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Archiv "Nachweis von Drogen und Medikamenten im Urin mittels Schnelltests" (25.04.2003)

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E

ine Vielzahl von Pharmaka wird von Gesunden und Kranken ein- genommen. Sie werden mehr oder minder stark metabolisiert und unter- schiedlich schnell eliminiert. Beim Drogennachweis soll die missbräuchli- che Zufuhr von bestimmten, ver- schreibungspflichtigen Arzneimitteln, wie zum Beispiel Benzodiazepinen oder Opiaten, aber auch von illegalen Drogen (nicht verkehrsfähige und nicht verschreibungsfähige Pharma- ka) erfasst werden. Insgesamt handelt es sich um circa 200 verschiedene Sub- stanzen, die im menschlichen Organis- mus in eine Vielzahl von Abbaupro- dukten umgewandelt werden. Beim üblichen Drogennachweis im Urin spielen diese renal eliminierten Meta- bolite eine besondere Rolle. Nur für wenige Verbindungen sind Immunoas- says verfügbar, die spezifisch die je- weilige Substanz nachweisen, zum Beispiel Benzoylecgonin (aus Ko- kain). Überwiegend werden so ge- nannte Gruppentests eingesetzt, die möglichst empfindlich die vielen ver- schiedenen Vertreter dieser Gruppe, zum Beispiel Benzodiazepine, und ins- besondere deren Metaboliten nach- weisen sollen. Die Lösung dieser Auf- gabe stellt sehr hohe Anforderung an die Schnelltests und an die Untersu- cher.

Die Schnelltests werden eingesetzt von niedergelassenen Ärzten, bezie- hungsweise ihren Mitarbeitern, in ver- schiedensten ambulanten Einrichtun- gen, unter anderem in Methadon-Sub- stitutionsprogrammen zur Erkennung von Beigebrauch, zur Überwachung der Entzugsbehandlung, im Strafvoll- zug, aber auch von der Polizei zum Beispiel bei Verkehrskontrollen.

Entscheidungsgrenzen

Die Schnelltests orientieren sich bezüglich der Entscheidungsgrenzen in der Regel an den Vorgaben von SAMHSA (Substance Abuse and Mental Health Services Administrati- on, USA) (Tabelle). Die Vorgabe ist je- doch häufig nur für eine bestimmte Substanz der Gruppe realisiert. Die Empfindlichkeit für andere Vertreter der Gruppe ist oft anders, meist schlechter und unterschiedlich für die Schnelltests der verschiedenen Her- steller. Die Entscheidungsgrenze 300 µg/L für Amphetamin bedeutet kei- nesfalls das Ecstasy (zum Beispiel Me- thylendioxyamphetamin MDA) eben- falls bei einer Konzentration ⭓ 300 µg/L in der Regel nachgewiesen wird (3). Aufgrund dieser mangelnden Standardisierung der Verfahren kann die identische Urinprobe je nach ver- wendetem Schnelltest einen positiven, aber auch einen negativen Befund er- geben.

Die Festlegung der Entscheidungs- grenzen differenziert nicht nach Fra- gestellung und ist so gelegt, dass die Zahl falschpositiver Befunde klein ist.

Bei Benzodiazepinen ist die Entschei- dungsgrenze hoch angesetzt (zum Bei- spiel 200 µg/L), damit die weit verbrei- tete Einnahme geringer Dosen klassi- scher Benzodiazepine einen negativen Befund ergibt. Es wird bei diesen (amerikanischen) Vorgaben überse- hen, dass in Europa vielfach neuere Benzodiazepine mit viel stärkerer Wir- kung eingesetzt werden, zum Beispiel Flunitrazepam, die niedrig dosiert wer- den, in entsprechend niedriger Kon- zentration im Urin vorliegen und so leicht dem Nachweis entgehen (4).

Beim Nachweis von Cannabinoiden werden unterschiedliche Entschei- dungsgrenzen (25, 50 und 100 µg/L) verwendet. Da der Verzehr von Mohn-

Nachweis von Drogen

und Medikamenten im Urin mittels Schnelltests

Zusammenfassung

Der Nachweis von Pharmaka mit Schnelltests ist scheinbar leicht durchführbar. In Wirklich- keit müssen zahlreiche Aspekte berücksich- tigt werden, um falschpositive und falschne- gative Befunde zu vermeiden beziehungs- weise zu erkennen: Präanalytik, Nachweis- grenze und Entscheidungsgrenze der Verfah- ren, Empfindlichkeit gegenüber Metaboliten der Ausgangssubstanz, Qualitätssicherung der Messresultate, Auswertung und Beurtei- lung. Vor diesem Hintergrund werden Emp- fehlungen zum Einsatz der Schnelltests gege- ben.

Schlüsselwörter: Droge, Schnelltest, Entschei- dungsgrenze, Glukuronid, Qualitätssicherung, Bestätigungsanalyse, Benzodiazepin, Gruppen- test, Kreuzreaktion

Summary

Rapid Urinary Drug Screening

The detection of drugs with test strips is of- ten considered to be simple. But, in reality, many aspects have to be taken into account to minimize the number of falsely positive or falsely negative findings: preanalytical pit- falls, e.g. adulterants, detection limit and cut- off values, crossreactivity with regard to me- tabolites of the drug excreted in urine, quali- ty assurance, assessment and interpretation of findings. Recommendations for optimal use of test strips for drug screening are given.

Key words: drug, test strip, cut-off value, me- tabolite, quality assessment, confirmation test, benzodiazepine, group test, cross reac- tivity, drug screening

Klinische Chemie (Leiter: Prof. Dr. med. Wolf-Rüdiger Külpmann), Medizinische Hochschule, Hannover

Wolf-Rüdiger Külpmann

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samen zu einem positiven Opiatnach- weis führen kann, wird für diese Grup- pe neben bisher 300 µg/L eine Ent- scheidungsgrenze von 2000 µg/L vor- geschlagen. Die Situation wird noch dadurch kompliziert, dass die einzel- nen Verfahren in unterschiedlicher Weise durch andere Substanzen ge- stört werden können.

Hydrolyse

Bestimmte Verbindungen, zum Bei- spiel Morphin oder Benzodiazepine, werden überwiegend in Form der Glu- kuronide ausgeschieden. Die Schnell- tests erfassen die Glukuronide nicht oder schlecht und beinhalten generell keinen Hydrolyseschritt, sodass sie in praxi sehr viel unempfindlicher sind, als die Angaben vermuten lassen. Die Werte gelten stets für die unkonjugier- te Muttersubstanz.

Qualitätssicherung

Die meisten Schnelltests lassen durch Auftreten einer Kontrolllinie erken- nen, dass der Analysenvorgang regel- recht abgelaufen ist. Eine Qualitätssi- cherung mit Untersuchung von dro- genhaltigem Kontrollmaterial wird von den Herstellern meist empfohlen, Kontrollmaterial muss aber vom Un- tersucher selbst beschafft werden. Ein richtigpositives Ergebnis bedeutet in diesem Zusammenhang aber lediglich, dass der aktuell eingesetzte Streifen in Ordnung war. Andere, nicht über- prüfte Streifen könnten, bedingt durch zum Beispiel Produktionsmängel, trotzdem fehlerhafte Befunde erge- ben. Wenn nach einigen Tagen wieder Schnelltests durchgeführt werden, können in der Zwischenzeit durch unsachgemäße Lagerung die übrigen Streifen einer Charge an analytischer Qualität eingebüßt haben, sodass in Abständen immer wieder Kontrollma- terial zur Absicherung zu untersuchen ist. Das Kontrollmaterial für interne und externe Qualitätssicherung ent- hält in der Regel nur unkonjugierte Substanzen, sodass die mangelnde Empfindlichkeit gegenüber zum Bei- spiel Glukuroniden nicht auffällt. Die

Kosten für Kontrollmaterial und die zu- sätzlich verbrauchten Schnelltests lassen manchen Anwender zögern, die Qua- litätskontrolle wie empfohlen durchzu- führen.

Auswertung

Die Auswertung erfolgt überwiegend subjektiv visuell. Als nachteilig muss gelten, dass positive Befunde bei den meisten Verfahren durch das Fehlen einer Bande charakterisiert sind, wo- bei auch „schwach gefärbte“ Banden

als negativ gelten sollen. Damit werden an den oft unerfahrenen Untersucher sehr hohe Anforderungen gestellt und verlangen von ihm Entscheidungen mit weitreichender Bedeutung. Beim Feld- einsatz mit ungenügender Beleuchtung sind leicht Fehlablesungen möglich. Ei- ne instrumentelle Auswertung, wie seit langem bei Untersuchungen des Urin- status mit Streifentests üblich, ist gera- de unter diesen Umständen dringend zu empfehlen. Ein entsprechendes Sy- stem zur Untersuchung von Speichel- proben ist seit kurzem im Handel (Fa.

Microgenics) (2). Der im Laboratorium übliche immunchemische Drogennach- weis liefert ein quantitatives Messsig- nal. Wenn der Wert oberhalb der Ent- scheidungsgrenze (Cut-off-Wert) liegt,

gilt die Probe als verdächtig. Im Einzel- fall wird man aber auch auf Proben auf- merksam und wird sie bei entsprechen- der Konstellation nach Rücksprache mit dem behandelnden Arzt weiter un- tersuchen, bei denen der Wert zwar un- terhalb der Entscheidungsgrenze, aber deutlich oberhalb der sehr viel niedri- geren Nachweisgrenze liegt. Wegen der häufig ungenügenden Kreuzreaktivität der Assays gegenüber individuellen Substanzen einer Gruppe mit eventuell sogar verstärkter pharmakologischer Wirkung, kann es sich durchaus um sehr relevante Konzentrationen han-

deln. Diese Möglichkeit entfällt bei den Schnelltests, die prinzipiell Ja-nein- Entscheidungen liefern. Sie sind des- halb nicht zu empfehlen, wenn, wie zum Beispiel zur Überwachung der Ent- zugsbehandlung, besonders empfindli- che Nachweise benötigt werden.

Kommerzielle Verfügbarkeit

Neben Teststreifen, die offizielle Ge- nehmigungsverfahren in der EU durch- laufen haben, sollen auch Anbieter Schnelltests im Internet anbieten, die nicht offiziell zugelassen sind. Über de- ren Eigenschaften und Qualität gibt es oft nur sehr lückenhafte Informatio- nen, sodass vom Einsatz abzuraten ist.

´ Tabelle 1 ´

Entscheidungsgrenzen

µµg/L*1 µµg/L*2 µµg/L*3

Amphetamin u. -derivate 300 1000 300

Benzoylecgonin (Kokainmetabolit) 300 300 300

Buprenorphin o. A. o. A. 20

Cannabinoide (THC) 50 50 50

Dextropropoxyphen o. A. o. A. 300

LSD o. A. o. A. 0,5

Methadonmetabolit EDDP o. A. o. A: 100

Opiate 300 300 300

6-Acetylmorphin o. A. o. A. 10

Phenzyklidin o. A. 25 25

Trizyklische Antidepressiva o. A. o. A. 150

*1Recommendations for the reliable detection of illicit drugs in urine in the European Union, with special attention to the workplace (Ann Clin Biochem 1997; 34: 339–344)

*2Substance Abuse and Mental Health Services Administration (USA) (SAMHSA)

*3Ringversuch der Deutschen Gesellschaft für Klinische Chemie/Referenzinstitut für Bioanalytik, o. A. ohne Angabe

(3)

Untersucher

Der Untersucher ist häufig analytisch unerfahren. Die Gefahr ist deshalb groß, dass in blindem Vertrauen auf die Schnelltests ein Proband als zum Beispiel drogenabhängig oder als

„clean“ eingestuft wird. Aus vielerlei Gründen kann ein Verfahren ein falschpositives oder falschnegatives Ergebnis liefern. Nach wie vor gilt, dass alle positiven Ergebnisse ledig- lich einen Verdacht begründen. Nur die Bestätigungsanalyse aus der glei- chen Urinprobe kann den positiven Befund verfizieren (deshalb ist stets an die Asservierung von ausreichend Urin zu denken).

Die Bestätigungsanalyse soll emp- findlicher und spezifischer als der Screeningtest sein und auf einem an- deren Messprinzip beruhen. In praxi kommt dafür in der Regel die Gaschromatographie-Massenspektro- metrie infrage (5) (keinesfalls ein an- derer Immunoassay). Die Bestäti- gungsanalyse unterbleibt sehr oft nicht zuletzt aus Kostengründen. Ver- lässliche Daten aus Feldversuchen über die Zuverlässigkeit positiver Schnelltestbefunde fehlen deshalb.

Negative Befunde werden prinzipiell nicht überprüft, sodass über die Häu- figkeit falschnegativer Befunde erst recht keine repräsentativen Angaben vorliegen. Ein „negatives“ Screening- ergebnis sollte in Zweifelsfällen eben- falls mit einer Bestätigungsanalyse gesichert werden. Juristisch dürften die alleinigen Ergebnisse von Schnell- tests in der Regel keinen Bestand ha- ben.

Bei bestimmten Probanden (zum Beispiel Drogenabhängige im Entzug) muss besonders damit gerechnet wer- den, dass alles versucht wird, um einen günstigen Befund zu erzielen. Hier muss besonders aufmerksam die Pro- bengewinnung verfolgt werden. Durch zusätzliche Messungen (zum Beispiel Temperatur der frischen Urinprobe, Kreatinin-, pH- und Dichte-Bestim- mung, Chromat- und Nitritnachweis) kann versucht werden, die Vertau- schung von Urinproben oder ihre Ma- nipulation zu erfassen (1). In besonde- ren Fällen wird vorab dem Probanden eine Prüfsubstanz peroral verabreicht,

die sich in der Urinprobe wiederfin- den muss. Weiterhin muss beachtet werden, dass auch kurz nach Einnah- me einer Droge der Nachweis im Urin negativ ausfallen kann und nicht nur nach einem längeren drogenfreien In- tervall.

Schlussfolgerungen

Wegen der sehr komplexen Situation sollten die Schnelltests möglichst zurückhaltend vor Ort eingesetzt wer- den und nur,

>wenn die Analyse wirklich dring- lich ist;

>wenn eine ausreichende Erfah- rung mit dem Verfahren vorliegt;

>wenn zumindest positive Befunde durch ein anderes Verfahren bestätigt werden. Die Bestätigungsanalyse dient zugleich als wichtiges Korrektiv für Verfahren und Untersucher.

>wenn zur Qualitätssicherung re- gelmäßig Kontrollproben bekannter Zusammensetzung untersucht wer- den;

>wenn sich die Beurteilung auf ei- ne instrumentelle Auswertung stützt.

Die meisten Streifentests sind nicht zum empfindlichen Nachweis von Benzodiazepinen geeignet, da sie ge- genüber Konjugaten eine zu geringe Kreuzreaktivität besitzen.

Vielfach wird es sich empfehlen, sich vor Ort nur darauf zu konzentrie- ren, die zahlreichen Fehlermöglichkei- ten bei der Probengewinnung zu ver- meiden. Fehler in der Präanalytik sind bei der Analyse häufig nicht zu erken- nen oder gar zu beheben.

Für die kritische Durchsicht des Manuskripts danke ich Frau Prof. Dr. med. Dr. phil. nat. Marika Geldmacher-v.

Mallinckrodt (Erlangen), Dr. med. Hans Jörg Gibitz (Salz- burg), Dr. med. Jürgen Hallbach (München), Prof. Dr. Dr.

rer. nat. Herbert Käferstein (Köln), Dr. rer. nat. Harald Kö- nig (Schwerin).

Manuskript eingereicht: 3. 12. 2002, angenommen:

19. 2. 2003

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2003; 100: A 1138–1140 [Heft 17]

Literatur

1. Hannak D, Külpmann WR, Degel F et al.: Messmetho- den der klinisch-toxikologischen Analytik. In: Külp- mann WR ed.: Klinisch-toxikologische Analytik. Wein- heim: Wiley-VCH 2002; 21–23.

2. Jehanli A, Brannan S, Moore L, Spiehler VR: Blind trials of an onsite saliva drug test for marijuana and opiates.

J Forensic Sci 2001; 46: 1214–1220.

3. Käferstein H, Sticht G, v. Meyer L, Hallbach J, Külpmann WR: Suchtstoffe. In: Külpmann WR ed.: Klinisch-toxiko- logische Analytik. Weinheim: Wiley-VCH 2002;

371–410.

4. Keup W: Flunitrazepam (Rohypnol) – führend beim Missbrauch unter den Benzodiazepin-Derivaten. Sucht 1992; 1: 3–6.

5. Maurer HH: Systematic toxicological analysis of drugs and their metabolites by gas chromatography-mass spectrometry. J Chromatogr 1992; 580: 3–41.

Anschrift des Verfassers:

Prof. Dr. med. Wolf-Rüdiger Külpmann Klinische Chemie

Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

Hemisphärenspezialisierung

Ein recht interessanter Gesichtspunkt wurde nicht erwähnt: Frauen mit links- fokalen Epilepsien scheinen häufiger zu polyzystischen Ovarien (vermehrte Go- nadotropinsekretion) zu neigen, Frauen mit rechtsfokalen Epilepsien dagegen zu hypogonadotropem Hypogonadis- mus (1). Eine ähnliche Hemisphären- spezialisierung findet sich hinsichtlich der Sekretion proinflammatorischer Zytokine.Auch hier scheinen linksfoka-

zu dem Beitrag

Reproduktive endokrine Störungen bei Frauen mit Epilepsie

von

Prof. Dr. med. Jürgen Bauer Dr. med. Benjamin Rösing in Heft 33/2002

DISKUSSION

(4)

le Epilepsien eher stimulierend, rechts- fokale Epilepsien nicht stimulierend oder sogar hemmend zu sein (2). Wich- tig in diesem Zusammenhang scheint auch die intrahemisphärische Fokuslo- kalisation zu sein. Auf jeden Fall aber zeigen beide Beispiele interessante Aspekte der Hemisphärenspezialisie- rung.

Außerdem habe ich in der Tabelle 1 als Therapieempfehlung bei perimen- struell gehäuften Anfällen den Hinweis auf Azetazolamid vermisst.

Literatur

1. Herzog AG: A relationship between particular repro- ductive endocrine disorders and the laterality of epi- leptic form discharges in women with epilepsy. Neuro- logy, 1993; 43: 1907–1910.

2. Lorenz R: Cytokines and epilepsy.A clinical study. Neu- roendocrinol Lett 2002; 23: 10–12.

Dr. med. Rüdiger Lorenz Brunnenstraße 54 34537 Bad Wildungen

Schlusswort

Die von Herrn Dr. Lorenz angespro- chene Beobachtung, dass links tempo- ral generierte Epilepsien bei Frauen häufiger mit polyzystischen Ovarien einhergehen als rechts temporale Epi- lepsien, ist eine in der Fachliteratur bis- lang nur in einer einzigen Arbeit von Herzog (1993) an 30 Patienten berichte- te Koinzidenz. Die von Herzog daraus abgeleitete Schlussfolgerung, die epi- leptische Aktivität führe entweder zu einer vermehrten oder verminderten Sezernierung hypothalamischer und damit auch hypophysärer Hormone, ist eine interessante Hypothese, die der Verifizierung an einer größeren Patien- tengruppe bedarf. Wir hatten diese Be- obachtung deswegen nicht in die allge- meine Übersichtsdarstellung unseres Beitrages aufgenommen.

Prof. Dr. med. Jürgen Bauer Universitätsklinikum Bonn Klinik für Epileptologie Sigmund-Freud-Straße 25 53105 Bonn

Unwissenschaftliche

Methoden klarer ausgrenzen

Verbunden mit dem Dank an die ver- dienstvolle Publikation des Arbeits- kreises „Klinische Umweltmedizin“

zum Phänomen der Multiple Chemical Sensitivity (MCS) möchte ich doch zu mehr Mut in der Klarheit und Schärfe der Formulierungen auffordern. Wenn die diagnostischen Verfahren aus dem Spektrum „unkonventioneller Um- weltmediziner“ wie Kinesiologie, Bio- resonanz, et cetera bisher ohne be- legte Relevanz als „alternativ“ be- zeichnet werden, so wird immer noch unterschwellig suggeriert, dass diese Verfahren eine Alternative bieten, die möglicherweise irgendwann einmal ei- ne Bedeutung gewinnen könnten. Im Interesse unseres Berufsstandes und insbesondere der betroffenen Patien- ten sollte klipp und klar gesagt wer- den, dass diese Methoden nicht un- konventionell und auch nicht alterna- tiv sondern schlicht und einfach unse- riös sind. Sie sollten auch als unseriöse Methoden geächtet und die Abrech- nungsmöglichkeit (zum Beispiel als IGEL-Leistung) für Ärzte verboten werden. Es darf nicht sein, dass unter dem Deckmantel der (Umwelt-)Medi- zin und pseudowissenschaftlicher Schriften mittelalterliche Vorstellun-

gen über die Nutzen magischer Kräfte salonfähig bleiben. Gerade damit wä- re ein wichtiger Schritt auch zur Be- wältigung der Problematik des Phäno- mens der MCS getan, da viele falsche Voraussetzungen aus dem Konzept der Vorstellung über Ursachen und Wirkung bei den Betroffenen entfal- len.

Gerade bei der Fülle von noch be- stehenden Unklarheiten auf diesem Gebiet ist eine eindeutige Ausgren- zung von unwissenschaftlichen Me- thoden und mythischer Besserwisserei Aufgabe der Fachgesellschaften.

Eine falsch verstandene Konzilianz gegenüber der unwissenschaftlich ar- beitenden so genannten unkonventio- nellen Umweltmedizin führt nur zu weiterem Wildwuchs in diesen Berei- chen.

Dr. med. Johannes Kunze Klinik für Dermatologie, Allergologie und Umweltmedizin

St. Barbara-Hospital Duisburg Barbarastraße 67

47167 Duisburg

Wenig hilfreich

Diesen Artikel empfinde ich als psycho- therapeutisch tätige Nervenärztin für die niedergelassenen ärztlichen Kollegen wenig hilfreich. Benennung unzutref- fend, Ursache unbekannt, Therapie un- bekannt, keine Berufskrankheit – so et- wa könnte die Zusammenfassung lau- ten. Tatsache ist doch, dass immer mehr Menschen mit diesem Krankheitsbild in unsere Praxen kommen. Die Autoren weisen auf die Wissenschaftlichkeit der Medizin hin, ohne zu bedenken, dass Medizin als Krankheitslehre und Heil- kunde zum größten Teil auf Empirie und Definitionen beruht, auf Festlegung von Normal- und Grenzwerten, man kann Studien statistisch korrekt durchführen, Leitlinien erarbeiten – die Praxis wird immer wieder anders aussehen. Ich habe zum Beispiel drei Patienten aus dersel- ben Fabrik in Behandlung, die mich we- gen Mobbing am Arbeitsplatz aufsuch- ten und über Depressionen und Selbst- mordgedanken klagten. Bei Nachfragen erfuhr ich unter anderem von Sympto- men, wie sie von den Autoren beschrie- ben wurden, und, um auch die „aner- zu dem Beitrag

Multiple Chemical Sensitivity

Eine Darstellung des wissen- schaftlichen Kenntnisstandes aus arbeitsmedizinischer und umweltmedizinischer Sicht von

Dr. med. Michael Nasterlack Priv.-Doz. Dr. med.

Thomas Kraus

Prof. Dr. med. Renate Wrbitzky

in Heft 38/2002

DISKUSSION

(5)

kannten“ Krankheiten zu nennen, von einer nicht einstellbaren Hypertonie und Hepatopathie im einen Fall, von einem zervikalen Bandscheibenvorfall im an- deren und Hautausschlägen und Bron- chitis im dritten Fall. Alle drei Patienten haben acht bis zehn Jahre in der Fabrik gearbeitet.Wenn sie nun nach langer Ar- beitsunfähigkeit und erfolglosen Kuren einen Rentenantrag stellen, dürfen sie dann auf verständige Gutachter hoffen, die ihre schwere Beeinträchtigung er- kennen und den Zusammenhang mit ihren Arbeitsbedingungen (Chemikali- en, keine ausreichende Lüftung) nicht ignorieren? Was haben wir Ärzte anzu- bieten an therapeutischen Möglichkei- ten (außer der supportiven und ressour- cenorientierten Psychotherapie, die hel- fen soll zu „lernen mit der Krankheit zu leben“)? Ein therapeutischer Nihilismus ist nicht gerechtfertigt, heißt es im Arti- kel – wie das, wenn Ätiologie und Patho- genese nicht gesichert sind?

Die Gefahr besteht, dass die Patien- ten in die psychiatrisch-psychotherapeu- tische Ecke abgeschoben werden zur Ruhigstellung und Beruhigung des ärzt- lichen Gewissens. Oder, auch nicht bes- ser, es werden unrealistische Heilser- wartungen an die Psychotherapeuten herangetragen. Ein verstärkter interkol- legialer Austausch könnte vielleicht be- wirken, dass diese Menschen, die oft

„schwierig“ sind und den „Fehler“ ha- ben, unserer chemiebelasteten Umwelt nicht mehr gewachsen zu sein, anders wahrgenommen werden.

Dr. med. Christine Aschermann Eichenstraße 6

88299 Leutkirch

Schlusswort

Herr Kollege Kunze weist zu Recht dar- auf hin, dass in der Diagnostik und The- rapie von vermuteten umweltassoziier- ten Erkrankungen zahlreiche Verfahren angewandt werden, die beim derzeiti- gen wissenschaftlichen Erkenntnisstand als nicht valide betrachtet werden müs- sen.Wir denken, dass dieser Sachverhalt in unserem Übersichtsbeitrag ausrei- chend deutlich gemacht wurde. Unser Beitrag ist auf keinen Fall als „konzili- ant“ gegenüber unwissenschaftlichen

Methoden in der Umweltmedizin zu verstehen. Vielmehr war es gerade Sinn und Zweck der Übersicht, auch die Pro- blematik der Anwendung unseriöser Methoden bei Patienten mit Multiple Chemical Sensitivity darzustellen. Auf den Tagungen der Deutschen Gesell- schaft für Arbeitsmedizin und Umwelt- medizin (DGAUM) werden kritische Beiträge zu „alternativen Methoden in der Umweltmedizin“ in Seminarveran- staltungen und Vorträgen seit vielen Jahren präsentiert.

Wir stimmen mit Frau Kollegin Aschermann dahingehend überein, dass auch wir die Bedeutung der Empirie in der täglichen praktischen Arbeit mit Pa- tienten hoch einschätzen. Wissenschaft- lichkeit allein genügt zweifellos nicht, um eine patientengerechte Medizin zu praktizieren. Medizin ohne Wissen- schaftlichkeit aber kann eine Gefahr für die körperliche und seelische Gesund- heit unserer Patienten sein. Dabei sol- len die von Frau Kollegin Aschermann zitierten Leitlinien die auf wissenschaft- lichen Studien basierenden Erkenntnis- se für eine optimale Versorgung aller Patienten in die Praxis umsetzen. Wir können nicht erkennen, welche empiri- schen Erfahrungen zu dem Schluss führen sollten, dass „Mobbing, Selbst- mordgedanken, Hypertonie, Hepatopa- thie, Bandscheibenvorfall, Hautaus- schläge, Bronchitis“ pauschal auf „Che- mikalien am Arbeitsplatz“ oder „che- miebelastete Umwelt“ zurückzuführen seien. Es ist gerade diese simplifizieren- de, monokausale Betrachtungsweise, vor der wir mit unserem Beitrag warnen wollen. Insofern kann das Votum von Frau Kollegin Aschermann für eine ver- stärkte interdisziplinäre Zusammenar- beit in der Betreuung betroffener Perso- nen nur unterstützt werden.

Prof. Dr. med. Renate Wrbitzky Abteilung Arbeitsmedizin Medizinische Hochschule Hannover Carl-Neuberg-Straße 1

30625 Hannover

E-Mail: Wrbitzky.renate@mh-hannover.de Prof. Dr. med. Thomas Kraus Institut für Arbeitsmedizin

Rheinisch-Westfälische Technische Hochschule, Aachen Dr. med. Michael Nasterlack

Abteilung Arbeitsschutz und Gesundheitsschutz BASF Aktiengesellschaft, Ludwigshafen

In den letzten Jahren ist wiederholt darauf hingewiesen worden, dass mäßiger Alkoholkonsum das Herzin- farktrisiko zu senken vermag.

Die Autoren gingen der Frage nach, ob die Trinkgewohnheiten oder die Art der alkoholischen Getränke dabei eine Rolle spielen. Ausgewertet wur- den die Daten von 38 077 im Gesund- heitswesen Tätigen, die primär frei von kardiovaskulären Erkrankungen waren. Berücksichtigt wurde der Zeit- raum zwischen 1986 und 1998 und der Genuss von Bier, Rot- und Weißwein sowie Schnaps in 4-Jahres-Zeitabstän- den. Während der zwölfjährigen Be- obachtungszeit traten 1 418 Fälle von Herzinfarkt auf. Männer, die drei- bis viermal pro Woche Alkohol zu sich nahmen, hatten ein um 32 Prozent re- duziertes Infarktrisiko im Vergleich zu Männern, die weniger als einmal pro Woche Alkohol tranken. Das Risiko nahm um 37 Prozent bei Alkoholkon- sum an fünf bis sieben Tagen pro Wo- che ab.

Das Risiko, an einem Herzinfarkt zu erkranken, war ähnlich bei Män- nern, die weniger als 10 g Alkohol pro Tag tranken wie bei denen, die 30 g und mehr zu sich nahmen. Keines der untersuchten alkoholischen Getränke erwies sich als überlegen. Auch be- stand kein Unterschied, ob die Alko- holzufuhr mit den Mahlzeiten erfolg- te. Eine Zunahme des täglichen Alko- holkonsums von 12,5 g während einer 4-Jahres-Periode beinhaltete ein rela- tives Infarktrisiko von 0,78, das heißt, das Infarktrisiko lag immer noch um 22 Prozent niedriger als bei den Män- nern, die keinen oder weniger als ein- mal pro Woche Alkohol zu sich nah-

men. w

Mukamal KJ, Conigrave KM, Mittleman MA et al.: Roles of drinking pattern and type of alcohol consumed in coronary heart disease in men. N Engl J Med 2003; 348:

109–118.

Dr. K. J. Mukamal, Division of General Medicine and Pri- mary Care, Beth Israel Deaconess Medical Center, 330 Brookline Ave., LY-303, Boston, MA 02215, USA, E- Mail: kmukamal@caregroup.harvard.edu

Alkoholkonsum senkt Herzinfarktrisiko

Referiert

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