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Aus Briefen des Dr. Snouck Hurgronje in Leiden
an Dr. Goldziher in Budapest').
Leiden, 16. und 22. Februar 1886.
Die Hadbrami's, welche die gescheidtesten Kaufleute in Mekka und Djeddah sind, haben eine regelmässige Fingersprache
um Zahlen auszudrücken und andere .arabische Kaufleute haben
dieselbe übernommen. Wenn der Kaufer und der Verkäufer längere
Zeit im Allgemeinen diseutirt haben, so sagt der ^lL. wenn es
ungeföhr zum Abschliessen des Kaufes kommen soll: ,jä walad,
hät elmandil". Der Sciave legt das Tuch über die ineinander
gelegten Eechten der beiden Leute und nun wechseln sie Angebot
und Forderung, ohne dass der .outsider" erföhrt, wieviel geboten
resp. verlangt wird. Die Einzelnheiten dieser Pingersprache sind
ganz einfach; ich habe sie aber nicht ira Kopfe behalten. Was
Sie von Petermann (S. 370) anführten, gilt meistentheils auch von
Mekka. Das Verflechten der beiden Zeigefinger wird auch regel-
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mässig zur Bezeichnung der i0.jsAjo gebraucht. Z. B. jemand be¬
schwert sich über Hasan, man räth ihm nun, er möge jenen bei
Muhammed anklagen: da antwortet er einfach mit dera Zusaramen-
flechten der beiden Zeigefinger, d. h. da ist nichts zu machen,
die zwei sind eins. Auch legt man wohl die beiden Zeigefinger
gerade nebeneinander mit gleicher Bedeutung; dieses Zeichen be¬
deutet aber gewöhnlicher: gleich, d. h. (nach Umständen) zu
gleicher Zeit (z. B. wollen wir zusamraen gehen ?) oder in gleicher Grösse u. s. w. Zeigt raan die oifene Handpalrae, so heisst dies: Tag,
dagegen die obere Hand = Nacht. Bewegt man die beiden Zeige¬
finger von über den Augenbrauen den Wangen entlang abwärts, so
beisst dies: schön; steckt m.an aber den ganzen rechten Zeige¬
finger iu den Mund , holt ihn sodann gleichsam werfend beraus
und macbt einen Laut dazu, so beisst dies: bässlich. Hebt
1) Mit Bezug auf den Aufsatz: Ueber Geberden- und Zeichen¬
sprache bei den Arabern (Zeitschrift für Viilkerpsycliologie XVI p. 369
—386).
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366 Briefen <Us Dr. Sncmcl- Hurgronje an Dr. Goldziher.
man die Spitzen der fünf Pinger der Rechten enge zusammen¬
gehalten empor, so heisst dies: ein wenig. Zieht jemand mit seiner
Rechten die Spitze seines eigenen Bartes, bedeutet dies Zeichen so
viel als: 'eb; z. B. wenn jemand mir etwa sagt: Du wirst docb
nicht vergessen, was du mir soeben versprochen hast? so macbe
ich das oben beschriebene Zeichen, um gleichsam zu sagen: Wofür
siehst du mich denn an ? Fasst man die eigene Nase mit einer Hand,
und dreht man letztere gleichsam um die Spitze herum, so heisst dies,
iLjA^aiJü oder xXc , JLc Lyai etc. Z. B. A. sagt zu B. : Du hast
also das Document mit unterzeichnet! Antwort: die bescbriebene
Bewegung; es wird zumeist der Zeigefinger um die Nasenspitze
herumgedreht uud man denkt bei dieser Geberde natürlich an die
Art, wie widerspänstige Kamele in die vom JÜ=» gewünschte
Richtung geführt werden. — Wenn man von ungerechten tür¬
kiscben Beamten spricht, so ist ein Zeichen gewöhnlich, welches
auch in Europa zur Bezeicbnung des Essens gebraucht wird ; man
bewegt die Recbte auf und ab als fübrte sie dem Munde etwas
zu. Dies heisst : jäkul : er frisst (d. h. jäkul hakk annäs) u. s. w.
Die Masse von Geberden und sententiösen Aus¬
drücken (dictons), ich meine Redensarten, welche jedermann
bei gleichartigen Empfindungen in gleicher Weise gebraucht,
waren mir in der mekkaniscben Gesellschaft ungeheuer auffallend.
Tch möchte fast sagen, ein Drittel des Gesprochenen wird von
den Mekkanern nicht in neugedachter oder neugebildeter, sondern
in hergebrachter Form geäussert. Natürlich sind Sprichwörter
zahlreich, aber die „dictons" sind zahllos, CT*"**"' U
»ii^-xyJ^ sagt jedermann, wenn einer sich über einen schlechten
Lohndiener beschwert. Er will damit sagen: Warum kaufst du
denn nicht lieber einen Sclaven ? den hat man ganz in seiner Macht.
Dies kann man kaum ein Sprichwort nennen, aber eine stehende
Redensart ist es ohne Zweifel. Ein schönes Sprichwort, in welchem
die Mekkaner ihre Ansicht über Regierungsbeamte u. s. w. aus¬
drücken , ist folgendes. Es wird ein Beduine redend eingeführt,
der nachdem er einige Zeit gezwungenerweise (iy^V^^W) der Daula
in der Stadt irgendwie gedient hat, wieder einmal für einen
Augenblick draussen im freien aufathmet und nun einen Vogel sieht:
G, wO- O Q ,
u5i-Ci-ou« ^^ji «J.tOI U i^isJij^ ^XfSS> jjLb Li jjJs Lj
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Das Wörterbuch Menachem Ibn Saruk's nach
Codex Bern 200.
Verglichen von Prof. Dr. Uavid Kanfmann.
Die Geschichte der hebräischen Sprachwissenschaft unter deu
Juden im Mittelalter wird erst dann mit Aussiebt auf Wahrheit
und Zuverlässigkeit geschi-ieben werden können, wenn ihre Quellen-
und Grundwerke nach den Forderungen philologischer
Zucht und Kritik von Neuem werden herausgegeben
sein. Denn selbst an den so imgebührlich vernachlässigten und
so spät erweckten Erzeugnissen der spanisch-arabischen Epoche,
deren erste Herausgabe bereits in die Zeit der auf allen übrigen
Gebieten angenommenen strengen und festgefügten philologischen
"Methode fällt, hat man nicht weniger arg als an dem sonstigen jüdischen Schi-iftthum gesündigt ; in der ersten Freude ob der neuen
Ei-findung der Buchdruckerkunst konnte man nicht kindlicher und
leichtfertiger nach irgend einer Handschrift langen und den Ab¬
klatsch als Edition ausbieten, als es mit manchen grammatiscben, exegetischen und lexicalischen Hauptwerken der mittelalterlichen
jüdischen Litteratur in hohen Jahrzehnten dieses Jahrhunderts ge¬
schehen ist. Es kann keinem Kenner dieses Schriftthums gewagt
erscheinen, wenn ich behaupte, dass hier eigentlicb jedes aus der
Zeit der handschriftlichen Bücherverbreitung stammende und bereits
in früheren Jahrhunderten gedruckte Werk auf Grund der vor¬
handenen Handschriften zu berichtigen imd neu herauszugeben sei ;
das ist auch in anderen Litteraturen nicht anders, da die Folgen einer
Zeit philologischer Zuchtlosigkeit auf keinem Gebiete ausbleiben
konnten. Dass hier aber selbst das, was im voUen Lichte des Zeit¬
alters der Kritik zu Tage gekommen , von Neuem in Angriff ge¬
nommen und disciplinirt werden nmsste, das ist eine nicht genug
zu beklagende ärgerliche Eigentbümlicbkeit, die freilich erklärt und
begrifien , aber nicht erträghcher gemacht werden kann. Fem sei
es von mir, in schnöder Ungerechtigkeit all die Männer, deren Aus¬
gaben vor der wissenschaftlichen Kritik nicbt besteben können,
etwa der Leichtfertigkeit anklagen zu wollen : sie waren zum Theile
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