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ereits vor mehr als zehn Jahren – unmittelbar nach der Wende – nah- men die Sächsische Landesärzte- kammer und die polnische Niederschle- sische Ärztekammer Breslau mitein- ander Kontakt auf. Damals hatten sich beide gerade unter neuen, frei- heitlich-demokratischen Bedingungen etabliert. In diesem Jahr veranstal- ten die Partnerkammern auf Anregung des polnischen Kammerpräsidenten, Dr. med. Wlodzimierz Bednorz, nun erstmals ein deutsch-polnisches Sym- posium. Es wird vom 14. bis 16.September 2001 in Kreisau/Krzy ·zowa stattfinden. „Dieses Symposium soll ein Höhepunkt unserer Zusammen- arbeit werden“, betonte Prof. Dr. med.
Jan Schulze, Präsident der Sächsischen Landesärzte- kammer. „Dem Motto ,Vergangenheit verstehen – Zukunft gestalten‘ ent- sprechend, wollen wir ei- nen großen Bogen aus der Vergangenheit über das Heute in die Zukunft schla- gen.“
Der Tagungsort Kreisau/
Krzy ·zowa wurde bewusst gewählt. Denn er ist als Ort des antifaschistischen Widerstandes für Polen und Deutschland gleicher- maßen bedeutungsvoll. Im Jahre 1867 wurde das
Kreisauer Gut vom Generalfeldmar- schall Helmuth von Moltke gekauft.
Der letzte deutsche Besitzer des Gu- tes, Helmuth James Graf von Moltke, gründete eine Widerstandsgruppe im
nationalsozialistischen Deutschland, den
„Kreisauer Kreis“. Diesem diente das Gut seit 1940 als geheimer Treffpunkt, an dem Oppositionelle verschiedener
Bekenntnisse und politischer Überzeu- gungen über die Gestaltung eines de- mokratischen Deutschland nach dem erhofften Ende des Hitlerregimes dis- kutieren konnten.
Auch in jüngster Zeit wurde das Kreisauer Gut für Begegnungen ge- nutzt: Im November 1989 nahmen der polnische Premierminister Tadeusz
Mazowiecki und der deutsche Bundes- kanzler Helmut Kohl in Kreisau an ei- ner deutsch-polnischen Versöhnungs- messe teil. „Wir sind sicher, dass der Geist dieser inzwischen hervorragend restaurierten Begegnungsstätte die Teil- nehmer des Symposiums in- spirieren wird, Ideen und Lösungsmöglichkeiten für zukünfige Projekte zu fin- den“, sagte Schulze. „Ver- gangenheit kann man nicht bewältigen, aber man sollte versuchen, sie zu verstehen, um dadurch Vorurteile ab- zubauen und gegenseitiges Verständnis und Toleranz zu erreichen.“
Ehemalige Ärzte der Uni Breslau gesucht
Um ein möglichst authentisches Bild von der damaligen Zeit zu erhalten und dieses der heuti- gen Generation zu vermitteln, sucht die Sächsische Landesärz- tekammer Ärztinnen und Ärzte, die bis 1945 an der Medizini- schen Fakultät der Universität Breslau gewirkt haben. Sie wer- den gebeten, Auskunft über ih- re Tätigkeit dort sowie ihre spätere Arbeit zu geben.* Trotz der wechselnden Herrschaft in Nieder- schlesien als Grenzregion zwischen Po- len und Deutschland (österreichisch, preußisch, deutsch, polnisch) sind die medizinischen Leistungen der Univer- sität Breslau beeindruckend. Diese sol- len unter anderem mit dem Symposium den deutschen und polnischen Ärzten näher gebracht werden. ER
Deutsches Ärzteblatt½½Jg. 98½½Heft 19½½11. Mai 2001 AA1233
Deutsch-polnisches Symposium
„Vergangenheit verstehen – Zukunft gestalten“
Die Sächsische Landesärztekammer und die Niederschlesische Ärztekammer Breslau wollen intensiver zusammenarbeiten.
* Ärzte, die bis 1945 an der Universität Breslau gewirkt haben, oder deren Nachkommen werden gebeten, sich an die Sächsische Ländesärztekammer, Schützenhöhe 16, 01099 Dresden, zu wenden, Telefon:
03 51/8 26 73 10.
Das Gut in Kreisau repräsentiert gleichermaßen deutsche und polnische Vergangenheit. Es war Treffpunkt einer Widerstandsgruppe gegen den
Nationalsozialismus. Fotos: Prospekt
T H E M E N D E R Z E I T