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Archiv "Ethikkommissionen: Problem der Haftung weiter ungelöst" (10.12.2004)

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uch wenn Menschenwürde nicht in jeder Körperzelle vorhanden sei, sei die Einrichtung einer Bio- bank dennoch durchaus regulierungs- bedürftig, sagte Prof. Dr. iur. Jochen Taupitz, Mannheim, auf der Jahresver- sammlung der Medizinischen Ethik- Kommissionen Mitte November in Ber- lin. Denn schließlich seien Biobanken nicht nur Hoffnungsträger für die medi- zinische Forschung, sie lösten auch Ängste und Misstrauen aus. Diesen Sor- gen müsse durch eine Regelung zu Bio- banken Rechnung getragen werden.

Taupitz, der auch Mitglied des Nationa- len Ethikrats ist, stellte die Empfehlun- gen dieses Gremiums vor.

Im Vordergrund steht für den Natio- nalen Ethikrat der Schutz des Spen- ders.Wichtigster Bezugspunkt aller Re- gelungsvorschläge sei das Selbstbestim- mungsrecht des Menschen. „Daraus folgt, dass die Entnahme von Körper- substanzen aus seinem Körper und die Gewinnung personenenbezogener Da- ten, um beide anschließend in Bioban- ken für medizinische Forschungs- zwecke zu nutzen, einer Einwilligung des Betroffenen bedarf.“ Allerdings darf an bereits vorhandenen Blut- oder Gewebeproben auch ohne Zustim- mung geforscht werden, wenn die Pro- ben anonymisiert oder so verschlüsselt sind, dass keine Rückschlüsse mehr auf Spender oder Spenderin zu ziehen sind.

Spender sollten ganz allgemein in die Nutzung ihrer Proben und Daten zum Zweck der medizinischen Forschung einwilligen können, erläuterte Taupitz.

Voraussetzung für die Entnahme und Nutzung von Proben und Daten nicht- einwilligungsfähiger Patienten müsse sein, dass sie so weit wie möglich ihre

Zustimmung gegeben hätten. Für den Nichteinwilligungsfähigen entscheide nach erforderlicher Aufklärung grund- sätzlich sein gesetzlicher Vertreter oder Bevollmächtigter.

Auch die Firma Lilly Pharma Hol- ding GmbH hat sich für die Einrichtung ihrer Biobank Regeln auferlegt, die der Medical Director der Lilly GmbH, Dr.

med. Hans-Joachim Weber, erläuterte.

So seien alle Proben und Patientenda- ten bei der von Lilly Deutschland ein- gerichteten Biobank anonymisiert so- wie aufwendig verschlüsselt. Eine Ent- schlüsselung sei praktisch unmöglich.

Die Patienten würden ausführlich über das Projekt, das Projektziel, die Blut- entnahme und die damit verbundenen Risiken informiert.

Anschlussgesetzgebung

Mit der zwölften Novelle zum Arznei- mittelgesetz (AMG) und der Verord- nung über die Anwendung der Guten Klinischen Praxis bei der Durchführung von klinischen Prüfungen mit Arznei- mitteln wurde im August die Richtlinie 2001/20/EG in deutsches Recht umge- setzt – ein weiteres wichtiges Thema für den Arbeitskreis. So stünden nach Ab- schluss der bundesgesetzlichen Neuord- nung die Anschlussgesetzgebung der Bundesländer sowie die Lösung des Haftungsproblems der Haftung der Trä- ger von Ethikkommissionen und deren Mitglieder aus, berichtete der Vorsitzen- de des Arbeitskreises, Prof. Dr. med. El- mar Doppelfeld. Nach Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens habe der Vor- stand zum Punkt Haftung die Vorsitzen- de der Konferenz für Kultusminister so-

wie die Wissenschaftsminister der Bun- desländer schriftlich gebeten, für eine bundeseinheitliche, die berechtigten Befürchtungen zerstreuende Lösung Sorge zu tragen. Die Angesprochenen hätten höflich und zustimmend geant- wortet, „warten wir die Taten ab“. Die mit der 12. AMG-Novelle geänderte Funktion der Ethikkommissionen habe bei Trägern Überlegungen ausgelöst, ob das bisherige System nicht durch eine andere Lösung ersetzt werden sollte.

Dazu Doppelfeld: „Wenn die nach gel- tendem Landesrecht bei medizinischen Fakultäten und Ärztekammern gebilde- ten Ethikkommissionen ihre Zuständig- keit für die klinische Prüfung von Arz- neimitteln – in manchen Bereichen zwi- schen 80 und 100 Prozent ihrer Tätigkeit – aufgeben, gefährden sie ihren Bestand und jede Art von Einfluss auf diesen umfangreichen Teil der Forschung.“

Ist bei Randomisierungen klinischer Studien an nichteinwilligungsfähigen Notfallpatienten die mutmaßliche Ein- willigung ausreichend? Nein – lautete die eindeutige Antwort von Prof. Dr. jur.

Michael Köhler, Hamburg. Er beruft sich dabei auf eine Entscheidung des Bun- desgerichtshofs in Strafsachen (BGHSt):

„Im Hinblick auf den Vorrang des Selbstbestimmungsrechts des Patienten ist der Inhalt des mutmaßlichen Willens in erster Linie aus den persönlichen Umständen des Betroffenen, aus seinen individuellen Interessen,Wünschen, Be- dürfnissen und Wertvorstellungen zu er- mitteln. Liegen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass sich der Patient anders entschieden hätte, wird davon auszuge- hen sein, dass sein (hypothetischer) Wil- le mit dem übereinstimmt, was gemein- hin als normal und vernünftig angese- hen wird.“ (Zitat aus BGHSt 35, 246 ff.;

45, 219 ff.) Vom mutmaßlichen Willen bei nichteinwilligungsfähigen Notfallpati- enten kann Köhler zufolge nicht ausge- gangen werden, eine Bereitschaft zur Fremdnützigkeit lasse sich nicht feststel- len. Ausnahmen bestünden nur dann, wenn die Alternativen schlechter oder gleichwertig seien. „Man sollte überle- gen, ob man medizinischen Fortschritt nicht auch ohne Randomisierung errei- chen kann.“ Gisela Klinkhammer P O L I T I K

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A3392 Deutsches ÄrzteblattJg. 101Heft 5010. Dezember 2004

Ethikkommissionen

Problem der Haftung weiter ungelöst

Mit der zwölften AMG-Novelle, Biobanken und klinischen Studien an nichteinwilligungsfähigen Notfallpatienten beschäf- tigte sich der Arbeitskreis Medizinischer Ethik-Kommissionen.

Die Empfehlung des Nationalen Ethikrates zu Biobanken kann abgerufen werden unter www.aerzteblatt.de/plus5004.

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