U
nter dem Namen „Medi Deutschland“ haben sich am 19. Juli in Stuttgart Ärzte- verbünde aus den Bezirken von zwölf Kassenärztlichen Vereinigungen (KVen) zu ei- nem bundesweiten Dachver- band zusammengeschlossen.Zu den Gründungsmitglie- dern zählen die Medi-Verbün- de aus Baden-Württemberg, Pfalz, Trier, Mecklenburg- Vorpommern, Berlin und Hessen. Dem Dachverband gehören ferner an: die Nord- badische Ärzteinitiative (NAI), die MedUnion Rheinland- Pfalz und der Landesverband der Praxisnetze Westfalen- Lippe. Nach Angaben von Medi Deutschland werden die Interessen von mehr als 10 000 niedergelassenen Ärz- ten in der neuen Organisation
vertreten. „Wir wollen eine innerärztliche Kraft werden, die sich auf fachübergreifen- de Netze und starke Verbün- de auf Landesebene stützt“, sagte Dr. Werner Baumgärt- ner, Chef des Medi-Verbunds Nord-Württemberg. Baum- gärtner, gleichzeitig Vorsit- zender der KV Nord-Würt- temberg und Mitglied im Vor- stand der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, wurde auf der Klausurtagung zum kommissarischen Sprecher von Medi Deutschland ge- wählt. Sein Stellvertreter ist Dr. Wolfgang Mitlehner, Lun- genfacharzt aus Berlin. Im September soll ein geschäfts- führender Vorstand gewählt werden. Dort sollen alle re- gionalen Medi-Verbünde ver- treten sein, um gemeinsam
Ziele und Tätigkeiten auf Bundesebene festzulegen und zu koordinieren. Aufgabe von Medi Deutschland wird es auch sein, die Mitgliedsorga- nisationen bei Verträgen mit Krankenkassen und privaten Krankenversicherungen auf regionaler Ebene zu unter- stützen, zum Beispiel bei Be- handlungsprogrammen für chronisch Kranke (DMP), oder eigene medizinische Qualitätsstandards für die Patientenversorgung zu defi- nieren.
Auf der Basis der von Re- gierung und Opposition erar- beiteten Eckpunkte zur Ge- sundheitsreform wird der Kompetenzverlust der KVen zwar nicht allzu drastisch aus- fallen, doch will Medi Deutsch- land für den Fall gewappnet sein, dass das Kollektivver- tragssystem weiter ausgehöhlt wird. „Wir wollen im Fall einer Schwächung der KVen als Me- di-Verbund die wohnortnahe ambulante Versorgung unserer Patienten sichern“, betonte Mitlehner. Die Notwendigkeit einer starken Parallelorganisa- tion zur KV, die deren Aufga- ben im Notfall übernehmen kann, war der entscheidende Grund für die Nordbadische Ärzteinitiative, sich an der Gründung von Medi Deutsch- land zu beteiligen. „Wir wer- den in Zusammenarbeit mit dem Medi-Verbund die beson- dere nordbadische Position vertreten – aber wir wissen auch, dass die Aufgaben, die sich uns stellen, nicht an den Grenzen der Regionen en- den“, so der NAI-Vorsitzende Ekkehard Ruebsam-Simon.
A K T U E L L
A
A2046 Deutsches ÄrzteblattJg. 100Heft 31–324. August 2003
D
ie Hausärzte sollten in Zu- kunft mit einem Vertreter im Vorstand der Bundesärzte- kammer (BÄK) repräsentiert sein, kündigte BÄK-Präsident Prof. Dr.
Jörg-Dietrich Hop- pe auf dem Bayeri- schen Hausärztetag in Offenberg (18. bis 19. Juli) an. Hoppe gab damit Überle- gungen wieder, die in der BÄK beim jüng- sten Deutschen Ärz- tetag diskutiert wur- den, bisher aber noch nicht abge- schlossen sind. Hop- pe reagierte damit auf die Kritik des
Vorsitzenden des Bayerischen Hausärzteverbands, Dr. Wolf- gang Hoppenthaller, am Aus- gang der Wahl zum BÄK-Vor- stand im Mai dieses Jahres, bei der kein Vertreter der Haus- ärzte gewählt wor- den war.
Der bayerische Hausärzte-Vorsit- zende nahm das Signal zwar positiv auf, machte aber deutlich, dass seiner Meinung nach „ei- gentlich drei Vor- standsposten bei der Bundesärzte- kammer regelhaft von Hausärzten be-
setzt werden müssten“. Hop- penthaller übte zudem grund- sätzliche Kritik an der Politik der ärztlichen Körperschaften.
Ein wesentlicher Teil der aktuellen gesundheitspoliti- schen Vorhaben der Regie- rung sei die Antwort auf die Ineffektivität der eigenen Kör- perschaften.
Bundesärztekammer und Landesärztekammern hätten die hausärztliche Versorgungs- ebene lange Jahre im Abseits gehalten. Es habe 25 Jahre ge- dauert, bis die Weiterbildung zum Allgemeinarzt Vorausset- zung für die sozialrechtliche Tätigkeit als Hausarzt wurde.
Auch die Honorar- und Struk- turpolitik der Kassenärztli- chen Bundesvereinigung und der Kassenärztlichen Vereini- gungen sei gegen die hausärzt- lichen Interessen gerichtet ge- wesen. Bei der Einführung der Chipkarte habe man der „gol- denen Patientenfreiheit“ das Wort geredet und damit den Hausarzt an den Rand der am-
bulanten ärztlichen Versor- gung gedrängt.
Neue Berechnungen der KV Bayerns belegten das Aus- maß der durch „Doppelunter- suchungen und unkontrollier- baren Arzneiverordnungen“
verursachten Kosten. Danach suchen in Bayern pro Quartal 1,6 Prozent der Patienten sie- ben und mehr Ärzte auf. Für diese Patienten entstünden Honorarkosten von 356 Millio- nen Euro (auf den Bund hoch- gerechnet 2,38 Milliarden Eu- ro) sowie Arzneimittelkosten von 150 Millionen Euro (Bund:
eine Milliarde Euro). Auch der sich abzeichnende Hausärzte- Mangel sei „ein hausgemach- tes Problem unserer Körper- schaften“. Dass es auch anders gehe, zeige das Beispiel der KV Bayerns. Hier habe sich eine faire und konstruktive Partner- schaft zwischen Haus- und Fachärzten entwickelt, die zu einem Konsens für ein haus- arztzentriertes Versorgungssy- stem geführt habe.
Medi-Verbünde
Dachverband gegründet
Mit Medi Deutschland soll die ärztliche Position im Wettbewerb bundesweit gestärkt werden.
Bayerische Hausärzte
Kritik an den Körperschaften
Hoppenthaller wirft Kammern und KVen Vernachlässi- gung von Hausarztinteressen vor.
Dr. med. Werner Baumgärtner
Dr. med. Wolfgang Hoppenthaller
Foto:Bernhard Eifrig
Foto:Bernhard Eifrig