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Etablierung eines Schnelltests zum Nachweis von periprothetischen Infektionen mit Hilfe der Leukozyten-Esterase: eine prospektive Studie

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Academic year: 2022

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Aus der

HELIOS ENDO-Klinik Hamburg

Dissertation

Etablierung eines Schnelltests zum Nachweis von periprothetischen Infektionen mit Hilfe der Leukozyten-Esterase

Eine prospektive Studie

Dissertation zur Erlangung des Doktorgrades der Medizin in der

Medizinischen Hochschule Hannover

vorgelegt von Thomas Kokenge aus Kiel

Hannover 2021

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2 Angenommen vom Senat am 19.02.2021

Gedruckt mit Genehmigung der Medizinischen Hochschule Hannover

Präsident: Prof. Dr. med. Michael P. Manns

Betreuer/in der Arbeit: Prof. Dr. med. Carl Haasper

1. Referent/in: Prof. Dr. rer. nat. Ralf Lichtinghagen 2. Referent/in: PD Dr. med. Max Ettinger

Tag der mündlichen Prüfung: 19.02.2021

Prüfungsausschuss

Vorsitz: Prof. Dr. med. Constantin von Kaisenberg 1. Prüfer/in: Prof.`in Dr. med. Anette Melk

2. Prüfer/in: Prof. Dr. med. Hossein Tezval

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Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung ... 5

1.1 Hintergrund ... 5

1.2 Präoperativer Algorithmus zur Verifikation bzw. zum Ausschluss einer periprothetischen Infektion ... 7

1.3 Probleme bei der Auswertung der präoperativ erhobenen Befunde ... 8

1.3.1 Auswertung der präoperativ durchgeführten Gelenkpunktion ... 8

1.3.2 Auswertung der präoperativ durchgeführten laborchemischen Blutuntersuchung ... 9

1.3.2.1 Kleines Blutbild/Differentialblutbild ... 9

1.3.2.2 C-reaktives Protein (CRP) ... 9

1.3.2.3 Blutkörperchensenkungsreaktion (BSG) ... 10

1.3.2.4 Serum-Eiweiß-Elektrophorese ... 10

1.3.2.5 Procalcitonin (PCT) ... 10

1.3.2.6 Interleukin-6 (IL-6) ... 11

1.3.2.7 Zusammenfassende Beurteilung der Diagnostizierbarkeit von periprothetischen Infektionen anhand von präoperativer Punktion und laborchemischen Entzündungsparametern: ... 12

1.4 Studienansatz ... 12

1.4.1 Wirkmechanismus des Leukozyten-Esterase-Teststreifen ... 13

1.5 Darstellung des heutigen Wissenstandes ... 14

1.6 Zielsetzung ... 15

2 Material und Methoden ... 16

2.1 Studienart ... 16

2.2 Durchführung ... 17

2.3 Diagnose und durchgeführte Operationen ... 19

2.4 Patientenkollektiv und Untersuchungszeitraum ... 19

2.5 Untersuchungsparameter ... 20

2.6 Indikationen für die durchgeführten Revisionsoperationen ... 21

2.7 Statistische Methode ... 22

3 Ergebnisse ... 23

3.1 Ergebnisse der aseptischen Operationen ... 23

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4

3.1.1 Ergebnisse des Leukozyten-Esterase-Tests der aseptischen

Operationen ... 23

3.1.2 Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung der aseptischen Operationen ... 24

3.1.3 Ergebnisse der histologischen Untersuchung der aseptischen Operationen ... 24

3.2 Testergebnisse der septischen Operationen ... 25

3.2.1 Testergebnisse der Leukozyten-Esterase-Testung der septischen Operationen ... 25

3.2.2 Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung der septischen Operationen ... 25

3.2.3 Ergebnisse der histologischen Untersuchung der septischen Operationen ... 25

3.3 Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer Prädiktiver Wert ... 25

3.4 Nachgewiesene Keime aus den intraoperativ entnommenen Exzidaten ... 26

3.5 Korrelation des Leukozyten-Esterase-Tests mit den präoperativ bestimmten laborchemischen Entzündungsparametern CRP und WBC ... 27

4 Diskussion ... 29

5 Zusammenfassung ... 35

6 Literaturnachweis ... 36

7 Anhang ... 42

7.1 Abbildungsverzeichnis ... 42

7.2 Tabellenverzeichnis ... 42

7.3 Abkürzungsverzeichnis ... 43

8 Lebenslauf ... 44

9 Danksagung: ... 46

10Erklärung nach § 2 Abs. 2 Nr. 7 + 8 ... 47

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1 Einleitung

1.1 Hintergrund

Die endoprothetische Versorgung vor allem der größeren Gelenke (Schulter-, Hüft- und Kniegelenke) gehört in vielen orthopädischen und traumatologischen Kliniken inzwi- schen zur Routine bei den durchgeführten Operationen. Ausgehend von den Zahlen der Qualitätsreports der externen stationären Qualitätssicherung des BQS (Bundesgeschäfts- stelle Qualitätssicherung) bzw. des AQUA-Instituts (Institut für angewandte Qualitäts- förderung und Forschung im Gesundheitswesen) hat die Anzahl der durchgeführten Ope- rationen seit den Anfängen der Endoprothetik jedes Jahr zugenommen, bis in den Jahren 2008 bis 2011 ein Höchststand mit etwas über 155.000 elektiven Hüft- und etwa 145.000 Knieerstimplantationen pro Jahr erreicht war. Während die Zahl der elektiven endopro- thetischen Primärversorgungen der Hüfte nach einem kurzfristigen Rückgang in den Jah- ren 2012 und 2013 erneut anstieg und 2014 mit 160.559 Operationen einen neuen Höchst- sand erreichte, liegt die Zahl der Knieerstimplantationen nach 2011 etwa 10 % unter dem zuvor erreichten Höchststand [5,57]. Stetig angestiegen ist in den letzten 10 Jahren die Anzahl der Wechseloperationen, wobei sich diese Entwicklung allein schon durch die zunehmende Zahl der mittlerweile im Umlauf befindlichen Endoprothesen erklären lässt.

Für das Jahr 2014 verzeichnete das statistische Bundesamt etwa 428.000 Behandlungen aus den endoprothetischen Prozedurengruppen 5-820 bis 5-823 des DRG (Diagnosis Re- lated Groups)-Systems; abzüglich der im Jahresbericht des Endoprothesenregisters Deutschland (EPRD) für 2015 angegebenen Anzahl von 291.361 elektiven Erstimplanta- tionen von Hüft- und Kniegelenken und 49.159 Erstimplantationen nach Femurfraktur ergibt sich eine Zahl von 87.480 Revisions- und Wechseloperationen. Letztere werden im EPRD-Bericht von 2015 mit einer Menge von 44.404 angegeben [22].

Mit etwa 2/3 aller Fälle stellt die aseptische, also nicht Infekt-assoziierte Implantatlocke- rung den weitaus häufigsten Grund für eine Wechseloperation dar. Dies entspricht einer aseptischen Revisionsrate von 3 – 10 % nach 12 - 15 Jahren Standzeit der Prothese in vivo [52]. Insbesondere die Erstimplantationen, aber auch die Wechseloperationen zeigen in aller Regel ein sehr gutes postoperatives Ergebnis mit hohen Zufriedenheitsraten bei den Patienten. Die stetig angestiegene Menge der durchgeführten Implantationen/Revisi- onen bedeutet aber auch eine zunehmende Zahl an Komplikationen. Tatsächlich handelt

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6

es sich bei der periprothetischen Infektion (PPI) neben der aseptischen Implantatlocke- rung um einen der häufigsten Gründe für einen Revisionseingriff nach endoprothetischer Versorgung [34,42] und ist mit einer 1-Jahres-Mortalität zwischen 8 % und 29,5 % ver- bunden [24,67]. In Abhängigkeit vom operierten Gelenk besteht ein unterschiedlich ho- hes Risiko für eine periprothetische Infektion. Diese wird im Fall von primären endopro- thetischen Versorgungen von Hüftgelenken mit etwa 1 %, im Fall von primär endopro- thetischen Versorgungen des Kniegelenkes mit etwa 2 % angegeben. Deutlich höher ist das Risiko für eine periprothetische Infektion bei der Implantation von Ellenbogenpro- thesen (bis zu 7 %) [38,43,46]. Hauptsächlich treten periprothetische Infektionen aber in Folge von Revisionsoperation auf. Bei solchen Operationen werden Infektionsraten von 10 – 20 % angegeben, was ein erhebliches Risiko für die betroffenen Patienten bedeutet [14,20,24,25].

Periprothetische Infektionen bedeuten für den betroffenen Patienten fast immer mindes- tens eine, häufig auch mehrere zusätzliche Operationen. Je später die Diagnose einer pe- riprothetischen Infektion gestellt wird, desto schwerwiegender sind in der Regel auch die resultierenden Gewebsschäden. Neben der Gefahr einer systemischen Entzündungsreak- tion (SIRS: systemic inflammatory response syndrome) und der damit einhergehenden Morbidität und im schlimmsten Fall auch Mortalität hat diese Gewebsschädigung auch einen großen Einfluss auf die Funktionalität, die Stabilität und die zu erwartende Stand- zeit der Prothesenversorgung nach Infektsanierung, was einen deutlichen Verlust an Le- bensqualität bedeuten kann. Obwohl es inzwischen eine große Anzahl an Revisionsim- plantaten verschiedener Hersteller gibt, führt eine periprothetische Infektion immer noch in Einzelfällen zu funktionellen Defiziten des betroffenen Gelenkes, dauerhaften Gelenk- versteifungen (Arthrodesen), dauerhaften Explantationen oder Amputationen bzw. Exar- tikulationen.

Neben dem Leidensdruck der betroffenen Patienten stellt die periprothetische Infektion zudem eine erhebliche ökonomische Belastung dar. Es ist davon auszugehen, dass ein septischer Prothesenwechsel etwa 40.000 - 50.000 Euro an Gesamtkosten mit sich bringt.

Diese Kosten setzen sich zum einen aus dem Verdienstausfall des Patienten, den Kosten für eine Revisionsprothese und der notwendigen Antibiotikatherapie zusammen [31,36,51,69].

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7

Im Hinblick auf die o. g. Konsequenzen, die die Therapie einer periprothetischen Infek- tion für den betroffenen Patienten bedeuten, muss die Indikation für eine solche Behand- lung sehr sorgfältig gestellt werden. Dies setzt somit eine möglichst sichere und zuver- lässige Diagnose einer periprothetischen Infektion voraus. Gerade bei chronischen/sub- klinisch verlaufenden Infektionen mit weniger virulenten Bakterien (z. B. koagulase-ne- gativen Staphylokokken) können die klassischen klinischen und laborchemischen Ent- zündungszeichen fehlen [17]. Intraoperativ würde der Chirurg unvorbereitet mit einem suspekten/infektverdächtigen Befund konfrontiert werden. In diesem Fall muss der Chi- rurg kurzfristig entscheiden, ob der Eingriff abgebrochen wird und lediglich eine Proben- entnahme zur histologischen und mikrobiologischen Diagnostik durchgeführt wird. Be- wahrheitet sich der Infektverdacht in der weitergeführten Diagnostik nicht, würde dies für den Patienten eine weitere, eigentlich überflüssige Operation mit den begleitenden peri- und postoperativen Risiken bedeuten. Gleiches gilt für die Infekt-Situation. Nur durch den Nachweis einer Infektion während der Operation könnte direkt mit der Be- handlung begonnen werden (z. B. Avisierung eines zweizeitigen Prothesenwechsels mit kompletter Implantat-Explantation und Probenentnahme zum Erregernachweis innerhalb dieses Eingriffes, dann Infektsanierung und sekundäre Prothesen Re-Implantation im Verlauf).

1.2 Präoperativer Algorithmus zur Verifikation bzw. zum Ausschluss einer peri- prothetischen Infektion

Ein einheitlicher diagnostischer Algorithmus zur Verifikation bzw. zum Ausschluss einer periprothetischen Infektion existiert derzeit nicht. Das Vorgehen variiert zwischen den einzelnen Kliniken teilweise erheblich.

Vor elektiven Gelenkeingriffen erfolgt in der Regel neben einer sorgfältigen Anam- neseerhebung und der klinischen Untersuchung auch ein Screening von laborchemischen Entzündungsparametern. Neben der Bestimmung eines kleinen Blutbildes und der darin enthaltenden Leukozytenzahl (WBC: White Blood Count) wird noch ein Screening für das C-reaktive Protein (CRP) durchgeführt [43]. Entsprechend dem Gold-Standard gehö- ren in der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg vor Wechseleingriffen Gelenkpunktionen zur Routinediagnostik, die zwischen septischen und aseptischen Eingriffen differenzieren lassen [13]. Zusätzlich zu den o. g. etablierten Verfahren sind in den letzten Jahren neue diagnostische Hilfsmittel in den Fokus gerückt, die bei der Differenzierung zwischen dem

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Vorliegen einer periprothetischen Infektion oder einer aseptischen Situation helfen sol- len.

1.3 Probleme bei der Auswertung der präoperativ erhobenen Befunde 1.3.1 Auswertung der präoperativ durchgeführten Gelenkpunktion

Wenn in der durch eine präoperative Punktion gewonnenen Gelenkflüssigkeit ein Keim- nachweis erfolgt und gleichzeitig in diesem Punktat Granulozyten nachgewiesen werden, ist mit einer hohen Wahrscheinlichkeit vom Vorliegen einer periprothetischen Infektion auszugehen [10,12,13,14]. Voraussetzung für eine zuverlässige Aussage ist hier zum ei- nen eine ausreichende Menge sowie eine entsprechende Qualität der bei der Punktion aspirierten Flüssigkeit. Mögliche Gründe für eine fehlerhafte Diagnose sind z. B. Konta- minationen über die Haut oder eine größere Beimengung von Blut, die zu einem falsch positiven Befund führen können. Gründe für ein falsch negatives Ergebnis können z. B.

eine bis kurze Zeit vor der Punktion durchgeführte Antibiotika-Therapie oder ein geringes Aspirationsvolumen sein [45,60].

Ein weiteres Problem stellt der zum Teil trotz langer Bebrütungszeit nur schwer zu füh- rende Keimnachweis dar. Grund hierfür können neben der o. g. mangelhaften Qualität oder der nicht ausreichenden Menge des Aspirats auch ein zu geringes Wachstum der Mikroorganismen auf dem Nährmedium [18] sein.

In der HELIOS ENDO-Klinik in Hamburg erfolgt zusätzlich zunächst eine semi-quanti- tative Bestimmung der Granulozytenzahl im Punktat, aufgegliedert in die Mengenanga- ben „keine“, „vereinzelt“, „mäßig viele“ und „massenhaft“. Im Verlauf kann dann die genaue Zellzahl bestimmt werden. Dass die Menge der in der Gelenkflüssigkeit nachge- wiesenen Leukozyten eine gute Korrelation mit der Infektsituation zeigt, wurde bereits mehrfach beschrieben [12,37,60,61], wobei die Evidenz für Grenzwerte der Synovialflüs- sigkeit variiert [10,21]. Laut des „International Consensus Meetings“ Periprothetische In- fektion vom August 2013 sollte bei >3000 Leukozyten/µl und >80 % neutrophiler Gra- nulozyten in der Synovialflüssigkeit von einer Infektsituation ausgegangen werden [Ar- beitsgruppe 7, Frage 3B, International Consensus Meetings“ Periptothetische Infektion].

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1.3.2 Auswertung der präoperativ durchgeführten laborchemischen Blutuntersu- chung

Die normalerweise routinemäßig durchgeführte Abnahme eines kleinen Blutbildes er- laubt lediglich die Bestimmung der Leukozytenzahl. Für eine genauere Beurteilung wäre eine weitere Differenzierung der Leukozyten in einem Differentialblutbild notwendig.

Der wichtigste laborchemische Parameter bei der Diagnostik einer periprothetischen In- fektion stellt das Akute-Phase-Protein CRP dar, welches sich im Serum nachweisen lässt [3,7,12,16,18,46]. Weitere laborchemische Entzündungsparameter sind die Blutkörper- chensenkungsreaktion (BSG), das Pro-Calcitonin (PCT) und die Serumprotein-Elektro- phorese. Diese teilweise relativ aufwendigen und teuren Zusatzuntersuchungen werden in den meisten Kliniken und auch in der HELIOS ENDO-Klink Hamburg nur bei berech- tigtem Verdacht auf das Vorliegen einer periprothetischen Infektion durchgeführt, sei es durch den klinischen Befund, die Anamnese oder vorliegende ältere oder extern erhobene Befunde.

1.3.2.1 Kleines Blutbild/Differentialblutbild

Neben der auch in einem kleinen Blutbild angegebenen Leukozytenzahl ist in einem Dif- ferentialblutbild auch eine mögliche Verschiebung diagnostizierbar. Eine Leukozytose mit Linksverschiebung ist typisch für eine akute bakteriell-eitrige Infektion, eine Leuko- penie kann hinweisend sein auf eine Infektion mit gramnegativen Keimen, einen Schock- zustand oder eine chronische Entzündung, im Rahmen derer es zu einer Entleerung des Knochenmarkpools gekommen ist [58]. Spezifisch für eine periprothetische Infektion sind diese Parameter jedoch nicht [55].

1.3.2.2 C-reaktives Protein (CRP)

Das CRP ist ein aus 224 Aminosäuren bestehendes Protein aus der Gruppe der Pentraxine.

Es wird in der Leber gebildet und gehört zu den Akute-Phase-Proteinen, deren Konzent- ration im Blut im Rahmen von entzündlichen Erkrankungen ansteigt [9]. Das CRP stellt den wichtigsten laborchemischen Parameter zur Diagnostik und Verlaufskontrolle von periprothetischen Infektionen und infektiösen Arthritiden dar [3,7,12,16,18,46,53].

Allerdings können größere Gewebedestruktionen, wie sie z. B. nach einem operativen Eingriff oder nach einem Trauma vorkommen, ebenfalls zu einer Erhöhung des CRP- Serumspiegels führen, was die Diagnose einer postoperativen Frühinfektion zusätzlich erschwert [3]. Auch Autoimmunerkrankungen, Malignome oder nicht-entzündliche

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Akute-Phase-Reaktionen wie z. B. eine Lungenembolie können ebenso wie nicht-bakte- rielle Synovitiden (Abriebssynovialitis, chronische Polyarthritis etc.) Grund für einen er- höhten CRP-Wert sein [3,7,19]. In einer Arbeit von Renz und Kollegen aus dem Jahr 2015 wurde zudem darauf hingewiesen, dass bis zu 30 % der periprothetischen Infektio- nen nicht mit einer Erhöhung des CRP-Wertes assoziiert sind [53].

1.3.2.3 Blutkörperchensenkungsreaktion (BSG)

Im Rahmen einer Entzündung oder eines vermehrten Gewebszerfalls bilden Erythrozy- ten, getriggert durch Akute-Phase-Proteine, größere Aggregate, welche dann schneller sedimentieren. Die BSG stellt einen unspezifischen Suchtest dar. Ein Anstieg der BSG ist frühestens 24 Stunden nach Beginn der Akute-Phase-Antwort zu verzeichnen, diese tritt auch bei chronisch-entzündlichen Erkrankungen und Malignomen auf. Nach größe- ren chirurgischen Eingriffen kann die BSG noch bis zu ein Jahr erhöht sein. Die Sensiti- vität und die Spezifität der BSG erlauben daher keine verlässlichen Aussagen über das Vorliegen einer periprothetischen Infektion [3]. In der Kombination mit dem CRP-Se- rumwert kann der Vorhersagewert zwar verbessert werden [19,54], trotzdem ist die BSG in der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg wegen der genannten Einschränkungen nicht Be- standteil der routinemäßig durchgeführten Labordiagnostik.

1.3.2.4 Serum-Eiweiß-Elektrophorese

Die Serum-Eiweiß-Elektrophorese eignet sich besonders zur Differenzierung einer akuten von einer chronischen Infektion. Bei einer akuten Infektion kommt es etwa 48 - 72 Stunden nach Entzündungsbeginn zu einer Erhöhung der α-Globulinfraktion. Eine Erhö- hung der γ-Globulinfraktion weist eher auf einen chronischen Verlauf hin. Auch dieser Test ist aber keinesfalls spezifisch für eine periprothetische Infektion oder eine Infek- tarthropathie [3].

1.3.2.5 Procalcitonin (PCT)

PCT, ein aus 116 Aminosäuren bestehendes Polypeptid, ist eine Vorstufe des Hormons Calcitonin, welches in den neuroendokrinen Zellen der Schilddrüse produziert wird.

PCT und andere Calcitonin-Vorläufer werden vom Calcitonin-I-Gen codiert, die Produk- tion von PCT außerhalb der neuroendokrinen Zellen der Schilddrüse ist normalerweise unterdrückt. Bei Infektionen durch Bakterien, Pilze und Protozoen wird in der Leber, den

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Nieren und im Fett- und Muskelgewebe das Calcitonin-Gen exprimiert, PCT produziert und in das Blut abgegeben, so dass die Serumkonzentration des PCT rasch ansteigt. Der Serumwert für Procalcitonin weist eine gute Korrelation mit dem Schweregrad der Er- krankung auf, insbesondere bei Vorliegen von bakteriellen Infektionen. Insofern ist dieser Wert gut geeignet, um daraus die Dringlichkeit bzw. die zur Verfügung stehende Zeit- spanne für operative oder medikamentöse therapeutische Maßnahmen abzuschätzen. Dies gilt sowohl für Gelenkinfektionen als auch für z. B. internistische Erkrankungen wie eine Urosepsis, gastrointestinale Infektionen etc. [56,63,64].

PCT hatte in einer Studie von Boettner et al. bei einem Cut-off-Level von 0,30 ng/ml eine Sensitivität von 33 % und eine Spezifität von 98 % [4]. In einer Studie von Hugle et al. zeigte sich PCT hoch sensitiv für die Detektion von bakteriellen Gelenkinfektionen (p <

0,0001). Bei einem Cut-off-Level von 0,1 ng/ml zeigte sich eine Sensitivität von 100 % und eine Spezifität von 46 % [26]. Worthington et al. hatten in einer Studie aus 2010 hingegen gezeigt, dass PCT zur Differenzierung von septischen und aseptischen Implan- tatlockerungen eine deutlich geringere Validität aufweist als CRP, WBC und BSG [67].

In der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg wird das PCT nur bei dem Verdacht auf ein dro- hendes oder bereits aufgetretenes SIRS bestimmt.

1.3.2.6 Interleukin-6 (IL-6)

IL-6 ist ein aus 183 Aminosäuren bestehendes Protein, welches zu den Interleukinen ge- hört und die Entzündungsreaktion im Organismus reguliert. Es spielt eine Rolle bei dem Ersetzen von im Rahmen der ersten Entzündungsreaktion ausgeschütteten neutrophilen

Granulozyten durch spezifischere Entzündungszellen wie Lymphozyten und mononukleäre Zellen. Di Cesare zeigte 2005 in einer prospektiven Fallkontrollstudie,

dass eine erhöhte Konzentration von IL-6 im Blut ein erster Hinweis auf eine periprothe- tische Infektion sein kann [11]. Auf diese Studie bezog sich auch Frommelt, als er die Bestimmung der Konzentration von IL-6 im Blut als sensitiven Parameter für die Diag- nose einer periprothetischen Infektion beschrieb [18]. Worthington et al. zeigten ebenfalls signifikant höhere IL-6-Werte bei Patienten mit septischer Lockerung (p = 0,0001) [67].

In der Studie von Boettner et al. von 2007 wurde gezeigt, dass das IL-6 eine dem CRP vergleichbare Sensitivität in Bezug auf das Vorliegen einer periprothetischen Infektion aufweist [4]. Es ist ebenfalls unspezifisch und ist ebenso wie das CRP auch bei Entzün-

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dungsreaktionen anderer Genese erhöht (Autoimmunerkrankungen, internistische Er- krankungen wie z. B. Pankreatitis oder Cholezystitis). Allerdings erreicht das IL-6 seinen Peak-Point schon nach 3 - 6 Stunden und ist damit vom zeitlichen Verlauf her sowohl den herkömmlichen Parametern wie auch dem PCT überlegen. IL-6 hatte in der Studie von Boettner et al. bei einem Cut-off-Level von 12 pg/ml eine Sensitivität von 95 %, ver- gleichbar der Sensitivität des CRP. Die Spezifität war jedoch etwas geringer (87 %) [4].

Das IL-6 gehört in der HELIOS ENDO-Klinik nicht zu den routinemäßig bestimmten Laborwerten.

1.3.2.7 Zusammenfassende Beurteilung der Diagnostizierbarkeit von periprothe- tischen Infektionen anhand von präoperativer Punktion und laborchemi- schen Entzündungsparametern:

1. Der Nachweis von Keimen im Gelenkpunktat ist mit hoher Wahrscheinlichkeit be- weisend für das Vorliegen einer periprothetischen Infektion [10,12,13,14]. Zum ei- nen ist es aber nicht immer möglich diesen Nachweis zu führen, zum anderen sind auch Kontaminationen möglich [18].

2. Alle zur Verfügung stehenden, aus dem Blut/Serum nachzuweisenden laborchemi- schen Entzündungsparameter weisen vor allem in der Kombination eine insgesamt sehr gute Sensitivität auf, die Spezifität ist aber bei allen Tests eingeschränkt [35].

Postoperative Hämatome, traumatisiertes Weichteilgewebe, entzündliche Autoim- munerkrankungen oder andere Begleiterkrankungen, welche mit einer Erhöhung der konventionellen Entzündungsparameter einhergehen, machen eine Differenzierung von septischen und aseptischen Prozessen oft schwer oder unmöglich [4,14,15,16,48].

1.4 Studienansatz

Eine Veröffentlichung aus dem Jahr 2011 von Parvizi et al. wies auf eine bisher klinisch nicht etablierte enzymatische Schnelltestung hin [47]. Hierbei handelt es sich um die Leu- kozyten-Esterase, die auf einigen Schnelltesten wie bspw. dem Urinstreifen-Schnelltest zu finden ist. In der Arbeit wurde für ein amerikanisches System gezeigt, dass bei einer Plus-Plus-Ablesung (Abb. 1) diese Leukozyten-Esterase eine Sensitivität von 80,6 % zeigte und zu 100 % spezifisch war.

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Abbildung 1: Ein aseptisches (links), septisches (mitte) und ein hämorrhagisches (rechts) Punktat mit den jeweils dazugehörenden LE-Teststreifen

Der positive prädiktive Wert wurde mit 100 % angegeben und der negative prädiktive Wert mit 93,3 %. Gleichzeitig korrelierte die Leukozyten-Esterase mit den Leukozyten im kleinen Blutbild und dem CRP [47].

Im klinischen Alltag kommt es immer wieder zu Eingriffen, bei denen trotz negativem Keimnachweis in der präoperativen Diagnostik nach Arthrotomie ein suspekter Befund gefunden wird, der zum Abbruch der Operation führen kann. Durch diese Studie konnte gezeigt werden, dass mit Hilfe dieses einfachen Tests mit der Gelenkflüssigkeit nach Arthrotomie mit hoher Zuverlässigkeit in kurzer Zeit eine Unterscheidung zwischen einer septischen und einer aseptischen Situation möglich ist. Für den Chirurgen kann dieser Test somit eine Entscheidungshilfe für das weitere Vorgehen sein.

1.4.1 Wirkmechanismus des Leukozyten-Esterase-Teststreifen

Leukozyten-Esterase aus Granulozyten setzt Indoxylester zu Indoxyl um, das mit Diazo- niumsalz zu einer violetten Farbverbindung reagiert.

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Das Testprinzip beruht auf einer Spaltung der als Chromogene beanspruchten farblosen Aminosäure- und Peptidester von Leuko-Indoanilinen (Formel I in Abb. 2) durch die Es- terasen (Proteasen) zu den praktisch farblosen Leuko-Indoanilin-Verbindungen (Formel II in Abb. 2), die in einer Folgereaktion mittels Luftsauerstoff oder einem Oxidationsmit- tel zu den tiefblau gefärbten Indoanilinen (Formel IIa in Abb. 2) umgesetzt werden.

Abbildung 2: Wirkmechanismus des Leukozyten-Esterase-Teststreifens, erstellt nach: Aminsäure- und Peptidester von Leuko-Indoanilinen, Verfahren zu deren Herstellung sowie die- se Verbindungen enthaltenden Mittel zum Nachweis proteolytischer Enzyme“ Pa- tentblatt 1981/34 EP 0034323 A2

1.5 Darstellung des heutigen Wissenstandes

Die Schnelltests für Urinstreifen sind im Rahmen der Urindiagnostik sicher etabliert und im allgemeinen Gebrauch. Aber auch in anderen Bereichen, wo der Nachweis einer bak- teriellen Infektion geführt werden soll, findet der Leukozyten-Esterase-Test bereits Ver- wendung, so z. B. bei der Frage nach dem Vorliegen einer spontanen bakteriellen Peri- tonitis [27,32], von infektiösen Pleuraergüssen [2] oder zur Diagnose einer Chorioamnio- nitis [32]. Auf die Wertigkeit der Leukozyten-Esterase ist vor allem anhand der Arbeit von Parvizi et al. hinzuweisen [47]. Es liegen für den europäischen Raum keine weiteren wissenschaftlich veröffentlichen Daten vor.

R4 R3 R7 R8

R1

N NH O A B R2

R5 R6 R10 R9

Esterasen (Proteasen) ( I )

R4 R3 R7 R8 R4 R3 R7 R8

R1 R1

N NH OH N N O

R2 R2

R5 R6 R10 R9 R5 R6 R10 R9

(II) (IIa)

Oxidation

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15

Omar et al. hatten 2014 in einer Studie bereits gezeigt, dass die semiquantitative Bestim- mung der Leukozyten-Esterase und Glukosekonzentration in der Synovialflüssigkeit mit Hilfe eines Urinstreifentestes eine einfache, kostengünstige und vor allem schnelle Mög- lichkeit zur Diagnose bzw. zum Ausschluss einer septischen Arthritis darstellt [41].

1.6 Zielsetzung

Ziel dieser Studie war es herauszufinden, wie zuverlässig eine periprothetische Infektion durch eine semiquantitative Bestimmung der Leukozyten-Esterase in der Synovialflüs- sigkeit mit Hilfe eines Urinstreifentestes diagnostiziert werden kann. Wenn eine mit den Ergebnissen von Parvizi et al. [47] vergleichbare Zuverlässigkeit dieses Tests nachgewie- sen würde, sollte dann ein Algorithmus etabliert werden, mit dem durch die Verwendung des Schnelltests während der Operation eine erhöhte Sicherheit beim operativen Vorge- hen für Patient und Operateur durch den Nachweis bzw. Ausschluss einer periprotheti- schen Infektion erreicht werden kann.

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2 Material und Methoden

2.1 Studienart

Nach Erhalt eines positiven Ethikvotums (am 09.07.2013) wurde im Rahmen einer pros- pektiven Studie die Sensitivität und die Spezifität der Leukozyten-Esterase bei der Diag- nosestellung einer periprothetischen Infektion evaluiert. Die Probengewinnung erfolgte im Rahmen von Operationen mit primären endoprothetischen Versorgungen und im Rah- men von endoprothetischen Revisionsoperationen. Die Patienten wurden während des Aufklärungsgespräches über den geplanten Ablauf der Probengewinnung informiert und haben dieser im Falle ihres Einverständnisses in schriftlicher Form zugestimmt. Die in dieser Studie verwandte Begrifflichkeit „septisch“ bezieht sich im Kasus der „septischen Operation“ auf endoprothetische Eingriffe, die an Patienten durchgeführt wurden, bei de- nen ein Keimnachweis im Kunstgelenk bereits erfolgt war. Dieser Keimnachweis er- folgte in der mikrobiologischen Auswertung von Aspiraten, welche durch vor Wechselo- perationen routinemäßig durchgeführten Punktionen des betroffenen Gelenkes gewonnen wurden.

Der Begriff „aseptisch“ bezieht sich demnach auf Patienten, bei denen kein Keimnach- weis erfolgen konnte oder aber auf Patienten, bei denen eine Primärimplantation einer Prothese durchgeführt wurde.

Die Studie war in zwei Phasen untergliedert: In der ersten Phase wurde eine Vorversuchs- reihe mit septischen und aseptischen Operationen durchgeführt, um den Urinschnelltest zu etablieren. Bei dem Schnelltest mittels Urin-Stick wurde in Analogie zur Studie von Parvizi et al. [47] ein Cut-Off-Wert von ++ auf dem Ablesesystem als Hinweis für das Vorliegen einer periprothetischen Infektion oder einer Infektarthropathie avisiert. An- schließend wurde eine Korrelation des Testergebnisses mit folgenden Parametern unter- sucht:

• WBC

• CRP

• Histologie/Immunhistologie der intraoperativ entnommenen Gewebeproben im Falle von Wechseloperationen bei nachgewiesenem Protheseninfekt

• Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung

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17

Für die zweite Phase wurde ein Algorithmus erarbeitet, in dem ein Schnelltest mittels Leukozyten-Esterase bei intraoperativ makroskopisch suspektem Befund erfolgte. Dieser Schnelltest war als Hilfestellung für den Operateur in Referenz zu den Ergebnissen aus Phase I zu sehen. Es wurde dann kontrolliert, ob die intraoperative Entscheidung des Operateurs mit dem späteren mikrobiologischen Befund korrelierte.

2.2 Durchführung

Die Operation erfolgte über den von dem Chirurgen üblicherweise verwendeten Zugang.

Vor Durchführung der Arthrotomie wurden unter Verwendung einer sterilen Nadel und einer Spritze mindestens 2 ml Gelenkflüssigkeit gewonnen (Abb. 3). An einem separaten Tisch wurde dann mit einem Leukozyten-Esterase-Test ein Schnelltest ohne sterile Mittel direkt durchgeführt (Abb. 4).

Abbildung 3: Intraoperative Probengewinnung aus einem Kniegelenk

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18

Abbildung 4: Durchführung des Schnelltests

Für diese Studie wurde zur visuellen, semi-quantitativen Bestimmung der Leukozyten in der Gelenkflüssigkeit der Combur2-Test der Fa. Roche (Roche Diagnostics GmbH, Mannheim, Deutschland) verwendet. Der Leukozyten-Esterase-Teststreifen zeigt hierbei in Abhängigkeit von der in der untersuchten Flüssigkeit vorhandenen Leukozytenmenge eine unterschiedlich intensive Verfärbung. Keine Verfärbung (- / negativ) zeigt eine nicht signifikante Anzahl von Leukozytenan, positive Ergebnisse sind je nach Leukozytenkon- zentration in die Stufen +, ++ und +++ eingeteilt.

Abbildung 5: Auswertung des Teststreifens anhand der Farbskala. Links-, rechts +++

(19)

19 2.3 Diagnose und durchgeführte Operationen

Neben der Diagnose erfolgte die Differenzierung des untersuchten Patientenkollektivs auch über die durchgeführte Operation, wobei hier vereinfacht unterschieden wurde zum einen zwischen „septischer“ Operation bei nachgewiesener Infektsituation bzw. „asepti- scher“ Operation bei Primäreingriffen und präoperativ mikrobiologisch unauffälligem Gelenkpunktat im Falle eines geplanten Implantatwechsels. Zum anderen wurden auch aseptische und septische Weichteileingriffe aufgeführt, bei denen es sich im aseptischen Fall um Wundrevisionen gehandelt hat, in beiden septischen Fällen wurde wegen der Ge- fahr einer drohenden Sepsis eine Spül-Saug-Drainage eingelegt. Weitere Gruppen waren geplante und ungeplante Probenentnahmen bei hochgradigem Verdacht auf Vorliegen ei- ner periprothetischen Infektion, wobei die ungeplanten Probenentnahmen gleichzeitig ei- nen Abbruch der ursprünglich geplanten Operation zur Folge hatten. Bei der Gruppe

„sonstige“ handelte es sich um einen Inlay-Wechsel bei einer OSG-Prothese auf Grund einer Impingement-Symptomatik.

2.4 Patientenkollektiv und Untersuchungszeitraum

Insgesamt wurden in dem Zeitraum vom 22.07.2013 bis zum 19.12.2013 364 Patienten mit einem durchschnittlichen Alter von 67 ± 11.1 Jahren untersucht. Alle Patienten wur- den stationär in der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg behandelt. Von den 364 Patienten waren 232 weiblich und 132 männlich. Bei den untersuchten Operationen handelte es sich in 203 Fällen um Primäreingriffe, 161 Operationen waren Revisionseingriffe. Von den 314 als aseptisch deklarierten Eingriffen waren 203 Operationen primäre Endoprothesen- implantationen. Bei den übrigen 111 Operationen handelte es sich um Revisionseingriffe, bei denen in der präoperativen Diagnostik inkl. Punktion des betroffenen Gelenkes kein Hinweis für das Vorliegen einer periprothetischen Infektion gefunden werden konnte. 50 Operationen waren septische Wechseloperationen bzw. im Rahmen von Notfalleingriffen bei drohender Sepsis eingelegte Spül-Saug-Drainagen (2). Einmal erfolgte eine operative Probenentnahme (PE), da trotz mehrfachen Punktionen bei sowohl klinisch als auch anamnestisch eindeutiger Infektsituation kein Keimnachweis geführt werden konnte, ebenfalls einmal wurde wegen eines intraoperativ suspekten makroskopischen Befundes die Operation nach PE abgebrochen.

(20)

20 2.5 Untersuchungsparameter

Protokolliert wurden neben dem Alter und dem Geschlecht der Patienten die Diagnose und die geplante sowie die durchgeführte Operation, der klinische Befund, die in der präoperativen Routinediagnostik untersuchten laborchemischen Entzündungsparameter Leukozytenzahl und CRP, der Befund der im Falle einer Wechseloperation ebenfalls präoperativ durchgeführten Punktion (Keim, Granulozyten), der histologische/immunhis- tologische und mikrobiologische Befund aus den intraoperativ entnommenen Proben, das Vorliegen einer rheumatischen Grunderkrankung und das Ergebnis des durchgeführten Schnelltestes. Die Untersuchungsparameter waren:

• Geschlecht des Patienten (m/w)

• Alter des Patienten in Jahren,

• klinisches Bild,

• rheumatische Grunderkrankung

• Körpertemperatur in Grad Celsius,

• Diagnose (Coxarthrose / Gonarthrose / Tab. 3-5: Grund für die Revisionsoperation)

• Geplante Operation

• Blutbild mit laborchemischen Entzündungsparameter Leukozytenzahl in 1000/µl und CRP im mg/l

• Befund der präoperativen Gelenkpunktion (Keim, Granulozyten)

• durchgeführte Operation

• histologischer/ immunhistologischer und mikrobiologischer Befund aus den intrao- perativentnommenen Proben (nur bei Wechseloperationen)

• Ergebnis des durchgeführten Schnelltestes (-/ + / ++ / +++)

Die Tabelle 1 zeigt die Parameter Patientenalter in Jahren, Leukozytenzahl im Serum in 1000/µl und CRP in mg/l in Abhängigkeit von einem septischen/aseptischen Casus.

(21)

21

Tabelle 1: Parameter in Abhängigkeit von aseptisch/septisch Vari-

able

Status N Mittel SDA Min 25%-Perz. Me- dian

75%- Perz.

Max.

Alter (Jahre)

asep- tisch

314 66.1 11.0 28 61 68 75 91

septisch 50 68.3 11.2 41 64 67 80 92

Leuko. asep- tisch

314 6.680 1.809 1.80 5.47 6.48 7.85 16.70

septisch 50 7.708 1.991 4.74 6.13 7.89 8.89 12.36

CRP asep-

tisch

314 4.61 8.20 0.9 0.9 2.3 4.6 87.8

septisch 50 36.83 37.98 1.7 12.2 23.9 50.1 151.8

2.6 Indikationen für die durchgeführten Revisionsoperationen

Die Tabellen 3 - 5 zeigen die Gründe für die durchgeführten Revisionsoperationen an den jeweiligen Gelenklokalisationen.

Tabelle 2: Gründe für Revisionsoperation Kniegelenk

Revisionsgrund Anzahl Anteil in

%

Infektion 22 32,4

Aseptische Implantatlockerung 21 30,9

Instabilität 7 10,3

Arthrofibrose 4 5,9

Anschlussarthrose bei Z. n. Implantation einer unikondylären Schlittenprothese

3 4,4

Streckdefizit 3 4,4

Materialschaden (Buchsenschaden) 3 4,4

Fehlrotation 2 2,9

Retropatellararthrose 2 2,9

Polyethylenabrieb 1 1,5

Gesamt 71 100

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22

Tabelle 3: Gründe für Revisionsoperation Hüftgelenk

Revisionsgrund An-

zahl

Anteil in

%

Aseptische Implantatlockerung 47 52,2

Periprothetische Infektion 24 26,7

Instabilität/rezidivierende Luxationen 7 7,8

Metallabrieb/Metallose 6 6,7

Periprothetische Infektion bei Z. n. totalem Femurersatz 3 3,3

Materialbruch (Prothesenschaft) 2 2,2

Psoas-Impingement 1 1,1

Gesamt 90 100

Tabelle 4: Gründe für Revisionsoperation Schultergelenk

Revisionsgrund Anzahl Anteil in %

Instabilität 2 66,7

Periprothetische Infektion 1 33,3

Gesamt 3 100

2.7 Statistische Methode

Untersucht wurden die Sensitivität und die Spezifität sowie der positive und der negative prädiktive Wert des Leukozyten-Esterase-Tests. Der Pearson`sche Korrelations-Koeffi- zient zwischen dem Ergebnis des Leukozyten-Esterase-Tests und dem Wert des CRPs im Serum und der Leukozytenanzahl im Serum wurde bestimmt.

Die statistischen Berechnungen wurden mit dem auf Windows TM basierenden Statistik- programmpaket SPSS (Version 20.0, SPSS Inc., Chicago, IL, USA) durchgeführt. Die graphischen Darstellungen wurden mit SPSS und Windows Excel erstellt.

(23)

23

3 Ergebnisse

Tabelle 5 zeigt die die Häufigkeit der Parameter Leukozytenzahl im Serum, CRP im Se- rum und das Ergebnis des Leukozyten-Esterase-Tests in den jeweiligen Gruppen asep- tisch/ septisch. Entsprechend den Empfehlungen des International Consensus Meetings wurde als Cut-Off-Wert für das CRP 10 mg/l gewählt, für die Leukozytenanzahl im Se- rum 11.000/µl [Arbeitsgruppe 7, Frage 3B, International Consensus Meetings“ Peri- ptothetische Infektion].

Tabelle 5: Häufigkeiten der interessierenden kategorialen Parameter in Abhängigkeit von asep- tisch/septisch

Variable Wert aseptisch n=314

%* septisch n=50

%* p-Wert**

Geschlecht männlich weiblich

113 201

81.3 89.3

26 24

18.7 10.7

0.215

Leukozyten < 11

≥ 11

308 6

92.5 71.4

46 4

7.5 28.6

0.100

CRP < 10

≥ 10

284 30

98.3 57.7

8 42

1.7 42.3

<0.001

LE negativ

positiv n. beurt

293 11 10

100 18.0

0 50

0 82.0

<0.001

* Die Prozentzahlen beziehen sich auf den Anteil von aseptisch/septisch innerhalb der Kategorie der Zei- lenvariable (Zeilensumme = 100 %).

** Exakter Test nach Fisher

3.1 Ergebnisse der aseptischen Operationen

3.1.1 Ergebnisse des Leukozyten-Esterase-Tests der aseptischen Operationen In den 314 als aseptisch eingestuften Operationen war das Ergebnis der Schnelltestung bei 293 Fällen entweder - oder +, also insgesamt negativ in Bezug auf die Frage nach dem Vorliegen einer Infektsituation. Dies entsprach einem prozentualen Anteil von 93,3 %. In 11 Fällen zeigte der Teststreifen ++, wobei in einem Fall die Operation wegen eines mak- roskopisch hochgradig verdächtigen Befundes nach Probenentnahme abgebrochen

(24)

24

wurde. Bei 3 Patienten bestand eine außergewöhnlich ausgeprägte Synovitis, in den üb- rigen 7 Fällen handelte es sich um Revisionsoperationen, bei denen wegen einer groben Implantatlockerung (2 Fälle), eines ausgeprägten Abriebgranuloms (3 Fälle) oder einer ebenfalls ausgeprägten Metallose (2 Fälle) große Osteolysen vorlagen.

In 10 Fällen war eine Auswertung der Proben nicht möglich, da das Aspirat entweder zu hämorrhagisch (9 Fälle) oder bei ausgeprägter Abriebssituation fast schwarz war (1 Fall).

Die Verfärbung auf der visuellen Farbscala ließ sich bei diesen Proben nicht ausreichend sicher beurteilen. Bei diesen 10 Fällen handelte es sich ausnahmslos um Revisionsopera- tionen.

3.1.2 Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung der aseptischen Operatio- nen

Im Fall der wegen des suspekten intraoperativen Befundes abgebrochenen Operation konnte aus den intraoperativ entnommenen Exzidaten in der mikrobiologischen Untersu- chung ein Keimnachweis geführt werden. Bei den übrigen als aseptisch deklarierten Ope- rationen blieb die mikrobiologische Untersuchung der entnommenen Gewebeproben ohne Keimnachweis.

3.1.3 Ergebnisse der histologischen Untersuchung der aseptischen Operationen Die histologische Aufarbeitung bestätigte bei den o. g. Revisionseingriffen das Ab- riebsgranulom bzw. die Metallose. Bei den 3 o. g. Primäreingriffen, bei denen der Leu- kozytenesterase-Test ++ gewesen war, lag eine auch makroskopisch sichtbare deutliche Synovitis vor. Bei diesen 3 Patienten war keine chronische Polyarthritis bekannt, auch die Befunde der intraoperativ entnommenen Exzidate ergaben keine Hinweise für das Vorliegen einer rheumatischen Grunderkrankung. In den 10 Fällen, bei denen eine Aus- wertung der Proben nicht möglich war, wurde in dem Fall der fast schwarzen Synovial- flüssigkeit histologisch eine Abriebs-Membran festgestellt, bei den übrigen 9 Patienten lagen Lockerungs-Membranen ohne Anhalt für eine Infektsituation vor.

(25)

25 3.2 Testergebnisse der septischen Operationen

3.2.1 Testergebnisse der Leukozyten-Esterase-Testung der septischen Operatio- nen

In den 50 als septisch deklarierten Operationen war das Ergebnis der Schnelltestung in allen 50 Fällen ++ oder +++ und zeigte damit das Vorliegen einer Infektsituation an.

3.2.2 Ergebnisse der mikrobiologischen Untersuchung der septischen Operatio- nen

In allen 50 Fällen der als septisch deklarierten Operationen konnte in der mikrobiologi- schen Untersuchung der intraoperativen Exzidate ein Keimnachweis geführt werden.

3.2.3 Ergebnisse der histologischen Untersuchung der septischen Operationen Im histopathologischen Befund entsprechend der Krenn-Klassifikation wurde bei 47 der 50 septischen Operationen eine Infektmembran (Typ 1) beschrieben und damit die peri- prothetische Infektion bestätigt. In 3 Fällen lag in der histopathologischen Befundung eine Membran vom Indifferent-Typ (Typ 4) vor.

3.3 Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer Prädiktiver Wert

In der vorliegenden Studie zeigte der Leukozyten-Esterase-Test bei allen septischen Ope- rationen ein zwei- oder dreifach positives Ergebnis (Sensitivität 100 %). Bei 293 der 314 aseptischen Operationen lag ein negatives Testergebnis vor, womit sich eine Spezifität von 96,5 % ergab. Bei den auf die Frage nach dem Vorliegen einer Infektion positiv ge- testeten Fällen lag mit einer Wahrscheinlichkeit von 82 % eine Infektsituation vor (posi- tiver prädiktiver Wert 82 %), im Fall eines negativen Testergebnisses betrug die Wahr- scheinlichkeit für das Vorliegen eines aseptischen Befundes 100 % (negativer prädiktiver Wert 100 %) (Tab. 6).

(26)

26

Tabelle 6: Vergleich von Sensitivität, Spezifität, positivem und negativem Prädiktivem Wert Leukozyten

(n=364, 100 % von 364) -

(<11)

+ (≥ 11) Maß, 95 %-KI

CRP

(n=364, 100 % von 364) -

(<10)

+ (≥ 10) Maß, 95 %-KI

LE

(n=354, 97.3 % von 364) -

(neg)

+ (pos) Maß, 95 %-KI aseptisch 308 6 309 5 293 11 septisch 46 4 8 42 0 50 Sensitivität 7.4 %, [0.9 %; 24.3 %] 81,5 %, [61,9 %; 93.7 %] 100.0 %, [96,4 %; 100.0 %]

Spezifität 98.4 %, [96.3 %; 99.5 %] 90.5 %, [86.8 %; 93.5 %] 96.5 %, [94.2 %; 97.8 %]

NPV 92.5 %, [89.1 %; 95.1 %] 98.3 %, [96.0 %; 99.4 %] 100.0 %, [89,3 %; 100.0%]

PPV 28.6 %, [3.7 %; 71.0 %] 42.3 %, [28.7 %; 56.8 %] 82.1 %, [65.6 %; 95.5 %]

Abbildung 6: Sensitivität, Spezifität, positiver und negativer prädiktiver Wert des Leukozyten Es- terase-Tests

3.4 Nachgewiesene Keime aus den intraoperativ entnommenen Exzidaten

In der vorliegenden Studie war das im Falle einer periprothetischen Infektion am häufigs- ten nachgewiesene Bakterium Staphylococcus epidermidis. Als Zweithäufigste wurden Staphylococcus aureus und Propionibacterium acnes gefunden (Tabelle 7).

0 10 20 30 40 50 60 70 80 90 100

Sensitivität Spezifität Positiver

prädiktiver Wert

Negativer prädiktiver Wert

(27)

27

Tabelle 7: Nachgewiesene Keime aus den intraoperativ entnommenen Exzidaten Keimnachweis in der mikrobiologischen

Untersuchung

Häufig- keit

Anteil in %

Staphylococcus epidermidis 18 36

Propionibacterium acnes 3 6

Staphylococcus aureus 3 6

Escherichia coli 2 4

Methicillin-Resistenter Staphylococcus aureus (MRSA)

2 4

Staphylococcus capitis 2 4

Staphylococcus lugdunensis 2 4

Staphylococcus warneri 2 4

Mischinfektion 5 10

Acinetobacter wolfii 1 2

Corynebacterium 1 2

Enterococcus faecalis 1 2

Klebsiella oxytoca 1 2

Peptostreptococcus 1 2

Staphylococcus caprae 1 2

Staphylococcus xylosus 1 2

Aerobe Sporenbildner/ Pilzinfektion 1 2

Stenotrophomonas maltophilia 1 2

Streptococcus dysgalactiae 1 2

Streptococcus agalactiae 1 2

Gesamt 50 100

3.5 Korrelation des Leukozyten-Esterase-Tests mit den präoperativ bestimmten laborchemischen Entzündungsparametern CRP und WBC

In der vorliegenden Studie konnte eine gute Korrelation zwischen den präoperativ im Serum bestimmten CRP-Werten und dem Leukozyten-Esterase-Test nachgewiesen wer- den (p < 0,01). Ebenso wurde eine Korrelation zwischen der präoperativ im Blutbild be- stimmten WBC und dem Ergebnis des Leukozyten-Esterase-Tests auf einem etwas nied- rigeren Level (p < 0,01) nachgewiesen (Abb. 6).

Durch die Bestimmung des Korrelationskoeffzienten nach Pearson konnte außerdem ge- zeigt werden, dass ein deutlicher linearer Zusammenhang zwischen den präoperativ im

(28)

28

Serum bestimmten CRP-Werten und dem Ergebnis des Leukozyten-Esterase-Tests be- stand (0,533). Zwischen der präoperativ im Blutbild bestimmten WBC und dem Ergebnis des Leukozyten-Esterase-Tests besteht mit einem Korrelationskoeffzienten von 0,232 ein eher schwacher, zwischen der WBC und dem CRP ein mäßiger linearer Zusammenhang.

Abbildung 7: Korrelation des Ergebnisses des Leukozyten-Esterase-Tests (x-Achse) mit den präope- rativ bestimmten laborchemischen Entzündungsparametern C-reaktives Protein (CRP) in mg/l und Anzahl der Leukozyten (WBC) in 1000/µl im Serum (y-Achse). Der Korrelationskoeffzient nach Pearson ist oben in der Graphik abgebildet.

(29)

29

4 Diskussion

Die endgültige Entscheidung, wie im Falle eines Verdachtes auf eine periprothetische Infektion weiter verfahren wird, liegt weiterhin individuell beim behandelnden Chirur- gen. Bewährte Hilfsmittel zur sicheren Differenzierung zwischen einer septischen und aseptischen Situation gibt es nicht [64]. Diese Arbeit hat gezeigt, dass der Leukozyten- Esterase-Test ein gutes und schnelles Diagnoseinstrument mit einer hohen Sensitivität und Spezifität darstellt. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn er in Verbindung mit anderen diagnostischen Parametern für periprothetische Infektionen verwendet wird [1].

Ein weiterer Vorteil des Tests besteht darin, dass für seine Durchführung keine aufwen- digen Vorbereitungen getroffen werden müssen. Die Teststreifen sind problemlos im Operationssaal vorrätig zu halten, Kanülen und Spritzen sind immer im OP vorhanden.

Eine spontane Testung kann daher jederzeit durchgeführt werden. Ein möglicher diag- nostischer Algorithmus für Patienten, bei denen der Verdacht auf eine periprothetische Infektion vorliegt, würde dann wie folgt aussehen:

Zunächst würde präoperativ eine Punktion des betroffenen Gelenkes, bei einem hochgra- digen Verdacht auf das Vorliegen einer periprothetischen Infektion auch eine Punktion aller übrigen endoprothetisch versorgten Gelenke vorgenommen werden. Zeitgleich er- folgt eine Blutabnahme zur Bestimmung der WBC im kleinen Blutbild und zur Bestim- mung des CRP-Wertes im Serum. Sollte schon im Rahmen dieser Punktion ein Keim- nachweis erfolgen gilt die periprothetische Infektion als gesichert. Ein weiterer Test wäre dann nicht notwendig. Sollte kein Keimnachweis geführt werden können und bestünde trotzdem durch die Anamnese, den klinischen Befund oder die Ergebnisse der laborche- mischen Untersuchungen der Verdacht auf das Vorliegen einer periprothetischen Infek- tion, wäre der nächste Schritt die Durchführung des Leukozyten-Esterase-Tests intraope- rativ vor Kapsulotomie. Sollte der Leukozyten-Esterase-Test keinen Hinweis für eine In- fektion zeigen, könnte die Operation, ausgehend von der in dieser Studie nachgewiesenen hohen Sensitivität des Tests, trotz eines makroskopisch suspekten intraoperativen Befun- des wie geplant fortgesetzt werden. Ist das Ableseergebnis ++ oder +++, muss der Ope- rateur entscheiden, ob er im Hinblick auf die etwas schwächere Spezifität des Tests die Operation wie geplant fortsetzt, oder die Operation abbricht bzw. einen Verfahrenswech- sel zu einer Infektbehandlung vollzieht. Abb. 8 stellt den diagnostischen Algorithmus bei

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31

kein sehr sicherer laborchemischer Marker für die Diagnose einer periprothetischen In- fektion ist [59,70]. Unter Berücksichtigung dieser Studienergebnisse erscheint es sinn- voll, in Zukunft eine Kombination aus BSG und CRP-Wert im Serum zu verwenden, um das Vorliegen einer periprothetische Infektion zu verifizieren. Ghanem et al. (2009) und Parvizi et al. (2013) haben bereits gezeigt, dass eine Kombination aus BSG und CRP- Wert im Serum einen genaueren laborchemischen Marker für eine periprothetische In- fektion darstellt als eine isolierte Bestimmung jeweils einer dieser Werte [19,44]. Trotz- dem sollte allein auf Basis dieser Laborwerte keine periprothetische Infektion ausge- schlossen werden, da unter Umständen ein eingeschränktes Immunsystem nicht die Mög- lichkeit besitzt, eine adäquate, auch laborchemisch nachzuweisende Immunantwort zu bilden [28].

Auch die vorliegende Studie weist Einschränkungen auf. Eine liegt in der bereits präope- rativ erstellten Diagnose einer periprothetischen Infektion in den 50 septischen Fällen:

Laut der Definition der Musculoskeletal Infection Society (MSIS) müssen zum Nachweis einer periprothetischen Infektion zwei positive Kulturen phänotypisch identischer Keime aus periprothetisch entnommenen Proben (Punktat oder Gewebe) erbracht werden [50].

In einer durch das International Consensus Meeting erarbeiteten Modifikation dieser De- finition wurde als beweisend für eine periprothetische Infektion entweder der Nachweis von 2 positiven periprothetischen Kulturen mit phänotypisch identischen Organismen, ein mit dem Gelenk kommunizierender Fistelgang oder das gleichzeitige Vorhandensein von mindestens 3 Minor-Kriterien (Minor-Kriterien: erhöhtes Serum-CRP/ BSG, erhöhte Leukozytenanzahl in der Synovialflüssigkeit oder Ableseergebnis ++ / +++ auf dem Leu- kozyten-Esterase-Teststreifen, prozentual erhöhte polymorphkernige neutrophile Gra- nulozyten in der Synovialflüssigkeit, eine positive Histologie von periprothetischem Ge- webe, eine einzelne positive Kultur) gesehen.

In der vorliegenden Studie wurde ein einzelner positiver Keimnachweis als ausreichend angesehen, um eine periprothetische Infektion zu verifizieren. In Bezug auf die präope- rative laborchemische Diagnostik bezieht sich die MSIS auf eine Kombination von er- höhtem CRP-Wert im Serum und einer ebenfalls erhöhten BSG [50]. In der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg gehört eine präoperative Erfassung der BSG nicht zur Routine- diagnostik und wurde demzufolge auch nicht durchgeführt. Insofern wurde in der Beur- teilung lediglich der CRP-Wert im Serum berücksichtigt. Zusammenfassend war nach

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Definition der MSIS bzw. auch des International Consensus Meetings die periprotheti- sche Infektion in den 50 untersuchten septischen Fällen vor der Durchführung des Leu- kozyten-Esterase-Tests nicht eindeutig bewiesen. Unter dem Aspekt des im Studiende- sign festgelegten prospektiven Charakters der Studie wurde hierauf bewusst verzichtet.

Zudem hätte der Nachweis einer periprothetischen Infektion nach den Richtlinien der MSIS für die betroffenen Patienten mindestens eine weitere Gelenkpunktion bedeutet.

Dies entspricht nicht dem Standard der HELIOS ENDO-Klinik Hamburg und hätte, ab- gesehen von einem erheblichen finanziellen Mehraufwand, neben der Belastung für den Patienten auch eine weitere invasive Maßnahme bedeutet, was ethisch nicht vertretbar gewesen wäre. Des Weiteren wurde auf eine Zentrifugation der Punktate verzichtet. Wet- ters et al. hatten in einer Studie 2012 gezeigt, dass bis zu einem Drittel der (allerdings präoperativ gewonnenen) Synovialaspirate ungeeignet für ein kolorimetrisches Testver- fahren waren [65]. Aggarwal et al. hatten 2013 gezeigt, dass durch eine Zentrifugation der Synovialproben die Genauigkeit solcher Testverfahren verbessert werden konnte [1].

Omar et al. hatten dann aber 2014 darauf hingewiesen, dass eine Zentrifugation zu falsch negativen Testergebnissen führen kann. Grund hierfür könnte eine durch die Zentrifuga- tion verursachte Verklumpung von Leukozyten sein, die zu einer reduzierten Freisetzung der Leukozyten-Esterase führen kann [41]. Im Fall der 9 hämorrhagischen Aspirate hatte das zur Folge, dass diese Proben letztendlich nicht verwertbar waren, da eine sichere Be- urteilung der Farbveränderung auf dem Teststreifen nicht möglich war. Frühere Studien haben bereits gezeigt, dass eine Kontamination der Gelenkflüssigkeit mit Blut zu inkor- rekten, in der Regel falsch positiven Testergebnissen führen kann [30]. Im Hinblick da- rauf war es bei der Durchführung dieser Studie ausgesprochen wichtig, die Gelenkflüs- sigkeit vor der Kapsulotomie zu entnehmen, um eine Kontamination durch Blut aus Kap- selgefäßen zu vermeiden. Ob im Einzelfall auch eine Probe nach Kapsulotomie bei Auf- treten eines unerwarteten, makroskopisch suspekten Befundes entnommen werden kann, liegt in der Entscheidung des jeweiligen Operateurs.

Weitere Studien sollten die Korrelation zwischen dem Ergebnis des Leukozyten-Ester- ase-Tests und der Anzahl der Leukozyten sowie dem CRP-Wert aus der Gelenkflüssigkeit untersuchen. Diese Methoden haben sich bereits als sinnvoll bei der Diagnose einer peri- prothetischen Infektion erwiesen [49,68] und werden ebenso wie der prozentuale Anteil von polymorphkernigen neutrophilen Granulozyten (PMN %) als Minor-Kriterien bei der Definierung einer periprothetischen Infektion angesehen [44,50].

(33)

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Ebenfalls nicht näher untersucht wurde der Einfluss rheumatologischer Erkrankungen oder einer Chondrokalzinose auf das Testergebnis. Insgesamt waren in dem untersuchten Patientenklientel 3 Patienten mit einer bekannten chronischen Polyarthritis. Bei allen drei Patienten erfolgte eine primäre endoprothetische Versorgung. Bei 2 dieser Patienten war der CRP-Wert im Serum leicht erhöht (11 mg/l, 15 mg/l), bei einem Patienten war der CRP-Wert normwertig. Bei keinem dieser Patienten zeigte der Leukozyten-Esterase-Test ein pathologisches Ergebnis. Grund hierfür kann die insgesamt in den letzten Jahren deut- lich verbesserte medikamentöse anti-inflammatorische Basistherapie sein, aber für eine genauere Betrachtung reicht die Fallzahl von lediglich 3 Patienten nicht aus.

Selbstverständlich gehört die histopathologische Untersuchung der intraoperativ entnom- menen Proben weiterhin zur Routinediagnostik zur Absicherung der Diagnose einer pe- riprothetischen Infektion [62]. In der vorliegenden Studie war in der Gruppe der septi- schen Eingriffe lediglich in drei Fällen keine Infektmembran gesehen worden. In allen drei Fällen wurde Propionibacterium acnes als verantwortlicher Keim nachgewiesen, in der histopathologischen Untersuchung wurde ebenfalls in allen drei Fällen eine Membran vom Indifferent-Typ (Typ 4) diagnostiziert. Speziell bei Infektionen mit niedrig-virulen- ten Mikroorganismen wie z. B. Propionibacterium acnes scheinen trotz nachgewiesener periprothetischer Infektion die histopathologischen Kriterien für einen low-grade-Infekt nicht immer erfüllt zu sein [39]. Weitere Studien werden notwendig sein, um die aktuellen histopathologischen Kriterien gerade auch im Hinblick auf schwach pathogene Keime weiter zu spezifizieren.

Die in dieser Studie in der Gruppe der septischen Operationen nachgewiesenen Erreger entsprechen dem Verteilungsmuster, welches Del Pozo in seiner Arbeit aus dem Jahr 2009 aufgezeigt hatte. In dieser Arbeit waren Staphylokokken (Staphylococcus aureus und Koagulase-negative Staphylokokken) für mehr als die Hälfte der untersuchten Infek- tionen verantwortlich [29]. Zu dem gleichen Ergebnis kamen auch Trampuz und Zim- merli 2005 [60]. Die Autoren fanden außerdem Enterokokken zu Anteilen von 3 - 7 % sowie Mischinfektion zu 10 - 11 %, was ebenfalls dem in dieser Studie gefundenen Ver- teilungsmuster entspricht (2 % Enterokokken und 10 % Mischinfektion).

Im Verlauf dieser Studie trat einmalig die Situation auf, dass bei einem zunächst als asep- tisch eingestuften Patienten innerhalb der Operation ein makroskopisch hochgradig sus- pekter Befund gesehen wurde. In der präoperativen Diagnostik waren keine Auffälligkei-

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ten gesehen worden. Der Leukozyten-Esterase-Test zeigte ein 3-fach positives Testergeb- nis, die geplante Operation wurde abgebrochen. In der postoperativen histopathologi- schen und mikrobiologischen Untersuchung konnte dann das Vorliegen einer periprothe- tischen Infektion bestätigt werden. Dieser Fall zeigt, wie hilfreich dieser Test in unklaren perioperativen Situationen sein kann, gerade weil er unkompliziert und schnell durch- führbar ist und das Ergebnis innerhalb von 90 Sekunden vorliegt.

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5 Zusammenfassung

Periprothetische Infektionen stellen sowohl in Bezug auf die Therapie als auch in Bezug auf die Diagnose eine große Herausforderung in der modernen Endoprothetik dar. Eine Vielzahl von klinischen Erscheinungsbildern macht die Einschätzung eines fraglichen In- fektes oft sehr schwierig.

Abakterielle Gelenkerkrankungen, die mit einer Synovitis einhergehen, aber auch mecha- nische Komplikationen wie eine Metallose oder ein Polyethylenabrieb können klinisch, laborchemisch und in Bezug auf den intraoperativen makroskopischen Befund ein der periprothetischen Infektion sehr ähnliches Bild zeigen [6].

Das Ziel dieser Studie war es, den Leukozyten-Esterase-Test, wie er herkömmlich in der Urindiagnostik Verwendung findet, als intraoperatives diagnostisches Werkzeug in einer unklaren septischen oder aseptischen Situation zu etablieren.

Diese Studie hat gezeigt, dass der Leukozyten-Esterase-Test eine sehr hohe Sensitivität und eine gute Spezifität aufweist. Durch die unkomplizierte Handhabung und die gerin- gen Kosten ist er zudem ausgesprochen benutzerfreundlich. Insbesondere eignet er sich zum Ausschluss einer periprothetischen Infektion. Als alleiniger Test zum Nachweis ei- ner periprothetischen Infektion reicht er nicht aus, hier sollte auch weiterhin die Diagnose auf Grundlage der bewährten Kombination aus Anamnese, laborchemischen Entzün- dungsparametern und Keimnachweis aus Gewebe und/oder Gelenkflüssigkeit gestellt werden. Keinesfalls ersetzt der Leukozyten-Esterase-Test die mikrobiologische Diagnos- tik mit dem Ziel eines Keimnachweises. Letzteres ist die Voraussetzung für eine gezielte antibiotische Therapie. Der große Vorteil ist neben der unkomplizierten Durchführung die unmittelbare Auswertbarkeit: das Ergebnis liegt innerhalb weniger Minuten vor. In Verbindung mit dem sehr guten negativen prädiktiven Wert dieses Tests bedeutet dies für den Operateur im Falle eines unerwarteten, intraoperativ makroskopisch suspekten Be- fundes eine gute Entscheidungshilfe. Die sichere Diagnose einer periprothetischen Infek- tion bleibt aber weiterhin problematisch und wird auch in Zukunft Gegenstand der wis- senschaftlichen Forschung bleiben.

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6 Literaturnachweis

1. Aggarwal V, Tischler E et al. (2013): Leukocyte esterase from synovial fluid aspi- rate: a technical note. J Arthroplasty 28(1):193–195.

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Referenzen

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