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Kapitel 7 - 13 mit Anhang

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(1)

7. Die Nukleosynthese der leichten Elemente.

7.1. Der heiße Strahlungskosmos.

Wie bereits im vorigen Kapitel erwähnt, waren G. Gamow und sein Mitarbeiter Alpher (1945) die Ersten, die aus den kosmologischen Modellen Konsequenzen für einen heißen Anfang zogen. Es ging um die Frage, ob nicht Protonen und Neutronen, während der Abkühlung der heißen Phase der kosmischen Entwicklung zu Atomkernen kondensierten. Das trifft in der Tat zu, aber wie sich etwas später herausstellen sollte, nur für die leichten Elemente (bis zu 7Li ), da keine stabilen Kerne der Massen 5 und 8 existieren. So müssten z.B. für die Erzeugung von

12C-Kernen drei 4He-Kerne aufeinander treffen. Für solche Dreierstöße ist aber die Baryonen- Dichte während der Entstehungsphase viel zu klein. Schwere Kerne können deshalb nur in den dichten heißen Zentren massereicher Sterne erbrütet werden, wie Fred Hoyle 1946 zeigte.

Sein Kollege und Mitarbeiter Alfred Fowler, der 1983 mit dem Nobelpreis geehrt wurde, hat Hoyles Leistung und Priorität in seiner Autobiographie ausdrücklich anerkannt.

Gamow, der keine Gelegenheit für einen guten Witz ausließ, hatte sich über den Erfolg des jüngeren Hoyle mit einer Umdichtung der Genesis (Moses 1) verbreitet: Gott schuf die Elemente. Gott vergaß aber die Massen 5 und 8 aufzurufen, so konnten keine schweren Elemente gebildet werden. Gott war enttäuscht und wollte den Kosmos wieder zusammenfallen und neu beginnen lassen. Aber Er besann sich auf eine höchst ungewöhnliche Art, seinen Fehler zu korrigieren: Gott sprach: „Es werde Hoyle!“ Und es ward Hoyle. Und Gott sah ihn…..und sprach zu ihm, er solle schwere Elemente machen, so wie es ihm gefällt. Und Hoyle entschied sich, schwere Elemente in Sternen zu machen und sie durch Supernova-Explosionen auszustreuen.

Auf der anderen Seite kann die Häufigkeit von 4Helium, das 24% der Masse baryonischer Materie ausmacht, nicht allein in Sternen entstanden sein. Dieser Anteil macht nämlich nur wenige Prozent aus. Eine Erklärung der Häufigkeit von Helium macht darum den heißen Anfang des Kosmos geradezu notwendig. Die Energie des heißen Plasmas sollte kleiner als 1 MeV gewesen sein, da die Bindungsenergie des Deuterons, eines wichtigen Zwischenglieds der Big-Bang-Nukleosynthese bei 2 MeV liegt. Die Temperatur des kosmischen Plasmas sollte deshalb unter 1010 K gefallen sein (1MeV = 1,160 ⋅1010 K). Wie groß war aber die Dichte und welche Zeit verging seit dem Anfang des Kosmos?

Weil die Energiedichte des Strahlungsfelds sich wie εrT4a4verhält, gilt

0 0

T T a

a = (2.34)

Mit 002T0 =2,725±0, K aus den CMB-Messungen und a0 =1 wird der Skalenfaktor bei einer Temperatur von T =1010K nur noch a10 =2,7⋅1010 betragen. Die Baryonendichte ist bei dieser Temperatur dann

3 29

26 2

3 10

0

, 0.50 0,04 18,5

10 023 , 2

10 88 ,

1

⋅ ⋅ = ⋅ ⋅

= ⋅ Ω

= h kg m

a B

c B

ρ ρ (7.1)

Die Gesamtdichte ist jedoch durch die Dichte der Strahlung 2

4

c

= aT

ργ bestimmt mit

(

1010K

)

=84,8107 kgm3

ργ (wobei hier nur die Freiheitsgrade der Photonen berücksichtigt wurden). Um die Zeit abzuschätzen, wann 1010 K erreicht wurden, gehen wir von Gl. (2.8) und (2.30) aus und setzen die Strahlungsdichte ργ direkt ein.. Wir finden

(2)

( )

G t t

H t

a r r

12 2 0

2 1

3

2 32 ⎟

⎜ ⎞

=⎛

⋅ Ω

= π ρ

(2.30) oder

12 2 10

4 1 1 2

4

0 (1,8 10 )

3 ) 32

( t t

c t GaT

a ⎟⎟ = ⋅

⎜⎜ ⎞

=⎛ π

Wir rechnen aus dem Skalenparameter die Temperatur aus

12 10 10

12 0

0 1.51 10

10 8 , 725 1 ,

2

⋅ =

⎟ =

⎜⎜

= ⎛ t t

a T a

T K (7.2)

Damit erhalten wir T =1,5⋅1010 nach t =1,0s oder T =1,0⋅1010 nach 2,25 s. Werden die Neutrinos mit berücksichtigt (s. G. Börner: The Early Universe. 4th Ed. 2003) , erhält man

K

T =1010 nach 3,16 s.

Wir entnehmen daraus, dass bis zur Abkühlung auf 109 K weitere 225 s = 3,75 Minuten vergehen. Die Kernprozesse, um welche es sich hier handelt, spielen sich deshalb in den ersten 3 Minuten des Kosmos ab. „Die ersten 3 Minuten“, das ist der (deutsche) Titel eines populären Buchs über die Big-Bang-Nukleosynthese geschrieben von dem Nobelpreisträger Steve. Weinberg.

7.2. Die Kernprozesse

(3)

Fig. 7.1. Netzwerk der Kerne der leichten Elemente. In der Abszisse ist die Zahl der Neutronen, in der Ordinaten die Zahl der Protonen aufgetragen.

Bei Temperaturen T > 1010 K und Zeiten kürzer als eine Sekunde sorgen die Reaktionen v

n e

p+ ↔ + und n+e+p +v (7.4)

für thermisches Gleichgewicht, wobei das Neutron zu Proton Verhältnis durch den Boltzmann-Faktor

kT Q p

n =exp− (7.6)

bestimmt ist. Hier ist Q die Differenz der Ruhenergien (1MeV = 1,160 ⋅1010 K).

2934 , 1 )

( − 2 =

= m m c

Q n p MeV (7.7)

n/p nähert sich eins, wenn T > 1,5⋅1010 K und die Zeit t < 1 s wird. Bei Temperaturen T <

1010 K verschiebt sich das Gleichgewicht zu Ungunsten der Neutronen; denn die Neutronen haben eine etwas größere Masse und zerfallen mittels der schwachen Wechselwirkung in die Endprodukte

v e p

n→ + + (7.8)

Die Lebensdauer der Neutronen wurde im Labor sehr genau zu 5 s

, 1 5 ,

881 ± (7.9)

bestimmt. Gäbe es keine weiteren Kernreaktionen, dann würde der Kosmos

nur aus Wasserstoff bestehen. Aber die Lebensdauer der Neutronen

τ

n reicht aus, um eine andere Reaktion ins Spiel zu bringen

γ +

↔ +

n d

p (7.10)

Die Neutronen überleben in Deuteronen, deren Bindungsenergie beträgt 23

,

=2

ΔD MeV (7.11)

Zunächst verzögern noch Photonen mit Energien

E > Δ

D die Bildung von Deuteronen (s.

Rückreaktion Gl. 7.10). Die wirksame Photonendichte

n

γfür die Rückreaktion (7.10) verhält sich wie folgt

nγ ∝η1⋅exp−ΔkTD (7.12)

wobei η=6,1⋅1010 (WMAP) das Verhältnis Baryonen zu Photonen bedeutet (s. Gl. 6.13).

Eben weil mehr als 109 Photonen auf ein Nukleon kommen, liegen die Bildungstemperaturen allgemein etwa einen Faktor 30 niedriger als eine Abschätzung allein aus den Bindungsenergien ergibt. Wenn die Temperatur auf 109 K sinkt, überflügelt die Bildungsrate die Photodissoziationsrate. Deuteronen bilden sich und können zu He4 weiter reagieren.

(4)

γ +

→ +

γ +

→ +

γ +

→ +

γ +

→ +

4 3

3 4 3

3

He n

He

He p

d

He p

H

H n

d

(7.12)

Diese Reaktionen enden alle bei He4, das eine große Bindungsenergie von

30 ,

=28

ΔHe MeV

besitzt. Noch rascher als die Reaktionen 7.12 mit elektromagnetischer Wechselwirkung verlaufen die folgenden Prozesse der starken Wechselwirkung

p He d

He

n He n

H

p H d d

n He d

d

+

→ +

+

→ +

+

→ +

+

→ +

4 3

4 3

3 3

(7.13)

Nach einigen hundert Sekunden und Temperaturen von etwas unter 109 K sind praktisch alle Neutronen in He4-Kernen gebunden.

Fig. 7.2. Die Anteile der verschiedenen Isotope und ihre Änderung mit Zeit und Temperatur.

Das Häufigkeitsmaximum des Deuteriums liegt bei etwa 109 K. Danach wird es in den Reaktionen 7.12 und 7.13 im Wesentlichen zu Helium abgebaut.

(5)

Wie groß ist am Ende der Anteil des Heliums an der baryonischen Gesamtmasse? Die Temperatur, bei welcher die Neutronen „ausfrieren“, beträgt etwa 1010 K oder 0,9 MeV. Mit diesem Wert ergibt Gl. 7.6

223 ,

=0 p

n (7.14)

Aus Fig. 7.2. ist ersichtlich, daß die Bildung von He4 erst einen Sättigungswert erreicht, wenn Neutronen bereits wieder zerfallen, wodurch der Wert von n/p

auf etwa n/p ≈1/7= 0,143 absinkt. Der Anteil Y von Helium an der Gesamtmasse wird dann 25

, 1 0

2 ≅

= +

p n

p

Y n (7.15)

Alle schwereren Isotope bis Li7 kommen in sehr geringer Häufigkeit vor. Damit ist die Synthese leichter Elemente abgeschlossen. Um C12 zu bilden, sind Dreierstöße notwendig.

Dazu aber ist die Baryonendichte des kosmischen Plasmas viel zu gering. Das Erbrüten von Kohlenstoff 12 kommt erst in den entarteten Zentren massereicher Sterne in Gang, worauf zuerst Fred Hoyle hingewiesen hat.

(6)

Fig. 7.3. Die berechneten Häufigkeiten der leichten Elemente in Abhängigkeit der Baryonendichte. Die gemessenen Werte liegen etwa im Bereich der grauen Vertikalen

Das erstaunliche Ergebnis: Vorausgesetzt es hat einen heißen Beginn der kosmischen Entwicklung gegeben, dann finden wir die Isotope der leichten Elemente mit Häufigkeiten, die sich über einen Bereich von 10 Größenordnungen erstrecken. Um die Häufigkeiten zu berechnen, ist nur die Kenntnis der Reaktionsraten der Kernprozesse notwendig, mit Parametern die größtenteils aus Labormessungen bekannt sind. Eine weitere Voraussetzung ist die Kenntnis des Verhältnisses von Baryonen- zu Photonenzahl und schließlich Zahl der Neutrinos, die bei allen schwachen Wechselwirkungen eine Rolle spielen. Um die gemessenen Häufigkeiten zu erhalten, sollte ΩB im Bereich 0,009<ΩBh2 <0,025liegen und die Zahl der Neutrinos 3 sein.

7.3. Ergebnisse der Beobachtungen

Beginnen wir mit den Messungen der Heliumhäufigkeit. Allerdings muß eingeräumt werden, dass nach Fig. 7.3 andere Parameter, wie z.B. die Baryonendichte kaum von der Häufigkeit des ursprünglich gebildeten (primordialen) Heliums abhängen. He4 wird in sogenannten HII- Gebieten (Wolken ionisierten Wasserstoffs mit Hα-Emission) beobachtet. Man sucht

Fig. 7.4. Massenanteil von He4 , Y , aus der kosmischen Nukleosynthese (primordiales Helium).

Mit der Zunahme schwerer Elemente im interstellaren Gas nimmt auch die He4-Häufigkeit zu.

Nach B.D. Fields, K.A. Olive, Astrophys. J. 506, 177 (1998)

dabei besonders nach Gebieten, in welchen noch wenig Sternentwicklung stattgefunden hat, um zu vermeiden, daß Helium aus der Kernfusion der Sternen das Ergebnis beeinflußt. Solche Gebiete befinden sich z.B. in sogenannten „kompakten blauen Zwerggalaxien“, die als relativ junge Gebilde des Kosmos angesehen werden. Tatsächlich erkennt man aus Fig. 7.4 eine positive Korrelation mit der Zunahme schwerer Elemente (hier angegeben durch den Massenateil von Sauerstoff bzw. Stickstoff). Diese Zunahme wird verursacht durch Abstoßen

(7)

von Hüllen im Riesenstadium der Sterne sowie durch Supernova-Explosionen, durch welche die Produkte der Kernreaktionen aus dem Inneren der Sterne in das interstellar Gas gelangen.

Es ist also sinnvoll, die Helium-Häufigkeit Y (s. Fig. 7.4) gegen den Anteil schwerer Elemente, Z, aufzutragen und dann gegen Z = 0 zu extrapolieren. Das Ergebnis für

„primordiales“ Helium ist

Yp = 0,238 ± 0,002 ± 0,005 ,

wobei die erste Fehlerangabe statistischer, die zweite sytematischer Natur ist. Die Ergebnisse anderer Bestimmungen (M. Peimbert , A. Peimbert, M.T. Ruiz, Astrophys. J. 541, 688 (2000) und A. Peimbert, M. Peimbert, V. Luridiana, Astrophys. J. 565, 668 (2002) bewegen sich in der gleichen Fehlerbreite.

Zur Bestimmung der Konzentration von Li6 und Li7 eignen sich metallarme, heiße Sterne der Population II in unserer Galaxis. Bei geringem Anteil schwerer

Elemente Z beobachtet man keinen Einfluß auf die Li-Häufigkeit. Erst bei relativ großem Z (hier als Fe/H aufgetragen) steigt die Li-Häufigkeit an, was auf

Fig. 7.5. Die Häufigkeit der Lithium-Isotope aufgetragen gegen die Häufigkeit von Eisen. Nach S.G. Ryan et al., Astrophys. J. 530, L57 (2000); S.G. Ryan, J.E. Norris, T.C. Beers, Astrophys. J.

523, 654 (1999).

Kernreaktionen durch kosmische Strahlung zurückgeführt werden kann. Wenn in Sternen der Pop. II Lithium durch Konvektion in die heißen zentralen Zonen gelangen würde, ginge ein signifikanter Teil durch Fusionsreaktionen verloren. Wie groß dieser Anteil ist, bleibt unbekannt. Allerdings spricht die geringe Streuung der Daten in Fig. 7.5 bei kleinen Konzentrationen schwererer Elemente eher gegen solche Prozesse. Damit erhält man

[

Li/H

]

p =

(

1,23± 0,06 +00,,6832+0,56

)

⋅1010

(8)

die letzten Fehlerangeaben (kleingedruckt) beziehen sich auf den schon erwähnten Abbau von Li durch Konvektion in den Sternen der Pop II.

Die Anwesenheit von Deuterium wurde in hoch aufgelösten Spektren von Quasaren mit großer Rotverschiebung entdeckt. Die Absorption von Deuterium in primordialen Gaswolken ist gegenüber der Lyα-Absorption um 2,7 Promille langwellig verschoben. Nimmt man nun an, dass es sonst keine astrophysikalischen Quellen von Deuterium gibt (dagegen kann Deuterium durchaus abgebaut werden), dann ergeben die Messungen eine untere Grenze des Deuteriumgehalts (s. dazu Fig. 7.6). Die Streuung der Ergebnisse ist ziemlich groß und zwar sowohl bei QSO-Beobachtungen als auch bei

105

×

Fig. 7.6. Links beobachtete Häufigkeit von Deuterium und im interstellaren Medium. Rechts He3-Häufigkeit in galaktischen H II-Regionen. Die Skala der Ordinaten ist ebenfalls mit 105 zu multiplizieren. Nach B.D. Fields et al., Astrophys. J. 563, 653 (2002) und D.S. Balser et al.

Nature 415, 54 (2002)

Ergebnissen aus dem Interstellaren Medium, was möglicherweise auf Prozesse, welche Deuterium abbauen, hinweist. Deshalb lässt sich die Häufigkeit von Deuterium nur in relativ weiten Grenzen angeben

[ ]

5

5 / 9,7 10

10 3 ,

1 ⋅ < D H p < ⋅

Für He3 gibt es nur Beobachtungen im Sonnensystem und H II Wolken in unserer Galaxie, aus welchen sich eine Obergrenze angeben lässt

[ He

3

/ H ]

p

< ( 1 , 9 ± 0 , 6 ) 10

5

(9)

Fig. 7.7. 3He-Häufigkeit im Abstand vom galaktischen Zentrum zur besseren Übersicht noch einmal aus Fig.7.6. rechts heraus gezeichnet (nach Einstein Online).

Wie Fig. 7.7. zeigt, hängt 3He-Häufigkeit kaum von der Lage in der Galaxie ab. Stattdessen würde man vermuten, dass der Einfluss stellarer Nukleosynthese umso größer ist, je näher die entsprechende Region zum galaktischen Zentrum liegt. Dass davon kaum etwas zu sehen ist, zeigt in diesem Fall, dass unser Verständnis der stellaren Nukleosynthese von 3He noch Einiges zu wünschen übrig lässt.

Wenn man den Werten für Deuterium Vertrauen schenkt, liegt die relative Baryonendichte im Bereich von

0.0095≤ΩBh2 ≤0,023

Die neuesten Daten des WMAP-Satelliten ergeben

Ω

B

h

2

= 0 , 0224 ± 0 , 0009

und für das Verhältnis Baryonen/Photonen

3 , 0 10 1 ,

6 ⋅ 10 ±

=

η

Die folgenden beiden Figuren dienen zum Vergleich von Theorie und Beobachtung. Im Wesentlichen sind die Ergebnisse von Fig. 7.3. heraus vergrößert worden.

(10)

Fig. 7.8. zeigt den breiten Bereich der Häufigkeiten, in welchem 4He beobachtet wurde und die dazu die berechnete Kurve. Die gelbe Vertikale gibt das von WMAP bestimmte η an.

7.9. Gemessene Häufigkeiten von D, 3He und 7Li im Vergleich zu Berechnungen (durchgezogene Linien) nach Vangioni, Intitute d’Astrophysique de Paris.

7.4. Zusammenfassung

Die leichten Elemente Deuterium, Helium und Lithium sind in den ersten 3 Minuten des Kosmos bei Temperaturen zwischen 1010 und 109 Kelvin entstanden. Die kosmologische Nukleosynthese bleibt bei 7Li stehen; denn es gibt keine stabilen Elemente mit den Massenzahlen 5 oder 8. Die Synthese von 12C schließlich läuft über Stöße von 3 α-Teilchen ab, was viel höhere Dichten erfordern würde.

(11)

Die 4He-Häufigkeit liegt bei 0,24 (Massenanteilen), die von Deuterium zwischen 10-4 und 105, von 3He bei 1 - 2·10-5 und 7Li bei 1 - 2·10-10. 4He ist nur wenig abhängig vom Baryon-zu- Photon-Verhältnis η. Eine größere Empfindlichkeit zeigen D und 3He. Außer bei 7Li, mit einer Abweichung Faktor 2, stimmen berechnete und gemessene Werte gut überein, was über 10 Größenordnungen der Häufigkeiten doch ein großer Erfolg ist.

7.5. Literatur

H. Reeves: On the Origin of the light elements (Z < 6). Rev. Mod. Phys. 66, 193 (1994) D.N. Schramm and M. Turner: Big bang nucleosynthesis enters the precision era. Rev. Mod.

Phys. 70, 303 (1998)

S. Sarkar, Measuring the baryon content of the universe: BBN vs CMB astro-ph/0205116

K. Hagiwara et al. : Big Bang Nucleosynthesis. Phys. Rev. D66, 010001-1 (2002) G. Steigman : Primordial Nucleosynthesis. astro-ph/0308511

B.D. Fields, K.A. Olive, Astrophys. J. 506, 177 (1998) D.S. Balser et al. Nature 415, 54 (2002)

B.D. Fields et al., Astrophys. J. 563, 653 (2002) S.G. Ryan et al., Astrophys. J. 530, L57 (2000)

S.G. Ryan, J.E. Norris, T.C. Beers, Astrophys. J. 523, 654 (1999).

C. Charbonnel, F. Primas: The Lithium Content of the Galactic Halo Stars http://arxiv.org/abs/astro-ph/0505247

The Big Bang Nucleosynthesesis Homepage

http://www.physics.ohio-state.edu/~phillips/bang/bang.html

Einstein online: Big Bang Nucleosynthesis. http://www.einstein- online.info/en/spotlights/BBN_obs/index/html

7.5. Aufgaben.

7.5.1 Berechne, wie groß die mittlere kinetische Energie bzw. die Temperatur im Moment der ersten Sekunde nach dem „Big Bang“ war. Benutze dazu nur die Temperatur der Hintergrundstrahlung von T0 =2,725 Kund vernachlässige andere Effekte außer der Strahlung (s. Gl. 2.8 und 2.20).

7.5.2 Wie groß war das Neutron zu Proton-Verhältnis nach der ersten Sekunde?

(12)

7.5.3 Bestimme die freie Weglänge des Lichts zur Zeit der Rekombination bei z = 1089 mit dem Ionisationsgrad x = 0,1 und der optischen Tiefe τ = 0,09. Achtung: Du brauchst dazu ρb = ρch2b(z + 1)3 und den Thomson-Streuquerschnitt für Elektronen

29 2

10 65 ,

6 m

e = ⋅ −

σ .

(13)

8. Schwierigkeiten des Standardmodells und das inflationäre Paradigma

.

8.1. Die Probleme des Standardmodells

Das Standardmodell der Kosmologie, in der englischen Literatur auch „Standard Big Bang“

(SBB) oder „lambda cold dark matter model“ (ΛCDM ) genannt, geht von sehr wenigen Voraussetzungen aus. Es sind 3 Säulen, auf welchen das Modell ruht: 1. Das kosmologische Prinzip, d.h. es gilt Isotropie und Homogenität des Kosmos. 2. Gültigkeit der allgemeinen Relativitätstheorie, ausgedrückt durch die Einsteinschen Gleichungen (oder entsprechend die Friedmann-Gleichungen). 3. Die Materie verhält sich wie eine ideale Flüssigkeit.

Das unter diesen Voraussetzungen gebildete Modell ist außerordentlich einfach. Es beschreibt die Entwicklung des Kosmos durch einen einzigen Parameter a(t). Die Materiedichte verhält sich dabei wie a-3, die Energiedichte der Strahlung wie a-4 und eine etwaige Raumkrümmung wie a-2. Die Temperatur der Strahlung nimmt mit der Vergangenheit wie T ∝1/a zu. Wenn Strahlungs- und Materiedichte sowie Raumkrümmung zum heutigen Zeitpunkt bekannt sind, lässt sich der Zustand der kosmischen Entwicklung für jeden früheren Zeitpunkt angeben.

Dieses klassische Modell wird durch 3 fundamentale Beobachtungsergebnisse gestützt, die es qualitativ und quantitativ erklärt: nämlich 1) durch die Hubble-Expansion, 2) die Mikrowellen-Hintergrundstrahlung und 3) durch die Häufigkeit der leichten Elemente. Damit kann die Entwicklung des Kosmos von der ersten Sekunde bis heute, d.h. nach 4,4⋅1017 Sekunden, über 17 Größenordnungen in der Zeit korrekt beschrieben werden.

Allerdings gibt es im Rahmen des Modells auch eine Reihe nicht beantwortbarer Fragen, die wir hier aufzählen und auf welche wir in den folgenden Abschnitten näher eingehen wollen.

1. Das Horizont-Problem: Nach dem Standardmodell müsste der beobachtbare Kosmos heute aus vielen Bereichen bestehen, die kausal nicht miteinander verbunden sind.

Stattdessen ist er homogen und isotrop in allen seinen Teilen.

2. Das „Flatness-Problem“: Warum folgt der Kosmos dem unwahrscheinlichsten Fall κ=0, also warum ist die Geometrie euklidisch?

3. Der sehr heiße Anfang des Kosmos sollte auch zur Entstehung massiver exotischer Teilchen beigetragen haben, die aber bisher nicht beobachtet wurden.

4. Es gibt keinen kausalen Prozess, der die „Keime“ der Anisotropien erklären kann, welche notwendig sind, um die Anisotropien der Hintergrundstrahlung und die heutigen Strukturen des Kosmos zu verstehen.

5. Das Standardmodell hat bei t = 0 eine nicht behebbare Singularität. Offensichtlich versagt die Allgemeine Relativitätstheorie als klassische Theorie bei sehr frühen Zeiten (Planckzeit).

6. Auf ein Baryon kommen mehr als 109 Photonen. Warum gibt es keine Antimaterie im Kosmos?

7. Woraus besteht die dunkle Materie?

8. Woher kommt die dunkle Energie (Λ≠0)?

8.2. Das Horizontproblem

Das Horizont-Problem des Standardmodells ergibt sich wie folgt. Wenn wir die Zeit rückwärts laufen lassen bis in die Epoche des von Strahlung dominierten Kosmos, dann

(14)

schrumpft der Teilchenhorizont mit

d

H

= 2 ct

rascher als der Skalenparameter

a ( ) tt

12 (s.

Gl. 3.35 und Fig. 8.1). Am Ende zerfällt der frühe Kosmos in Bereiche, die nicht mehr kausal miteinander verbunden sein können, weil die Zeit, die seit dem „Urknall“ vergangen ist, zu kurz war, um alle Gebiete, die wir heute beobachten, durch Wechselwirkungen, welche sich höchstens mit Lichtgeschwindigkeit ausbreiten können, zu verbinden (s. dazu Fig. 8.2). Aus Betrachtungen der Entropie kann man abschätzen, dass die Zahl der nicht zusammenhängenden Bereiche in der Größenordnung 103 liegt. Damit bleibt die hohe Isotropie und Homogenität des CMB ungeklärt.

Zeit / tH

Skalenparameter

Fig. 8.1. Zur Veranschaulichung des Horizont-Problems: Die Expansion des Horizonts verläuft mit Lichtgeschwindigkeit (grün) und ist langsamer als die Expansion des Skalenparameters (rot)

Fig. 8.2. Die Konsequenz von Fig. 8.1.: Wir beobachten heute (d.h. bei A) kosmische Mikrowellenstrahlung (CMB), die aus ganz verschiedenen Regionen des Kosmos kommt, ohne dass sich Unterschiede (bis auf Anisotropien <10-4) feststellen lassen. Nach der Figur war die Zeit, die seit dem Beginn vergangen ist, zu kurz zum Austausch von Lichtsignalen zwischen B und C.

(15)

8.3. Das Problem der „Flachheit“.

Wenn Ω dicht bei 1 liegt, dann können wir die Friedmanngleichung (s. Gl. 5.2 und 5.14) dazu benutzen, das Verhalten des Ausdrucks Ω−1 als Funktion der Zeit zu beschreiben. Ω−1 ist proportional zum Krümmungsterm

( )

22

2

0

1

R

H Ω − = − κ c

(8.1)

Wir können Ω durch die Energiedichte

ε

ausdrücken π ε

=

Ω 2 2

3 0

8 H c

G (8.2)

Division durch H02 und Ω ergibt

ε π

− κ Ω =

− Ω

G c R 8

3

1 4

2 (8.3)

Nehmen wir noch die Abhängigkeit vom Skalenparameter R2a2und ε∝a4, dann wird 1 2

a C⋅ Ω =

Ω (8.4)

und nimmt proportional zu a2 ab, wenn wir die Zeit zurück laufen lassen. Heute ist etwa

Ω−1/Ω0 ≅±0,01,

Man kann leicht ausrechnen, welches enorme „Finetuning“ in frühen Zeiten des Kosmos notwendig wäre, um die heutige Euklidizität zu garantieren. Die Anfangsbedingungen müssten unvorstellbar genau eingestellt sein, damit daraus die geringen gegenwärtigen Abweichung vom euklidischen Raum (κ =0, Ω=1) resultieren, eine sehr unbefriedigende Situation (s. dazu Aufg. 8.10.1).

8.4. Entropie und Strahlung

Wir hatten mit Gl. 6.16 festgestellt, dass die Entropiedichte proportional zur Photonendichte ist. Nach der Abkopplung des Strahlungsfelds bleibt die Zahl der Zahl der Photonen konstant und nach (6.11) gleich nγ =4,2⋅108V. Damit bleibt auch die Entropie im Wesentlichen konstant. Die Entropiedichte der Photonen ist nach Gl. 6.16

kB

sγ =1,5⋅109

Schätzt man das gegenwärtige Volumen mit dem Radius des Horizonts zu V ≈1078m3 ab, so erhält man für die gesamte Entropie der Strahlung

(16)

kB

Sγ ≈1087

Die Neutrinos ergeben etwa den gleichen Betrag. Für die Abschätzung wurde der Faktor vor der Zehnerpotenz weggelassen. An der Konstanz der Entropie ändert die Strahlung der astronomischen Objekte nur wenig. Das bedeutet aber, dass der größte Teil der Entropie schon bei Beginn des Kosmos (beim Urknall) entstanden sein muss.

Ein anderes Problem ergibt sich aus dem Verhältnis der Baryonenzahl zur Zahl der Photonen 10 10

1 , 6 ⋅

η= . Es bedeutet, dass auf ein Baryon 1,6⋅109 Photonen kommen. Geht man davon aus, dass bei genügend hoher Temperatur Gleichgewicht zwischen Materie und Antimaterie herrschte, dann muss sich beim Abkühlen das Gleichgewicht um η zugunsten der Materie verschoben haben. Das bedeutet, es hat eine winzige Symmetriebrechung gegeben, der wir

Fig. 8.3. Verlauf der Wechselwirkungsparameter für elektromagnetische WW (α1), schwache 2) und starke WW (α3) bei hohen Energien (obere Skala in Einheiten der Planckenergie). Die drei Wechselwirkungen konvergieren bei ca. 1016 GeV. Ein Schnitt mit der Gravitation (αG) ist nur in supersymmetrischen Theorien möglich und ist hier weggelassen.

das Überleben der Materie und damit unsere Existenz verdanken. Diese Überlegung hat zuerst Andrej Sacharow angestellt. Ob die Symmetriebrechung bereits in den bekannten Wechselwirkungen enthalten ist (z.B. in der schwachen Wechselwirkung) oder ob sie durch eine Abweichung vom thermischen Gleichgewicht bei der Expansion und Abkühlung auftrat, ist bis heute nicht geklärt.

8.5. Eine inflationäre Expansion würde viele Rätsel lösen.

Die Idee der kosmischen Inflation stammt ursprünglich von Alan Guth, der Ende der siebziger Jahre als „Postdoctorial Fellow“ an der Cornell Universität arbeitete. Er beschäftigte sich als theoretischer Physiker damals mit den „Grand Unified Theories“ (GUTs). Die drei Wechselwirkungen, welche in der Teilchenphysik eine Rolle spielen, sind die elektromagnetische Wechselwirkung mit der Symmetriegruppe U(1), die schwache

(17)

Wechselwirkung mit der Symmetriegruppe SU(2) und die starke Wechselwirkung, Symmetriegruppe SU(3). Sie unterscheiden sich nicht nur in ihrer Stärke und in ihren Reichweiten, sondern eben auch in der Symmetrie ihrer inneren Freiheitsgrade, wie z.B. Spin, Isospin, Flavor, etc. Diese Symmetrien werden Eichsymmetrien genannt. Man suchte nun nach einer umfassenden Symmetriegruppe, U(1) × SU(2) × SU(3). Eine höhere Symmetrie müsste bei Teilchenenergien auftreten, bei welchen die Extrapolation der gemessenen Wechselwirkungsparameter zu einem Wert hin konvergiert (s. Fig. 8.2). Bei diesen Energien, wie sie möglicherweise unmittelbar nach dem Urknall herrschten, gab es dann nur noch eine umfassende Wechselwirkung („grand unification“). Die uns bekannten Wechselwirkungen wären beim Abkühlen durch Brechung der Eichsymmetrien „auskondensiert“. Dazu muss man sagen, dass heute eine experimentelle Absicherung nur bis zu einigen 100 GeV existiert, also weit links in der Skala von Fig. 8.3. Der dann folgende Bereich bis zu 1016 GeV heißt im Jargon der Hochenergiephysiker die „Wüste“, eben wegen der fehlenden Experimente, aber auch weil man nichts grundsätzlich Neues erwartet. Man ist weitgehend überzeugt davon, dass in diesem Bereich eigentlich keine neue Physik zu erwarten ist, d.h. eichinvariante Quantenfeldtheorien sollten bei allen Energien richtig sein, bei welchen die Wechselwirkung mit der Gravitation noch keine Rolle spielt (E < 1018 GeV). Darüber hinaus allerdings erwartet man eine neue Physik, welche wahrscheinlich eine Quantentheorie der Gravitation erfordert. Eben wegen der fehlenden experimentellen Absicherung haben die Modelle, um die es hier geht, einen wesentlich größeren spekulativen Anteil, als die Physik des Standardmodells, die bis einschließlich Kap. 7 behandelt wurde.

In den Theorien, welche Alan Guth untersuchte, waren Symmetriebrechungen mit Phasenumwandlungen verbunden (Beispiel einer bekannten Phasenumwandlung ist der Übergang flüssig - gasförmig). Beim Abkühlen entsteht eine „Tieftemperaturphase“, welche den Raum in Domänen aufteilt. An den Bereichsgrenzen ändert sich der Ordnungsparameter ziemlich abrupt. Nach den „grand unified theories“ (GUTs) sind die Felder dort stark gestört.

A. Guth untersuchte null-dimensionale Störungen, sogenannte magnetische Monopole, die als massive Teilchen auftreten sollten. Da aber (bis jetzt) offensichtlich keine magnetischen Monopole beobachtet werden, muss es einen Mechanismus geben, der ihr Auftreten sehr unwahrscheinlich macht. Das könnte eine Phase exponentieller Expansion a

( )

t ∝expαt gewesen sein, welche die Konzentration der magnetischen Monopole so stark verdünnte, dass sie praktisch unbeobachtbar wurden. Hierzu wäre es notwendig, dass

Ω

Λ

≈ 1

, d.h. die

„dunkle Energie“ der bei weitem dominierende Beitrag ist. Aus Gl. 5.11 wird dann

Λ

Λ − ≈ Ω

Ω

⎟ =

⎜ ⎞

2

2 0 0 2 2

0 2

R H H a

a

a& κ

(8.5)

( )

t

a wird so stark anwachsen, dass der Krümmungsterm rechts bald vernachlässigt werden kann. Die Lösung, die de Sitter schon angegeben hat, lässt sich bei nur wenig veränderlicher Funktion H(t) schreiben

( )

exp

( )

1exp ( 2 1)

2

1

1 H t t

H dt a t H a

t a

t

t

=

(8.6)

mit

εΛ

= π2

2

3 8

c

H G (8.7)

(s. dazu Gl. 5.8). Wenn man davon ausgeht, dass die Entropie am Anfang sehr klein und von der Größenordnung kB gewesen ist, dann muss die Zunahme des

(18)

Volumens

V

f

V

i

≈ 10

87gewesen sein, und damit sollte die Zunahme des Skalenparameters wenigstens

a

f

a

i

≈ 10

29

= e

66,7 betragen.

Fig. 8.4. Beginn: positive Krümmung mit endlischem Krümmungsradius. Bei exponentieller Expansion nimmt der Krümmungsradius rasch zu. Am Ende ist der Krümmungsradius über alle Maßen gewachsen, so dass ein euklidischer Raum entstanden ist.

Bei geeigneten Annahmen von

ε

Λ schafft ein solcher Ansatz eine genügend starke

„Verdünnung“ der Reliktmonopole und löst das Horizontproblem, weil sich der Raum rascher ausbreitet, als Lichtsignale, so dass der heute dem Beobachter zugängliche Raum kausal zusammenhängend ist. Schließlich geht die Raumkrümmung in Gl. 8.3 und 8.5 gegen Null. Der Raum wird euklidisch, ohne dass spezielle Anfangsbedingungen erforderlich sind (s. Fig. 8.3). Der Beginn der Inflation kann aus E1 < 1016 GeV abgeschätzt werden, was auf eine Zeit t1 > 10-38 s führt. Der heute beobachtbare Kosmos war zu dieser Zeit so klein, dass ervon Quantenfluktuationen des Materiefelds beherrscht wurde. Sie könnten die Ursache für die „Keime“ der An isotropie sein. Damit könnte eine inflationäre (oder beschleunigte) Expansion die ersten 4 Punkte unserer Aufzählung am Anfang des Kapitels mühelos erklären.

Woher aber sollte im frühen Kosmos ein zeitweise konstantes (oder höchstens schwach veränderliches) εΛkommen?

8.6. Skalares Feld und Symmetriebrechung.

Ein Urfeld, welches die Inflation in Gang gesetzt hat, genannt Inflaton-Feld, sollte unabhängig vom Skalenfaktor a(t) sein wie die dunkle Energie. Dazu gibt es sehr viele Modelle. Am einfachsten geht man von einem skalaren Feld aus. Auch das Higgs-Feld der Teilchenphysik, dessen Wechselwirkung mit den Teilchenfeldern die Teilchenmassen erzeugen soll, ist ein skalares Feld. Es könnte auch bei Vereinigung der 3 Wechselwirkungen bei 1016 GeV eine Rolle gespielt haben. Skalare Felder haben den Vorteil besonders einfach zu sein. Wir setzen c = 1 und schreiben die Lagrange-Dichte des skalaren Feldes zunächst im Minkowski-Raum wie folgt

( )

φ

− φ

∂ φ

∂ η

= μν μ ν V L 2

1 (8.8)

(19)

mit ημν = (1 -1 -1 -1). Der Variationsansatz

=

δ LdVdt 0 (8.9)

führt auf die Euler-Lagrange-Gleichung

( )

=0

⎜⎜

φ

− ∂ φ

μ μ

L dx

d

L (8.10)

woraus man

=0

∂ +∂ Δ

− φ φ

φ&& V (8.11)

erhält. Für das Potential V kann man verschiedene Ansätze machen. Der einfachste Ansatz ist

( )

2 2

2 φ

φ m

V = (8.12)

Man erhält so aus Gl. 8.11 die Klein-Gordon-Gleichung

2 =0 + Δ

− φ φ

φ&& m (8.13)

oder in Fourier transformierter Form

0 )

(E2pr2m2 φ = (8.13a)

Das Teilchen (Inflaton), welches durch das skalare Feld beschrieben wird, hat die Masse m und es gilt aus (8.13a) weiterhin der relativistische Energiesatz

2 2

2 p m

E − r = ′

wobei pr2 = p12 + p22 + p32 bedeutet undm2 =m2h2. Fordert man Homogenität, wirdΔφ=0. Will man Phasenumwandlungen beschreiben, sollte das Potential auch Potenzen höherer Ordnung in φ enthalten (i. a. 4. Ordnung). Ein Beispiel ist das so genannte Higgs-Potential

( ) (

2 2

)

2

2

1 λφ

φ =− λ m

V (8.14)

mit m2 <0 und λ<0. Das Potential (s. Fig. 8.5) hat bei φ=0ein Maximum

( )

φ λ 0 2

m4

V = =− (8.15)

und 2 Minima bei

φ±mλ2 (8.16)

mit

(20)

( )

φ± =0

V (8.17)

Das Potential ist spiegelsymmetrisch. Wird dagegen durch eine Störung ein bestimmtes Minimum ausgewählt worden (z.B. φ+ =υ+ς), ist die Symmetrie gebrochen.

Fig. 8.5. Verlauf des Potentials von Gl. 8.18

Wir sehen nun, wie ein εΛ zustande kommen könnte. Wenn das Materiefeld ein Potential wie in Fig. 8.5 besitzt, dann kann es vor einem Phasenübergang einen metastabilen Zustand bei

=0

φ einnehmen. Damit gäbe es ein zeitweise konstantes εΛ. Nur muss εΛ auch wieder schnell genug abklingen, denn die inflationäre Expansion soll nur kurze Zeit andauern („the graceful exit problem“).

Für ein skalares Feld im frühen Kosmos müssen wir Gl. 8.8 allerdings statt in Minkowski- Metrik ημν = (1,-1-1-1) in der Robertson-Walker-Metrik mit den entsprechenden gμν aufschreiben. Wir schreiben die Lagrange-Dichte mit 2 2

2 ) 1

m φ

V = wie folgt )]

( 2[

1 gμν μφ νφ V φ

L= ∂ ∂ − (8.18)

mit der Euler-Lagrange-Gleichung

(

)

+ =0

μ g gμν νφ g Vφ (8.19) Hier ist g=Detgμν . Nach Einsetzen von gμν und Differenzieren erhält man

als Bewegungsgleichung des Feldes eine modifizierte Klein-Gordon-Gleichung (s. dazu 3.

Aufgabe am Schluss des Kapitels)

0

3 2 2 3

3 =

∂ + ∂

+ φ φ φ

φ a a a a V

a && &&

oder

0

3 2 2 =

∂ +∂

+

φ φ φ

φ a V

a a& &

&& (8.20)

(21)

wobei wir das Glied mit∇2 weglassen werden als Folge der Homogenität und wegen des Anwachsens von a2im Nenner. Setzt man jetzt z.B. das Potential Gl. 8.12 ein, so erhält man die Gleichung einer gedämpften Schwingung

0

3 + 2 =

+ φ φ

φ&& H& m (8.21)

Die Schwingung des Feldes wird durch die Expansion des Raumes gedämpft. Wir sehen, dass in der Robertson-Walker-Metrik das skalare Feld von selbst an den expandierenden Raum koppelt. Man spricht von minimaler Kopplung, die nur über die Metrik abläuft. Wenn die Dämpfung durch H groß genug ist, bewegt sich das System im aperiodischen Grenzfall, was im Jargon der inflationären Kosmologie eben als „slow roll down“ bezeichnet wird. Die zweite Ableitung kann dann vernachlässigt werden. Das skalare Feld ist genügend „langsam veränderlich“. Danach bleibt nach Wiedereinsetzen von

φ

=∂

φ V

m2 folgende Gleichung übrig

φ φ

−∂

= V

H&

3 (8.22)

Um an die Gleichungen 8.5 – 8.7 anschließen zu können, benötigen wir noch einen Ausdruck, der anstelle der klassischen Dichte steht. Mit dem Energie-Impulstensor Tμν ist es möglich, die entsprechenden Ausdrücke zu finden. Die Feldtheorie bietet zur Berechnung von Tμν aus der Lagrangedichte des Feldes ein Standardverfahren an

( )

⎥⎦

⎢⎣⎡ ∂ ∂ +

= μφ νφ μν αβ αφ βφ φ

μν g g V

T 2

1 (8.23)

Bei Vernachlässigung der Gradientenglieder (Homogenität) und mit c =1 erhält man hieraus

( )

φ φ V p= 2

2

1 & (8.24)

und

( )

φ

φ ε = 2+V

2

1 & (8.25)

Mit der „slow roll condition“ φ V

( )

φ c2 2 <<

2

1 & erhält man außerdem aus Gl. 8.24 und 8.25

wieder

ε

=

p (5.7) Wir suchen zunächst den Zusammenhang von Skalenparameter a und Feld φ. Dazu schreiben wir die Friedmann-Gleichung auf, wobei wir annehmen wollen, dass sich die Energiedichte des skalaren Feldes wie der Λ-Term verhält und der Krümmungsterm sowie etwaige Volumen abhängige Felder während der inflationären Epoche schnell genug verschwinden (s. 2.8 und 2.9)

⎟⎟⎠

⎜⎜ ⎞

⎛ +

⎟⎟=

⎜⎜ ⎞

⎛ +

= V

V M c

H G

P 2

3 1 2

3

8 2

2 2

2

2 π φ& φ&

(8.26)

(22)

Hier ist 0,4341 10 kg 8 8

8

-

=

= π π

P P

M G

M hc die reduzierte Planckmasse.

Bezeichnung Definition Größe

Plancklänge

c3

lP = hG 1.616 252(81) × 10−35 m Planckzeit

c5

tP = hG 5.391 24(27) × 10−44 s Planckmasse

G

MP = hc 2.176 44(11) × 10−8 kg

Tab. 8.1. Die Planckgrößen

Mit der „slow roll condition“ erhalten wir außerdem aus (8.26)

( )

⎟⎟

⎜⎜ ⎞

= ⎛

2 2 2 2

2

2 3

1 3

8π φ m φ

V M c H G

P

(8.26a) und

( )

MP

V m c H G

3 6

8 12 12

2

φ φ

π &

⎟ =

⎜ ⎞

≈⎛ (8.26b)

Aus Gl. 8.26a ergibt sich durch Differenzieren nach der Zeit φ

φ&

& 2 2

3

2 1 m

H M H

P

= (8.27)

Danach dividieren wir durch 3Hφ&=−m2φ (s. Gl. 8.22)

φ 2 2φ&

1 MP

H =−

∂ (8.28)

integrieren über φ und schreiben links die Hubblefunktion aus φ

φ &

2 2

ln 1

MP

t a=−

∂ (8.29)

Nach Integration über die Zeit erhalten wir schließlich )]

( 2 [

exp 1 )

( 2 02 2 t

a M t a

P

i φ −φ

= (8.30)

(23)

wobei wir für V(φ) das einfache quadratische Potential der Gl. 8.12. Es ist das Potential von Andrej Lindes „chaotischer Inflation“. Aus Gl. 8.22 und 8.26b lässt sichφ& eliminieren

MP

3m

− 2

φ&= (8.31)

was integriert nach der Zeit

t mMP

= 3

2 φ0

φ (8.32)

ergibt. Nach Andrej Linde startet das Feld bei etwa φ0 ≈106(in Planck-Einheiten). Dann sollte m≈3⋅106 sein, damit die Fluktuationen der CMB die richtige Größe bekommen. Die inflationäre Expansion klingt ab, wenn der Exponent von Gl. 8.30 kleiner als eins wird also etwa nach t≤4⋅1011tP (mit der Planckzeit tP =0,538⋅1043s) d.h. die Inflation endet nach etwa 2⋅1032 s.

Vergleich von Gl. 8.30 und 8.26a liefert den Zusammenhang t

H a t

a( )= iexp Δ (8.33)

Nach jeweils einer Hubble-Zeit Δt=H1 vergrößern sich die Längenmaße um den Faktor e = 2,718. Die Zahl der e-Entfaltungen während der inflationären Periode ist

( )

4

8 ln 1

2 2 2

i P i

f P f

ii tf

i ti f

d M V

V d M

dt H t a H

N a φ φ π φ

φ

φ φ φ

φ

′ =

=

=

=

∫ ∫

&

(8.34)

Der letzte Ausdruck rechts ergibt sich aus der Division von Gl. 8.26a durch 8.22. Der Wert von N hängt wesentlich von der Wahl des Potentials V ab. Mit dem quadratischen Potential Gl. 8.12 wird N =8πφ20 4≈2π⋅1012. In anderen Modellen wird N mit mindestens 60 angesetzt, um das Horizontproblem zu lösen.

Zur Geschichte des inflationären Paradigmas ist Folgendes anzumerken. Alan Guth, von dem die Idee ursprünglich stammte, untersuchte zunächst Phasenübergänge 1. Ordnung mit einem Potential wie in Fig. 8.4. Die Bereiche, die Inflation zeigen, verhalten sich ähnlich wie Gasblasen in einer siedenden Flüssigkeit. Aber die Blasen können kollidieren und expandieren überhaupt zu stark. Um das zu vermeiden, ist eine Feinabstimmung notwendig, welche das Modell gerade beseitigen wollte. 1982 wurde von Steinhardt und Albrecht ein Modell mit einem Phasenübergang 2. Ordnung vorgeschlagen. Fig. 8.6 zeigt das Potential.

Wenn die Temperatur unter eine kritische Temperatur Tc sinkt, kann das skalare Feld in das neue Minimum abrollen (neue Inflation). Das heute bevorzugte Modell hat den Namen

„chaotische Inflation“ erhalten und stammt von Andrej Linde. Es enthält keine Phasenumwandlung. In diesem Modell werden nur minimale Annahmen gemacht, insbesondere versucht Linde ohne explizite Anfangsbedingungen auszukommen. Nach Linde muss die Amplitude des Feldes zu Beginn der Inflation etwa 106 Planck-Einheiten sein (s.oben), was sehr hoch erscheint, aber die Masse wird mit m≈106MPangesetzt, so dass die Energiedichte nicht größer als 1 Planckeinheit beträgt.

(24)

8.6. Die Freie Energie eines Phasenübergangs 2. Ordnung enthält ein effektives Potential, das von der Temperatur abhängig ist.

Bei der Expansion erfolgt Abkühlung. Beim Übergang in das Minimum, bzw. in das wahre Vakuum, wird potentielle Energie in Feld-Energie umgesetzt. Das Feld bleibt in einem hoch angeregten Zustand zurück und erzeugt Teilchen. Dabei entsteht eine Abkühlung. Die Wechselwirkungen der Teilchen, die möglicherweise in andere zerfallen, erzeugen eine kinetische Energiedichte (d.h. Wiederaufheizung), der eine negative potentielle Energiedichte aus der Gravitation entgegensteht. Bei euklidischer Geometrie kompensieren sich beide gerade.

Zusammenfassend können wir feststellen: Die inflationäre Expansion behebt viele der oben genannten Schwierigkeiten. Sie verlangt eine Epoche beschleunigter Expansion, a&&>0, die von der potentielle Feldenergie angetrieben wird. Weiterhin müssen die „Bedingungen des langsamen Abrollens“ erfüllt sein. Das bedeutet

2 >0 +

=H H a

a&& & (8.31)

Die spezielle Gestalt des Potentials V

( )

φ und die der Feldfunktion φ sind dabei von geringerer Bedeutung. Das drückt sich im Attraktor-Verhalten von H(t) aus und bedeutet Folgendes: Wenn es beim Abrollen des skalaren Feldes eine inflationäre Lösung gibt, dann nähern sich alle linearen Störungen dieser Lösung an und zwar mindestens exponentiell (s.

dazu A.R. Liddle & D.H. Lyth: Cosmological Inflation and Large Structure, Cambridge University Press 2000). Nach erfolgtem Abrollen endet die Inflation und geht in die Expansion des Standardmodells über. Diese Prozesse wurden für das quadratische Potential näher untersucht. Es besteht die Hoffnung, dass sich in Zukunft, wenn die Ergebnisse des europäischen Planck-Satelliten vorliegen und bei besserer Kenntnis des Fluktuationsspektrums viele Modelle für V(φ)ausschließen lassen. Das beobachtete Fluktuationsspektrum des CMB unterstützt bis jetzt eher möglichst einfache Modelle.

8.7. Quantenfluktuationen.

Man erinnere sich, dass der Ereignishorizont der geometrische Ort alles Punkte ist, von welchen ein Lichtsignal den Beobachter nicht mehr in endlicher Zeit erreicht. Bei exponentieller Expansion ist der Abstand zum Ereignishorizont (in mitbewegten Koordinaten

(25)

s. Gl. 3.37) endlich und während der Inflation bei schwach veränderlichem H(t) fast stationär

=

=

( )

t t

EH H t

dt c t H t c

a dt r c

) exp (

)

( (t →0) (8.32)

Der Ereignishorizont bildet eine absolute Begrenzung für die Moden kS =2π λS des Felds, d.h.

H

c

λmax . Die Unschärfebeziehung besagt in diesem Fall

c k H

p= Δ = ⋅2π

Δ h h (8.33)

Es ist deshalb sinnvoll, nach Fluktuationen ΔE = δφ =h Δt=h⋅H in der Hintergrundstrahlung zu suchen, die als Quantenfluktuationen beginnen, nach Überqueren des Horizonts stehen geblieben sind und später zu klassischen Störungen anwuchsen. Ihre räumliche Ausdehnung bekommt durch die Inflation makroskopische Größenordnungen. Sie bilden die Keime für die Entstehung von Anisotropien in der CMB und für inhomogene Massenverteilungen und später gebildete Strukturen wie Galaxiencluster.

8.8. Zusammenfassung

Eine Reihe von Problemen können nicht im Rahmen des Standardmodells gelöst werden. Sie können aber durch Annahme einer sehr frühen inflationären Epoche, während dessen

0 ) (t >

a&& , befriedigend erklärt werden. Dazu gehören 1) das Horizontproblem, 2) das

Flachheitsproblem, das Entropieproblem. 3) Das Fehlen exotischer Teilchen. 4) Die Anisotropien der Hintergrundstrahlung. Die inflationäre, exponentielle Expansion um einen Faktor größer als exp(60)wird durch die Energie eines „Urfelds“ (auch Inflaton-Feld genannt) ausgelöst. Die Energie hält sich während der inflationären Epoche auf einem nahezu konstanten Wert, muss danach aber genügend schnell wieder abklingen. Zu 6): zwischen Materie und Antimaterie muss es eine geringfügige Asymmetrie gegeben haben (ca. 1:109), die durch Inflation nicht zu erklären ist. Das Modell gibt auch auf 5) , 6), 7) und 8) keine Antwort. Die Keime für die Strukturbildung werden durch Quantenfluktuationen des Inflaton- Feldes gebildet, die durch die Inflation zu makroskopischer Größe aufgebläht werden. Die Singularität bei t = 0 kann nur im Rahmen der Quantengravitation behoben werden, die in inflationären Modellen meist nicht diskutiert wird. Das bedeutet, dass man außerhalb der Planckgrößen bleibt.

8.9. Literatur

E.W. Kolb, The inflationary decade. Phys. Rept. 227 (1993) 2

Andrei Linde: Elementarteilchen und inflationärer Kosmos. Spektrum. Akademischer Verl.

1993

Gary Scott Watson: An Exposition on Inflationary Cosmology . astro-ph/0005003. http://nedwww.jpac.caltech.edu/level5/Watson

(26)

Andrew R. Liddle, David Lyth: Cosmological Inflation and Large-Scale Structure. Cambridge Univ. Press 2000

Gerhard Börner; The Early Universe. 3rd Edition. Springerverl. 2003

Robert H. Brandenberger, Principles, Progress and Problems in Inflationary Cosmology.

ArXiv: astro-ph/0208103

Andrei Linde, Inflation and String Cosmology. http://xxx.uni-augsburg.de/abs/hep- th/0503195

8.10. Übungen

1) Die relative Abweichung vom euklidischen Raum kann durch eine Umformung des Krümmungsterms wie folgt beschrieben werden (s. 8.4)

1 2

a C⋅ Ω =

− Ω

Nimm an dass in der Gegenwart die Abweichung kleiner als 2% ist: Ω−1/Ω0 < 0,02. Wie präzise müsste das „fine tuning“ 1 Sekunde nach dem Urknall sein?

2) Zeige, dass die Gleichung (in Minkowski-Metrik)

=0

∂ +∂ Δ

− φ φ

φ&& V mit

) 2

m2φ2

V =

den relativistischen Energiesatz erfüllt (Klein-Gordon-Gl.).

3) Wir untersuchen die Euler-Lagrange-Gleichung des skalaren Feldes in der Robertson- Walker-Metrik

( )

0

1 =

∂ +∂

− ∂μ g gμν νφ Vφ g

Zeige, dass daraus folgende Gleichung wird (c = 1) 0

2 3

2 =

∂ +∂ +

φ φ φ

φ V

a

a a& &

&&

Was versteht man unter der „slow roll down“- Näherung? Hilfe: Es ist leichter, wenn du statt der Kugelkoordinaten karthesische verwendest und die Ableitung für den euklidischen Fall damit durchziehst. Verwende also mit(κ =0)

) 4(

1 2 2 2

2 2 2 2 2 2

z y x

dz dy a dx

dt ds

+ + +

+

− +

= κ :

(27)

9. Fluktuationen der Mikrowellenstrahlung (CMB)

9.1. Das Fluktuationsspektrum, eine Fundgrube für Kosmologen.

Die Anisotropien der Mikrowellenstrahlung (CMB), wie sie vom COBE-Satelliten in der Größe von ΔT/T <104gemessen wurden, zeigt die untere Fig. 6.3. Diese Resultate wurden von der Fachwelt zunächst mit Skepsis aufgenommen. Das COBE-Team machte aber die Daten allgemein zugänglich, ebenso wie die Methoden der Datenauswertung. So wich die Skepsis bald großer Begeisterung, denn sowohl die Existenz als auch die Größenordnung der Fluktuationen passten sehr gut in das Bild eines inflationären Kosmos. Die Fluktuationen im Plasma des frühen Kosmos sind keine Schwankungen um Mittelwerte der Gleichgewichts- Thermodynamik. Diese wären viel zu klein. Stattdessen stammen die Anisotropien von Quantenfluktuationen, die am Beginn der inflationären Phase winzig klein waren und zu Störungen der Metrik führten, die während der Inflation zu makroskopischer Größe aufgebläht wurden (s. Gl. 8.33). Sie blieben nach dem Überqueren des Horizonts während der inflationären Epoche (in mitbewegten Koordinaten) stehen. Die Störungen der Metrik führten ihrerseits nach dem Ende der Inflation zu Dichte- bzw. Temperatur-Inhomogenitäten im Plasma. Nach der Entkopplung von der Materie enthält das Strahlungsfeld diese Störungen auch heute noch in gleicher Struktur.

Bei den Messungen werden die Temperaturen punktweise über einen Ausschnitt des Himmels oder, wenn möglich, über den ganzen Himmel verteilt registriert und auf diese Weise Zweipunkt-Korrelationsfunktionen gebildet. In den Projekten nach COBE wurden Abweichungen vom Mittelwert der Temperatur mit einer Genauigkeit von

10 6

/ ≈

Δ

=

Θ T T gemessenen. Die Anisotropien liegen im Bereich von 50 µK. Ihre Größe und Verteilung wird einer Zerlegung nach Kugelflächenfunktionen unterworfen. Die Messwerte einer Temperaturdifferenz mit den Koordinaten ϑ,ϕ werden in einen transformierten Wert umgeformt

) , ( )

, ( ) , (

,

,

, ϑ ϕ

ϕ ϑ ϕ

ϑ =Θ =

Δ

m l

m l T

m l Y T a

T (9.1)

und die Rücktransformation

( )

ϑϕ ϑ ϑ ϕ

ϕ ϑ

ϑϕ

d d Y

aTl,m =

∫∫

Θ( , )lm , sin ⋅ ⋅ (9.2) Hier sind die

Y

lm die Kugelflächenfunktionen. Zusätzlich wird noch eine Fensterfunktion berücksichtigt, welche die Strahlauflösung beschreibt, die wir hier zur besseren Übersichtlichkeit weggelassen haben. Zum Vergleich mit Modellen dient das Leistungsspektrum. Dazu bildet man die Korrelationsfunktion (unter der Voraussetzung, dass der Raum isotrop ist)

) 4 (cos

) 1 ( ˆ )

( ˆ )

( 2

21 2

1 θ

θ = π

Δ = Δ

l l l P C C

T n n T T

T (9.3)

Hier bedeuten nˆ1, nˆ2 Einheitsvektoren, welche die Himmelsrichtung definieren und welche den Winkelabstand θ haben: nˆ1nˆ2 =cosθ. Ausserdem ist Pl(cosθ) das Legendre- Polynom der l-ten Ordnung. Die eckigen Klammern bedeuten eine Mittelung über alle

(28)

Produkte zu gleichem Winkel θ. Die Entwicklungskoeffizienten Cl lassen sich aus der Korrelationsfunktion mit den transformierten Temperatur-Fluktuationen Θl,m gewinnen

m m l l TT l T

m l T

m

l a C

a, , = δ δ (9.4)

Die eckige Klammer bedeutet Summation und Mittelbildung. Der Zusammenhang von Temperatur-Temperatur-Korrelationsfunktion und Leistungsspektrum ist wie folgt

T T

Cl

l l T

T

π 2

) 1 ( ) (

2

2 +

Δ =

(9.5)

hängt nur noch von l ab (s. fig. 9.1).

Fig. 9.1. Das Leistungsspektrum ClTTder Temperatur-Temperatur-Korrelationen aus 7-jährigen Messungen des WMAP-Satelliten. Die durchgezogene Kurve ist ein „Bestfit“

auf der Basis des ΛCDM-Modells. Die kosmologischen Parameter sind die folgenden:

52 , 0

, 10 38 , 2 ,

969 , 0 ,

086 , 0 , 738 , 0 ,

1107 , 0 ,

02270 ,

0 2 2 2 9

2

=

= Δ

=

=

= Ω

= Ω

=

Ω Λ

SZ

R S

M b

A

n h

h

h τ

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