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Humboldt - Ausgabe Nr. 06 2009/10

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HUMBOLDT D i e Z e i t u n g d e r A l m a M a t e r B e r o l i n e n s i s

Ein wenig verwundert reibt man sich schon die Augen: Als ich im Oktober 2005 zum Präsidenten unserer Univer- sität gewählt wurde, gab es gerade nur einen geschäftsführenden Präsidenten.

Eingearbeitet von meinem Vorgänger wurde ich aus bekannten Grün- den nicht. Wohl hat er mir auf Anfrage immer wieder guten und klugen Rat gegeben, aber an ei- nen wöchentlichen jour-fixe war beispielsweise angesichts der Fülle seiner neuen Aufgaben gar nicht zu denken. Nun habe ich aus dieser meiner Situation vor nahezu fünf Jahren den Schluß gezogen, meinem Nachfolger die Einarbeitung (beispielswei- se in Form eines solchen jour fixe) anzubieten. Wir haben kol- legial verabredet, das auch so zu halten. Und prompt melden sich wieder Menschen, die der

Ansicht sind, so etwas könne gar nicht gehen, Vorgänger und Nachfolger könnten gewiß nicht kooperieren und einer müsse schließlich das Sagen haben. Griechisch heißt das, wenn einer das Sagen hat, übrigens: Monarchie. Die deutsche Universität ist, auch wenn das außer- halb Berlins gelegentlich anders gesehen wird, keine Monarchie. Sie war es während ihrer Geschichte auch nur in sehr finsteren Zeiten, in Zeiten, als die Staatsform keine Monarchie war. Wieso können sich manche Menschen so schlecht vorstellen, daß deutsche Profes- soren zusammenarbeiten, gut, heiter, kolle- gial? Wahrscheinlich, weil es zum Bild des

deutschen Professors gehört, daß er höchst unkollegial mit seinen Fach-

kollegen (und natürlich erst recht mit den Fachkolleginnen …) umgeht. Da streitet man sich um die Zimmer-

zahl von Büros, die Verteilung der Hilfskraftmittel der Fakultät, die Prädikate bei Korrekturen von Arbeiten für die eigenen Schüler – und natürlich und immer wie- der um Berufungen. Inzwischen gibt es sogar die früher verpön- ten Kollegenrezensionen. Wahr- scheinlich gehen alle Gerüchte über Unkollegialität deswegen so gut, weil man vom deutschen Professor so etwas implizit er- wartet, irgendwie. Ich habe un- sere Humboldt-Universität in den vergangenen Jahren meist ziemlich anders erlebt: Viele Projekte, Graduiertenschulen, Sonderforschungsbereiche und Exzellenzcluster, aber auch viele Institute sind von einer ganz heiteren Kooperation geprägt, in der Kolleginnen und Kollegen verschieden- ster Herkunft, wissenschaftlicher Prägung und Lebenserfahrung gemeinsam manchen Karren ziehen und manchen Stein einen Berg her- aufschieben, ohne daß er zurückrollt. Anders wäre Universität unter den schwierigen Be- dingungen Berlins weder gegenwärtig noch in den vergangenen zweihundert Jahren möglich gewesen. Und ich bin ganz zuversichtlich, daß das auch in den nächsten Monaten und Jahren für unsere Humboldt-Universität gilt.

Ihr Christoph Markschies

unikate

Feierliche Schlüsselübergabe in der Humboldt Graduate School

Am 21. April 2010 feierte die Humboldt Graduate School (HGS), die Dachorganisation für Promo- tionsprogramme der Humboldt-Universität zu Berlin, die Hausübergabe nach der Renovierung und den Auftakt des Mentoring Programms für Promovierende „Raum für Perspektiven in der Wissenschaft“. Die im Jahr 2006 gegründete HGS findet in dem historischen und aufwändig re- staurierten Gebäude der ehemaligen Tierarzneischule aus dem 19. Jahrhundert in der Luisenstra- ße 56 einen festen Standort. Optimale Arbeitsbedingungen wurden hier sowohl für das Manage- ment und viele Mitgliedsprogramme der HGS als auch für zahlreiche Promovierende geschaffen.

Gemeinschaftsbereiche und kurze Wege fördern den Austausch und die Netzwerkbildung. Als Zentraleinrichtung ist die HGS für das zentrale Qualitätsmanagement sowie den außerfachlichen

Servicebereich verantwortlich. Foto: Matthias Heyde

Unter der Überschrift

„Unikate“ schreibt der Präsident der Humboldt-Universität

zu Berlin, Prof. Dr.

Christoph Markschies, regel mäßig über Erleb- nisse aus seinem univer-

sitären Alltag, die von allgemeinerem Interesse

sind. Er freut sich über Reaktionen:

praesident@hu-berlin.de

Helmholtz-Vorlesungen

Prof Dr. Gerald H. Haug ETH Zürich

„Wer führt wen, wozu – und wie?

Governance und Handlungsspielräume der Universität des 21. Jahrhunderts“

Donnerstag, 6. Mai 2010, 18.30 Uhr Wista Management GmbH, Rudower Chaussee 17, 12489 Berlin-Adlershof, Einstein-Newton-Kabinett

In seinem Vortrag bringt Gerald Haug Licht in den Argumentationsdschungel um den Klimawandel und zeigt auf, welchen Einfluss der Mensch aus geowissenschaftlicher Sicht auf den Klimawandel hat.

www.kulturtechnik.hu-berlin.de/hvl-aktuell Mit freundlicher Unterstützung der Berliner Zeitung

Doping für jedermann? Längst bezieht sich der Begriff Doping auch auf Manager, Banker oder gar Studenten. Ein Ver- bundprojekt untersucht den Missbrauch von Stimulanzien in Sport und Alltag Seite 3

Flüssigkeitsströme im Takt: Die Pumpe „Acuros“ zweier Jungunternehmer ermög-

licht pulsationsfreie Ströme von Flüssigkeiten, die Zellkultur- technik und Nananalytik voran-

treiben. Seite 4

Krankheiten, Therapien und Schicksale: Im Berliner Medizinhistorischen Museum ist die Ausstellung „Charité. 300 Jahre Medizin in Berlin“ zu sehen. Zur Schau ist eine Fest-

schrift erschienen. Seite 7

HU200.DE

Die Humboldt-Universität präsentiert ihre Jubiläumsausstellung „Mittendrin. Eine Ausstellung macht Geschichte“. Auf einer thematischen Zeitreise werden die Besucher Zeugen einer stolzen, aber auch gebroche- nen Universitätsgeschichte. Seite 8 Eine Einführung in die französische

Sprachwissenschaft und in verschie dene Berufsfelder bekommen interessier- te Schülerinnen und Schüler seit dem Sommersemester 2010 am Institut für Romanistik in der ersten geisteswissen- schaftlichen Schülergesellschaft der HU.

„Die Schülergesellschaft versteht sich als Bindeglied zwischen Schule und Hoch- schule, vor allem aber als Labor für den Berufseinstieg. Die Entscheidung bei der Wahl des Studiums soll den Gymnasias- ten damit erleichtert werden“, sagt Xavier Bihan, Gründer der Schülergesellschaft.

Die Humboldt-Universität zu Berlin hat einen neuen Präsidenten gewählt:

Prof. Dr. Jan-Hendrik Olbertz. Der Noch- Kultusminister Sachsen-Anhalts hat am 20. April 2010 überwältigende Zustim- mung vom Konzil erhalten: Er bekam 49 Ja-Stimmen, sechs Konzilsmitglieder stimmten mit Nein, es gab zwei ungültige Stimmen.

Amtsinhaber Prof. Dr. Dr. h.c. Christoph Markschies gratulierte seinem Nachfol- ger herzlich und gab bekannt, dass er die Amtsgeschäfte zum 18. Oktober an den neuen Präsidenten übergeben wird und damit zwei Monate vor Ablauf seiner Amtszeit ausscheidet. Wie an dieser Stelle schon berichtet, wurde an der Humboldt- Universität vorzeitig gewählt, um dem neuen Präsidenten die Mitwirkung an der Bewerbung für die dritte Förderlinie der zweiten Runde der Exzellenzinitiative zu ermöglichen.

Olbertz, der Mitglied der Martin-Luther- Universität in Halle-Wittenberg ist, nahm die Wahl mit Freude an und betonte, dass er das Amt mit „großer Lust und dem nötigen Ernst“ antreten wird. „Nur die Humboldt-Universität konnte mich dazu reizen, jetzt einen beruflichen Wechsel zu wagen“, erklärte der 55-Jährige, der in den nächsten Wochen durch die Uni- versität reisen wird, um sie detailliert

„Mit großer Lust

und dem nötigen Ernst“

Konzil wählt Jan-Hendrik Olbertz zum neuen Präsidenten

kennenzulernen. Schon bei seinen Vor- gesprächen zur Wahl sei ihm die große Identifikation der Humboldtianer mit ihrer Institution quer durch alle Sta- tusgruppen aufgefallen. Dies hätte ihm auch den Mut gegeben, sich den neu- en Herausforderungen, aber auch den hohen Erwartungen, die er bei diesen Gesprächen gespürt habe, zu stellen.

Der designierte Präsident formulierte drei Hauptaufgaben für die nächste Zeit.

Neben der Bewerbung für die dritte Säule der Exzellenzinitiative gehört dazu auch ein neuer Zuschnitt des Präsidiums. So überlegt Olbertz, das Amt des Vizeprä- sidenten für Lehre und Internationales wieder in die Hände von zwei Kollegen zu legen. Denn besonders wichtig ist dem Erziehungswissenschaftler, ein neu- es Konzept für die Lehre zu formulieren, das den rasanten Entwicklungen und Veränderungen im Bereich der Wissen- schaft Stand hält.

Jan-Hendrik Olbertz absolvierte nach ei- nem Intermezzo als Erzieher ein Stu- dium zum Diplom-Lehrer für Deutsch und Musik. Danach folgte eine Assis- tenz an der Martin-Luther-Uni in Halle- Wittenberg in der Sektion Erziehungs- wissenschaften. 1992 wurde er Professor für Erziehungswissenschaft in Halle und war im Akademischen Senat, im Konzil und im Landesschulbeirat Sachsen-An- halts aktiv. Er ist Gründungsdirektor des Instituts für Hochschulforschung (HoF) in Wittenberg gewesen, bevor er zum Direktor der Franckeschen Stiftungen in Halle berufen wurde, einem christli- chen Sozial- und Bildungswerk. Nach der Landtagswahl 2002 wurde der parteilose Olbertz als Kultusminister in die Landes- regierung von Sachsen-Anhalt berufen.

Dieses Amt wird er voraussichtlich zum Sommer niederlegen. Red.

Zielgruppe sind Schülerinnen und Schü- ler der 11. bis 13. Klassen mit sehr guten Französischkenntnissen. Jeder Teilnehmer bekommt am Ende des Semesters eine Teilnahmebescheinigung. Die Teilnehmen- den sollen sich einen Einblick in die Uni- Welt schon vor dem Abitur verschaffen.

Ihnen werden verschiedene Arbeits- und Forschungsgebiete im Fachbereich Fran- zösisch sowie eine Auswahl an möglichen Berufsfeldern vorgestellt, etwa Comic- oder Filmübersetzer, Sprachwissenschaftler, Lektor oder Dolmetscher. Offizieller Part- ner ist das Institut Français de Berlin.

Red.

Französische Comics als Brücke zwischen Schule und Universität

Erste Schülergesellschaft in den Geisteswissenschaften gegründet

Erziehungswissenschaftlerin erhielt Bundesverdienstkreuz

Für ihre herausragenden wissenschaftli- chen Leistungen und vor allem für ihren kontinuierlichen Einsatz für die Förde- rung des weiblichen Wissenschafts-Nach- wuchses erhielt Prof. Dr. Wiltrud Gieseke das Verdienstkreuz der Bundesrepublik Deutschland. „Mit ihrem großen Engage- ment hat Frau Prof. Dr. Wiltrud Gieseke einen wichtigen Beitrag zur wissenschaft- lichen Frauenförderung geleistet. Zu ih- rem Verdienst gehört auch, dass sie Ge- schlechterperspektiven und Geschlechter- gerechtigkeit in die Forschung im Bereich der Erwachsenenbildung integriert hat“, so Staatssekretärin Almuth Nehring-Venus.

„Gerade im Berufsfeld Bildung klaffen die hohe Präsenz von Frauen in der Praxis und das Fehlen weiblicher Definitions- und Deutungsmacht in der Forschung eklatant auseinander. Frau Prof. Dr. Wiltrud Gieseke hat durch ihr berufliches Wirken wesentli- che Verbesserungen erreicht.“ Sie hat sich insbesondere für die Einrichtung von Stu- diengängen zur berufsbegleitenden Weiter- bildung engagiert und damit Möglichkeiten für Menschen mit brüchigen Bildungs- biographien eröffnet. Insbesondere Frauen profitieren von Studiengängen, die große Flexibilität in Bezug auf Zeitstrukturen und Anwesenheit erfordern. Red./SenWiTeFr

Am 6. Mai 2010 findet ab 13 Uhr der Tag der Informatik statt. Neben fachlichen Vorträgen zu Themen, wie „Trends in effi- zienten Algorithmen“, „Die in Hirndaten verborgene Information – eine Herausfor- derung an die Signalanalyse“ und „Neue 3D-Technologien: Vom flachen Bild in die dritte Dimension“, werden auch die besten Diplomarbeiten prämiert. In der „Hum-

Im Rahmen der

Humboldt-Reden zu Europa

spricht

Václav Klaus

Präsident der Tschechischen Republik zum Thema:

„Die Form der heutigen europäischen Integration“

am 29. April 2010 um 11 Uhr

im Auditorium maximum der Humboldt- Universität zu Berlin.

Der Vortrag findet in deutscher Sprache statt.

www.whi-berlin.de

Tag der Informatik

boldt Informatik Gong Show“ werden in Zwei-Minuten-Vorträgen Diplom- und Promotionsprojekte vorgestellt. Ab 17.30 Uhr findet ein geselliges Bei- sammensein statt.

Erwin-Schrödinger-Zentrum, Konferenz- raum 0‘119, Rudower Chaussee 26, Campus Adlershof.

Präsident Markschies (links) gratuliert Olbertz:

„Ein überzeugendes Wahlergebnis für einen über- zeugenden Nachfolger“ Foto: Prusowski

Ausgabe 6 – 2009/2010 www.hu-berlin.de/pr/zeitung Jahrgang 54 · 22. April 2010

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Seite 2 HUMBOLDT · 22. April 2010

Aktuell

Herausgeber: Der Präsident Redaktion: Heike Zappe (verantw.), Constanze Haase, Ljiljana Nikolic, Thomas Richter, Silvio Schwartz (online) Unter den Linden 6, 10099 Berlin Tel. (030) 2093-2948, Fax -2107

hu-zeitung@uv.hu-berlin.de www.hu-berlin.de/pr/zeitung Layout, Anzeigenverwaltung:

Unicom Werbeagentur GmbH hello@unicommunication.de www.unicommunication.de Tel.: (030) 509 69 89 - 0

Es gilt die Anzeigenpreisliste Nr. 16 vom 01.02.2005, www.hochschulmedia.de

Erscheinungsweise: semestermonatlich Auflage: 10.000 Ex.

Für unverlangt eingesandte Beiträge wird keine Haftung übernommen. Gezeichnete Beiträge geben nicht unbedingt die Meinung des Herausgebers oder der Redaktion wieder.

Bei Nachdruck Quellenangabe und Beleg erbeten.

HUMBOLDT erscheint wieder am 20. Mai 2010

(Redaktionsschluss: 4. Mai 2010)

Frauen und Männer sollen sich von dieser Pub- likation gleichermaßen angesprochen fühlen.

Allein zur besseren Lesbarkeit werden häufig geschlechterspezifische Formulierungen auf die maskuline Form beschränkt.

Impressum

Personalia

Postdoc der

Wenner Gren-Foundation

Seit dem 5. April 2010 ist Dr. Susanne Dodillet vom Institut für Literatur, Ide- engeschichte und Religion der Universi- tät Göteborg, mit Förderung der Wenner Gren-Foundation als Postdoc an der Ab- teilung Vergleichende Erziehungswissen- schaft des Instituts für Erziehungswissen- schaften tätig. Mit Ausgangspunkt in einer aktuellen schwedischen Schulreform un- tersucht sie in ihrem Postdocprojekt „How to explain advanced placement tracks. A comparative history of educational science in Sweden, East and West Germany“

erziehungswissenschaftliche Kontrover- sen über Spezialklassen sowie Eliten- und Hochbegabtenförderung in Schweden, Westdeutschland und der DDR.

Arno Langenbach verstorben

Am 11. Februar 2010 ist Prof. Dr.

Arno Langenbach im Alter von 81 Jah- ren verstorben. Von 1965 bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1994 war er In- haber des Lehrstuhls für Angewandte Ana- lysis an der Humboldt-Universität zu Berlin.

Mit seiner Lehr- und Forschungstätigkeit an der Humboldt-Universität und am Karl- Weierstrass-Institut schuf er eine interna- tional anerkannte wissenschaftliche Schule zur nichtlinearen Funktionalanalysis sowie zu nichtlinearen partiellen Differentialglei- chungen und deren Anwendungen in Na- turwissenschaft und Technik. Viele seiner zahlreichen Schüler und deren Schüler ar- beiten heute an Hochschulen, wissenschaft- lichen Instituten und in Forschungs- und Entwicklungsabteilungen der Industrie. In den 1990er Jahren setzte er sich als Mit- glied der Strukturkommission maßgeblich

für die Neugestaltung der Mathematik an der Humboldt-Universität ein. Vor mehr als 50 Jahren gründete Arno Langenbach ein Seminar am damaligen Forschungsinstitut für Angewandte Mathematik der Akademie der Wissenschaften, das er bis zu seiner Emeritierung leitete und das noch heute als

„Berliner Oberseminar Nichtlineare Parti- elle Differentialgleichungen (Langenbach- Seminar)“ seinen Namen trägt.

Das Institut für Mathematik Foto: Portraitsammlung UB/Waltraud Harre

Hans-Rosenberg-Gedächtnis-Preis

Die Heinrich-August-und-Dörte-Winkler- Stiftung in der Friedrich-Ebert-Stiftung verlieh am 22. März 2010 in der Hum- boldt-Universität zum vierten Mal den mit 5.000 Euro ausgestatteten Hans-Rosen- berg-Gedächtnis-Preis zur Förderung von Nachwuchshistorikern. Diese alle zwei Jahre vergebene Auszeichnung ging an den Historiker Dr. Sebastian Ullrich für seine Dissertation: „Der Weimar-Kom- plex. Das Scheitern der ersten deutschen Demokratie und die politische Kultur der frühen Bundesrepublik 1945–1959“. Ull- rich, Jahrgang 1975, studierte Geschichte, Philosophie und Politikwissenschaft in Ber- lin und Cambridge und promovierte 2008 an der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Historiker hat den „Weimar-Komplex“ für die unmittelbare Nachkriegszeit und das Gründungsjahrzehnt der Bundesrepublik erstmals umfassend und quellennah unter- sucht. Dabei wird deutlich, wie umstritten die „Lehren aus Weimar“ zunächst waren und was für unterschiedliche Wert- und Ordnungsvorstellungen miteinander in den Debatten um das Scheitern der ersten deutschen Demokratie konkurrierten. Erst im Laufe der 1950er Jahre bildete sich der spezifisch bundesrepublikanische Weimar- bezug heraus, dessen Überreste sich bis heute in den historisch-politischen Debat- ten beobachten lassen.

Aufgrund der anstehenden, mehrjährigen Baumaßnahmen im Hauptgebäude zogen das Institut für Geschichtswissenschaften, das Institut für Klassische Philologie und die Verwaltung der Philosophischen Fakultät I in das Quartier Stadtmitte, Friedrichstraße 191-193 (Ecke Leipziger Straße) um. Hiervon sind neben allen Einrichtungen und Lehrstühlen der Institute auch die Prüfungsämter sowie einige Lehr- veranstaltungen ab dem Sommersemester 2010 betroffen. Bitte beachten Sie die neuen Telefonnummern.

Infos: www.philfak1.hu-berlin.de, www2.hu-berlin.de/klassphil Foto: Martin Ibold

Mit einem Koffer nach Berlin

Das Mentorenprogramm „Studis4Studis“

für internationale Studierende

„Dann machen wir einen auf dicke Hose“, schlägt Maraike ihrer polnischen Aus- tauschstudentin Natalia vor. Jetzt, zu Semesterbeginn, sitzen die beiden ge- meinsam in einem Café in Mitte und unterhalten sich über ihren gemeinsamen Studiengang Psychologie in Deutschland und Polen und über das Berliner Nacht- leben. „Aber verstehst du was ‚einen auf dicke Hosen machen’ bedeutet?” hakt Maraike noch mal nach.

Seit Anfang März wohnt Natalia in Berlin und studiert mit dem Erasmus-Austausch- programm an der Humboldt-Universität zu Berlin. Als Natalia in Berlin ankam, kannte sie lediglich die Adresse des Wohn- heims, in dem sie das Sommersemester wohnen würde. Aber wo sollte sie eine deutsche Handykarte kaufen? Oder ein gebrauchtes Fahrrad? Und eine günstige Bettdecke mit Kissen? Um die Ankunft in der neuen Stadt zu erleichtern, wurde Na- talia über das Mentorenprogramm „Stu- dis4Studis“ der Abteilung Internationales die HU-Studentin Maraike zugeteilt. Be- reits seit zwei Jahren bietet das Programm internationalen Neuankömmligen Hilfe- stellung im Uni-Alltag. Die Universität übernimmt eine Vermittlerrolle.

Im Sommersemester 2010 meldeten sich 127 Mentoren, denen Studierende aus Ländern aller Kontinente zugewiesen wurden. Das Engagement der Mentoren bleibt dabei unentgeltlich und geht meist weit über Starthilfeschwierigkeiten hinaus.

Maraike und Natalia beispielsweise tref- fen sich öfter, um gemeinsam die Stadt zu erkunden. Dabei sprechen die beiden immer deutsch. „Sonst hätte ich auch nicht nach Deutschland kommen müssen.

Die alltägliche Sprachpraxis hilft sehr“, meint Natalia und lacht über Maraikes Erklärungen deutscher Redewendungen.

Oft treten während des Semesters Fragen auf, wie beispielsweise an einer deutschen Hochschule ein Essay zu schreiben sei oder ein Referat gehalten werde. Auch die Universitätsverwaltung und Visabürokra- tie sorgen des Öfteren für Unklarheiten bei den Austauschstudierenden.

Wiebke, eine der Organisatorinnen des Mentorenprogramms, kennt die Unsi- cherheiten und Verwirrungen, mit denen man anfänglich in einem unbekannten Land umgehen muss. An zwei Händen zählt sie die Sprachen ab, die sie durch ihre Auslandsaufenthalte spricht. Sie er- zählt von zwei kubanischen Studentinnen, die in diesem Semester kein Zimmer im Wohnheim bekommen konnten und nun in ihrem Zimmer Unterschlupf gefun- den haben. „Dafür wurde ich gleich im Sommer nach Kuba eingeladen“, erklärt Wiebke. Doch wie rege der Kontakt zwi- schen den einzelnen Berliner und inter- nationalen Studierenden ausfällt, bleibt allen Teilnehmenden selber überlassen.

Bei der Anmeldung für das Mentorenpro- gramm können – je nach Zeitmöglichkeit und Aufwandsbereitschaft - von beiden Seiten Präferenzen – wie „Hilfe bei der Wohnungssuche“, „Sightseeing“, „Uni- Tour“, „Party“ oder auch „Sprachtande“

angegeben werden. Manchmal kommen über „Studis4Studis“ Freundschaften zu- stande, manchmal findet auch einfach eine halbstündige Tour durch das Haupt- gebäude, die Bibliothek und die Mensa statt. Und manchmal folgt nach einer Begrüßungsemail gar kein Kontakt mehr.

Doch wer schon einmal sich länger im Ausland aufgehalten hat, wird wissen, wie beruhigend es sein kann, einfach um jemanden zu wissen, der einem im Notfall bei Fragen zur Seite stehen kann.

Mit einer großen Party heißt die Abteilung Internationales alle Neuankömmlinge am 23. April 2010 in der Kalkscheune willkom- men. Wer Lust hat, kann dort auch „einen auf dicke Hose machen“ – wie Maraike Natalia erklärte.

Lisa O‘Conner evz.hu-berlin.de/studierende/orbis/

studis4studis

Die Umzugswagen rollten

Die Humboldt-Universität bekommt eine neue Serviceeinrichtung: Zum 1. Juni 2010 wird das Call Center für Studierende an den Start gehen.

Wenn Sie einen Vorschlag für den Namen des Call Centers haben, schicken Sie ihn bis zum 15. Mai 2010 an jochen.ley@uv.hu-berlin.de. Für die besten zehn Vorschläge gibt es ein Präsent aus dem HumboldtStore.

Name gesucht

„Vom AufBruch der Genetik und der Frauen in den UmBrüchen“ lautet der Ti- tel eines interdisziplinären Symposiums, das der Berliner Pflanzengenetikerin Eli- sabeth Schiemann (1881-1972) gewidmet ist und am 6. und 7. Mai 2010 stattfindet.

Schiemann war eine der ersten Studentin- nen und Professorinnen in Deutschland,

Energiesicherheit im Ostseeraum

Internationale Sommer-Universität am Nordeuropa-Institut Wie kann die Energieversorgung in den

Ostseestaaten sicher gestellt werden? Die- se und andere Fragen waren Gegenstand der ersten internationalen Sommer-Uni- versität des Nordeuropa-Instituts der HU und Københavns Universitet im vergan- genen Jahr. Aufgrund der positiven Reso- nanz der Partner, Teilnehmer und Dozen- ten wird das interdisziplinäre Erasmus-In- tensivprogramm vom 1. bis 12. September 2010 ein zweites Mal in Berlin angeboten.

Der Schwerpunkt der englischsprachigen Sommer-Universität sind Themen der europäischen Energiepolitik, Energienet- ze und erneuerbaren Energien. Ebenfalls thematisiert werden in den Seminaren und Exkursionen Kooperationen inner- halb der Ostseeregion, Aspekte der Nach- haltigkeit und Wirtschaftlichkeit oder der Bau der Nord Stream Pipeline.

Exkursionen führen ins Bundeskanzler- amt, ins Europäische Energie-Institut Ber- lin und zu einer nachhaltig angelegten Wohnsiedlung. Kostenfrei teilnehmen können Masterstudierende aller Fachrich- tungen der HU und der Universitäten Kopenhagen, Turku, Tartu und Gdansk.

Für externe Interessenten wird eine ge- ringe Teilnehmergebühr erhoben. Für die erfolgreiche Beteiligung erhalten die Stu- dierenden fünf ECTS.

Inken Dose Bewerbungsschluss ist der 15. Juni 2010, alle Unterlagen sind auf Englisch einzu- reichen: ip_energy@staff.hu-berlin.de

http://international.hu-berlin.de/an_die_

hu/sommer-winter-unis/sommeruniversitat/

energy/index_htm.

Politische Praxis studieren

Berufsbegleitender Studiengang „Humboldt-Viadrina School of Governance“

Wie lassen sich für die wichtigsten ge- sellschaftlichen Herausforderungen der Gegenwart in der Praxis möglichst gute Lösungen finden? Die Berliner Humboldt- Viadrina School of Governance bietet mit dem berufsbegleitenden Studium zum Master of Public Policy (MPP) einzigarti- ge Möglichkeiten, wegweisende Lösungen zu entwickeln und konkret umzusetzen.

Die Humboldt-Viadrina School of Gover- nance ist ein Gemeinschaftsprojekt der Humboldt-Universität zu Berlin und der Europa-Universität Viadrina in Frankfurt (Oder). Im Kraftfeld von Politik, Wirtschaft und Zivilgesellschaft existiert hier eine einmalige Kombination aus Forschung, Lehre und Forum. Zentral für die Studie- renden ist das eigene politische Projekt, das sie aus ihrer beruflichen Praxis mit-

bringen und mit dem sie sich bewerben.

Individuell gefördert von der Hochschule und im Austausch mit anderen Studieren- den entwickeln sie Lösungen und reali- sieren sie in der Praxis. Durch das eigene Projekt bekommen das im Masterstudien- gang vermittelte Wissen und die insbeson- dere in den Präsenzphasen entwickelten Fähigkeiten einen lebendigen Bezug.

Das zweijährige Studium ist gleichzei- tig intellektuell anspruchsvoll, praktisch wertvoll und höchst partizipativ. Entwer- fen, Kommunizieren und Umsetzen ge- sellschaftlich wertvoller Projekte sind die entscheidenden vermittelten Qualifikatio- nen. Bewerbungsschluss für den nächsten Jahrgang ist der 31. Mai 2010.

www.humboldt-viadrina.org

Adlershofer Dissertationspreis

Der mit 3.000 Euro dotierte Adlersho- fer Dissertationspreis 2009 geht an Dr. Robert Gaschler vom Institut für Psychologie für seine mit summa cum laude bewertete Arbeit „Infor mation Reduction as Item-general Strategy Change“. Bereits zum achten Mal wür- digen damit die Humboldt-Universität, die außer universitären Forschungsein- richtungen in Adlershof (Igafa) und die

Wista- Management GmbH herausra- gende Leistungen ihres wissenschaftli- chen Nachwuchses. Der Preis wird am 28. April 2010 verliehen. Den Festvortrag hält Prof. Dr. Gerd Gigerenzer vom Max- Planck-Institut für Bildungsforschung über „Bauchentscheidungen: die Intelli- genz des Un bewussten“.

Ab 16 Uhr, im Erwin-Schrödinger- Zentrum, Rudower Chaussee 26.

Symposium zu

Genetikerin Elisabeth Schiemann

gehörte der ersten Genetikergenerati- on an und gilt als Wegbereiterin der Archäobotanik. Die Veranstaltung fin- det im Jakob-und-Wilhelm-Grimm-Zen- trum, Geschwister-Scholl-Str. 1/3, bezie- hungsweise in der Dorotheenstraße 24, Raum 1308 statt.

www.gender.hu-berlin.de

Am 26. Mai 2010 veranstaltet das Hum- boldt-Forum Wirtschaft e.V. (HUFW) unter der Schirmherrschaft von Gesi- ne Schwan von 9 bis 19 Uhr sein 10.

Ökonomisches Symposium zum Thema

„Wa(h)re Bildung – Von der Wissens- gesellschaft zur Wissenswirtschaft?“ im Audimax der HU, Unter den Linden 6.

Die Bildungsökonomie ist eine junge Teil- disziplin der Volkswirtschaftslehre, die Effekte der Bildung auf den Einzelnen und die Gemeinschaft untersucht, in-

Gespräch über Literatur

„Liebe in Zeiten des Umbruchs“ – Ca- roline und Wilhelm von Humboldt. Ei- ne öffentliche Abendveranstaltung mit Christoph Markschies, Jürgen Trabant und der Autorin Hazel Rosenstrauch am 6. Mai 2010 um 19 Uhr im Senatssaal der

Humboldt-Universität im Hauptgebäude, Unter den Linden 6, 10117 Berlin.

Das Buch „Wahlverwandt und ebenbürtig.

Caroline und Wilhelm von Humboldt“

von Hazel Rosenstrauch ist im Eichborn- Verlag erschienen.

Symposium zu Bildungsökonomie

dem sie die Renditen der Bildung schätzt.

Wichtige Forschungsfelder sind außer- dem die Nachfrage sowie Bereitstellung und Finanzierung von Bildungsangebo- ten. Vor diesem Hintergrund diskutieren die Teilnehmer des Symposiums über die Themen Humankapital, Studienge- bühren, die Zukunft der Bildungsinstitu- tionen, den Status der Universitäten in der Forschungslandschaft und die Kontro- verse über Eliten- oder Breitenförderung.

www.hufw.de

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Forschung / Campus

HUMBOLDT · 22. April 2010 Seite 3

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Doping für jedermann?

Ein Verbundprojekt untersucht den Missbrauch von Stimulanzien im Sport und Alltag

ilinx wirbelt durch die Kulturwissenschaft

Neue Zeitschrift mit HU-Beteiligung erscheint nun jährlich

ilinx, das ist griechisch und bedeutet „Wirbel“. Wirbel und Turbulenzen entstehen dort, wo temporär und momenthaft verschie- dene Einflüsse aufeinander treffen. ilinx, Ber- liner Beiträge zur Kulturwissenschaft: Wirbel, Ströme, Turbulenzen, eine neue Zeitschrift, lanciert vom Institut für Kulturwissenschaft der HU wendet diese Dynamik kulturtheo- retisch mit dem Anspruch auf experimen- telle und anspruchsvolle Neuadressierungen relevanter Themen an. „ilinx ist auf der Schnittstelle zwischen Wissenschaft und Kunst positioniert“, sagt Redaktions mitglied Sebastian Gießmann.

313 Seiten umfasst die Zeitschrift, deren Erst- ausgabe damit eher das Format eines Buches angenommen hat. „ilinx ver sammelt alle Formen intellektueller Auseinandersetzung von international bekannten Künstlerinnen

wie der Fotografin Zoe Leonard bis hin zu Theoretikern wie dem französischen Philoso- phen Michel Serres, von dem eine Erstüber- setzung zur „Geburt der Physik bei Lukrez“

veröffentlicht wurde, auf die wir besonders stolz sind“, erläutert Gießmann. 16 Beiträge, darunter ausführliche Aufsätze, essayistische Betrachtungen und pointierte Analysen wie etwa zur Wetterlage der Börsenturbulenzen stehen neben ästhetisch herausragenden Comics wie Marc-Antoine Mathieus „Der Wirbel“. Surrealistisch angehauchte Medi- tationen zur Kulturtheorie des Spiels über- kreuzen sich mit präzisen Auswertungen von Theaterexperimenten wie der Utopienbörse USE im Berliner Theater Hebbel am Ufer.

„Neben einem wissenschaftlichen Publikum soll ilinx die deutschsprachige Kulturszene in Medien, Museen und Politik sowie ein internationales Publikum mit Interesse an experimentellen Formen wie dem Mix aus Theorie mit künstlerischen Formaten anspre- chen“, so Gießmann.

Entsprungen ist ilinx einer Initiative von Nachwuchswissenschaftlern des Instituts für Kulturwissenschaft der HU, das die Zeitschrift gemeinsam mit der Redaktion, die sich aus der Initiative gegründet hat, herausgibt. „Innovativ ist von der wissen- schaftlichen Seite her vor allem das Peer Review-System der Redaktion – ein Novum in der historischen Kulturwissenschaft“, weiß Gießmann. Dabei werden die Arti- kel vor Veröffentlichung durch ebenbürtige Wissenschaftler untersucht. So sollen gute Texte noch den nötigen Feinschliff bis zur Exzellenz erhalten. Gleichzeitig machen die Gutachter inhaltliche Vorschläge zur Verbes- serung der eingereichten Arbeiten.

Die Zeitschrift erscheint nun jährlich. 2010 entsteht die zweite Ausgabe unter dem Titel Mimesen. Wieder werden wissenschaftliche mit künstlerischen Beiträgen verbunden.

Gefragt ist dabei nach Techniken, Agenten und Methoden, mit denen Ähnlichkeiten erzeugt werden – in künstlerischen oder kul- tischen, technischen oder wissenschaftlichen Prozessen. Constanze Haase ilinx 1, 2009: „Wirbel, Ströme, Turbulenzen“.

Berliner Beiträge zur Kulturwissenschaft, Philo Fine Arts, Hamburg, ISBN 978-3-86572-588-2, 14 Euro

www.ilinx-kultur.org

Anzeige Claudia Pechstein, Jan Ullrich und Dieter

Baumann haben eines gemeinsam: sie wurden des Dopings verdächtigt. Wer dopt, der betrügt, oder etwa nicht? Längst bezieht sich der Begriff Doping nicht mehr nur auf Hochleistungs- oder Fit- nesssportler, sondern ebenso auf Manager, Banker oder gar Studenten.

„Die Bedeutung des Begriffes Doping hat eine bemerkenswerte Erweiterung erfah- ren. Doping am Arbeitsplatz oder Hirndo- ping sind in den Sprachgebrauch eingegan- gen“, sagt Elk Franke. Der Sportwissen- schaftler ist Leiter des transdisziplinären Verbundprojektes „Translating Doping – Doping übersetzen“ zwischen Humboldt- Universität und Technischer Universität, das vom Ministerium für Bildung und Forschung finanziert wird. Das Projekt verfolgt das Ziel, das Wissen über Doping- risiken für die Gesellschaft durch geis- teswissenschaftliche Übersetzungsleistung verständlich und anwendbar zu machen – durch Aufklärung von Dopingpraktiken und Präventionsmöglichkeiten.

Leistungssportler, die ihr Potenzial durch die Einnahme unerlaubter Substanzen stei- gern, werden in der Öffentlichkeit diffa- miert. Hält sich ein Manager oder Student mit zwei Nebenjobs Geist und Körper mit Amphetaminpräparaten (Weckamine) wie Ritalin „wach“, wird sein Verhalten mit einer Leistungssteigerung entschuldigt, die der Gesellschaft zu Gute kommt. Wie passen diese Ansichten zusammen? „Das Motto höher, weiter, schneller ist kenn- zeichnend für unsere produkt- und ergeb- nisorientierte Dienstleistungsgesellschaft geworden. Was früher der Kaffee war, sind heute Aufputschmittel“, so Franke. Der ursprünglich moralisch gekennzeichnete Begriff Doping ist zu einem deskriptiven

Begriff geworden. „Es geht nicht mehr da- rum, ob man dopt, sondern darum, einen Grenzwert nicht zu übersteigen.“

Fünf Millionen Deutsche trainieren in Fit- nesscentern, rund eine Million davon dopt regelmäßig – Studien zufolge. Ob beim Sport, vor der Vorlesung oder im Büro: das Neuartige ist, dass gesunde, leistungsberei- te Menschen freiwillig Psychopharmaka zu sich nehmen, ohne therapeutischen Zweck.

Das Phänomen wird unter dem Schlagwort

„Enhancement“ diskutiert. „Die selbst ver- antwortete Einnahme und Dosierung von solchen Mitteln könnte epidemisch zuneh- men, wenn die diskutierte Liberalisierung

als Freigabe verstanden wird“, glaubt Ver- bundkoordinator Giselher Spitzer. Paral- lelen zum Missbrauch von Schmerz- und Rheumamitteln gibt es.

Zumal die Doping- und Enhancement- Debatte auch den Sport- und Freizeitbe- reich bei Kindern und Jugendlichen er- reicht hat. Ist die Anwendung von Ritalin bei Kindern mit Aufmerksamkeits-Defi- zit-/Hyperaktivitäts-Syndrom (ADHS) tatsächlich ausschließlich Therapie oder gezielte Leistungssteigerung, fragen sich die Wissenschaftler. „Bisher weiß man kaum etwas über die Langzeitwirkung des Medikaments, aber die Verschreibungen

nehmen weiter zu. Immer mehr Kinder und Jugendliche in Sportvereinen ver- stoßen durch die Einnahme gegen das Dopingverbot. Bei einem offiziellen Wett- kampf würden sie disqualifiziert und mit Sperre bestraft“, erklärt Spitzer.

Diese Entwicklung ist unter anderem mit mangelnder Aufklärung zu erklären. In der letzten Phase des auf drei Jahre angelegten Projekts werden die Verbundpartner daher zielgruppenorientiert Materialien ausarbei- ten, die zur Präventionsarbeit genutzt wer- den können.

Ein Etappenziel haben die HU-Wissen- schaftler bereits erreicht: unter maßgebli- cher Beteiligung der Rechts- und Rehabi- litationswissenschaftler der Universität ha- ben die Sportwissenschaftler Forschungs- ergebnisse zusammengestellt, die im Sinne eines „Vademecum Anti-Doping“ die recht- lichen Grundlagen und das naturwissen- schaftliche Wissen über Doping bündelt – ausgehend von dem Begriff „Natürlichkeit“

als Maßstab für den Dopingdiskurs. „Nur wenn davon ausgegangen werden kann, dass im Wettkampf die natürlichen Ver- anlagungen das Handeln bestimmen, ist auch jene sinnstiftende Identifizierung mit dem Athleten möglich“, sagt Elk Franke.

Gemeinsam mit deutschen Sportverbän- den wollen die HU-Wissenschaftler regel- mäßige Bluttests auf den Weg bringen, die bisher rechtlich nur schwer durchzusetzen waren, da sie aus juristischer Sicht eine Körperverletzung darstellen. Hier ist dem Verbund ein Durchbruch geglückt, indem Strafrecht, Kriminalprävention und Sport- ethik zum selben Ergebnis kommen: Zur Erhaltung des Rechtsgutes „Sport“ erschei- nen Bluttests zumutbar – per Vertrag.

Constanze Haase

www2.hu-berlin.de/translating-doping

Charles Sanders Peirce (1839-1914) war Naturwissenschaftler und Logiker, Erfin- der der Philosophie des Pragmatismus und Schöpfer einer umfangreichen Zei- chentheorie (semeiotic). Die Unterschei- dung von Icon, Index und Symbol des auf dem Campus der Harvard-Universität aufgewachsenen, hoch begabten Theore- tikers hat Schule gemacht.

Umso erstaunlicher ist es, dass das auf insgesamt 30 Bände angelegte Editions- projekt von Peirces Nachlass, das die Texte seiner Manuskripte chronologisch erfasst, seit den 1980er Jahren bis heute erst bei Band 8 angekommen ist. Wer sich aber die bis zu 100.000 handschrift- lich verfassten Manuskriptseiten genauer anschaut, entdeckt beim Durchblättern von Peirces monumentalem handschrift- lichen OEuvre jedoch weit mehr als nur Text. Denn Peirces Notizbücher enthal- ten eine unglaubliche Fülle an ikoni- schen Formen, die über rein textliche Notationen hinausgehen: beiläufig, wie zur Entspannung hingeworfene Rand- zeichnungen, präzise graphische, tabel-

„Ich denke niemals in Worten“

Ein Tableau zum bildnerischen Denken bei Charles Sanders Peirce

larische und diagrammatische Überle- gungen, bis hin zu fein ausgearbeiteten Darstellungen naturwissenschaftlicher Probleme; daneben Fratzen, Masken, Gri- massen und Karikaturen von unmittelba- rer Ausdrucksstärke.

Bemerkenswert ist dabei, dass die Zeich- nungen bisher nicht nur weitgehend von der Forschung ignoriert wurden, sondern noch nicht einmal systematisch erfasst worden sind. Peirces bildnerisches Den- ken scheint sich demnach in die Liste der unzähligen Neuentdeckungen wis- senschaftlicher Werke einzureihen, deren Bilder und Abbildungen allzu lang von den Geisteswissenschaften vernachlässigt worden sind. Vor diesem Hintergrund ist nun erstmals eine Auswahl von 35 seiner Zeichnungen in den Räumen der Kolleg-Forschergruppe „Bildakt und Ver- körperung“ zu sehen, die 2008 von dem Philosophen John Michael Krois und dem

Kunsthistoriker Horst Bredekamp ins Le- ben gerufen wurde. Die im Rahmen ei- nes Workshops zu Peirces bildnerischem Denken präsentierten Reproduktionen aus der Microfilm-Ausgabe der Hough- ton Library der Harvard University sind als Tableau konzipiert, dessen Anord- nung rearrangierbar ist. Der Betrachter ist eingeladen, sich sein eigenes Bild zu machen, um die Zusammenhänge der Bilder zu erforschen.

Franz Engel und Moritz Queisner

Zeichnungen von Charles Sanders Peirce (1839-1914)

Die Tafeln können nach Absprache bis Semesterende besichtigt werden.

Charlottenstraße 42/Ecke Dorotheenstr., 10117 Berlin

Tel. 2093-99150

„Epistemy“, Ms. 1538, undatiert, Houghton Library, Harvard University Repros: Kolleg-Forschergruppe.

Labyrinth mit Minotaurus, Ms. 1521, undatiert, Houghton Library, Harvard University

Fachliche Kompetenzen angehender Mathematiklehrkräfte mittelmäßig

Deutsche Grundschullehrkräfte und Gym- nasiallehrer, die Mathematik als Fach stu- diert haben, zeigen im internationalen Ver- gleich am Ende ihrer Ausbildung gute bis sehr gute Leistungen. Grundschullehrkräfte ohne eine solche Vertiefung sowie Haupt- und Realschullehrer bleiben dagegen hinter vergleichbaren Lehrkräften in anderen Län- dern zurück.

Diese Diskrepanz deckte die internationale Vergleichsstudie TEDS-M (Teacher Educa- tion and Development Study in Mathema- tics) auf, in deren Rahmen mehr als 20.000 Mathematiklehrer im letzten Jahr der Leh- rerausbildung zu ihren fachlichen und di- daktischen Kompetenzen getestet wurden.

„Ein Teil unserer Lehrkräfte wird damit unzureichend auf ihre anspruchsvolle Auf- gabe vorbereitet, Schülerinnen und Schüler zu den staatlich gesetzten Bildungsstan- dards zu führen“, resümiert Sigrid Blöme- ke, HU-Professorin und Leiterin der Studie.

In kaum einem Land zeigen sich so große Unterschiede in den fachbezogenen Kom- petenzen der Lehrkräfte einer Schulstufe wie in Deutschland.

Info: sigrid.bloemeke@staff.hu-berlin.de

Foto: Gießmann

Höher, weiter, schneller durch Tabletten? Foto: photodisc

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Seite 4 HUMBOLDT · 22. April 2010

Campus

Planen in schwierigen Zeiten

Projektmanager aus Kultur und Wirtschaft berichten aus ihrem Arbeitsleben

In der bildungspolitischen Debatte der letz- ten Jahre wird oft bedauert, dass Hoch- schulabsolventen keine oder nur wenige praktische Fähigkeiten in ihr Berufsleben mitbringen. Eine von Studierenden organi- sierte Veranstaltung „Projektmanagement für die Praxis“ im Rahmen eines Career Cen- ter Kurses in Kooperation mit der proventis GmbH bot im März mehr als 60 Unterneh- mensvertretern und Studenten Gelegenheit, sich über das Thema auszutauschen.

Die Grundproblematik des Projektmanage- ments brachte Eiko Feuerhak auf den Punkt:

„Wir haben im Bereich des Bauwesens die Erfahrung gemacht, dass die Termine im- mer straffer werden, die Kosten minimiert werden sollen, aber die Qualität nicht leiden darf.“ Architektin Dana Knauer unterstrich die Wichtigkeit von Projektvorlagen, Ent- scheidungsprotokollen und besonders der Kommunikation. BWL-Student Christian Berger berichtete, dass ihm Wissen im Be- reich Projektmanagement bei der Planung und Durchführung des Fundraising Projekts

„platzstiften.de“ an der Wirtschaftswissen- schaftlichen Fakultät sehr geholfen habe, dessen Initiator er ist.

Am Beispiel des Militärtransportflugzeugs A400M, das von Airbus mit Beteiligung der P3 Ingenieurgesellschaft geplant und gebaut wird, illustrierte Ingenieur Gunnar Dröscher, dass das beste Projektmanagement bei Großprojekten mit höchster Komplexität an seine Grenzen stößt, weil die ursprüngliche Planung durch verteilte gleichzeitige Entwick- lung immer wieder geändert werden muss.

Die Studenten lernten bei der Planung der Veranstaltung zunächst grundsätzliche Techniken zur Steuerung von Projekten un- ter hohen Qualitätsanforderungen, Zeit- und Kostendruck kennen. Ein weiterer Schwer- punkt bestand in der Reflexion der Kommu- nikation in der Gruppe. Einzigartig wurde der Kurs dadurch, dass die Studenten ihr Wissen sofort in praktische Arbeit umsetzen und mit der Planung und Durchführung ei- nes realen Projektes beschäftigt waren. Der nächste Kurs „Projektmanagement“ beginnt am 6. August 2010. Lucia Vachek

www.careercenter.hu-berlin.de

Fallstudienwettbewerb 2010

Die Studentenorganisationen AIESEC und IAESTE organisieren wieder einen Fallstu- dienwettbewerb, genannt Case Study Com- petition. Dieses Jahr wird er am 27. Mai 2010 im Bundespresseamt Berlin stattfinden.

Vier renommierte Unternehmen – Deutsche Telekom, PricewaterhouseCoopers, Deloitte, Ernst & Young – stellen jeweils eine Fallstudie zur Verfügung, die dann von je 15 Studenten in Gruppen bearbeitet und am Ende des Tages präsentiert wird. Im Anschluss wird zu jeder Fallstudie eine Siegergruppe ermittelt.

Diese Veranstaltung bietet Studierenden die Möglichkeit, Kontakt zu hochrangigen Unternehmen zu knüpfen und ihre fachlichen Kompetenzen zu beweisen. Außerdem ist die Teilnahme inklusive Verpflegung für Studie- rende kostenlos.

Bewerbungsschluss ist der 7. Mai 2010.

Bewerbungen: www.aiesec-berlin.de/CSC Katja Schult

Wenn Helge Adleff durch Deutschland reist und sein Produkt in wissenschaftli- chen Institutionen präsentiert, dann hält er ein Gerät in den Händen, das er selbst entwickelt hat – zusammen mit einem Professor vom Institut für Biologie der Humboldt-Universität und seinem Ge- schäftspartner.

Der rechteckige Kasten ist etwa so groß wie ein Schuhkarton, trägt den Schriftzug Acu- ros und ist in der Lage, Flüssigkeitsströme pulsationsfrei zu befördern – eine Eigen- schaft, die im biologischen oder chemi- schen Labor, in der Zellkulturtechnik, Na- noanalytik oder auch bei chemischen Ana- lysen auf einem Mikrochip, eine herausra- gende Rolle spielt. Allerdings gelingt es mit herkömmlichen elektromechanischen Mik- ropumpen aufgrund von Reibungseffekten oder Unregelmäßigkeiten in der Mechanik nicht, einen kontinuierlichen Fließprozess herzustellen. Typische Flussraten bewegen sich zwischen wenigen Nanolitern und ei- nigen Mikrolitern pro Minute. „Es kann zu Ungenauigkeiten kommen, die umso stärker ins Gewicht fallen, je kleiner die Fließgeschwindigkeit ist“, erklärt der Jung- unternehmer.

HumboldtFoto wandert durch Berlin

Alltag und Alltägliches. Ungewöhnliches und Überraschendes. Stille Einsichten und Trubel. So stellt sich die Auswahl an Fotografien dar, die an der Humboldt- Universität in den vergangenen zwei Jah- ren entstanden sind und zu dem Foto- wettbewerb „HumboldtFoto“ eingereicht wurden.

Im 200. Jubiläumsjahr der Universität ist diese Bildauswahl in einer Wanderausstel- lung auf Reisen. Im Abgeordnetenhaus von Berlin wurde sie am 13. April eröff- net. Bis zum 28. April 2010 ist sie dort zu sehen, Abgeordnetenhaus von Ber- lin, Wandelhalle, Niederkirchnerstraße 5, 10117 Berlin, geöffnet Montag bis Freitag, 9 bis 18 Uhr.

Die nächste Station: 4. bis 15. Mai 2010, Campus Adlershof, Erwin-Schrödinger- Zentrum, Rudower Chaussee 26, 12489 Berlin.

Im Rahmen der HU200-Jubiläumswoche vom 20. bis 29. Mai 2010 in den Potsda- mer Platz Arkaden, Alte Potsdamer Stra- ße 7, 10785 Berlin, geöffnet Montag bis Samstag 9 bis 21 Uhr.

Vor Ort und in einer Online-Galerie be- steht die Möglichkeit, einen Publikums- preis zu vergeben, der Ende des Jahres verliehen wird.

www.hu-berlin.de/fotowettbewerb

Flüssigkeitsströme nach dem Osmoseprinzip

Erfindung von „Acuros“ ermöglicht pulsationsfreie Ströme von Flüssigkeiten für Zellkulturtechnik und Nanoanalytik

Auf das Problem in der fluidischen Mik- rotechnik ist Adleff als wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Biologie gesto- ßen, wo er die Porosität von Zellwänden erforscht hat und anfing, eine Mikropumpe zu entwickeln, die ohne mechanische Ele- mente und elektrischen Antrieb funktio- niert. Unterstützt wurde er nicht nur von seinem Professor, Rudolf Ehwald, er kam auch mit Thilo Guschauski in Kontakt, der gerade beim Abschluss seines Maschi- nenbaustudiums war, und sich ebenso wie Adleff eine Unternehmensgründung vor- stellen konnte.

Zusammen haben sie später die Acuros GmbH gegründet hat, die seit 2008 ihren Sitz im Innovations- und GründerZentrum an der Rudower Chaussee am Wissen- schafts- und Technologiestandort Adlerhof hat. Nachdem klar war, dass die Erfindung Innovationspotenzial in sich trägt, haben die beiden Jungunternehmer an EXIST- SEED teilgenommen, einem Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung, mit dem Existenzgründungen aus Hochschulen in der Vorphase fachlich und persönlich unterstützt und finanziell gefördert werden. „Wir haben viel gelernt

und 2006 beim Businessplan-Wettbewerb Berlin-Brandenburg mitgemacht, wo wir unter die ersten Zehn kamen“, erklärt Adleff.

Das Prinzip der Pumpe der Acuros GmbH, die bis zu einem halben Jahr in Funktion sein kann, basiert auf dem Prozess der Osmose. Pflanzen nehmen beispielsweise durch Osmose Wasser in ihr Leitgewebe auf und leiten es von den Wurzeln bis in die Spitze. Die miniaturisierte Pumpe funktio- niert mittels einer Hohlfaser, die sich um ei- nen Behälter mit einem Osmotikum windet und wasserdurchlässig ist. Auf dem Weg durch die Hohlfaser wird die Konzentration der Lösung aufgrund des Osmoseprozesses kontinuierlich verändert, um am Ende in verdünnter Form auf das Reservoir, in dem sich die zu pumpende Flüssigkeit befindet, zu drücken. Das Prinzip der Osmose ist aber nicht nur für den Einsatz in der Labor- technik interessant, auch Patienten können davon profitieren. „Wir bieten auch eine Einwegminipumpe an, die beispielsweise für Schmerzpatienten eine kontinuierliche Medikamentengabe ermöglicht, ohne ihre Mobilität einzuschränken“, erklärt Helge Adleff. Zusammen mit Kooperationspart- nern an der TU Dresden arbeiten die zwei Jungunternehmer außerdem an einem mi- niaturisierten Labor für Zellkulturtechnik, mit der niedergelassene Ärzte in die Lage versetzt werden sollen, Material für kleinere Haut- und Knochentransplantationen her- zustellen. Die beiden Unternehmer arbei- ten hart daran, dass der Schriftzug Acuros in vielen Arztpraxen, die im Bereich der regenerativen Medizin arbeiten, zu lesen sein wird. Ljiljana Nikolic Helge Adleff mit der Mikropumpe, die Flüssigkeitsströme pulsationsfrei befördert.

Fotos: Humboldt-Innovation

Flüsse sind seit Jahrhunderten wichtige Transportadern und nicht zuletzt mitverant- wortlich für die Prosperität vieler Städte in Mittel- und Nordeuropa – man erinnere sich nur an die Hansezeit. Die Binnenschifffahrt ist ein fester Bestandteil zur Bewältigung des Verkehrsaufkommens. Der Transport auf dem Wasser ist wirtschaftlich und um- weltschonend zugleich – ein modernes Bin- nenschiff ersetzt etwa 150 Lastkraftwagen.

Cirka 10.000 Jeanshosen passen in einen 20-Fuß-Container. Doch nicht nur die Lo- gistiknetze befinden sich im Wandel, auch Hafenstandorte und Wasserstraßen müssen den neuen Ansprüchen genügen. Mit einer Verbreiterung der Kanäle, dem Bau größe- rer Schleusen, der Erhöhung von Brücken und der Verlagerung von Hafen standorten aus den historischen Zentren sollen diese ehrgeizigen Ziele erreicht werden.

Akademische Kreuzfahrt von Rotterdam nach Berlin

Geographiestudenten erkunden europäische Hafenstandorte vor dem Hintergrund des Strukturwandels Champagnisch, Wallonisch, Normannisch,

Pikardisch: Die Franzosen sprechen viele Dialekte. Letzterer, das Pikardische, ist eine nordfranzösische Regionalsprache; sie wird in der Picardie, dem Artois, in Französisch- Flandern und in Belgien im Westen Wallo- niens gesprochen.

Studentin Annette Hilscher hat sich dem Pikardischen im wahrsten Sinne des Wortes verschrieben – ihre Bachelorarbeit wird eine soziolinguistische Studie über die pikar- dische Sprache, mit besonderem Schwer- punkt auf Spracherwerb, Sprachkompetenz und dem kulturellen Leben. „Französische Regionalsprachen sind heute fast vollstän- dig durch das Hochfranzösisch verdrängt.

Deshalb entstehen wie beim Pikardischen nur regionale Akzente, so genannte Aus- sprachevarianten mit einer eigenen Lautent- wicklung und Besonderheiten in Wortschatz und Grammatik“, erklärt die Studentin der Romanistik und Sozialwissenschaften.

Um zu analysieren, wie dieser Dialekt wei- tergegeben wird, hat die 23-Jährige in Schu- len und der Université de Picardie hospi- tiert. Sie führte Interviews mit Lehrern und

Christoph Heyl: Unter den Linden II

Die Exkursiongruppe auf dem Reiseschiff MS Fluvius im Rotterdamer Hafen. Foto: privat

sowie aktiver (Sprechen und Schreiben) und passiver Sprachkompetenz (Hör- und Leseverstehen). „Pikardisch war lange eine mündliche Sprache – zu Hause in der Fami- lie oder beim Kommunizieren mit Freun- den. In der alltäglichen Kommunikation ist es heute weitgehend verloren gegangen.“

Dennoch hat sie einen Aufschwung der Regionalsprache festgestellt. „Es gibt Un- mengen Autoren, die wieder auf Pikar disch schreiben. Asterix und Obelix und ‚Der kleine Prinz’ wurden ins Pikardische über- setzt; Theater- und Musikgruppen gründen sich verstärkt“, erzählt Hilscher. Die Basis ist der kulturelle Wert der Sprache: Er wird mit Heimat, Kultur und Gemeinschaft ver- bunden.

Dass sich eine Deutsche aus Berlin für ihre Sprache interessiert, fanden die Nordfranzo- sen so prestigeträchtig, dass ein Team vom Dritten Französischen Fernsehprogramm eine Reportage über Annette Hilschers For- schungen drehte. „Ich vermute, die Franzo- sen betrachten meine Arbeit als Form einer erfolgreichen europäischen Integration“,

sagt sie. Constanze Haase

Asterix und Obelix auf Pikardisch

Studentin Annette Hilscher untersucht die Vitalität der französischen Regionalsprache Schülern, aber auch Aktiven des kulturellen

Lebens, wie Buchhändlern, Musikern und Schriftstellern. „Mein großes Glück aber war, dass ich zum 30-jährigen Jubiläum der Zeitschrift ,Ch’Lanchron´ einen Fragebogen beilegen durfte, der an 1.500 Haushalte ver- schickt wurde“, sagt die Studentin. Einen ersten Kontakt hatte ihr betreuender Profes- sor, Peter Stein, vom Institut für Romanis- tik hergestellt. 180 ausgefüllte Fragebögen kamen zurück – derzeit wertet Annette Hilscher die Antworten aus, im Mai wird sie die Arbeit abgeben. „Im Pikardischen gibt es keine einheitliche Orthografie, da über die Hälfte aller Befragten den Dialekt münd- lich, beispielsweise über die Großeltern, bei- gebracht bekommen“, sagt die angehende Absolventin über ihre Ergebnisse.

Sie will Antworten finden auf die zentrale soziolinguistische Fragestellung nach Jos- hua Fishman, einem amerikanischen So- ziolinguisten: Wer spricht welche Sprache wann und mit wem? Annette Hilscher un- terscheidet zwischen formalisiertem – etwa über den Wahlunterricht – und informellem Spracherwerb über Familie und Freunde,

Vor diesem Hintergrund bereisten Studie- rende der Humboldt-Universität und der Universität Tübingen zwei Wochen unter Leitung der Wirtschaftsgeographen Sebas- tian Kinder, Lech Suwala und Dennis Klo-

se auf einem Binnenschiff Flüsse, Kanäle, Hafenstädte und trafen dabei auf Experten aus Politik, Wirtschaft und Wissenschaft, die zum Thema Strukturwandel Rede und Antwort standen.

Dabei wurde analysiert, welche Potenziale sich im Güterverkehr durch den Ausbau der Wasserwege ergeben oder welche Nachnut- zungsmöglichkeiten für ehemalige inner- städtische Hafenstandorte vorhanden sind.

Während in Rotterdam beispielsweise auf einem ehemaligen Hafengelände ein hoch- moderner Dienstleistungsstandort mit preisgekrönten Prestigebauten von Rem Koolhaas und Norman Foster entsteht, wird in Duisburg am Innenhafen oder in Müns- ter am Stadthafen versucht, durch kreati- ve Industrien eine Wiederbelebung dieser Quartiere durch Künstler, Musiker, Archi- tekten unter Erhaltung der historischen Bausubstanz voranzutreiben. Die Ergeb- nisse werden in einem Projektbericht und mehreren Publikationen münden.

Lech Suwala

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HUMBOLDT · 22. April 2010 Seite 5

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Ein Statistiker der ersten Stunde

Zum Gedenken an Ladislaus von Bortkiewicz wurde ein Lehrstuhl eingerichtet

Ladislaus von Bortkiewicz hielt fast 30 Jahre lang im Gebäude Unter den Linden seine Vorlesungen und war auch in der Span- dauer Straße tätig – im gleichen Gebäude befindet sich heute der nach ihm benannte Lehrstuhl. Der Ladislaus von Bortkiewicz Chair of Statistics am Centre for Applied Statistics and Economics (C.A.S.E.) wurde 2009 in der Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät eingerichtet. Im Januar wurde die Benennung feierlich bekannt gegeben.

Als Kind polnischer Eltern wurde Ladislaus von Bortkiewicz am 7. August 1868 in St.

Petersburg, der Hauptstadt des Russischen Zarenreiches geboren. Er erhielt eine aus- gezeichnete Schulbildung und studierte Jura, anschließend Staatswissenschaften beziehungsweise Nationalökonomie, Sta- tistik und Mathematik an der Universität Göttingen. Von 1895 bis 1897 bereitete er seine Habilitation an der – damals Preußi- schen – Universität Straßburg vor und wur- de Privatdozent. Sein besonderes Interesse an Statistik wurde von seinem Doktorvater in Göttingen, dem berühmten Wilhelm Le- xis, geweckt. In Straßburg beeinflusste ihn Georg Friedrich Knapp.

Mit seinem 1898 publizierten Büchlein

„Das Gesetz der kleinen Zahlen“ wurde Bortkiewicz weltweit bekannt. In dieser Broschüre behandelte er vor allem die Poisson-Verteilung. Nach seiner Habilita- tion kehrte er nach St. Petersburg zurück und arbeitete für die Eisenbahn, bis er die Chance erhielt, in Berlin zu wirken – und fast 30 Jahre lang blieb.

Ladislaus von Bortkiewicz war ein außerge- wöhnlicher Ökonom, Statistiker und Ma- thematiker. Er lehrte sowohl an der Fried- rich-Wilhelms-Universität als auch an der

1906 gegründeten Berliner Handelshoch- schule. 1901 wurde er außerordentlicher Professor für Staatswissenschaft und Sta- tistik an der Berliner Universität. Von 1913 bis 1931 war er einer der vier Direktoren des Staatswissenschaftlich-Statistischen Se- minars; zusammen mit Max Sering, Hein- rich Herkner und Ludwig Bernhard. Erst 1920 erhielt er eine ordentliche Professur, ein persönliches Ordinariat, was dazu führ- te, dass es ab 1931 keine Professur für Sta- tistik mehr gab, da diese nach seinem Tod nicht wieder besetzt werden konnte. Von 1906 bis zum Wintersemester 1922/23 war Ladislaus von Bortkiewicz außerdem Pro- fessor für Mathematik und Statistik an der Handelshochschule Berlin – der heutigen Wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät.

Der Ökonom Ladislaus von Bortkiewicz (1868-1931) Abb: Porträtsammlung UB

Kubanische Sommer-Filmreihe

Am 23. April startet mit dem preisgekrönten Melodram Erdbeer und Schokolade (Original- titel: Fresa y chocolate) des kubanischen Re- gisseurs Tomás Gutiérrez Alea aus dem Jahr 1993 eine Filmreihe der HU und der Botschaft Kubas. „Mit der Sommer-Filmreihe haben wir ein kleines feines Programm aufgelegt, das uns die vielfältigen Aspekte der kubanischen Kultur und des gesellschaftlichen Lebens der Karibik-Insel auf unterhaltsame und intelli- gente Weise näherbringt“, sagt Ursula Hans, Leiterin der Abteilung Internationales. Im September 2010 ist eine wissenschaftliche Studienreise von „Humboldt Exkursionen“

nach Kuba geplant: Der Archäologe Veit Stür- mer wird einen kurzen Einblick in das Pro- gramm der Reise geben.

Die Veranstaltung beginnt um 19 Uhr im Foyer des Kinosaals, Hauptgebäude, Unter den Linden 6.

Korruption beleuchten

Die Mosse-Lectures im Sommersemester Korruption schafft eigene Systeme von Ab- hängigkeiten, etwa bei der Mafia. Im unter- nehmerischen Bereich schafft sie Marktantei- le und sichert Arbeitsplätze, im Sport sorgt sie für Höchstleistungen, oft allerdings im Schatten von Dopingaffären. Ist diese Dyna- mik von Korruption nicht nur ein Störfall der Gesellschaft, sondern ihr fester Bestandteil, ein Streit der Gesellschaft mit sich selbst?

Die Mosse-Lectures, präsentiert vom Institut für deutsche Literatur, werden diesen Fragen nachgehen.

Den Auftakt am Donnerstag, 29. April 2010, 19 Uhr c.t., macht Stephan A. Janse, Präsi- dent der Zeppelin Universität, Professor für strategische Organisation und Finanzierung zu „Tabuisierung, Medialisierung und Morali- sierung der Korruption“, Senatssaal, Haupt- gebäude, Unter den Linden 6.

Weitere Termine: www.mosse-lectures.de

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Im Vorlesungsraum 109 hing viele Jahre ein Portrait von ihm. Aber im Februar 1938 hatte der Pedell (wir würden heute Haus- meister sagen) dem Direktor berichten müssen, dass das Portrait „verschwunden“

war. Er merkte an, dass das Portrait ver- mutlich gestohlen wurde, „weil die Täter annahmen, er sei nicht deutschblütig“ ge- wesen.

Ladislaus von Bortkiewicz arbeitete zu sehr verschiedenen Gebieten, zur klassischen Ökonomie und zur Bevölkerungsstatistik, außerdem zur Wahrscheinlichkeitstheorie, mathematischen Ökonomie und physika- lischen Statistik. Er leistete wesentliche Beiträge zur Entwicklung all dieser Gebiete und manche seiner Publikationen wurden zu klassischen Arbeiten in der mathema- tischen Statistik. Leider publizierte er vie- le seiner Arbeiten in unterschiedlichsten Zeitschriften, und schon seine Kollegen beklagten, dass er keine Werkausgabe hin- terließ. Neben vielen anderen wurde Bort- kiewicz von zwei Kollegen wertgeschätzt, die wegen des NS-Regimes ins Exil getrie- ben wurden: von dem Wiener Ökonomen Joseph Schumpeter und dem Heidelberger Mathematiker Emil Julius Gumbel; dieser hatte sich 1931 vergeblich um die Nachfolge als Professor in Berlin beworben. Im Exil in den USA verfassten Schumpeter und Gumbel Skizzen zum Werk von Ladislaus von Bortkiewicz und erinnerten an ihn und sein Werk, insbesondere zur politischen Ökonomie.

Ladislaus von Bortkiewicz lebte in Berlin- Halensee und verstarb nach langer Krank- heit am 15. Juli 1931. Die zahlreichen Nach- rufe in Berliner Tageszeitungen zeugen von seiner Berühmtheit.

Annette Vogt und Wolfgang Härdle

Tipps & Termine

23.04.2010

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SAY HI TO BERLIN!

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Johannisstraße 2, 10117 Berlin Einlass ab 22.00 Uhr

Eintritt 5,00 | 7,00 Euro

www.international.hu-berlin.de/orbis

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