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Archiv "Ärztliche Pflegeheimbetreuung: Gut vernetzt geht es besser" (28.02.2014)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 111

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Heft 9

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28. Februar 2014 A 365 keiten gerecht; erst recht nicht den

Erfordernissen einer Praxis, die auch unter Zeitdruck zu schnellen Entscheidungen finden muss.

Die sechs Gesellschafter müssen sich folgende Fragen stellen: Wie sieht eine Ordnung und Führungs- kultur von sechs Gesellschaftern aus, die selten die gleichen Stand- punkte vertreten und unterschiedli- che Mitspracherechte haben? Oder:

Wie und in welchem Umfang wird unterschieden zwischen Gesell- schafter-Führungsebene und den weiteren Führungsebenen, zum Beispiel fachliche Führung der Ge- sellschafter und Führung der ange- stellten Fachärzte?

Der Weg aus der Krise

Die Gesellschafter aus dem Beispiel haben gelernt, dass nur mit einer ge- meinsamen Strategie und einer hier- zu passenden Organisation eine Führungskultur entstehen kann, die alle mittragen. Heute wird die Praxis im Rotationsprinzip geführt. Nicht weil es die einzige Lösung ist; ganz im Gegenteil, es wären auch andere Führungssysteme denkbar gewesen.

Maßgeblich ist, dass sie diese Ent- scheidung selbst und gemeinsam ge- troffen haben, nachdem sie folgende zentrale Punkte für Führungserfolg in Großpraxen realisiert hatten:

Ohne Strategie ist ein gemein- sames überfachliches Ziel nicht möglich – und damit auch keine er- folgreiche Zukunft gestaltbar.

Eine strategische Planung lässt sich ohne stimmiges Organisa- tionswissen nicht umsetzen.

Organisationswissen beinhal- tet auch: Kenntnisse im Umgang und Führung von Kooperationen, Zuweisern und Netzwerkpartnern.

Auch ein Spitzenmediziner kann nicht führen ohne eine gewis- se überfachliche Expertise (kauf- männisch, strategisch).

Die Entwicklung eines ge- meinsamen Leitbildes ist das Fun- dament einer stabilen Führungs- und auch Organisationskultur.

Die Organisationskultur muss aktiv geformt werden; sie wird in der Hauptsache von den Entschei-

dern geprägt.

D

ie Kommunikation zwischen Hausarzt und anderen medizi- nischen Dienstleistern im Pflegebe- reich ist zumindest IT-technisch im- mer noch weitgehend nicht vorhan- den. Ein Beispiel, wie die Schnittstel- le zwischen einer Hausarztpraxis und einem Pflegeheim optimiert werden kann, präsentierte Irmgard Landgraf beim Fachkongress der Deutschen Gesellschaft für Telemedizin Ende 2013. Die Fachärztin für Innere Me- dizin, die seit 1993 in eige-

ner Praxis in Berlin haus- ärztlich tätig ist, verfügt zu- gleich über eine mehr als 20-jährige Erfahrung bei der Versorgung von Pflege- heimbewohnern. Ein nicht ganz einfaches Gebiet, denn: „Patienten in Pflege-

heimen sind ja nicht nur alt und ge- brechlich. Sie sind häufig multimor- bide, mehr oder weniger ausgeprägt demenzkrank und aus verschiedenen Gründen kommunikationsgestört.“

Auch bei der Dia gnostik ergeben sich oftmals Probleme, denn bei Untersu- chungen können die älteren Patienten häufig nicht mitmachen oder verwei- gern sich.

Pflegeheimbewohner sind zudem auf Hausbesuche angewiesen. Bei

der ärztlichen Versorgung sei daher die Mitarbeit und Unterstützung von kompetenten, gut informierten Pfle- gekräften vor Ort sehr wichtig, beton- te Landgraf. Das Problem: Wenn der Hausarzt nach seiner Sprechstunde ins Pflegeheim kommt, trifft er dort immer wieder auf wechselnde Pfle- gekräfte, was den Informationsaus- tausch erschwert. Wenn es umgekehrt zu Komplikationen bei Patienten kommt oder Beschwerden bei Patien- ten auftreten, ist gerade kein Arzt da.

Bei der Frage, wie im Einzelfall auf eine solche Situation zu reagieren ist, ob etwa der Hausarzt kontaktiert wer- den muss, sind viele Pflegekräfte

häufig unsicher. So kom- me es immer wieder zu vermeidbaren Kranken- hauseinweisungen, oder aber wichtige Beobach- tungen der Pflegekräfte werden dem Hausarzt zu spät oder gar nicht mitge- teilt, erläuterte Landgraf.

Eine Optimierung der Kommunikati- on ist aus ihrer Sicht eine große Hilfe und dringend notwendig.

Landgraf hatte im Jahr 1996 die hausärztliche Betreuung von circa 100 Bewohnern des Pflegeheims Agaplesion Bethanien Sophienhaus in Berlin-Steglitz übernommen.

„Wenn ich nicht einige Jahre später die Möglichkeit gehabt hätte, mit den Pflegekräften vernetzt zu arbei- ten und die Versorgung telemedizi- ÄRZTLICHE PFLEGEHEIMBETREUUNG

Gut vernetzt geht es besser

Fotos: Landgraf

Ein elektronisches Pflegedokumentations- system unterstützt die Zusammenarbeit von Hausarztpraxis und Pflegeheim.

Ich habe mit dieser Vernetzung ein extrem gut funktionierendes Frühwarnsystem.

Irmgard Landgraf,

Fachärztin für innere Medizin

Uta von Boyen von boyen – consulting, München

S O N D E R S E I T E N P R A X i S

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A 366 Deutsches Ärzteblatt

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28. Februar 2014 nisch zu gestalten – ich hätte diese

Versorgung wieder aufgeben müs- sen“, erzählte Landgraf. Anrufe rund um die Uhr, Hausbesuche nachts und an Wochenenden sowie vor und nach der Sprechstunde waren weder mit der Praxis noch mit der Familie zu vereinbaren. Die ständige Er- reichbarkeit erwies sich als eine gro- ße Belastung, die ein Privatleben na- hezu unmöglich machte.

Als das Heim auf eine elektroni- sche Pflegedokumentation umstell- te (Software Dan, www.danproduk te.de), sah die Ärztin das als eine Chance, durch eine telemedizini- sche Betreuung den Arbeitsauf- wand zu verringern und die Versor- gung zu optimieren. Sie ließ sich über ihren Laptop einen Zugang zu dem Dokumentationssystem des Pflegeheims einrichten, den sie von der Praxis oder von zu Hau- se aus nutzen kann. „Ich wähle mich jeden Morgen und jeden Abend in die Pflegeheim - software ein“, berichtete Land - graf. Die Einwahl erfolgt über einen mit zwei Passwörtern gesi- cherten Citrix-Client sowie mittels Eingabe von Kennwort und Benut- zer-ID für den Zugriff auf die Pfle- geheimdokumentation.

Im System sind Dokumentati- onsseiten hinterlegt, die über einen Registernamen aufgerufen werden können. So sind unter dem Regis- ternamen „Vitalparameter“ etwa sämtliche Blutdruck-, Puls- oder Blutzuckerangaben und unter

„Ärztliche Verordnungen“ alle ak- tuellen, aber auch abgesetzte Medi- kamente und nichtmedikamentöse Therapien gespeichert.

Zusätzlich gibt es „grüne Rei- ter“, die als Marker für Kurzmittei-

lungen zwischen Pflegekräften und Ärztin dienen. Dort kann zum Bei- spiel die Pflegekraft die Informati- on absetzen: „Patientin trinkt seit zwei Tagen zu wenig.“ Umgekehrt kann Landgraf auch Mitteilungen an das Pflegeheim hinterlegen, um beispielsweise eine Medikation zu verändern. Im Beispielfall kann sie etwa die Einträge zu Ernährung und Ausscheidung prüfen, ebenso die Medikamentenliste. Gegebe- nenfalls kann sie in ihrer Praxis- software einen Überweisungs- schein zur Blutabnahme ausstellen und diese veranlassen, so dass be- reits am Abend die Laborergebnis- se vorliegen. Rezepte für Medika- mente schickt sie per Fax an die Apotheke, so dass beim nächsten Hausbesuch nach der Sprechstunde die Behandlung meist schon einge- leitet worden ist. Das System unter- stützt auch die Kontrolle des Medi- kamentenverbrauchs der Heimpa- tienten, indem es zwei Wochen vor Packungsende eines Arzneimittels einen entsprechenden Hinweis ab- setzt.

Durch enge Absprachen mit dem Pflegeheim, gegebenenfalls Einlei- ten einer Therapie und engmaschi- ge Kontrollen durch die Pflegekräf- te lässt sich im Beispielfall vermei-

den, dass die Patientin wegen einer Austrocknung ins Krankenhaus muss. Auch auf bedrohliche Neben- oder Wechselwirkungen von Medi- kamenten kann die Ärztin durch den Informationsaustausch mit den Pflegekräften über den grünen Rei- ter mit einer raschen Therapieände- rung reagieren. Beschwerden lassen sich so schneller beseitigen, Krank- heitsverläufe gut überwachen und lebensbedrohliche Komplikationen eher vermeiden.

Von den Vorteilen des Verfahrens profitieren alle: die Patienten, die Pflegekräfte und die Hausärztin.

„Ich habe mit dieser Vernetzung ein extrem gut funktionierendes Früh-

warnsystem“, betonte Landgraf.

„Ich kann immer umgehend ärztlich reagieren, in der Regel am selben Tag. Notwendige Therapien können gezielt auch ohne Hausbesuch ange- setzt werden, weil ich sofort alles schriftlich fixieren kann. Ich bin als Ärztin immer gut über meine Patien- ten informiert. Wir haben deutlich weniger Notfälle und Krankenhaus- behandlungen, seit wir so arbeiten.“

Fehlinformationen und Informa- tionsverluste lassen sich durch die exakte Dokumentation weitgehend vermeiden. Das bessere Zeitma - nagement schafft Freiräume bei den Patientenkontakten während der wöchentlichen Visite. „Die Heimvi- siten sind durch dieses Informati- onssystem sehr effektiv, und mir bleibt einfach auch mehr Zeit für die Patienten“, meinte Landgraf.

Notfallhausbesuche werden nur noch bei klarer Indikation und gut vorbereitet durchgeführt. „Die ärzt- liche Arbeit ist besser planbar. Wir haben eine gute Dokumentation der ärztlich-pflegerischen Zusammen- arbeit und bei gleicher Arbeitsbelas- tung deutlich mehr Qualität.“ Anru- fe rund um die Uhr sind bedeutend weniger, nächtliche Notfallhausbe- suche gar zur Ausnahme geworden.

Vor diesem Hintergrund hält Land- graf die telemedizinische Pfle- geheimbetreuung auch für ein geeignetes Instrument, um die ärztliche Versorgung in struk- turschwachen Gebieten zu be- wältigen.

Zudem entlastet diese Form der Zusammenarbeit auch die Pflegekräfte und stärkt zugleich de- ren Kompetenz. Sie erhalten klare schriftlich fixierte Handlungsanwei- sungen und fühlen sich Landgraf zu- folge dadurch besser abgesichert. Ih- re Informationen können sie jederzeit schnell über das Dokumentationssys- tem weitergeben, und sie sind stets über die Situation der Heimbewoh- ner auf dem laufenden.

Nicht zuletzt profitieren auch die Krankenkassen. Denn weniger Not- fallhausbesuche, weniger Medika- mente und insbesondere weniger Krankenhausaufenthalte bedeuten auch immer weniger Ausgaben für

die Kostenträger.

Heike E. Krüger-Brand Landgraf auf

Hausbesuch im Pflegeheim: „Die Heimvisiten sind durch dieses Infor-

mationssystem sehr effektiv, und mir bleibt einfach auch mehr Zeit für die Patienten.“

Wir haben bei gleicher Arbeitsbelastung deutlich mehr Qualität.

Irmgard Landgraf

S O N D E R S E I T E N P R A X i S

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