Daten belegen die enorme Bedeu- tung einer möglichst exakten ätiologi- schen Abklärung zur Durchführung einer gezielten Therapie und Rezidiv- prophylaxe.

Unter den fünf wichtigen Ursachen des Schlaganfalls scheint die kar- dioembolische Genese mit etwa 20 bis 30 Prozent (Literaturangaben zwi- schen 14 und 39 Prozent) am bedeut- samsten (4, 5, 6, 27). Die stark vari- ierenden Zahlen sind durch fehlende Methoden zur sicheren Verifizierung bedingt. Sowohl das Muster des In- sults im kraniellen Computertomo- gramm (CCT) oder Kernspintomo- gramm (NMR) als auch klinische Fak- toren (zum Beispiel: plötzliches Ein- setzen) geben zwar Hinweise, weisen insbesondere im Einzelfall jedoch nur eine geringe Spezifität auf. So zeigten Patienten der Schlaganfallsdatei des Klinikums Benjamin Franklin der Frei-

en Universität Berlin (25) selbst bei Vorhofflimmern oder Nachweis von intrakardialen Thromben keine signi- fikante Häufung von embolietypischen Infarktmustern. Schlaganfälle mit kar- dioembolischer Genese haben offen- sichtlich eine ganz besonders ungünsti- ge Prognose (4, 21), weil sie besonders schlagartig eine Ischämie in einem oft großen Versorgungsgebiet auslösen und vermehrt zu sekundären Einblu- tungen führen und weil sie häufiger bei älteren Patienten mit kardialen Zu- satzerkrankungen auftreten.

Bei der Embolieabklärung ist ne- ben Elektrokardiogramm und Anam- nese die Echokardiographie die wich- tigste Methode für die Untersuchung des Herzens und der großen intrathora- kalen Gefäße.

Echokardiographie bei Patienten mit zerebraler Ischämie

Rüdiger Dißmann

1

Heinz Völler

2

Zusammenfassung

Die Kardioembolie zählt zu den wichtigsten Ur- sachen der zerebralen Ischämie. Zur Abklärung sollte als einfaches nichtinvasives Verfahren bei jedem Patienten mit Schlaganfall eine transthorakale Echokardiographie durchge- führt werden. Der Stellenwert der zahlreichen mittels transösophagealer Technik nachweis- baren potenziellen Emboliequellen ist aktuell oft nicht eindeutig einzustufen. Komplexe Atherome in der thorakalen Aorta, Spontan- echos im linken Vorhof oder in der Aorta sowie ein offenes Foramen ovale sind Befunde, bei denen sich in Kombination mit Klinik und wei- teren technischen Daten am ehesten direkte Therapiekonsequenzen ableiten lassen.

Schlüsselwörter: Echokardiographie, Throm- boembolie, zerebrale Ischämie, Schlaganfall

Summary

Echocardiography in Diagnosing Cardioembolic Stroke

Cardiogenic embolism is an important cause of cerebral ischemia. Source-of-embolism work- up is critical for individual patient manage- ment. Simple transthoracic echocardiography should be performed in every stroke patient. A large number of potential cardiac sources of embolism are identified by the transesophageal approach. Many findings are, however, of un- certain significance. Combined with additional clinical and technical data, complex aortic atheroma, spontaneous echo contrast in the left atrium and aortic arch or patent foramen ovale are relevant cardiovascular ab- normalities that may contribute in determining individual choice of therapy.

Key words: echocardiography, thromboembo- lism, cerebral ischemia, stroke

1Medizinische Klinik I (Direktor: Prof. Dr. med. Winfried Kurtz) des Zentralkrankenhauses Reinkenheide, Bremer- haven

2 Klinik am See, Rehabilitationszentrum für Herz und Kreislauf (Direktor: Priv.-Doz. Dr. med. Heinz Völler), Rü- dersdorf

Erfassung relevanter Befunde bei zerebraler Ischämie mit verschiedenen echokardiographischen Verfahren Besser im transthorakalen Echokardiogramm:

Ventrikelthrombus

Vorhofgröße

Linksventrikuläre Hypertrophie

Mitralklappenprolaps

Sowohl transösophageal als auch transthorakal:

Regionale Wandbewegungsstörungen

Dilatative Kardiomyopathie

Mitralstenose

Mitralringverkalkung

Intrakardiale Tumoren (Vorhofmyxom und an- dere)

Besser im transösophagealen Echokardiogramm:

Vorhof-/Vorhofohrthrombus

Spontanechos linker Vorhof/Aorta

Vorhofseptumaneurysma

Offenes Foramen ovale/Vorhofseptumdefekt

Chiari Netzwerk

Endokarditische Vegetationen

Komplexe Atherome der thorakalen Aorta

Aortendissektion

Spontanechos

Valvuläre Strands Textkasten

(2)

Transthorakale Echokardiographie

Die transthorakale Technik ist ein einfaches nichtinvasi- ves Verfahren mit großem In- formationsgehalt für den indi- viduellen Schlaganfallpatien- ten. Harte wegweisende Be- funde, wie Klappenvegetatio- nen, intrakardiale Thromben (insbesondere im linken Ven- trikel)(Abbildung 1), intrakar- diale Tumoren (wie Vorhof- myxom), Mitralstenose mit di-

latiertem Vorhof oder schwere dilatati- ve Kardiomyopathie sind zwar in großen Serien zusammengenommen mit weniger als fünf Prozent relativ sel- ten, führen aber im Einzelfall zu ent- scheidenden therapeutischen Konse-

quenzen. Andere Auffälligkeiten, wie regionale Wandbewegungsstörungen des linken Ventrikels, linksventrikuläre Hypertrophie oder Vergrößerung des linken Vorhofs werden kumulativ (35) bei mehr als 30 Prozent der Patienten von transthorakal erhoben. Hieraus er- geben sich Hinweise auf das Vorliegen einer koronaren oder hypertensiven Herzerkrankung. Diese Krankheitsbil- der sind beim Schlaganfallpatienten ex- trem häufig und müssen eigenständig betrachtet werden. Sie deuten aber auch auf das Risiko von intermittieren- dem Vorhofflimmern oder passageren Thrombenbildungen im arteriellen Sy- stem hin. Solche Befunde tragen im Zu- sammenhang mit weiteren Informatio- nen aus Klinik und CCT/NMR zur indi- viduellen Schlaganfallerklärung bei.

Wie nahezu alle sonographischen Methoden sind die Ergebnisse, neben der verwendeten Technik, stark von der Sorgfalt, Erfahrung und Sensibi- lität des Untersuchers abhängig. So konnte zum Beispiel in einer aktuellen Arbeit von Omran und Mitar- beitern (28) das linke Vorhof- ohr bei 75 Prozent der Patien- ten nach zerebraler Ischämie von transthora- kal adäquat dargestellt werden. Üblicherweise galt dieser Bereich des Herzens als eine Do- mäne der transösopha- gealen Echokardiogra- phie. Mithilfe moderner transthorakaler Technik können vermutlich in- trakardiale Befunde wie Vorhofseptumaneurys- ma, Spontanechos oder offenes Foramen ovale eben- falls verbessert nachgewiesen werden.

Transösophageale Echokardiographie

Schwieriger einzuschätzen ist die Wertigkeit der aufwendi- geren und semiinvasiven trans- ösophagealen Echokardiogra- phie (TEE). Ihr Stellenwert ist eindeutig bei Verdacht auf endokarditische Vegetationen, bei Kunstklappen oder bei den wenigen von transthora- kal schlecht ableitbaren Pati- enten. Für den Großteil der Patienten besteht jedoch hin-

sichtlich des diagnostischen Einsatzes bisher keine Übereinstimmung. De- Rook empfahl 1992 (10) ein TEE zur ätiologischen Abklärung vorwie- gend bei herzgesunden Patienten, die jünger als 45 Jahre sind, durchzu- führen. McNamara (3) meinte 1997 aufgrund einer Kosten-/Nutzenanaly- se nachweisen zu können, dass ein TEE bei allen Patienten mit erstem Insult sinnvoll ist.

Der Autor eines darauf erscheinen- den Leserbriefs (33) lehnt diesen An- satz ab und sieht einen Nutzen über- wiegend bei Patienten mit bekannter organischer Herzerkrankung oder Auffälligkeiten bereits im transthora- kalen Echo (24). Diesen unterschiedli- chen Argumentationen liegen zwei wichtige Ursachen zugrunde: einer- seits die unterschiedliche Bewertung so genannter potenzieller Embolie- quellen, die kumulativ bei über der Hälfte der Patienten in der trans- Abbildung 1: Darstellung eines großen Thrombus (Pfeile) in

der Spitze des linken Ventrikels (LV) im transthorakalen Echo- kardiogramm. RA, rechter Vorhof, LA, linker Vorhof

Abbildung 2: Nachweis eines kugeligen Thrombus im lin- ken Vorhofohr (LAA) im transösophagealen Echokardio- gramm bei einem Patienten mit Vorhofflimmern. LA, lin- ker Vorhof, RA, rechter Vorhof, AO, Aorta

Abbildung 3 a und b: Transösophageales Echokardio- gramm bei einem Patienten mit zerebraler Ischämie bei chronischem Vorhofflimmern und gleichzeitigem Vorlie- gen von Karotisstenosen beidseits. a) Großer Thrombus im linken Vorhof (Doppelpfeil). b) Deutliche Plaques in der thorakalen Aorta (AO) mit einem kugeligen flottierenden thrombotischen Anteil (Einfachpfeil). Der Patient wurde antikoaguliert, eine Therapie der Karotisstenosen zurück-

gestellt. LV, linker Ventrikel

a

b

(3)

ösophagealen Echokardio- graphie erhoben werden, an- dererseits die unterschied- lichen Vorstellungen über Häufigkeiten von Thromben im linken Vorhof beziehungs- weise Vorhofohr.

Thromben im linken Vorhof oder Vorhofohr

Linksatriale oder Vorhofohr- thromben sind ein wesentli- cher Befund mit Therapiekon- sequenz, der vorwiegend im TEE erhoben werden kann. In den frühen Untersuchungen

bei Patienten mit ätiologisch unklarem Schlaganfall wurden Thromben im lin- ken Vorhof und insbesondere im linken Vorhofohr bei bis zu 15 Prozent der Pa-

tienten nachgewiesen (zum Beispiel in der europäischen Multizenterstudie [9]

und auch im eigenen Kollektiv [18]).

Die kritische retrospektive Analyse der eigenen Untersuchungen ergab einen hohen Anteil von Fehlbefunden, über- wiegend durch Falschinterpretation von Artefakten oder inzwischen bekannter anatomischer Varianten (12). Bei 175 Patienten mit Sinusrhythmus und un- auffälliger kardialer Anamnese wurde in keinem Fall ein sicherer Thrombus nachgewiesen (11). Neuere Arbeiten mit Anwendung moderner Technik be- stätigen diese Ergebnisse (24).

Mit Ausnahme weniger Patienten mit schlechter systolischer Funktion werden Vorhofthromben nahezu aus- schließlich bei Patienten mit Vor-

hofflimmern nachgewiesen (Abbildung 2). Vorhofflimmern ist der quantitativ wichtigste Faktor für Kardioembolien und wird bei etwa 15 bis 20 Prozent

der Patienten mit zerebraler Ischämie dokumentiert. Auch nach eigenen Zahlen (11) ist bei diesen Patienten früh nach einem Schlaganfall in etwa ei- nem Fünftel ein Thrombus nachweisbar. Patien-

ten mit Vorhofflim- mern benötigen je- doch bei Auftre- ten eines Schlagan- falls bis auf Ausnah- men (Abbildung 3) keine transösopha- geale Untersuchung, da das klinische Er- eignis allein bereits eindeutig auf die Notwendigkeit einer dauer- haften Antikoagulansbehand- lung hinweist (2).

Potenzielle Emboliequellen

Neben sicheren Emboliequel- len wie Vorhofthromben und Vegetationen sind im trans- thorakalen, vor allem aber im transösophagealen Echokar- diogramm, eine Reihe von potenziellen Emboliequellen nachweisbar. Hierbei ist eine kausale Verknüpfung zum ze- rebralen Ereignis im Einzel- fall weitaus schwieriger.

Spontanechos

Nahezu ausschließlich mittels trans- ösophagealer Technik lassen sich die Spontanechos – rauchartige Schwa- denbildungen im linken Vorhof, lin- ken Ventrikel oder in der thorakalen Aorta – nachweisen (Abbildung 4).

Sie treten fast ausschließlich bei Low- Flow-Zuständen auf und zeigen Hy- perkoagulation und Aggregatneigung an.

Mit Ausnahme von Patienten mit Vorhofflimmern treten Spontanechos überwiegend bei Patienten mit Kunst- klappen, deutlich vergrößertem lin- ken Vorhof oder hochgradig einge- schränkter linksventrikulärer Funkti- on auf. In der Aorta werden sie aber auch bei deutlicher Gefäßdilatation und Arteriosklerose nachgewiesen.

Für Patienten mit Vorhofflimmern und Mitralstenose wurde gezeigt, dass der Befund mit einer erhöhten Thrombusinzidenz korreliert und an- scheinend auf ein erhöhtes Embolieri- siko hinweist (8, 23, 37).

Abbildung 4: Ausgeprägte Schwadenbildung (Pfeil: „Spon- tanechos“) im linken Vorhof im transösophagealen Echokar- diogramm bei einem Patienten mit Vorhofflimmern.

LV, linker Ventrikel

Abbildung 5: Großer arteriosklerotischer Plaque von über 10 mm Durchmesser, der vom Aortenbogen beginnend eine großen Bereich der deszendierenden Aorta (AO) auskleidet.

Zusätzlich Spontanechos (Pfeil) bei verzögerter Flussge- schwindigkeit.

a

b

Abbildung 6 a und b: Nachweis eines offenen Foramen ova- le im transösophagealen Echokardiogramm. a) Im Bereich des Vorhofseptums ist das Foramen ovale durch eine Mem- branduplikatur erkennbar (Pfeil). b) Nach Gabe von Gelafun- din/Luftgemisch und Valsalva-Manöver Nachweis von Kon- trastmittelübertritt in diesem Bereich. LA, linker Vorhof, RA, rechter Vorhof, AO, Aorta

(4)

Aortale Plaques

Plaques oder Atherome in der thoraka- len Aorta (überwiegend Aortenbogen oder Aorta descendens) werden nach Schlaganfall oder embolieverdächtigem Ereignis bei 25 bis 30 Prozent der Patien- ten nachgewiesen (15, 34). Neuere Daten (1, 13, 15, 34) zeigen eindeutig die pro- gnostische Bedeutung größerer Plaques der thorakalen Aorta insbesondere bei einer Dicke von über 4 mm oder ganz be- sonders bei Vorliegen mobiler Anteile (Abbildung 5). Solche komplexen Be- funde finden sich bei etwa 15 Prozent der Patienten nach Schlaganfall. Zusätzlich besteht oft ein ausgeprägtes kardiovas- kuläres Risikoprofil, sodass unklar bleibt, ob es sich um direkte Embolien oder nur um einen Marker für eine sehr ausgeprägte Arteriosklerose handelt. Pa- tienten mit komplexen Plaques haben unter alleiniger Gabe von Thrombozy- tenaggregationshemmern eine extrem hohe Rate von Schlaganfällen und Myo- kardinfarkten im weiteren Verlauf. Die nichtrandomisierten Vergleichsgruppen unter Antikoagulation zeigten einen günstigeren Verlauf, wobei für eine ein- deutige Wertung kontrollierte Studien abgewartet werden müssen (13, 15, 34).

Mitralklappenprolaps

Eine relativ bekannte potenzielle Embo- liequelle ist der Mitralklappenprolaps, der mit Einführung der 2-D- und trans- ösophagealen Echokardiographie zu- nächst sehr häufig diagnostiziert wurde.

Insbesondere bei jungen Patienten nach zerebraler Ischämie wurde dieser Be- fund in mehr als 30 Prozent beschrieben (3, 35, 38). Aktuelle Daten (16) mit adä- quater Diagnosestellung unter Berück- sichtigung der 3-D-Anatomie der Mitral- klappe zeigen jedoch eine weitaus gerin- gere Prävalenz. In einer Fall-Kontroll- Studie konnte kein erhöhtes Embolieri- siko nachgewiesen werden (19).

Offenes Foramen ovale

Eine weitere wichtige potenzielle Embo- liequelle ist das offene Foramen ovale oder der kleine Vorhofseptumdefekt.

Dieser Befund wird nach pathologisch anatomischen Studien in 25 bis 30 Pro- zent aller Sektionen bei der Normalbe-

völkerung erhoben. Durch Übertritt von venösen Thromben können paradoxe ar- terielle Embolien auftreten. Es existie- ren eindrucksvolle Bilder mit Darstel- lung einer Thrombuspassage. In Kollek- tiven von selektionierten jüngeren Pati- enten mit ätiologisch unklarem Insult wird ein offenes Foramen ovale gehäuft bei mehr als 50 Prozent nachgewiesen (22). Obwohl der Befund mittels Echo-

kontrastgabe unter Valsalva-Manöver auch von transthorakal erhoben werden kann, weist die transösophageale Tech- nik insbesondere hinsichtlich der Quan- tifizierung und Morphologie eine erhöh- te Sensitivität auf (Abbildung 6)(31).

Die Arbeitsgruppe von C. Stöllberger (32) konnte bei vorselektierten Patien- ten mit offenem Foramen und vermut- lich embolischer Genese eines Schlagan- falls oder einer peripheren arteriellen Embolie in 57 Prozent der Fälle eine Beinvenenthrombose nachweisen. Bei unklarer Schlaganfallursache und offe- nem Foramen ovale ist deshalb in vielen Fällen eine gezielte Phlebographie, even- tuell auch ein Lungenszintigramm zur

weiteren Abklärung sinnvoll. Dabei soll- ten diese Untersuchungen frühzeitig er- folgen, da sekundäre Venenthrombosen im Rahmen eines Schlaganfalls, insbe- sondere bei Immobilisierung und Pa- resen, häufig sind (5). Die therapeutische Konsequenz ohne Nachweis einer venö- sen Thrombose ist zurzeit völlig unklar.

Derzeit wird in einer Studie die Wirkung von Acetylsalicylsäure mit der von Phen-

procoumon bei ätiologisch unklarer ze- rebraler Ischämie (PICSS-Studie) vergli- chen. Bei rezidivierenden zerebralen Ischämien unter medikamentöser Thera- pie muss ein operativer oder katheterin- terventioneller Verschluss des Foramen ovale erwogen werden (7, 20).

Vorhofseptumaneurysma

Überwiegend mittels TEE werden eine Reihe weiterer potenzieller Embolie- quellen festgestellt, deren Stellenwert bei der Embolieverursachung schwierig ein- zustufen ist. Hierzu gehört das Vorhof- septumaneurysma, ein hypermobiles und elongiertes Vorhofseptum, das bei Grafik

Einsatz echokardiographischer Verfahren bei Patienten nach zerebraler Ischämie und Verdacht auf kardiogene Embolie

(5)

Normalpersonen in etwa zwei bis drei Prozent (26), bei Patienten nach Schlag- anfall in mehr als 20 Prozent gefunden wurde (Abbildung 7) (10, 35, 29). Das Vorhofseptumaneurysma ist häufig mit einem offenen Foramen ovale verknüpft.

Ob darüber hinaus Thromben, die in der sackartigen Ausstülpung entstehen könnten, als eigenständige Emboliequel- le infrage kommen, ist möglich, wurde bisher aber nicht eindeutig

nachgewiesen.

Eustachsche Membran Eine andere überwiegend mit- tels TEE nachweisbare poten- zielle Emboliequelle sind Re- ste der embryonal angelegten rechtsatrialen Klappe, die Eu- stachsche Membran (zwei Pro- zent). Hierdurch wird hypothe- tisch der Blutfluss mit venösem Thrombusmaterial vermehrt durch ein offenes Foramen ovale in die arterielle Strom- bahn gelenkt (30).

Valvuläre Strands

In neueren Arbeiten wird über den gehäuften Nachweis von Strands (fadenförmige beweg- liche Ausläufer an nativen oder künstlichen Klappen) berich- tet. Absprengungen aus diesen Strukturen oder aufgelagerte Thrombozytenaggregate sol-

len nach einer Fall-Kontroll-Studie zu vermehrten Embolien führen (17). Die hohe Spontanprävalenz dieses Befunds in einem symptomfreien Normalkollek- tiv von 46 Prozent erschwert jedoch im Einzelfall die Wertung (26).

Prognose

Problem aller erwähnten potenziellen Emboliequellen, die besonders durch den zusätzlichen Einsatz des TEE ver- mehrt nachgewiesen werden, ist die meist unklare ätiologische Bedeutung im Einzelfall. Bis auf wenige (zum Beispiel offenes Foramen ovale und frische Bein- venenthrombose bei Aufnahme) ist nicht gesichert, inwieweit diese Befunde ein- deutige therapeutische Konsequenzen

nach sich ziehen. In einer eigenen Arbeit (35) waren 214 Patienten mit Insult/TIA eingeschlossen und sind über zwölf Mo- nate nachverfolgt worden. Bei 66 Patien- ten ohne kardiovaskuläre Grundkrank- heit, die nicht mehr als einen Arterio- skleroserisikofaktor aufwiesen, fand sich in mehr als 60 Prozent eine potenzielle Emboliequelle (Mitralklappenprolaps, Vorhofseptumaneurysma, offenes Fora-

men ovale). Trotz der völlig unspezifi- schen Behandlung, die mit Acetylsalicyl- säure durchgeführt wurde, hatte diese Gruppe eine optimistische Prognose. Bei keinem einzigen Patienten kam es im Be- obachtungszeitraum zu einem Rezidiv- insult. Bei den Patienten mit kardio- vaskulärer Grundkrankheit oder mehr als einem Arteriosklerose-Risikofaktor wurden dagegen bei zehn Prozent Rezi- dive im Zwölf-Monats-Zeitraum beob- achtet. Diese Befunde lassen den Schluss zu, dass bei herzgesunden Patienten oh- ne Arteriosklerose der Nachweis poten- zieller Emboliequellen in der Regel nicht bedeutend für die weitere Therapie ist.

Andere Arbeiten zur prognostischen Bedeutung echokardiographischer Be- funde liegen bisher kaum vor. Deutliche Hinweise bestehen für die Relevanz von

Befunden wie Spontanechos oder aorta- len Plaques, Auffälligkeiten, die über- wiegend bei Patienten mit struktureller Herzerkrankung oder generalisierter Arteriosklerose nachgewiesen werden.

Fazit

Echokardiographische Untersuchungs- verfahren liefern wesentliche Informa- tionen zur Abklärung von Emboliequel- len bei Schlaganfallpatienten. Ein trans- thorakales Echo sollte in der Regel bei jedem Patienten mit zerebraler Ischämie durchgeführt werden. Der Stellenwert der aufwendigeren transösophagealen Technik (TEE) ist zum jetzigen Zeit- punkt noch schwierig einzustufen. Eine Untersuchung ist nicht erforderlich, wenn sich durch andere Verfahren die Ätiologie und Behandlung bereits ein- deutig ableiten lassen (zum Beispiel chronisches Vorhofflimmern, Ventrikel- thrombus). Bei der hohen Rezidivrate der zerebralen Ischämie und den erhebli- chen klinischen Konsequenzen sollte ein TEE zur Abklärung großzügig eingesetzt werden. Hierdurch werden eine große Zahl potenzieller Emboliequellen nach- gewiesen. Die ätiologische Einordnung ist jedoch im Einzelfall schwierig und muss kombiniert mit anderen klinischen und technischen Daten getroffen werden (zum Beispiel offenes Foramen ovale:

Nachweis einer Beinvenenthrombose?).

Eine harte Indikation für die Durch- führung einer TEE besteht derzeit am ehesten bei der Gruppe mit kardiovas- kulärer Grunderkrankung, bereits auf- fälliger transthorakaler Echokardiogra- phie oder multiplen Arteriosklerose-Ri- sikofaktoren. Befunde aus dem trans- ösophagealen Echokardiogramm (zum Beispiel komplexe aortale Atherome, Spontanechos) können hier die Indikati- on zur Antikoagulation erhärten.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 2001; 98: A 1054–1058 [Heft 16]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literatur- verzeichnis, das über den Sonderdruck beim Verfasser und über das Internet (www.aerzteblatt.de) erhältlich ist.

Anschrift für die Verfasser:

Priv.-Doz. Dr. med. Rüdiger Dißmann Zentralkrankenhaus Reinkenheide Medizinische Klinik I

Postbrookstraße 103, 27574 Bremerhaven

a

b

Abbildung 7 a und b: Großes Vorhofseptumaneurysma, das sich je nach Druckverhältnissen in den rechten (RA, 7 a) oder linken Vorhof (LA, 7 b) vorwölbt.

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