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Archiv "Influenza-Diagnose: Zur Praktikabilität von Schnelltests" (22.02.2002)

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S

eit Einführung des ersten Neurami- nidasehemmers Zanamivir (Relen- zaTM) ist erstmals eine kausale The- rapie der Influenza A und B möglich.

Richtige und frühzeitige Diagnose der Influenza und Therapiebeginn während des ersten Arztkontaktes innerhalb von 48 Stunden nach Krankheitsbeginn sind die wichtigste Voraussetzung für den Erfolg dieser antiviralen Therapie. Die dafür notwendige Diagnostik kann prinzipiell auf zwei Wegen erfolgen – la- borbasiert mit Virusnachweis und Po- lymerase-Kettenreaktion (PCR) oder Schnelltest oder aber anhand der klini- schen Diagnose.

Durch die Labornachweisverfahren entstehen zusätzliche Kosten und – mit Ausnahme der Schnelltests – auch kriti- sche Zeitverluste für eine rechtzeitige Behandlung. Unter Experten und in der Ärzteschaft wird daher die Frage diskutiert, ob in jedem Fall vor der Ent- scheidung für die antivirale Therapie eine Bestätigung des Influenzaver- dachts erfolgen muss oder ob aus Prak- tikabilitäts- und Kostengründen eine symptombasierte Diagnose ausreicht.

Leitsymptome

Die Überlegungen zeigen deutlich, dass eine Influenza-Diagnose während einer bekannten Epidemie bei Personen mit Influenza-typischen Erkrankungen prin- zipiell auf der Basis der beiden Leitsymp- tome Fieber ✞ 37,8 °C und Husten mit 80-prozentiger Sicherheit erfolgen kann, weil die Testung eines jeden Ver- dachtsfalls außer zusätzlichen Kosten keinen signifikanten Erkenntnisgewinn bringen wird. Voraussetzung dafür ist eine zuverlässige, regionalisierte und möglichst zeitnahe Information des Arz- tes darüber, ob in seiner Region Influen- za gehäuft vorkommt oder eine Epi-

demie läuft. Dies stellt erhöhte An- sprüche an Surveillance- und Informati- onssysteme.

Labor: Die Untersuchung von Proben in einem spezialisierten Labor ist unter dem Aspekt der Therapie mit Neurami- nidasehemmern aus unterschiedlichen Gründen nur eingeschränkt praktika- bel: Probentransport zum Labor, Test- Durchführung und Rückmeldung des Befundes erfordern in der Regel mehr als zwei Tage. Bei Virusanzüchtung ist dieser Zeitverlust wesentlich größer.

Dies ist zu lang, wenn der Therapiebe- ginn mit Neuraminidasehemmern in- nerhalb von 48 Stunden nach Auftreten der ersten Symptome liegen soll.

Die nach Vorliegen des Ergebnisses erforderliche Wiedereinbestellung des Patienten bedingt einen weiteren Zeit- verlust und ist bei schwer erkrankten Patienten kaum praktikabel. Der wie- der einbestellte Patient mit einer be- stätigten Influenza stellt zudem eine In- fektionsgefährdung für Personal und andere Patienten dar.

Schnelltests: Zur Sicherstellung ei- ner richtigen Therapieentscheidung kä- men aus den genannten Gründen nur die als „Point-of-Care“-Tests bekann- ten Schnelltests infrage, die in der ärzt- lichen Praxis ausführbar sind und schon nach zehn bis 15 Minuten ein Ergebnis liefern. Auch sie verursachen zusätzli- che Kosten, die nicht von der GKV er- stattet werden.

In den zurzeit laufenden Diskussio- nen werden immer noch Zweifel an der Zuverlässigkeit der Schnelltests ge- äußert. Dabei muss man grundsätzlich bedenken, dass jedes diagnostische Verfahren sowohl falsch positive als auch falsch negative Ergebnisse produ- zieren kann. Auch die Qualität der eta- blierten Verfahren zur Influenza-Dia- gnostik wird durch den Anteil falsch positiver und falsch negativer Ergebnis-

se an den tatsächlich negativen bezie- hungsweise positiven Proben charakte- risiert. Das Ergebnis diagnostischer Testverfahren wird im Falle der Influ- enza zusätzlich von vielen anderen Fak- toren beeinflusst: zum Beispiel von der Wahl der richtigen Schleimhautregion für die Entnahme der Proben, der Ent- nahmetechnik, dem Verhalten des Pati- enten vor dem Praxisbesuch (Hat der Patient vor der Konsultation gegessen oder getrunken, gegurgelt oder mit ei- nem Schleimhautdesinfektionsmittel gespült, kann die auf der Schleimhaut nachweisbare Virusmenge vorüberge- hend unter die kritische Grenze absin- ken.) sowie bei den Laborverfahren von der Art des Probenversands.

Viruszahl nimmt ab

Das Testergebnis wird auch vom Ent- nahmezeitpunkt nach Krankheitsbe- ginn beeinflusst. Am günstigsten sind die ersten drei Tage nach Krankheitsbe- ginn, später nimmt die Zahl der ver- mehrungsfähigen Viren schnell ab, so- dass selbst die als Goldstandard angese- hene Virusanzüchtung negativ werden kann. Antigen- oder Genomnachweise können noch positiv reagieren, weil sie auch Bestandteile bereits inaktivierter oder zerstörter Viren erfassen. Hinzu kommt, dass verschiedene Subtypen und Varianten der Influenzaviren un- terschiedlich gut in dem benutzten Zell- kultursystem angezüchtet werden kön- nen.

Es ist daher schwierig, die verschie- denen Testverfahren hinsichtlich ihrer Qualität zu vergleichen. Auswertungen der Abstriche von Patienten, die während einer Influenza-Epidemie auf- grund ihrer Symptomatik für eine anti- virale Chemotherapie infrage kamen, verdeutlichen, dass jede der angespro- P O L I T I K

Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 8½½½½22. Februar 2002 AA481

Influenza-Diagnose

Zur Praktikabilität von Schnelltests

Argumente für einen sinnvollen und kosteneffektiven Einsatz von „Point-of-Care“-Tests in der Praxis.

Medizinreport

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chenen Methoden nur einen Teil der tatsächlichen Influenzafälle erfasst.

Wichtig ist, dass sich die Schnelltests in Vergleichsuntersuchungen unter kon- trollierten klinischen Bedingungen den üblichen Laborverfahren als ebenbür- tig erwiesen haben. Sie erreichen Spezi- fitäten von circa 98 Prozent und Sensiti- vitäten zwischen 70 und 80 Prozent, Werte also, die auch vom „Goldstan- dard“ Virusanzüchtung und von der PCR nicht oder nur unwesentlich über- schritten werden.

Schlussfolgerung: Durch Einführung neuer Therapieoptionen und einer ver- lässlichen, symptombasierten Diagno- stik ist zukünftig eine effektive Thera-

pie während einer Epidemie möglich, wenn Patienten frühzeitig nach Auftre- ten schwerer Symptome den Arzt auf- suchen. Die Diskussion eines Konzepts zur Prävention, Diagnose und Therapie der Influenza, um anerkannte Leitli- nien zu entwickeln, ist angelaufen. In Abhängigkeit vom Zeitpunkt des Auf- tretens der klinischen Symptome des Virus sowie des Alters und des allge- meinen Gesundheitszustands des Pati- enten kann bei Patienten mit Influen- za-typischer Erkrankung, trockenem Husten und Fieber, bei denen der Er- krankungsbeginn nicht länger als 48 Stunden zurückliegt, Folgendes vorge- schlagen werden (Grafik):

❃ Während einer Influenza-Epide- mie ist es nicht erforderlich, vor der Entscheidung für die Therapie (mit Neuraminidasehemmern oder sympto- matisch) einen Schnelltest zur Bestäti- gung der klinischen Verdachtsdiagnose durchzuführen. Voraussetzung dafür ist, dass der Arzt weiß, dass in seiner Region Influenza gehäuft vorkommt (sorgfältige Ausschlussdiagnostik an- derer Ursachen).

❃ In Zeiten vor Beginn und nach En- de einer Influenza-Epidemie sollte der Arzt bei einem Influenza-Verdacht vor Entscheidung für eine antivirale Thera- pie mit Neuraminidasehemmern im Zweifelsfall einen Schnelltest durch-

führen. Bei einem positiven Ergebnis kann die virusstatische Therapie unver- züglich eingeleitet werden.

❃ Bei alten Menschen wäre wegen der häufig abweichenden Symptomatik der Influenza oft auch während einer Influenza-Epidemie eine Testung vor der Therapieentscheidung sinnvoll.

❃ Eine Schutzimpfung gegen Influ- enza sollte bei Patienten mit einer typi- schen Influenza-Symptomatik eine an- tivirale Therapie nicht ausschließen, weil deutlich seltener, aber auch bei Ge- impften schwer und typisch verlaufen- de Influenza vorkommen kann.

Prof. Dr. Werner Lange Dr. Helmut Uphoff

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A482 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 8½½½½22. Februar 2002

Grafik

Schlafmedizin

Im Fokus steht der Tag, nicht die Nacht

Die unter Federführung der Deutschen Gesellschaft für Schlafforschung und Schlafmedizin (DGSM) erarbeitete Leitlinie „Nicht-erholsamer Schlaf“

stellt nach Aussage des DGSM-Vorsit- zenden Prof. Jürgen Fischer (Norder- ney) ein in Europa einmaliges Instru- ment zur Diagnostik und Therapie von Schlaf-Wach-Störungen dar. Der Titel

„Nicht-erholsamer Schlaf“ spiegelt den Paradigmenwechsel wider, der sich in der Schlafmedizin vollzogen hat. Im Mittelpunkt steht nicht mehr die zu ge- ringe Quantität des Schlafes in der Nacht – für die es keine wissenschaft- lich exakte Definition gibt –, sondern die Konsequenzen einer mangelnden Qualität des Schlafs auf den Tag.

Kernsymptome sind unabhängig von der Genese eine mehr oder minder aus- geprägte Beeinträchtigung der geisti- gen/körperlichen Leistungsfähigkeit und damit verbundene Gefühle von Unruhe, Reizbarkeit, Angst, Niederge- schlagenheit und Erschöpfung. Dieses psychophysiologische Phänomen der unzureichenden „Entmüdung“, wie es Prof. Jörg Hermann Peter (Marburg) beschreibt, sollte nicht als subjektive Befindlichkeitsstörung missinterpre- tiert, sondern als sozialmedizinisch und gesellschaftlich schwerwiegendes Pro- blem angesehen werden. Auf der Basis verschiedener epidemiologischer Erhe- bungen kann man davon ausgehen, dass in Deutschland mehr als zehn Prozent der Allgemeinbevölkerung und etwa 20 Prozent der hausärztlich betreuten Pa- tienten betroffen sind.

Kern der Leitlinie ist ein klinischer Algorithmus, der die diagnostischen Schritte und die sich daraus ergebenden therapeutischen Maßnahmen festlegt.

Bei konsequentem Vorgehen dürfte 95 Prozent der Patienten geholfen werden können; nur bei fünf Prozent sei dann eine aufwendige somnopolygraphische Ursachenabklärung in einem akkre- ditierten Schlafzentrum erforderlich, schätzt Peter. Die Leitlinie kann im In- ternet unter www.dgsm.de eingesehen werden. Gabriele Blaeser-Kiel

*Schnelltests zum Nachweis einer Influenza sind in der GKV nicht erstattungsfähig

Referenzen

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