im Semitischen
Ein Beitrag zur Rekonstruktion des Ursemitischen und zur
Entwicklung der Einzelspraehen
-f
Von Weener Diem, Köln
1 Einleitung
Li. „f?4
1.1 Die Triradikalität und die sog. "schwachen" Bildungen
Zu den herausragenden Kennzeichen der semitischen Sprachen gehört
bekannthch das Prinzip der Triradikalität, d.h. des Umstandes, daß sich
aus der überwiegenden Zahl der Wörter eine Wurzel von drei Konsonan¬
ten abstrahieren läßt. Ein besonderes Problem hat dabei von jeher die
Frage gebildet, wie die sog. ,, schwachen" Verba einzuordnen seien, jene
Verba also, die in herkömmlicher Terminologie als Verba primae w,
mediae w und y, mediae geminatae und tertiae w und y bezeichnet
werden, etwa arab. walada yalidu, qäma yaqümu, sarra yasurru und ramä
yarmi. Der Gang der Diskussion braucht hier nicht im Einzelnen referiert zu
werden ; dafür sei auf die ausführliche DarsteUung in G. J. Botteewecks
Arbeit Der Triliterismus im Semitischen. Bonn 1952, S. 11—30 ver-
wiesen"^. Es genügt der Hinweis, daß eine Reihe von Gelehrten, unter
ihnen vor aUem A. Müllee^ und J. Wellhausen^, die Ansicht ver¬
traten, daß neben den dreiradikaligen ursprünglich zweiradikalige Ver¬
ben existiert hätten, die entweder durch Verdoppelung des zweiten Radi-
1 An seitdem erschienenen Arbeiten zum Problem sind mir bekarmt ge¬
worden: J. Heller: Neuere Literatur zur Biliterismus-Frage. In: Ar Or 27
(1959), S. 678—682; J. Macdonald: New Thou.ghts on a Biliteral Origin for
the Semitic Verh. In: Annual of Leeds University Oriental Society 5 (1963—
1965), S. 63—85; W. von Soden: n als Wurzdau^gment im Semitischen. In:
Studia Orientalia in memoriam C. Brockelmann. Halle 1968, S. 175—184;
A. Zaborski : Prefixes, Root- Determinatives and the Prohlem of Biconsonantal
Roots in Semitic. In: Folia Orientalia 11 (1969), S. 307—313; J. Blau in:
Proceedings of the International Conference on Semitic Studies held in Jeru¬
salem, 19—23 July 1965. Jerusalem 1969, S. 39. — Vgl. ferner F. R. Blake:
Congeneric Assimilation as a Cause of the Development of New Roots in
Semitic. In: Studies in Honor of M. Bloomfield. New Haven 1920, S. 39.
2 Verha vs und vv. In: ZDMG 33 (1879), S. 698—700.
ä Uber einige Arten schwacher Verba im Hebräischen. In : Skizzen und Vor¬
arbeiten 6 (1899), S. 250—260.
16 WEurrEB Diem
kais oder durch. Längung des „Stammvokals" sekundär an das Schema
der dreiradikaligen Verben angeghchen worden seien. Diese Theorie
lehnte C. Brockelmann: QvO I § 271 (S. 618ff.), auch § 101 (S. 285f.)
strikt ab. Überzeugt von der ursprünglichen Dreiradikalität aUer Verben
führte er auch die schwachen Verben auf drei Radikale zurück; ihre
besondere Büdung, wie sie konkret in den Sprachen erscheint, erklärte
er als das Ergebnis bestimmter Lautgesetze. Heute kann Beockelmanns
Theorie von der ursprünglichen Triradikalität aUer Verben, von der er
später übrigens selbst mehr oder weniger abgerückt ist [GhO II S. VI),
als überholt gelten. Dubletten schwacher Bildungen mit jeweils zwei
gleichen Konsonanten, wie sie namenthch K. Ahbens* für das Hebräische
nachgewiesen hat, beweisen, daß es einmal zweikonsonantige Bildungen
gegeben haben muß, die erst später auf verschiedene Weise und in ver¬
schiedenem Grad dem Schema der starken dreikonsonantigen Bildungen
angeglichen wurden.
1.2 Das Problem der Verba mediae und tertiae infirmae
Kann das Problem der Drei- und Zweiradikalität als einigermaßen
geklärt gelten, so bleibt doch die Frage, wie die konkreten Formen der
Verba mediae und tertiae infirmae mit ursprünghch zweikonsonantigen
Bildungen historisch gesehen in Zusammenhang zu bringen sind, d.h.
in anderen Worten, welcher Art das erweiternde Element war. Zwei
Theorien stehen sich gegenüber : Die eine setzt das erweiternde Element
als Vokal an, die andere als Halbvokal wjy. Die erste Theorie wurde
von Mülleb und Wellhausen vertreten (s. oben 1.1). Nach ihr ist bei
den Verba mediae infirmae ein ursprünghch kmzer Stammvokal gelängt
worden, also etwa * yaqümu > yaqümu; auch die Verba tertiae infirmae
erklärte Wellhausen so, daß ,,zum Ersatz der unvollkommenen Ent¬
wickelung eine Vokalverlängerung ... hinter dem zweiten Radikal"
stattfand (S. 257). Bbockelmann dagegen nahm — entsprechend seiner
Auffassung von der ursprünghchen Triradikalität aUer Verben — als
zweiten bzw. dritten Radikal w und y an, die a) in bestimmten FäUen
geschwunden, b) in anderen erhalten gebUeben seien, etwa a) *qatmmiu
> arab. qumtu, *yaqwumu bzw. *yaquwumu > yaqümu, *yarmiyu >
yarmi, *ramaya > ramä; b) arab. qaum, ramy, ramaitu. Eine gewisse
MittelsteUung nahm die Theorie H. Bauebs* ein, insofern als sie von
* Der Stamm der schwachen Verba in den semitischen Sprachen. In : ZDMG
64 (1910), S. 161—194. Einzelne morphologische Erklärungen sind aUerdings der Korrektur bedürftig, vgl. unten 2.3.a.
' Mitteilungen zur semitischen Grammatik. III : Das Problem der schwachen
Verba im Gemeinsemitischen. In: ZDMG 66 (1912),. S. 106—114. Vgl. auch
Zur Präge der Sprachmischung im Hebräischen. Halle 1924, S. 5f.
vokahschen rmd konsonantischen Bildungen ausging, etwa *rimi, *gulu,
*Satay, *radaw. Obwohl sich Beockelmann, wie oben (1.1) erwähnt, von
seiner Theorie der ursprünghchen Triradikahtät aller Verben später
distanziert hat, hielt er die von ihm angenommenen Lautgesetze auf¬
recht*. Und merkwürdigerweise sind sie seit dem Erscheinen des Orund¬
risses außer im akkadistischen Bereich' m.W. nicht ernsthaft in Frage
gestellt worden, wahrscheinhch deshalb, weil sie ein allzu bequemes Mittel
boten, die vokalischen und die konsonantischen Ableitungen einer Wurzel
unter einen Hut zu bringen*. Nun ist es sicher nicht legitim, Beockel¬
manns Ansatz von wjy nur deshalb abzulehnen, weil sich seine Theorie
von der ursprünglichen Triradikalität aUer Verben nicht aufrechterhalten
ließ. Denn bei anderen schwachen Verben, den Verba primae w nämlich,
erscheint in bestimmten Ableitungen als erweiterndes Element in der
Tat ein konsonantisches w, und dieses Element könnte im Prinzip auch
zwischen und nach den beiden Konsonanten aufgetreten sein. Auch die
Möghchkeit des Schwundes von intervokahschem wjy kann vom phone¬
tischen Gesichtspunkt aus nicht ohne weiteres ausgeschlossen werden,
wie das Griechische mit dem Paar Nom. basileus — Akk. basilea <
basilewa zeigt, worauf sich Beockelmann übrigens ausdrückhch bezog.
Was gegen Beockelmanns Theorie spricht, ist vielmehr einmal die große
Zahl von Lautgesetzen, die er anzunehmen gezwungen ist. Wir sind heute
vorsichtiger, als es zur Zeit des Erscheinens des Orundrisses der FaU war,
was die AufsteUung von Lautgesetzen betrifft. Zur Erklärung von arab.
yarmüna und analogen Formen etwa ist Beockelmann genötigt, zwei
Lautgesetze zu Hilfe zu nehmen : Schwund von y und AssimUation von
1 an w, also *yarmiyüna > *yarmiüna > yarmüna. Eine Lösung, die ohne
solche Lautgesetze auskommt und yarmüna beispielsweise als Analogie-
büdung erklärt, ist zweifelsohne vorzuziehen. Der andere Punkt, an dem
Kritik ansetzen kann, liegt darin, daß Beockelmann die Lautgesetze teil¬
weise aUzusehr ad hoc einführt und daß sie bisweUen Widersprüche zeigen.
* Vgl. seine Arabische Orammatik, zahlreiche Auflagen, § 13.
' Vgl. etwa W. VON Sodbn in QaO passim und vor allem § 22h, S. 23;
B. Kibnast: Das System der zweiradikaligen Verben im Akkadischen. In:
ZA 55 (1962), S. 138—155.
' Außerhalb der Akkadistik hat m.W. einzig A. Ambbos in seiner Ein¬
jührung in die moderne arabische Schriftsprache. München 1969, S. 273, also
an wenig repräsentativer Stelle, expressis verbis betont, daß Formen wie
*ramaya keine historischen Vorformen seien. Vgl. auch seine Ausführungen
in WZKM 65/66 (1973/74), S. 109ff. — Die in einer Fußnote versteckte
skeptische Bemerkung Th. Nöldbkbs : Neue Beiträge zur semitischen Sprach¬
wissenschaft. Straßburg 1910, S. 109 Fn. 1 scheint nicbt beachtet worden zu
sein. Vgl. ferner K. Beyeb: Althebräisehe Orammatik. Göttingen 1969, S. 62,
63 und ZDMG 120 (1970) S. 202 Fn. 1; G. Bebb-R. Meyeb: Hebräische
Grammatik. II. Berlin n955, S. 58f. (aber S. 67f.) 2 ZDMG 127/1
18 Weener Diem
1.3 Ziel der Arbeit
Im Folgenden wird von den beiden zur Debatte stehenden Gruppen
der Bildungen mediae infirmae und tertiae infirmae eine, die der Verba
und Nomina tertiae infirmae untersucht. Dabei soll gezeigt werden, daß
es nicht notwendig ist, mit Bbockelmann Wurzeln mit wjy als drittem
Radikal anzunehmen, sondern daß die konkret bezeugten vokalischen
Formen ohne spezieUe Lautgesetze auf Vorformen mit langem Vokal¬
auslaut zurückgeführt werden können. Die untersuchten Sprachen sind
das Arabische, das Altsyrische, das Hebräische, das Altäthiopische
(Ge'ez) und — weniger ausführlich — das Akkadische, also jene ,, klas¬
sischen" semitischen Sprachen, welche für eine Untersuchung hinreichend
breit überliefert sind. Wirkhch adäquat tradiert sind im Grunde sogar
nur das Arabische und das Altsyrische. Ein Wort muß zur Reihenfolge
der Sprachen gesagt werden. Das Arabische steht deshalb an der ersten
Stelle, weil es innerhalb der jungsemitischen Sprachen den, wie gezeigt
werden wird, altertümlichsten Befund aufweist. Auf das Akkadische
wird nur deshalb zuletzt eingegangen, weil Verf. mit ihm nicht aus
primärer philologischer Beschäftigung vertraut ist. Beim Syrischen ist
der Unterschied zwischen west- und ostsyrischen Formen nicht berück¬
sichtigt, sondern es wird jeweüs die sprachgeschichtlich ältere Form
geboten.
Zur Transkription sei bemerkt, daß hebräisches Schwa nicht berück¬
sichtigt wird, die Femininendung fif als -ä bzw. in Vorformen als -ah
wiedergegeben wird, und die Schreibungen n-- und H- unterschiedslos
mit e umschrieben werden. Die im übrigen befolgte masoretische Über¬
lieferung wird nur in jenen Punkten gegebenenfaUs diskutiert, die für
das jeweilige Problem relevant sind. Die Schreibung des 6. Vokals im
Äthiopischen wird konsequent mit e wiedergegeben, wo historisch i oder
u anzusetzen ist, und die Verbindung von a mit Laryngal wird historisch
geschrieben (also etwa ta'hä, nicht tähä). Der Indikativ Imperfekt des
Grundstammes wird mit einfachem 2. Radikal geschrieben (yeqatel),
ohne daß damit die Frage nach der Quantität dieses Radikals in irgend¬
einer Weise präjudiziert werden soll. Akkadische Formen wie ihanniü
werden phonologisch ibanniyü geschrieben.
1.4 C. Bbockelmanns Lautgesetze
Zur besseren Orientierung seien Beockelmanns wichtigste Laut¬
gesetze systematisch aufgeführt. Als gemeinsemitische Lautgesetze nahm
er zur Erklärung der Büdungen tertiae infirmae an {OvG I § 39w; § 271;
vgl. auch § llöff.):
1. Schwund von wjy zwischen zwei kurzen Vokalen z.B. *ramaya >
arab. ramä, *yarmiyu > arab. yarmi, *fatayun > arab. fatan.
2. Schwund von wly vor üß, z.B. *tagliyina > arab. taglina, *yarmiyüna
> arab. yarmüna, *tad'uwina > arab. tadHna.
3. Kontrahierung von iu in i, iü in ü, ui in i (Beispiele s. Nr. 1—2).
4. iy{C), uw{C) > i(C), ü{C), z.B. *yarmiyna > arab. yarmina.
Als speziell arabisches Lautgesetz nahm er an:
5. -ay, -aw > -ä. Brockelmann nannte keine Beispiele, meinte aber
wohl Fälle wie *fataw (= *fatau < *fatayu, vgl. Nr. 1) > fatä.
6. Für richtig halten wird man Beockelmanns Ansatz, daß gleiche
aufeinanderstoßende Vokale kontrahiert werden, also i -\- i > i, ü -]-ü
> ü etc., und daß die Verbindung ä + ifü die Diphthonge aifau ergibt*.
2 Präfixkonjugation 2.1 Arabisch
a) Wenn von den Basen yarmi, yargü, yansä ausgegangen wird, wie sie
in der 3. Msk. Sg. und in den analogen Formen erscheinen, ergeben sich
für das arabische Imperfekt des Grundstammes folgende Formen laut¬
gesetzhch :
1. tarmi + Ina > tarmina (2. Fem. Sg.)
2. yarmi -\- na > yarmina (3. Fem. PI.)
3. yargü + üna > yarmüna (3. Msk. PI.)
4. yargü -[- na > yarmüna (3. Fem. PI.)
5. tansä + iwa > tansaina (2. Fem. Sg.)
6. yansä + üna > yansauna (3. Msk. PI.)
Die 1. und 3. Form sind das Ergebnis von Kontraktion zweier gleicher
Vokale, bei der 2. und 4. Form tritt an den vokalischen Auslaut das
Element na an, und bei der 5. und 6. Form wird die Folge *äi/*äw,die
das Arabische (bzw. das Ursemitische ganz allgemein) nicht kennt, zmn
Diphthong aijau verkürzt (vgl. 1.4, Nr. 6).
b) Lautgesetzlich nicht erklären lassen sich die Formen yarmüna
(3. Msk. PL), targina (2. Fem. Sg.) und yansaina (3. Fem. PL), statt
deren bei lautgesetzlicher Entwicklung *yarmiyüna < yarmi + üna,
*targuwina < tar^ü + ina und *yansäna < yansä + zu erwarten
wären. Die Formen lassen sich jedoch als das Ergebnis analogischer
NeubUdung deuten. Wenn der konsonantischen Form taJctubina die
Form yaktubüna entsprach, dann konnte zu tarmina die Form yarmüna
und umgekehrt zu yargüna die Form targina gebüdet werden. Der Sach-
^ Die an zweiter Stelle genannte Folge entsteht nach Brockelmanns
Theorie dann, wenn in ayu, ayi etc. der Halbvokal yjw elidiert werde, also
etwa "tansayina > "tansaina > tansaina.
2
20 Webner Diem
verhalt kann auch anders formuliert werden: tarmina und yargüna
konnten nach dem Muster des starken Verbums so analysiert werden, als
ob die Flexionsendungen -ina und -üna unmittelbar an den 2. Radikal
angetreten sein {tarm-ina, yarg-üna). Nach diesem Muster konnten
yarmüna und targina gebildet werden, indem die nämlichen Flexions¬
endungen -ünaj-ina ebenfalls an den 2. Radikal angefügt wurden. Es
handelt sich dabei um einen Prozeß paradigmatischen Ausgleichs. Die
Form yansaina kann als analogische Neubildung nach dem Muster der
entsprechenden Formen des yarmi-Typa erklärt werden: Msk. yar¬
müna : Fem. yarmina — Msk. yansauna : x; x = yansaina.
c) Die Formen des Imperativs und des Apocopatus werfen kein Pro¬
blem auf: irmi, urgu, insa bzw. yarmi, yargu, yansa sind nichts anderes
denn Kurzformen der Vokalauslaute i, ü, ä, wie sie im Imperfekt auf¬
treten. Auch die übrigen Formen entsprechen jenen des Imperfekts und
sind damit ebenfalls unproblematisch.
d) Der Subjunktiv yarmiya und yarguwa sowie die Dualformen
yarmiyä{ni) und yarguwä{ni) sind eirie Kombination aus yarmijyargü -\- ä.
Trat an unbetontes i/m der nichthomogene Vokal ä an, dann mußte ijü
aus phonetischen Gründen in i/w + homogenen Gleitlaut y/w zerlegt
werden. Der Indikativ yansä konnte in Verbindung mit dem a des Sub¬
junktivs dagegen nur wieder yansä ergeben. Die Dualform yansayä{ni)
statt des zu erwartenden *yansäni (< yansä -f äni) läßt sich als Analogie¬
bildung nach dem i-Typ erklären: yarmi : yarmiyäni = yansä : x;
x = yansayäni. Die entsprechende Umbildung erfolgte auch im Perfekt
(3.1. d) und beim Nomen (5.1. d).
e) Die abgeleiteten Stämme und das Passiv bieten nichts Neues, sie
folgen der Flexion des yarmi- und des «/awsö-Typs. Die Entwicklung muß
dabei so gesehen werden, daß der i-Typ verallgemeinert wurde, wo das
starke Verbum den Stammvokal i aufwies (z.B. yufa^Hlu — yufa"i,
yafta'ilu ■—• yafta'i), und der ä-Tjrp, wo das starke Verbum den Stamm¬
vokal a aufwies (z.B. yatafa^'alu — yatafa"ä, yuf'alu — yuf'ä). Mög¬
hcherweise unterschied das Arabische ursprünglich wie das Akkadische
und das Äthiopische auch in abgeleiteten Stämmen zwischen verschie¬
denen vokahschen Typen (vgl. 4. l.c).
I) Während sich somit alle Formen des arabischen Paradigmas beim
Ansatz von yarmi, yargü, yansä zwanglos erklären lassen, gilt das nämliche
nicht von Bbockelmanns Theorie. Es ist nicht nur die gezwungen wirkende
lautgesetzliche Herleitung von yarmüna aus *yarmiyüna und von targina
aus *tar^uwlna, die Bedenken erregt, sondern es treten auch Widersprüche
auf. So soll der Subjunktiv yarmiya ursprünglich nach Ausfall des y zu
yarmi geworden und erst iimerarabisch wieder restituiert worden sein
(OvO I § 70b). So liann Brockelmann zwar den Imperativ insa statt des
nach seiner Theorie zu erwartenden *insay als Analogiebildung zu irmi und
urgu erlilären (QvO I § 271 Ce, S. 620), unterläßt es aber, die Imperfektform
yansä, von der der Ausgleioh doch ausgegangen sein müßte, zu begründen.
Er setzt zwar ohne nähere Beispiele ein innerarabisches Lautgesetz -ayj-aw
> ä an (vgl. 1.4, Nr. 5), nach dem sich yansä zur Not erklären ließe (man
müßte dann die Schritte *yansayu > *yansau (= *yansaw) > yansä an¬
nehmen), aber diesem Lautgesetz widersprechen ganz offensiehtlich Impe¬
rativ- und Apocopatusformen wie insai insau bzw. tansai yansau sowie die
Perfektform ramau. Es ist mit einem Wort das Zuviel an Lautgesetzen, die
phonetische Unwahrscheinlichkeit mancher Lautgesetze und die Wider¬
sprüchlichkeit bestimmter Lautgesetze, die gegenüber Brockelmanns
Theorien skeptisch werden lassen.
a) Das Altsyrische unterscheidet im Imperfekt anders als das Arabi¬
sche die drei Flexionstypen (-i, -w, -ä) nicht mehr, sondern kennt nur
ein einziges Paradigma mit den Typen nerme, termen, nermon, nermyän.
Brockblmann (Syr. Gr. S. 95D) hat m.E. das Richtige getroffen, als er
diese Flexion als eine Mischung aus dem i-Typ (werme^" sowie nermyän)
und dem ä-Typ (termen und nermön) analysierte. Wie bei den entspre¬
chenden Formen des Arabischen ist es allerdings nicht notwendig,
ursprünglichen w/y-Auslaut (z.B. nermön < *nermayün) anzunehmen,
sondern die Formen können unmittelbar aus vokalischen Endungen
abgeleitet werden, wie sie oben (2. I.a) für das Arabische besprochen
wurden. Es gelten folgende Entsprechungen:
Die 1. Form nerme kann aus einer i-Form abgeleitet werden, da beton¬
tes auslautendes i im Altsyrischen als e refiektiert wird (vgl. noch fiäde
„diese" < *hädi und das Partizip räme < *rämi), eine Gesetzmäßigkeit,
deren Entdeckung das Verdienst Barths ist (NB S. XXXf. ; vgl. dazu
auch Bebostbässeb: Hebr. Gr. I S. 100 Fn. 2). Die 2. und 3. Form sind
das Ergebnis von Monophthongisierung von aijau in geschlossener Silbe,
1" Dagegen wollte er in GvO 1 § 271 He (S. 630) nerme noch sowohl auf
„aktivische" als auch „neutrische" Formen (also wohl iy und ay) zurück¬
führen. Ein Ansatz -e < -ay ist aber abzulehnen, weil das Syrische die
Diphthonge ai und au nur in geschlossener Silbe monophthongisiert, vgl.
baitä — bet. — Vor Brockblmann hatte schon Barth : Zur hebräischen und
aramäischen Verbalflexion. In: ZDMG 56 (1902), S. 244 nernie auf eine
Form mit auslautendem iy zurücligefübrt.
2.2 Altsyrisch
Syr. Arab.
yarmi tansaina yansauna
yarmiyäni (Msk. Dual) 1,
2, 3 4,
nerme termen nermön
nermyän (Fem. PI.)
22 Webnee Diem
und der 4. Form nermyän entspricht immerhin formal die arabische
Bildung des Duals yarmiyäni (vgl. 2. I.d). Einen dem sjrrischen entspre¬
chenden Befund zeigen schon die Sprache der altaramäischen Inschrif-
ten^i und das Reichsaramäische, so daß man möglicherweise berechtigt
ist, die geschilderte Entwicklung als gemeinaramäisch anzusetzen.
b) Die Bildung des Imperativs im Syrischen ist bisher noch nicht
befriedigend geklärt worden. Das Problem besteht darin, daß ver¬
schiedene Bildungsweisen auftreten:
Sg.
Grundstamm Etp'el Pa"el (Ap'el
i-Typ ä-Typ Etpa"al)
Msk. rmi ymai^^^, tä etrmai rammä
Fem. rmäi ymäi etrmäi rammäi
Msk. rmau ymau etrmau rammau
Fem. rmäyen ymäyen etrmäyen rammäyen
PI.
Die Formen Msk. PL rmau, ymau, etrmau, rammau bieten keine
Schwierigkeit, da sie der Vorform *nermaun von nermön entsprechen.
Die Form Fem. PI. rmäyen etc. dürfte mit Bbockelmann {Syr. Gr.
S. 96 oben) als Neubildung zum Typ rmäi aufzufassen sein; zum er¬
weiternden Element -en vgl. Bbockelmann : Syr. Gr. S. 85, § 173
Anm. 2. Die Formen des Singulars erklärt Bbockelmann {Syr. Gr.
S. 95E; GvG I § 271 Hf, S. 630f ) so, daß rmi und ymai die regelmäßigen
Formen des transitiven und intransitiven Stammes seien, der Typ ymai
auf das Etp'el übertragen worden sei, das a des ursprünglichen Feminins
*ymai <; *ymayi, das durch den Schwund des intervokalischen y mit
dem Maskulin ymai zusammengefallen sei, gelängt worden (Fem. Sg.
*ymai > ymäi) und davon der Typ Msk. Sg. rammä zurückgebildet
worden sei. Schon vorher hatte aber Babth*^ einen anderen Ansatz
geliefert, als er auf die Gleichungen syr. rmi ■— arab. irmi und syr. tä —
arab. insa hinwies. Von diesen beiden Gleichungen ist m.E. auszugehen.
Zu einem Zeitpunkt, da im Imperfekt die i- und die ä-Flexion noch nicht
zusammengefaUen waren, müssen ihnen Imperativformen gemäß der
arabischen Differenzierung irmi — insa entsprochen haben, im Gegen¬
satz zum Arabischen offensichthch mit langem Vokal. Reste dieser
ältesten Schicht sind die Typen rmi, tä, rammä, armä, etrammä und der
auf au endende maskidine Plural des ä-Typs. Es gelten die Entspre¬
chimgen :
Vgl. R. Degen : Altaramäische Orammatik. Wiesbaden 1969 (AKM 38,3),
S. 77, 8 [t'}taun und Fn. 78.
Mit y in ytnai und analogen Formen ist die historische Vorform ange¬
setzt. Im Syrischen wird yC als IG reflektiert.
" Verbalflexion (vgl. Fn. 10) S. 245.
Syr. Arab.
rmi irmi
tä etrammä etrammau
insa taharra taharrau
Die Form Fem. Sg. des i-Typs muß damals *rm't = arab. irmi ge¬
lautet haben, jene des ä-Typs *etrammai = arab. taharrai. Das Feminin
des ä-Typs muß dann später nach dem Muster des starken Verbums
[qtol —■ *qtoli, das dann später > qtol) durch den Typ etrammäi <;
etrammä + i ersetzt worden sein, zu einem Zeitpunkt jedenfalls, als die
Diphthonge äüjäi nicht mehr zu au/ai gekürzt wurden. Schließlich winde
der Imperativ Msk. Sg. des ä-Typs im Grundstamm durch die konsonan¬
tische Neubildung ymay (= ymai) ersetzt, eine Form, die wie äth. r^ay
nach dem Muster des Imperativs des starken Verbums (syr. dhal) ge¬
bildet ist, und diese Bildung auf das verwandte Etp'el übertragen. Der
alte ä-Imperativ blieb im Grundstamm mit tä ,,komm", im Etp'el mit
ettwä ,, bereue" und in den anderen Stämmen erhalten. Im westaramäi¬
schen Dialekt von Ma'lüla ist er bis heute die RegeP^. Erst nachdem im
Imperfekt des Grundstammes der i- und der ä-Typ zusammengefallen
waren, wurde das Fem. Sg. und das Msk. PI. des i-Typs im Grundstamm
durch rmäi und rmau ersetzt, und zwar wohl deshalb, weil die entspre¬
chenden Imperfektformen *termain *nermaun ebenfalls dem ä-Typ
angehörten, somit ein Fall paradigmatischen Ausgleichs. Der Typ
ymäyen wurde später als ymäi gebildet; abgesehen von diesem Terminus
post quem kann der relative Zeitpunkt der Entstehung der Form nicht
bestimmt werden.
Die Formen des Imperativs gehören also vier verschiedenen chrono¬
logischen Schichten an^*:
1. Msk. Sg. rmi, tä, rammä, armä, etrammä; Msk. PI. ymau, etrmau etc.
2. Fem. Sg. ymäi, etrmäi, rammäi, armäi, etrammäi.
3. Msk. Sg. ymai, etrmai.
4. Fem. Sg. rmäi; Msk. PI. rmau; sowie nach der 2. Stufe: Fem. PI.
rmäyen etc.
2.3 Hebräisch
a) Auch das Hebräische kennt im Imperfekt nur noch einen einzigen
Typ; er zeigt die Formen yigle, tigli, yiglü (yigläyü), tiglenä. Den Typ
Vgl. A. Spitaleb: Orammatik des neuaramäischen Dialekts von Ma'lüla.
Leipzig 1938 (AKM 23, 1), S. 164e. Das Feminin auf ai muß nicht auf äi,
wie es im Syrischen vorliegt, sondern kann immittelbar auf altes ai zurüek¬
geführt werden, also etwa ehmai < hmai = arab. insai.
1* Vgl. auch die Übersicht über die ä-Bildung in Abschnitt 5.2. f.
24 Weener Diem
yigle, dessen auslautendes e durch die Mater lectionis n {T\hy) als vor¬
masoretisch erwiesen wird, führen Beockelmann [GvG I § 271 Gda,
S. 627), Baueb-Leandeb {Hist. Gr. S. 407c) und Bebostbässeb {Hebr.
Gr. I S. 100k) sowohl auf -iy wie auf -ay zurück. Wenn die Form isoliert
gesehen wird, sind tatsächlich beide Ansätze möglich, weil im Hebräi¬
schen sowohl auslautendes i unter bestimmten Umständen als auch ai
als e erscheint. Vom System her gesehen spricht aber alles für eine
Herleitung von yigle aus *yigli, denn es gelten folgende Entsprechungen :
Hebr. Arab. Syr.
yigle yarmi nerme (< *yirmi)
tigli tarmi{na) —
yiglü yarmü{na) —
Das Ergebnis der vergleichenden Rekonstruktion wird durch hebräische
theophore Namen bestätigt, bei denen das i von Verbalformen tertiae
infirmae inlautend stand und deshalb nicht zu e verschoben wurde, vgl.
etwa 'rS^B^V Ya'sl-El im Gegensatz zur isolierten Verbalform riB'S?"'
ya'se. Man kann also annehmen, daß im Hebräischen von den drei Typen,
die das Arabische noch kennt, der i-Typ verallgemeinert worden ist. Vor
diesem Prozeß müssen sich die Formen wie im Arabischen (vgl. 2.1.b)
untereinander paradigmatisch ausgeglichen haben. Daß das i von tigli
anders als das von *yigli > yigle unverändert blieb, hat seine Parallele
in der konsonantischen Entsprechung tiqtli.
Es muß betont werden, daß es nicht möglich ist, tigli und yiglü immittelbar
von zweiradikaligen Basen herzuleiten, an welche die Endungen ijü direkt
angetreten seien, wie Wellhausen^' und Ahrens^' vorschlugen. Eine solche
Analyse hat nur auf synchronischer Ebene ihre Berechtigung. Historisch
gesehen ist tigli, das Produkt von Kontraktion {*tigU + *) und yiglü das
Ergebnis paradigmatischen Ausgleichs, wie das Arabische zeigt.
b) Einzig die Formen Fem. PI. tiglenä und Msk. PI. yigläyü lassen sich
nicht direkt aus dem i-Imperfekt ableiten. Statt tiglenä wäre dann
nämlich *tiglinä entsprechend arab. Fem. PI. yarminajtarmina zu er¬
warten. Dennoch ist es nicht notwendig, als Vorform Higlainä anzu¬
nehmen. Die Lösung bringt wieder die Annahme paradigmatischen Aus¬
gleichs. Beim konsonantischen Verbum entspricht dem Singular Fem.
tiqtol der Plural Fem. tiqtolnä; so konnte zum Singular tigle ein Plural
tiglenä analogisch neugebildet werden^**. Die Vorform Higlinä dürfte noch
durch die Schreibung iir — (nr'jJn) reflektiert werden. — Die neben
yiglü auftretende Form yigläyü ist eine Neubildung nach dem Perfekt
Über einige Arten schwacher Verba (vgl. Fn. 3) S. 255.
^' Der Stamm der schwachen Verba (vgl. Fn. 4) S. 183.
"»Beyer: Althebräisehe Orammatik (vgl. Fn. 8 Ende) S. 63 Fn. 1 hält
das e von tiglenä für einen Aramaismus.
gäläyu (zu dieser Form vgl. 3.3.b). qäilü : yiqtlü = gäläyü : x; x = yigläyü.
c) Die Imperativformen gU, gli, glü, glenä sind wie die Formen des
Imperfekts zu beurteilen. Der endvokallose Tjrp yigel < *yigl des Kurz¬
imperfekts kann dem arabischen Imperativtyp Hrm gleichgesetzt werden,
der für moderne arabische Dialekte bezeugt ist^'. Beides geht auf den
Typ Apoc. yarmi / Imper. 'irmi zurück, wie er im klassischen Arabisch
erscheint (vgl. 2. l.c).
d) Die Formen des Typs yigle in Verbindung mit Objektsuffixen zer¬
faUen nach dem masoretischen Befund in zwei Gruppen: 1. Formen, die
mit e gebildet werden (yigleni, yiglehü etc.), 2. eine Form ohne vokali¬
schen Auslaut in Verbindung mit dem Suffix der 2. Msk. Sg. (yigelkä).
Diese Formen erklären Baueb-Leandeb {Hist. Gr. S. 421) so, daß die
Suffixe einem auslautenden Stammvokal i angefügt wurden, der ent¬
weder zu e gelängt oder elidiert worden sei, also *yiglini > yigleni,
*yiglikä > *yiglkä > yigelkä, wonach sich die Formen yiqtleni — yiqtolkä
des starken Verbums gerichtet hätten {Hist. Gr. S. 335f.). Wenn der aus¬
lautende i-Vokal mit dem Auslaut von arab. yarmi identifiziert wird,
kann diese Erklärung durchaus akzeptiert werden, obwohl sich die
Frage stellt, warmn vor Suffixen die Apocopatusformen verwendet
werden sollten. Möglich wäre aUerdings auch, daß die Formen als Ergeb¬
nis morphologischen Ausgleichs mit dem dreikonsonantigen Verbum
entstanden :
vokal. Verbum konson. Verbum
1. yigleni — > yiqtleni
2. yigelkä < yiqtolkä
Zunächst hätte sich bei dieser Annahme das konsonantische Verbum
nach dem vokahschen Verbum gerichtet, und zwar von der Gleichung
yiglüni — yiqtlüni ausgehend (vgl. GvG I S. 291 Mitte und schon vorher
PeItoeiüsI* und Babth^'). Dann konnte nach dem unbeeinflußt ge¬
bliebenen yiqtolkä beim vokahschen Verbum eine endvokallose Form
zurückgebildet werden. Etwas Analoges geschah bei der 3. Msk. Sg. des
Perfekts, qtälükä : 'äsükä = qtälkä : x; x = 'äskä. Diese letztere Form
" Vgl. zur ersten Information T. M. Johnstone: Eastern Arabian Dialeet Studies. London 1967, S. 9.
Zur hebräischen und aramäischen Orammatik. In: ZDMG 55 (1901),
S. 361ff.
19 American Journal of Semitic Languages and Literatures 17 (1900—
1901), S. 205 f. — Barth hat allerdings den Ansatzpunkt yiglüni — yiqfiünl
nicht gesehen.
26 Werner Diem
halten übrigens auch Bauee-Leandee {Hist. Qr. S. 422) für eine Neu¬
bildung nach dem konsonantischen Verbum. yigleni selbst hätte altes
*yiglini nach der unverbundenen Form yigle ersetzt.
2.4 Äthiopisch
a) Im Äthiopischen sind im Imperfekt Indikativ, im Subjunktiv und
im Imperativ lediglich die Auslaute ü und i erhalten geblieben, vgl. etwa
3. Msk. Sg. yebaki, yetalü, yefenü. In allen anderen Fällen entsprechen
die Formen jenen des konsonantischen Verbums. Zwei Gruppen sind
dabei zu unterscheiden: 1. Statt der Auslaute i und ü erscheinen ey und
ew, wenn ein vokahsch anlautendes Morphem antritt, z.B. 2. Fem. Sg.
Ind. tebakeyi, tetalewi; 3. Msk. PI. Ind. yebakeyü, yetalewü; 3. Msk. Sg. Ind.
yetalewaka ,,er folgt dir". 2. Statt eines zu erwartenden Endvokals ä
tritt ay bzw. aw auf, z.B. 3. Msk. Sg. Subj. yer'ay; 3. Msk. PI. Ind.
yetjenaw {yetfenö). Historisch gesehen sind die Typen yetalewaka, yer'ay
und yetjenau bzw. die monophthongisierte Form yetfenö zweifellos Neu¬
bildungen. Bei den Typen tebakeyi, yebakeyü, tetalewi, yetalewü ist da¬
gegen eine Entscheidung kaum möglich. Alle vier Tjrpen können direkt
nach dem Muster des starken Verbums gebildet sein {teqateli, yeqatelü)
und andere, möglicherweise wie im Arabischen gebildete Formen ver¬
drängt haben. Doch eine auch andere Interpretation ist möglich : yebakeyü
und tetalewi können als Fortsetzung alter Formen, tebakeyi und yetalewü
als Neubildungen aufgefaßt werden. Die Entwicklung müßte im zweiten
Fall folgendermaßen verlaufen sein :
1. a) yibaki -f m > *yibakiyü b) titalü -\- i > Hitaluwi
c) tibaki i > Hihaki d) yitalü -f M > *yitalü
2. Ausgleich nicht wie ira Arabischen von a — b nach dem Muster von
c — d, sondern von c — d nach a — b, d.h.
c) *tibakiyi statt Hibakl d) *yitaluwü ata,tt*yitalü 3. Wandel von uji > e a) *yibakiyü > yebakeyü b) *titaluwi > tetalewi
c) Hibakiyi > tebakeyi d) *yitaluvM > yetalewü
b) Den nämlichen Zug zux Umstrukturierung nach dem konsonan¬
tischen Verbum zeigt auch das Perfekt (3.4) und die Nominalbildung
(4.4, 5.4). Auch Beockelmann {GvG I § 271 Fa, S. 624) faßte die äthio¬
pischen Formen übrigens weitgehend als Neubildungen, keineswegs als
alte Bildungsweise auf. Eine solche Annahme wäre ihm schon deshalb nicht möghch gewesen, weil er den Schwund von yjw für das Ursemitische, d.h. für voräthiopische Zeit ansetzte.
2.6 Akkadisch
a) Das Akkadische bestätigt die Richtigkeit der Annahme, daß arab.
yarmüna, targina und hebr. yiglü das Ergebnis paradigmatischen Aus¬
gleichs seien (vgl. 2.1.b und 2.3.a). Während nämlich im Altakkadischen
und vorwiegend auch noch im Assyrischen die ursprünglichen Formen
erhalten sind, kennt das Babylonische Neubildungen, wie sie im Arabi¬
schen und Hebräischen auftreten. Von Sodbn {GaO, Verbalparadigmata
29—30) nennt folgende Formen :
i-Typ M-Typ
alt neu alt neu
3. Msk. Sg. ibanni imannü
2. Fem. Sg. tabanni tamannuwi tamanni
3. Msk. PI. ibanniyü ibannü imannü
3. Fem. PI. ibanniyä ibannä imannuwä imannä
Die Typen 3. Msk. Sg. ibanni, imannü zeigen den ursprünghchen
vokalischen Auslaut; sie entsprechen unmittelbar arab. yarmi und yar^ü.
Durch Kontraktion dieses Auslauts mit gleichem Vokal sind lautgesetz¬
lich die 2. Fem. Sg. tabanni und die 3. Msk. PI. imannü entstanden.
Wenn ein nichthomogener Vokal antrat, konnten die Vokale dagegen
nicht verschmelzen, sondern es galt: i + üjä > iyüjiyä; ü -\- ijä > uwij
uwä. Auf diese Weise entstanden ibanniyü^", ibanniyä, tainannuivi,
imannuwä. Nach dem Muster der 2. Fem. Sg. tabanni, 3. Msk. PI.
imannü, die als tabann-i, imann-ü analysiert werden konnten, wurden
später die Formen 3. Msk. PI. ibannü, 3. Fem. PI. ibannä, 2. Fem. Sg.
tamanni, 3. Fem. PI. imannä neugebildet^^. Die Verhältnisse unter¬
scheiden sich nur darin von jenen des Arabischen, daß im Babylonischen
ibanniyä und imannuwä durch ibannä und imannä ersetzt wurden.
Die akkadische Form ibanniyü hat eine gewisse formale Parallele in
den Pluralformen ysbniu, tdbnni, nabnlu der modernen maghrebinischen
Stadtdialekte, Formen, die von den Singularformen ydbni, tabni, nabni nach
dem Muster des starken Verbums durch Anfügen der Pluralendung -u ge¬
bildet sind. Historisch gesehen stehen die akkadischen und die arabischen
Formen natürlich auf ganz versehiedenen Ebenen.
21 Von Soden erklärt die Neubildungen als das Ergebnis von phone¬
tischer Kontraktion. — Wie mir Herr Prof. Dr. D. O. Edzabd mitteilt, ist
die Erklärung der Neubildungen analog den oben angegebenen Prinzipien
schon seit langem ,, mündliche Tradition" im Münchner Assyriologischen Seminar.
28 Webnbb Diem
während im Arabischen die alten Formen beim formal analogen Dual
erhalten blieben (yarmiyäni, yarguwäni).
Auch die Formen des akkadischen e-Tjrps sowie die Formen des aus
Verba tertiae ' entstandenen ö-Tjrps (ikallä < "^ikalla')^^ folgen im
Prinzip der geschilderten Entwicklung. Auf die Vorführung von Einzel¬
formen kann wohl verzichtet werden.
b) Interessant ist noch die Bildung der singularischen Formen des
Subjunktivs. Von Soden (OaO, Verbalparadigmata 29—30) nennt für den
Singular des i-Tjrps ihniyüjihnü und für den des w-Typs imnü. Während
sich imnü als imnü + Subjunktivendung ü erklären läßt, kann ihnü
lautgesetzhch nicht auf ibniyü zurückgeführt werden. Die Form ibnü
ist vielmehr als analogische Neubildung zum Plural ibnü aufzufassen.
Als die Pluralform ibniyü auf Grund paradigmatischen Ausgleichs, wie
er oben besprochen wurden, durch die Neubildung ibnü ersetzt wurde,
da machte der Singular ibniyü den Wechsel iyü — ü mit. Analog sind
Neubildungen zu erklären, die beim Verbum in Verbindung mit Prono¬
minalsuffixen auftreten (GaO, Verbalparadigma 33). Solche analogischen
Neubildungen werden noch mehrfach begegnen, vgl. für das Akkadische
3.5, für das Arabisehe 3.1.b, 4. I.d, für das Hebräische 3.3.a.
3 Suffixkonjugation 3.1 Arabisch
a) Das Arabische unterscheidet im Perfekt vier Flexionstypen, die den
drei Flexionstypen des Imperfekts zugeordnet sind^^. Die Formen sind :
3. Msk.Sg.
3. Fem. Sg.
l.Sg.
3. Msk. PI.
i-Imperfekt (yarmi)
ramäP'^
ramat^^
ramaitu^^
M-Imperfekt (yar^u)
ra^ä ragat ra^autu^^
ragau
(yarhü) rahuwa rahuwat rahütu rahü
ä-Imperfekt (yansä)
nasiya nasiyat nasitu^^
nasü 2^ Nach VON Soden : OaG § 105o ist es nicht sicher, ob sich miter den Verba tertiae ä auch solche mit ursprünglicher vokalischer Bildung befinden. Falls
sie vorhanden sind, müssen sie mit dem arabischen Typ yansä zusammen¬
gestellt werden.
2' Die vereinzelte Entsprechung yali waliya ist im Folgenden nioht
berücksichtigt.
Die Schreibung J mit End-yd' ist reine Orthographie. Zu den mit dieser
Sehreibung verbundenen Fragen gedenke ich mich an anderer Stelle zu
äußern.
Zum Dual ramatä vgl. Th. Nöldeke : Der Dual im Semitischen. In :
Zeitschrift für Völkerpsychologie und Sprachwissenschaft 7 (1869), S. 403—411.
ramaitu, ra^autu, nasitu stehen für alle Formen mit konsonantischem Affix .
II)) Von diesen Formen lassen sich ramat, ragat; rahuwat, nasiyat;
ramau, ragau unmittelbar von ramafragä und rahuwajnasiya ableiten:
ramat und ragat sind so entstanden, daß in den anzusetzenden Vor¬
formen *ramät und *ra^ät (< ramäjragä -f at) der Vokal ä in geschlos¬
sener Silbe gekürzt wurde^* (vgl. yaqümu — yaqum), und rahuwat und
nasiyat verhalten sich zu rahuwa und nasiya wie katabat zu kataba und
sind somit problemlos; ramau und raqau schließlich sind aus ramäjragä
^ ü entstanden, so wie im Imperfekt yansau{na) aus yansä + w(«a).
nasü ist eine Neubildung, welche die zu erwartende Form *nasiyü er¬
setzte. Der Vorgang ist dabei so zu beurteilen wie bei dem oben (2.5.b)
angeführten babylonischen Subjunktiv Sing, ibnü: Als im Imperfekt
*yabniyü(na) auf Grund paradigmatischen Ausgleichs durch yabnü{na)
ersetzt wurde (2.1.b), da ergriff der Wechsel iyü — ü analogisch alle
anderen Fälle, in denen iyü erschien (vgl. noch 4. I.d Fälle wie rämüna
und tamänüna). Die Pluralform rahü geht entweder auf eine Basis *rahü
(vgl. unten c) -\-ü zurück oder ist nach dem Verhältnis des Paares
nasiya — nasü zum Singular rahuwa gebildet.
Die beutigen arabischen Dialekte zeigen statt nasü vorwiegend Formen,
die auf nasiyü bzw. nisiyü zurückgeben. Dabei dürfte es sich nicht um alte
Formen, sondern um Neubildungen nacb der 3. Fem. Sg. nasiyat bzw.
nis(i)yat handeln. Andererseits erscheint in manchen Dialekten statt ramau
die Neubildung ramü, und zwar offenbar dann, wenn im Imperfekt die alte
Form yansau{na) durch yinsü ersetzt ist.
c) Das Problem reduziert sich damit auf die Erklärung der Paare
ramä ■— ramaitu, ra^ä — ra^autu, rahuwa — rahütu, nasiya — nasitu.
Bbockelmann verfuhr, wie oben (1.2) bereits angedeutet, so, daß er
einen dritten Radikal wjy annahm, der in ramaitu (= ramaytu); ra^autu
(= ragawtu); rahuwa, rahütu (= rahuwtu); nasiya, nasitu (= nasiytu)
erhalten geblieben und in ramä und ragä geschwunden sei. Genauer
gesagt waren die Formen mit Diphthong für ihn der Anlaß, die Existenz
von Vorformen mit wjy zu postulieren. Eine solche Annahme ist aber
nicht notwendig ; die Formen lassen sich anders erklären. Beim starken
Verbum entspricht im Arabischen dem i-Imperfekt bis auf einige wenige
Verba ein a-Perfekt, dem w-Imperfekt ein a- oder w-Perfekt und dem
26 M. BBAVMAtm: The 3d Pers. Sing. Fem. of the Perfect of Roots III yjw
in Arabic. In: Arabica 18 (1971), S. 213—215, lehnt es ab, ramat aus *ramät
mit Kürzung des ä in geschlossener Silbe herzuleiten, sondern will ramat
vielmehr auf eine Maskulinform rama < ramä, mit Kürzung des langen
Auslautvokals, zurückführen. Seine Ausfülirungen können mich aus ver¬
schiedenen Gründen nicht überzeugen, die hier nicht näher auseinander¬
gesetzt werden können. Der methodische Fehler Bravmanns besteht m.E.
darin, daß er die verschiedenen Entwicklungsstufen des Arabischen zu
wenig unterscheidet.
30 Wbbneb Dibm
a-Imperfekt vorwiegend ein t-Perfekt, vgl. yahmilu — hamala, yaktubu
— kataba, yahsunu — hasuna, yaSrabu —■ Sariba. Die gleichen Ent¬
sprechungen liegen nun aber auch bei den Verba tertiae infirmae vor,
vgl. yarmi — ramä, yargü — ragä, yarhü — rahuwa, yansä — nasiya.
Mit andern Worten : Wenn dem konsonantischen Typ yahmilu das Perfekt
hamala entspricht, dann muß dem vokalischen Typ yarmi das Perfekt
rainä entsprechen, und das nämliche gilt für das Paar yargü — ragä.
Der Typ rahuwajnasiya unterscheidet sich von den Typen ramä und
ragä nur insofern, als er der Struktur des starken Verbums angepaßt ist.
Dem Imperfekt yansä mußte zunächst eine Perfektform mit üji, etwa
*rahül*nasi entsprechen. Daran konnten die vokahschen Endungen -a,
-at, -ü des Perfekts angehängt werden: *raliü -\- ajatjü > rahuwaj
rahuwatjrahü und *nasi -{- ajatjü > nasiyajnasiyatjnasiyü. (Die Pinrai¬
form *nasiyü wurde dann später durch die Neubildung nasü ersetzt,
vgl. oben b.) Da nun das phonetisch entstandene wjy als 3. Radikal auf¬
gefaßt werden konnte, war das Perfekt dem konsonantischen Typ Sariba
gleich geworden. Beim Typ rainäjragä war dagegen eine solche Anpas¬
sung nicht möglich, denn ramäjragä -f Endungsvokal a konnte niu"
wieder rainäjragä ergeben. Eine Angleichung an das konsonantische
Verbum war nur durch eine völhge Umstruktierung möglich, wie sie das
Äthiopische mit ramayajtalawa eingeführt hat (3.4).
d) Wie sind nun die Basen ramai-, ragau-, rahü-, nasi- zu erklären, wie
sie im Perfekt vor konsonantischen Affixen {ramai-tu, ragau-tu, rahü-tu,
nasi-tu) auftreten? Der Tjrp rahütujnasitu ist unproblematisch. Wenn der
konsonantischen Form katab-a die Form rahuw-ajnasiy-a bzw. *rahü-al
*nasi-a entsprach, dann mußte der Form katab-tu die Form rahü-tuj
nasi-tu entsprechen. Die Frage, ob rahütujnasitu direkt auf nasi-tuj
rahü-tu oder auf rahuw-tujnasiy-tu zurückgeht, ist dabei ohne Bedeutung.
Während zu rahuw-ajnasiy-a bzw. *rahü-al*nasi-a ohne weiteres rahü-tuj
nasi-tu gebildet werden konnte, indem entsprechend dem Verhältnis von
katab-a — katab-tu das End-a nicht erschien, war dies beim Tjrp ramäj
ragä nicht möglich, denn das auslautende ä war nicht in 9C-\-a bzw.
F + a zerlegbar. Andererseits war es auch nicht möglich, das ä beizube¬
halten, und daran die konsonantischen Affixe anzufügen, etwa *ramütuj
*ragätu. Denn da der ä-Auslaut von rainäjragä dem Komplex aCa des
konsonantisch gebildeten Perfekts entsprach (vgl. ram-ä — kat-aba),
hätte der Bildung *ramätul*ragätu nicht katab-tu, sondern *]cataba-tu
entsprechen müssen. Damit wäre die strukturelle Parallelität zwischen
den Paradigmata der konsonantischen und vokalischen Bildungen ge¬
stört worden. SoUten zu rainäjragä Formen gebildet werden, die katab-tu
struktmeU entsprachen, dann mußte also der Auslaut ä durch a + C
ersetzt werden. Dieser Konsonant konnte nur wly sein, denn wjy war
aus jenen Formen des Imperfekts abstrahierbar, in denen auf ijü nicht¬
homogene Vokale folgten. Ebenfalls mit Hihe von wjy wurden auch die
Folgen ramayä und ragawä gebildet; zu erwarten wäre *ramäl*ragä <
ramälragä + ä (vgl. hädäni < hädä + äni). Vgl. noch für den nominalen Bereich 5.1. d.
Der Vorgang der Bildung des Perfekts wurde hier an Hand des Arabi¬
schen dargestellt, weil allein das Arabische noch aUe vier vokalischen
Typen scheidet, doch spielte er sich sicherlich in vorarabischer Zeit ab.
Am besten wird er als gemeinjungsemitisch angesetzt, denn der akkadi¬
sche Stativ wird anders gebildet (vgl. 3.5).
Wicbtige Gesichtspunkte des hier vertretenen Ansatzes — Parallelität
der Typen yahmilu — hamala und yarmi —• ramä etc. und Entwicklung des
w/2/-Elementes des Diphthongs der Typen ramai-tu ra§au-tu aus bestimmten
Formen des Imperfekts wie Subjunktiv yarmiya yarguwa —■ hat schon
■J. Abo'^' vertreten. Einen gewissen Berührungspunkt bietet aucli H. Bauers'^*
Auffassung, daß „man nur die Endvokale i und u halbvokalisch auszuge¬
stalten (brauchte), um den zur Bildung qatäla fehlenden dritten Radikal zu
gewinnen". Wesentliche Unterschiede sind aUerdings, daß er von den
hypothetischen Formen *rimi und *gulu ausging, daß er ein Perfekt *ramayaj
*galawa ansetzte, und daß er offen ließ, auf welchem Wege sich die Halb¬
vokale entwickelten.
e) In den aktiven Formen der abgeleiteten Stämme ist der ramä-Typ
verallgemeinert. Das Passiv wird analog dem Typ nasiya gebildet:
runiiya — rumitu — rumü, rugiya — rugitu — rv.gU, nusiya — nusitu —
nusü. So wie nasiya nach faHla, ist das Passiv nach fuHla gebildet, d.h.
es handelt sich um die Folge *rumil*rugil*nusi a. Diese Erklärung
erübrigt die Annahme einer Lautentwicklung *rugiwa > rugiya, wie
sie bei Beockelmanns Voraussetzung einer primären Wurzel rgw not¬
wendig ist.
3.2 Altsyrisch
a) Das Syrische unterscheidet im Perfekt im Gegensatz zum Imper¬
fekt noch zwei Flexionstypen: den rmä-Typ, in dem die Entsprechung
des arabischen ra^ä-Typs aufgegangen ist^*, und den Mi-Typ, der in
2' Die Vokalisierung des Orundstammes im semitischen Verbum. Helsinki
1964, S. 184.
28 Mitteilungen zur semitischen Orammatik (vgl. Pn. 5) S. 109f.
29 Die nämliche Entwicklung ist bei den beutigen arabischen Dialekten
vollzogen und zeichnete sich schon im klassischen Arabisch ab. Vgl. hierzu
auoh D. Cohen : Ltudes de linguistique simitique et arabe. The Hague — Paris
1970, S. 116f. und J. Blau in Proceedings of the International Conference on
Semitic Studies held in Jerusalem, 19 — 23 July 1965. Jerusalem 1969, S. 42
Mitte.
32 Wbbner Diem
den abgeleiteten Stämmen verallgemeinert ist. Die relevanten Formen
lauten :
rmö-Typ Mi-Typ
3. Msk. Sg. rmä Mi
3. Fem. Sg. rmät hedyat
2. Sg. (1. Sg.) rmait (rmet)^° Mit (Mit)
3. Msk. PI. rmau Miu
3. Fem. PI. rmai Mi
b) Eine Reihe von Formen lassen sich den arabischen gleichsetzen und
brauchen deshalb nicht eigens erklärt werden : rmä = arab. ramä, rmait
(rmet) = arab. ramait, rmau = arab. ramau, 3. Fem. PI. rmai < *ramayä
= formal arab. Msk. Dual ramayä; Mi = arab. nisi (Dial.), hedyat =
arab. nisyat (Dial.), Mit (Mit) = arab. nsit (Dial.), 3. Fem. PI. Mi <
*hidiyä = formal arab. Msk. Dual nasiyä.
Wie hedyat zeigt, muß das Paradigma wie in arabischen Dialekten zum
Typ fiH umgestaltet worden sein; dieser Prozeß ging wahrseheinlioh von
jenen Formen aus, in denen die 1. Silbe unbetont war, also *hadit >
*hidu und danach *hidiyat statt *hadiyat etc. Wahrscheinlich ist das
auffällige e in der 3. Fem. Sg. qeflat (und 1. Msk. Sg. qeflet)^'- analogisch zu hedyat bzw. zum starken Verbum dehlat gebildet.
c) Nur die beiden Formen rmät und Miu sind Neubildungen, rmät,
statt dessen *rmat zu erwarten wäre (vgl. rmau), wurde zu rmä gebildet.
Die 3. Msk. PI. Miu ist ebenfaUs keine lautgesetzhche Form, denn bei
lautgesetzlicher Entwicklung wäre *Mi < *hdiy < *hidiyü anzusetzen
(vgl. die strukturgleiche Form 3. Fem. PI. Mi < *hidiyä). Miu ist viel¬
mehr zu Mi nach dem Verhältnis von rmä — rmau gebildet worden^^.
Eine Parallele hat die Neubildung Miu im maghrebinischen Typ ydbniu,
der zum Singular y9bni gebUdet ist. Soll Miu als ursprüngliche Bildung
angesehen werden, so muß angenommen werden, daß die Folge *iyü
Die Opposition rmait — rmet ist durch den verschiedenen Zeitpunkt
des Schwundes der auslautenden Vokale bedingt, rmait zog die explosive
Aussprache des t in hd,lt nach sich.
'1 qeplet ist zu qe{lat nach dem Verhältnis von rmät zu rmet gebildet; vgl.
A. Spitalbb: Zum Problem der Segolisierung im Aramäischen. 1. Der Typ
qetlet. In: Studia Orientalia in memoriam Caroli Brockelmann. Halle 1968,
S. 194.
'2 Die von M. Bbavmann: Über i als Hilfsvokdl im Wortinnern. In: MO 32
(1938), S. 44f geäußerte Erklärung, der J. Cantineau in Semitica 2 (1949),
S. 55 unten zugestimmt bat, kann ich mir nicht zu eigen machen.
Auch Brockelmann spricbt in OvO I S. 629 Mitte davon, daß hdlu
neugebildet sei, allerdings auf ganz anderer Ebene. Für ihn ersetzte die
Form ursemitisches *hadü < *hadiyü. Die lautliche Problematik von hdiu
scheint ihm nieht aufgefallen zu sein.
vor dem Abfall von auslautendem ü den Diphthong -tu gebildet hatte,
der im Syrischen erhalten bheb; vgl. Formen des Typs gliu < *glihü
= Imper. gli -fr Suffix 3. Msk. Sing. *-hü.
3.3 Hebräisch
a) Im Hebräischen sind im Grundstamm die Entsprechimgen des
arabischen Perfekts ramä — nasiya und des syrischen Perfekts rmä — hdi
in einem einzigen gemischten Paradigma zusammengefallen. Es lassen
sich folgende Gleichungen aufstellen, die jede weitere Erläuterung er¬
übrigen (vgl. 3.1):
Hebr. Arab. Syr.
3. Msk. Sg. gälä^* < *galä ramä rmä
3. Fem. Sg. gälät < *galat ramat (rmät)
1. Sg. gäliti < *galiti nasitu hdit
3. Msk. PI. gälü < *galü nasü —
b) Statt gälät, das fast nur noch vor Suffixen erscheint, treten unver¬
bunden die Formen gältä und gäläyä auf, statt gälü erscheint auch gäläyü.
gäläyä und gäläyü sind zum Singular nach dem Muster qätal — qätläjü
gebildet. Die 3. Fem. Sg. gältä j Pausa gälätä wird nach allgemeiner
Auffassung (vgl. Bauee-Leandee: Hist.Or. S. 410f. ; Beegsteässee:
Hebr. Or. II S. 169 Mitte; GvO I S. 627 Mitte) als Zusammensetzung von
*galat mit der Femininendung -ä (< *-ah, wie noch die Orthographie Ü-
zeigt) aufgefaßt, wie sie beim starken Verbum in qällä^^ erscheint.
c) In den abgeleiteten Stämmen tritt vor konsonantischen Affixen
neben bzw. an SteUe von i eine Basis auf e auf, etwa gilleti < *gallaiti.
Dieser Flexionstyp ist mit dem arabischen Typ ramaitu bzw. dem syri¬
schen Typ rmaitirmet zu identifizieren und wirft somit keine Fragen auf.
3.4 Äthiopisch
Die Flexion des Perfekts im Äthiopischen ist vollständig dem Muster
des starken Verbums angeglichen. Es lassen sich drei paradigmatische
Tjrpen unterscheiden :
I.Typ qatäla 2. Typ labesa 3. Typ dehena
3. Msk. Sg. talawa bakaya fatewa 'abeya re'eya
1. Sg. talawkü bakaykü fatawkü 'abaykü reHkü
(talöku)
3* Das auslautende ä statt des zu erwartenden ö < ö (vgl. den Inf. abs.
gälö, dazu 5.3.a) erklärte Bbockelmann in OvG I S. 627 nicht überzeugend
damit, daß es ,, schon im Ursemitischen anzeps war". Vielleicht handelt es sich um einen Aramaismus?
35 Zur Struktur dieser Form vgl. M. Bbavmann: The Hebrew Perfect
Forms: qäflä, qätHü. In: JAOS 91 (1971), S. 429—430.
3 ZDMG 127/1
34 Webneb Diem
Die Formen der beiden ersten Tjrpen sprechen für sich, so daß sie
nicht weiter erklärt werden müssen. Zum 3. Typ sei bemerkt, daß die
Form re'eya lautgesetzhch aus "^rä'iya und die Form re'ikü aus *ra'iykü
entsprechend dehena < *dahina und dehenkü < *dahinkü entstanden
sind; die Folge eyjiv wird vor Konsonant zu ijü monophthongisiert.
Erwähnt sei noch, daß aus hallökü ,,ich bin" retrograd die Formen
3. Msk. Sg. hallö und 3. Fem. Sg. hallöt abgeleitet worden sind (GvG I
§ 271 Fa, S. 624).
3.6 Akkadisch
Für den akkadischen Stativ, aus dessen westsemitischem Äquivalent
sich das oben (3.1—3.4) besprochene westsemitische Perfekt entwickelt
hat, sind wie bei der akkadischen Präfixkonjugation altertümliche
Formen (in der Regel altakkadisch und assyrisch) und Neubildungen
(in der Regel babylonisch) belegt. Von Soden (GaG, Verbalparadigmata
29—30) nennt folgende Formen :
i-Typ M-Typ
alt neu alt neu
3. Msk. Sg. bani zakü
1. Sg. baniyäkü banäkü zakuwäkü zakäkü
3. Msk. PI. baniyü banü zakü
Die Formen bani, baniyäkü, baniyü; zakü, zakuwäkü und PI. zakü sind
lautgesetzlich entstanden. Die Typen banäkü, banü und zakäkü sind
Neubildungen. Sie lassen sich allerdings wohl nicht als Resultat paradig¬
matischen Ausgleichs innerhalb der Flexion des Stativs erklären, da
dafür — von dem als zak-ü analysierbaren zakü 3. Msk. PI. abgesehen —
der Änsatz fehlt. Sie sind vielmehr wie der Subjunktiv Sing, ibnü (2.5. b)
dadurch entstanden, daß die Folgen iyä, iyü und uwä durch äjü ersetzt
wurden, als dieser Wandel in der Präfixkonjugation auf (Jrund paradig¬
matischen Ausgleichs eintrat (2.5.a). Der gleiche Prozeß begegnete be¬
reits im Arabischen und Hebräischen; dort führte er zu arab. nasü und
hebr. gälü (S.l.b, 3.3.a).
4 Nomina mit i/w-Auslaut
Die Nominalbildung zeigt einzelsprachlich z.T. eine derartige Wuche¬
rung von Analogiebildungen, daß der besseren Übersichtlichkeit halber
zuerst die Bildungen mit ursprünglichem i- und «-Auslaut und davon
getrennt in Abschnitt 5 die Bildungen mit ursprünglichem ä-Auslaut
behandelt werden.
4.1 Arabisch,
a) Im Arabischen erscheint der i-Auslaut bei allen jenen Formen,
denen bei den konsonantischen Bildungen 1. die Folgen iCu und iCi
und 2. die Folgen uCu und uCi entsprechen^', vgl. etwa die Paare
kätibu — rämi und takätubu ■—■ tarämi. Die in den mit Nunation ver¬
sehenen Formen erscheinende Endsilbe -in ist durch Kürzung des Lang¬
vokals i in geschlossener Silbe aus *in entstanden. Die Untersuchung
kann deshalb von den Formen mit auslautendem i ausgehen. Dabei
werden die Typen 1 und 2 getrennt behandelt.
b) Die Entsprechung iCujiCi — i (Typ 1) findet sich in folgenden
Fällen :
aktives Partizip kätibu rämi
/a'iZ-Adjektiv farihu ^awi
gebrochener Plural mafätihu mabäni
Gewöhnlich wird der «-Auslaut auf konsonantische Bildungen zurück¬
geführt, etwa *rämiyu > *rämiyi > *rämii > rämi. Daß dieser Ansatz
in mehr als einer Hinsicht Bedenken erregt, braucht wohl nicht betont
zu werden. Besser lassen sich die Formen als ursprüngliche vokalische
Bildungen erklären. Wenn bei den konsonantischen Bildungen den
Verb typen yahmilu, yaktubu, yaSrabu jeweils ein Partizip der Form
fäHlulfäHlun entspricht, dann muß zu den vokalischen Verbtypen yarmi,
yargü, yansä die Bildung fä'i / *fäHn>fäHn gehören, konkret rämi, rägi,
näsi. Es tritt hier für alle drei verbale Auslautvokale *, ü, ä der Vokal i
auf, so wie bei den konsonantischen Bildungen den drei verbalen Stamm¬
vokalen i, u, a beim Nomen i entspricht. Analog sind die Tjrpen gawi
und mabäni zu beurteilen.
c) Die Entsprechung uCujuCi — i (Typ 2) erscheint in zwei Fällen:
Infinitiv V und VI takätubu tarämi
gebrochener Plural 'ashuru 'adli „^imer" (PI. von dalw)
Statt des i-Auslautes müßte nach dem Verhältnis yaktubu — yargü an
sich ü zu erwarten sein, also etwa *tarämü und *'adlü. Das Problem,
warum statt ü der Auslaut i erscheint, ist schwierig, doch läßt sich
vielleicht eine Lösung finden. Während das Arabische in der Verbal¬
flexion der abgeleiteten Stämme entsprechend der konsonantischen
Bildung nur einen einzigen paradigmatisch festgelegten Fexionstyp
kennt (i bzw. ä, vgl. 2. l.e), unterscheiden das Akkadische und das
8' Deskriptiv gesehen entsprechen bei den konsonantischen Bildungen
auch pausale Formen ohne auslautenden Vokal, aber das ist eine spätere
Entwicklung.
36 Wbbneb Diem
Äthiopische auch in abgeleiteten Stämmen den i- und M-Typ. Da es sich
dabei um eine altertümliche Bildung zu handeln scheint, kann sie mit
einigem Recht auch für die Vorform des klassischen Arabisch angenom¬
men werden. Das Arabische müßte danach etwa im IV. Stamm die
Typen yurmi — *yurgü — *yunsä unterschieden haben. Als diese drei
Typen dann entsprechend dem konsonantischen Verbum nach dem
i-Typ ausgeglichen wurden und *yurgü durch yur^i ersetzt wurde,
können von diesem Wechsel ü > i auch andere Stellen der Morphologie
erfaßt und umgebildet, d.h. konkret *tarämü durch tarämi und *'adlü
durch 'adli ersetzt worden sein.
d) Trat an das auslautende i ein Vokal ä oder ü an, wurde es phonetisch
in iy aufgelöst; vgl. etwa rämiyan (Akk.) < rämi + an; rämiyätun <
rämi -f ätun; rämiyäni < rämi + äni. Die anzusetzende Vorform
*rämiyüna (< rämi + üna) wurde später durch die Neubildung rämüna
ersetzt. Der Ersatz ging dabei von zwei Seiten aus: 1. Beim Verbum
wurde *yarmiyüna, das die nämliche lautliche Folge iyüna aufwies, auf
Grund paradigmatischen Ausgleiches durch yarmüna abgelöst (vgl.
2.1.b). 2. Im Obliquus mußte rämi + ina zu rämina führen. Da diese
Form als Zusammensetzung einer Basis räm mit der Flexionsendung ina
interpretiert werden konnte (räm-ina), ergab sich die Möglichkeit, dazu
einen Nominativ räm-üna = rämürux zu bilden. Im Hebräischen erfaßte
die Tendenz zur Neubildung auch das Feminin (vgl. 4.3). Wie rämi —
rämüna ist auch tamäni — tamänüna zu erklären. Der Infinitiv II
targiyatun ist aus targi + atun entstanden. Hargi selbst ist nach dem
Verhältnis yahmilu — yarmi zu tafHl-atun gebildet.
e) Es bleiben die Entsprechungen der konsonantischen Bildungen
fa'il, fa'ül und maf'ül zu besprechen.
i-Typ M-Typ
fa'il faHy faHy
fa'ül faHy^'' fa'üw
maf'ül maf'iy maf'üw
Nach dem i- Typ hat sich der ä-Typ gerichtet. — Die Bildungen werden
herkömmlicherweise als ursprünglich konsonantische Bildungen ange¬
sehen, wobei gelten soll *fa'üy > fa'iy, *maf'üy > maf'iy, *fa'iw >
fa'iy. Die beiden erstgenannten Prozesse sind durchaus plausibel, nur
der dritte ist etwas bedenkhch, weil *fa'iw lautgesetzlich an sich zu
* fa'üw hätte werden müssen. Die Annahme einer konsonantischen
" Ob man berechtigt ist, eine Entsprechung fa'ül — fa'iy anzusetzen, ist
mir nieht ganz sioher. Jedenfalls sind mir keine /a'MW-Bildungen von
Verben des t-Typs bekannt.
Bildung soll jedenfaUs nicht ohne weiteres zurückgewiesen werden; der
dritte Radikal konnte wie in anderen konsonantischen Bildungen (vgl.
Abschnitt 6) aus dem Verbalparadigma abstrahiert werden.
Dennoch sei die Frage diskutiert, ob sich die Formen nicht vieUeicht
doch als Fortsetzungen alter vokalischer Büdungen erklären lassen. Das
Problem zerfäUt dabei in zwei Teüe: 1. das Vorhandensein von nach
ilü und 2. die Verteüung der iy und ww-Büdungen.
1. Die konsonantische Bildung faHljfa'ül war mit Sicherheit auf dem
ijü betont : fa'iljfa'ül. Aus Gründen struktureUer Parallelität mußte auch
die vokalische Bildung auf der entsprechenden Silbe betont werden. Eine
solche Betonung war aber nur dann möglich, wenn ijü in geschlossener
Silbe stand, d.h. wenn ein Konsonant folgte. Dieser konnte aus laut¬
physiologischen Gründen nur ein homogener Laut, also yjw sein. So
ergab sich statt *fa'il*fa'ü der Typ fa'tyffa'üw, an den dann sekundär
die Flexionsendungen angehängt werden konnten. Etwas Analoges
geschah mit Nomina, die auf betontes ä endeten (vgl. 5. l.c).
2. Es ist nicht sicher, ob vom i- und vom it-Typ primär jeweüs sowohl
fa'il- als auch /a'ü?-Nomina gebildet wurden. Es sei daran erinnert, daß
das Akkadische als Entsprechung des Stativs paris vom i-Typ nur banl
und vom ü- Typ nur zalcü bildet (3.5). Es wäre denkbar, daß auch das
Arabische bzw. die anderen Sprachen ursprünglich eine solche Vertei¬
lung einhielten und vom i-Typ nur fa'iy-, vom it-Typ nur /a'ww-Ablei¬
tungen bildeten. Die Ableitungen fa'iy und maf'iy des i-Typs sowie die
Ableitungen fa'üw und maf'üw des M-Typs wären dann alte Bildungen ;
nur die /a'iy-Büdung des it-Typs müßte als eine spätere Neubildung an¬
gesehen werden, deren Entstehung dadurch bedingt war, daß fa'il im
Arabischen wesentlich produktiver als fa'ül ist. Davon abgesehen konn¬
ten solche Büdungen auch dadurch entstehen, daß neben Wurzeln
tertiae wäw im Arabischen vielfach Wurzeln tertiae yä' als Dubletten
getreten sind. In solchen FäUen gehören /a'i?/-Ableitungen nur scheinbar
zu M-Stämmen.
4.2 Altsyrisch
a) Die i-Büdungen des Syrischen (vgl. dazu Nöldeke : Syr. Or. § 72)
lassen sich z.T. direkt den arabischen gleichsetzen, z.T. handelt es sich
um analogische NeubUdungen :
Msk. Sg. absol. räme
Fem. Sg. absol. rämyä
Msk. PI. absol. rämen
Syr. Arab.
rämi rämiyah
Msk. PI. det. rämayyä
38 Entsprechend rämyän imd qaSyän.
38 Webneb Diem
Syr. Arab.
Msk. Sg. absol. qSe qasiylgawi
Fem. Sg. absol. qa&yä^^ ^awiyah
Msk. Sg. det. qaSyä —
Fem. Sg. det. qSitä qasiyatun
Msk. PI. absol. qSen —
Msk. PI. det. qSayyä —
b) Die Formen räm.e, rämyä; qSe, qaSyä; qSltä sind lautgesetzlich ent-
standen und haben Entsprechungen im Arabischen. Dabei ist allerdings
zu beachten, daß im Syrischen die beiden Typen qatiy und qati zusam¬
mengefallen sind, und mit qSitä die Form des qatiy-Typs, mit qaSyä die
Form des qati-Typs verallgemeinert worden ist. Dieser paradigmatische
Ausgleich ging vom Singular qte aus, zu dem sich beide Typen ent¬
wickelten. Daß qaSyä und nicht das zu *qatiy gehörende Feminin *qSiyä
verallgemeinert wurde, mag daran liegen, daß qaSyä zu qSe im gleichen
Verhältnis stand wie rämyä zu räme. Auch mit dem Status pronominalis
Msk. Sg. qaSy- ist der rämy- entsprechende qati-Typ veraUgemeinert
worden.
c) rämen und qSen statt der zu erwartenden Form *rämin (^rämi +
in) und *qSin (< qaSi + in) bzw. *qSiyin (< qaSiy + in) sind Neu¬
bildungen zum Singular rämejqSe nach dem Partizip Pass, mrammyä —
mrammen (vgl. 5.2. a Nr. 2 und b Nr. 1).
Der Plural Msk. det. rämayyäjqSayyä ist das Resultat analogischen
Ausgleichs mit dem nominalen ä-Typ, vgl. 5.2.b Ende.
4.3 Hebräisch
a) Im Hebräischen blieben der i- und der ««/-Typ anders als im
Syrischen getrennt, indem sich i unter bestimmten Bedingungen zu
eia (n) und iy zu i C) entwickelte. Es gelten die Entsprechungen:
i-Typ
Hebr. Arab.
Msk. Sg. göle qäSe rämi gawi
Msk. PI. gölim qäsim rämina (Obl.) 39
Fem. Sg. gölä, qäSä . 39a —
bökiyä —
bäkiyah —
Fem. PI. gölöt qäSöt — —
^' Der Plural ist m.W. nicht belegt, doch müßte er gawüna, Obl. äawlna
lauten.
Eine formale Parallele zu hebr. gölä ist mir nur in einem isolierten Fall
des Marokkanisch-Arabischen bekaimt: das Partizip Fem. Sing, gäda zur
Wurzel gehen". Die Form ist aber anders entstanden als die hebräische.
iy-lyp
Hebr. Arab.
qasiy
qasiyina (Ohl.), Sergin (Dial.)"
qasiyah Msk. Sg.
Msk. PI.
'äm 'myini
Hhri Hbriyim, Hbrim Hbriyä
Fem. Sg. 'mya
b) Was den i-Typ betrifft, so sind gölejqäSe und gölimjqäSim laut¬
gesetzliche Formen und haben direkte arabische Entsprechungen (vgl.
4.1, bes. d). goläjqäSä und gölötjqäSöt sind m.E. Neubildungen, die von
gölim (< *gäli + im)lqäSim (< *qaSi -f im) und verbalen Formen aus¬
gehen. Denn gölimjqäSim und entsprechend tigli, yiglü, gälü konnten so
analysiert werden, als ob an den zweiten Konsonanten die Endung un¬
mittelbar angetreten sei. Nach diesem Muster konnten dann gölä, gölöt
und qäSä, qäSöt erzeugt werden, indem an göl- und qäS- unmittelbar die
Femininendungen angefügt wurden. Die nach dem Befund des Arabi¬
schen und Aramäischen zu erwartende ursprüngliche Form *göliyä liegt
möglicherweise noch in bökiyä (IT'Da) < *bökiyah und einigen anderen
Formen vor. In diesem Sinne sind wohl auch Bauer-Leandee (Hist. Gr.
S. 590h) zu verstehen. — Der Plural Hbrim dürfte erst sekundär aus
dem Singular Hbri -f- im gebildet worden sein. Analoge Formen begegnen
auch in arabischen Dialekten; vgl. die angeführte Form Sergin, die zu
einem Singular Ser^i ( < Sarqi) gehört.
Ch. Rabin^i vertritt eine andere Auffassung. Er interpretiert die Form
Fem. Sg. '^V* nioht als gölä < *gölah, worin -ö bzw. -ah die Femininendung
repräsentiert, sondern als göläh. Diese Bildung setzt er dem Typ Fem. Sg.
rämätun gleich, wie er für den altarabisohen Dialekt der Tayyi' statt des
gewöhnlichen rämiyätun bezeugt ist.^^ gj. merkt nun an, daß in dem arabi¬
schen Dialekt der Verbaltyp nasiya offenbar duroh nasä ersetzt ist und auoh
im Hebräiscben nur die entspreehende Form gälä auftritt, und schließt dar¬
aus auf eine dem arabischen Dialekt und dem Hebräischen gemeinsame
denn die ganze Reihe lautet Msk. Sg. gäd — Fem. Sg. gäda —■ Plur. gädin.
gada und gädln sind also zu einem Singular gäd gebildete, der wie wäd
,,Wadi" als falsche pausale Rückbildung zu erklären ist: Wie ragulin in
Pausa ragul lautete, so wurde zu wädin eine Pausalform wäd gebildet. Neben
gäd gäda gädln hat das Marokkanische auch die regelmäßige Bildung gädi
gädya gädyln. (Der Typ fä'yin, eine Neubildung, ist die Regel in den neu¬
arabischen Dialekten.) Vgl. zu den Formen R. S. Habbell : A Short Reference
Orammar of Moroccan Arabic. Washington D. C. 1962, S. 183 f.
*o Diese und andere Formen werden von J. Cantineau (AIEO 2, 1936,
S. 27 und S. 6) für bestimmte Beduinendialekte genannt.
*i Ancient West-Arabian. London 1951, S. 196ff.
<2 Vgl. zur Form auch H. Kofleb : Reste altarabischer Dialekte. In :
WZKM 48 (1941), S. 75.
40 Wbbneb Diem
Lautentwicklung iya > ä, also arab. rämiyätun > rämätun, nasiya > nasä ; hebr. *galiyah > göläh, galiya > *galä > giätö.
Das Hauptproblem scbeint mir dabei das angenommene Lautgesetz iya >
ö zu sein. Lautgesetze sollen eine lautliche Entwicklung besehreiben, und
diese wiederum muß sich physiologisoh-artikulatorisch plausibel machen
lassen. Das aber dürfte für eine Entwicklung iya > ä schwierig sein. Und in
der Tat läßt sich der Wechsel iya — ä auch anders erklären. Der Ersatz von
arab. nasiya durch nasä kann als Strukturweehsel zum ramä-Typ aufgefaßt
werden, so wie umgekehrt in manchen heutigen Dialekten der Sariba- bzw.
S{i)rib-Typ auf Kosten des Ä;oto6-Typs produktiv geworden ist. Wiehtig wäre
auch, zu wissen, wie im Dialekt der Tayyi' die zu nasä gehörigen Formen
mit Affix lauteten — falls nasaitu, so würde dies den Verdacht eines Struktur¬
wandels erhärten — rmd ob beim konsonantischen Verbum der Sariba-Typ
erhalten oder analog in den kataba-Typ übergegangen war. Nimmt man
nun an, daß nasiya auf Grund von Strukturwechsel durch nasä ersetzt wurde,
so können diesen Wechsel iya — ä durchaus andere Teile der Morphologie
mitgemacht haben, also etwa rämiyatum — rämätun. Diese Form paßte auch
insofern in das System, als das rhythmische Verhältnis von rämätun zur
Pluralform rämiyätun (falls der Plural so lautete) dem Verhältnis von
fatätun ,, Mädchen" zum Plural fatayätun gleich war. Entsprechend könnte
im Prinzip die Entwicklung auch im Hebräiscben verlaufen sein, daß also
der durch den Zusammenfall des qafiya-Typs mit dem qapä-Typ bedingte
Wechsel iya ■— ö vom Typ *gäliyah mitgemacht wurde, wodurch sich eine
Neubildung göläh ergab. Allerdings lassen sich dann die Plurale gölöt und
gölim nicht erklären, und dies wiederum läßt m.E. die Interpretation von
"'^^ als Rückbildung göl-ä, welche von göl-lm, gäl-ü, yigl-ü, tigl-l ausging,
wahrscheinlicher erscbeinen, zumal diese Annahme durch Parallelen in den
anderen Sprachen methodisch gedeckt wird. Jedenfalls sei noch einmal
betont, daß mir Rabins Ansatz einer rein phonetisch bedingten Entwicldung iya > ä sowohl für das Arabische wie für das Hebräische nicht akzeptabel erscheint.
4.4 Äthiopisch
Die Bildungen des alten «-Typs sind im Äthiopischen durch konsonan¬
tische Neubildungen ersetzt, vgl. z.B. die Partizipien maSanney und
malabbew. Die Entsprechungen von faHl und fe'ül werden konsonantisch
gebildet, z.B. 'abiy ,,groß", 'eküy ,, schlecht". Möglicherweise sind alte
i- und M-Bildungen in den Infinitiven des Typs tersit ,, Schmuck" und
teSgüt „Fleischwerdung" (Dillmann: Äth. Gr. § Ul, S. 211) und den
analogen Formen des Typs maf'elt etc. erhalten, doch hätten auch die
konsonantischen Neubildungen *terseyt und *teSgewt diese Formen ergeben.
4.6 Akkadisch
Die Formen des Typs fä'i und fa'i werden im Akkadischen voll
fiektiert (vgl. von Soden: öaG', Nominalparadigma 2a). Der «-Auslaut +
imji mußte imji ergeben (Gen. Sing, bänim. Gen. Plur. bäni), was als
bän-imjbän-i interpretiert werden konnte. Davon ausgehend konnten
die alten Bildungen bäniyum, bäniyam, bäniyü etc., wie sie altakkadisch