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Dichtekonstrast im linearen hydrodynamischen Modell

Im Dokument Kapitel 7 - 13 mit Anhang (Seite 66-71)

Acoustic Oscillations

11. Bildung von Strukturen

11.1. Dichtekonstrast im linearen hydrodynamischen Modell

Die Verteilung der leuchtenden Materie im heutigen Kosmos ist sehr ungleichmäßig. Neben Sternen gibt es Sternassoziationen, Sternhaufen, Galaxien. Diese wieder bilden Galaxienhaufen (s. Fig. 11.1), die wieder in Superhaufen zusammenhängen und durch riesige Hohlräume voneinander getrennt sind. Es ist die Frage, die uns in diesem Kapitel beschäftigen wird, wie denn aus den Fluktuationen der Hintergrundstrahlung (s. z.B. Fig. 9.4 und 9.7), deren relative Amplitude δTT/T ≈105 nur eine winzige Abweichung von der Homogenität darstellt, die heutigen Strukturen und ihre Hierarchien entstanden sind. Wir interessieren und dabei für den Dichtekontrast

( ) ( )

ρ ρ

δ x

x

r r (11.1)

Er hängt mit der Temperaturfluktuation (CMB) wie folgt zusammen

( )

T

x x T( )

3 r

r Δ

=

δ (11.1a)

Anstelle der Dichtestörung im x-Raum wird häufig deren Fourier-Transformierte benutzt

( )

=

δ

( )

δ x ikx d x

kr V1 r exp r 3

(11.2) wobei V das Volumen bedeutet. Fig. 11.2 zeigt eine eindrucksvolle Darstellung der heutigen Kenntnis von δ

( )

r und den entsprechenden Beobachtungsmethoden.

Fig. 11.2. Dichtefluktuationen δ

( )

r , zusammengestellt vom Team des „Sloan Digital Sky Survey“ (SDSS). Die Beobachtungen beziehen sich auf CMB, die Häufigkeit von Galaxien-Cluster (gut im Röntgengebiet durch die Strahlung des heißen intergalaktischen Gases zu beobachten), die Auswertungen von SDSS, die Häufigkeit von Gravitationslinseneffekten und der intergalaktische neutrale Wasserstoff, beobachtet als Lyman-Alpha-Wald. Nach Max Tegmark’s Cosmological Library. http:/www.hep.upenn.edu/~max/2df1.html

Die Entfernungsskala in Fig. 11.2 kann auch als Zeitskala interpretiert werden. Bei etwa 109 Lj ist der Dichtekontrast bereits auf Prozente abgeklungen. Es sind mitbewegte Abstände, also Entfernungen bezogen auf den heutigen Kosmos, wobei die Grenze durch den Teilchenhorizont rH =3.38DH ≈15,26⋅109pc gegeben ist. Neben dem Dichtekontrast wird häufig auch die Streuung angegeben

( )

x 22 =konst.

δ (11.3)

Im k-Raum erhält man das Leistungsspektrum

( )

k 2 =(2π)3P

( )

k ⋅δ(kk′)

δ (11.4)

was mit σ2 auf folgende Weise zusammenhängt

Die Größen in eckigen Klammern sind Mittelbildungen über das Ensemble. Die Auswertungen von Daten der Himmelsdurchmusterungen zeigen, dass das sich das Spektrum P(k) für r > 100 Mpc oder k < 10-2 Mpc-1 nicht mehr bestimmen lässt. Über größere Abstände herrscht praktisch Homogenität (s. a. Fig. 11.10).

Um die zeitliche Entwicklung kleiner Störungen δ

( )

x,r t ≡δ zu untersuchen, werden in Newtonscher Näherung die hydrodynamischen Gleichungen und die Poisson-Gleichung des Gravitationspotentials herangezogen. Daraus lässt sich eine Wellengleichung ableiten, welche in einem stationären Medium die Form annimmt

ρ

wobei ρ≡ ρ die mittlere Dichte ist. Gl. 11.6 unterscheidet sich von der Wellengleichung in der Elektrodynamik durch das Glied auf der rechten Seite, dass die Selbstgravitation der Materie beschreibt. Setzt man die Wellenlösung ein

( )

so erhält man als Fourier-Transformierte von Gl. 11.6 eine Dispersionsbeziehung

(

2 2

)

mit der so genannten Jeans-Wellenzahl

12

wobei m die mittlere Masse der Gasatome, M und R Masse und Radius der Materie bedeuten.

Wellenausbreitung ist nur möglich, wenn

k > k

J ist. Für

k < k

J ist

ω

2

< 0

. Es gibt keine laufende Welle mehr, stattdessen zwei Lösungen, eine exponentiell wachsende und eine exponentiell abklingende. Aus (11.09) lässt sich eine charakteristische Masse, die Jeans-Masse ableiten

Der Begriff Jeans-Masse, Jeans-Wellenzal oder Jeans-Radius taucht hier neu auf. Diese Größen spielen als Kriterien eine Rolle, ab wann eine sphärische Gaswolke instabil gegenüber Gravitation wird und z.B. zu Sternen kondensieren kann. Dazu muss

grav

kin E

E

oder

Das Gleichheitszeichen steht für den kritischen Fall, den der britische Physiker James Jeans (1877 – 1946) am Anfang des 20. Jahrhunderts zuerst untersucht hat.

Die Situation ändert sich, wenn man die kosmische Expansion berücksichtigt. Dazu setzt man

) (t a x r

r = r (11.12)

und erhält unter Vernachlässigung von Druckkräften 2 0

wobei wir unter Benutzung der Friedmann-Gleichung Ω

= ρ

π 3 2

8 G H (11.14)

gesetzt haben. Raum-und Zeitvariable lassen sich trennen. Für ein Universum mit Ω=Ω0 =1 (R→∞) gibt es zwei Lösungen Die Expansion scheint das Anwachsen (und Abklingen) der Störung zu behindern, denn anstelle eines exponentiellen Wachstums (oder Abklingens) mit Gl. 11.7 und 11.8 ergibt sich ein moderates Potenzgesetz.

Wir können das Verhalten der Jeans-Masse für Baryonen untersuchen, wenn wir

a k

k

J

=

J

′ /

schreiben. Es ist nach Gl. 11.10

M

J

∝ ρ

. In der strahlungsdominierten Epoche ist

ρ ∝ T

4. Andererseits ist

k

J

T

2 (Gl. 11.6). Also wird mit Gl. 11.7

M

J

T

3. In Fig.

11.3 ist der Übergang von der strahlungsdominierten zur materiedominierten Epoche abrupt eingezeichnet. Dabei fällt die Schallgeschwindigkeit von

c

S

= c / 3 = 1 , 7 ⋅ 10

8 m/s auf

3 2S

= 5 / 3 ⋅ k

B

T / μ m

P

und c

S

= 4 , 7 ⋅ 10

c

m/s ab, was zu einem Absinken der

Jeansmasse um viele Zehnerpotenzen führt (

m

P Protonenmasse, μ mittlere Massenzahl pro Teilchen).

Fig. 11.3. Jeans-Masse der Baryonen MB-J und die Baryonen-Masse innerhalb des Horizonts M B-HOR. MS ist die Silkmasse, s. dazu den Text. Als baryonische Dichte wurde

047 ,

2

= 0

Ω

B

h

angenommen. Nach E.W. Kolb, M.S. Turner : The Early Universe. Addison Wesley 1990.

Sie liegt vor der Rekombination zwischen 1014 und 1018 Sonnenmassen, wobei die untere Grenze etwa der Größe von Galaxienhaufen entspricht. Unmittelbar nach der Rekombination (

z ≈ 1090

) liegt sie jedoch bei ca. 106 Sonnenmassen, das ist etwa die Größe eines Kugelsternhaufens. Auch Dämpfungseffekte können in der strahlungsdominierten Epoche eine Rolle spielen. Sie wurden von J. Silk zuerst behandelt und in Fig. 11.3 als „Silkmasse“, MS, eingetragen. Es muss aber festgestellt werden, dass diese Abschätzungen die Entstehung von Galaxien nicht erklären kann. Außerdem kann man leicht zeigen, dass die Entwicklung des Dichtekontrastes mit baryonischer Materie allein völlig unzureichend ist. Wir gehen zur Zeit der Rekombination von einem Dichtekontrast δ(xr,trec)≈5⋅105 aus. Nach Gl. 11.15 würde der Wert dann in der Gegenwart auf

2

0

) ( , ) ( 1 ) 10

,

( ≈ δ ⋅ + ≈

δ x

r

t x

r

t

rec

z

rec (11.17)

anwachsen. Notwendig wäre aber

δ ( x

r

, t

0

) ≈ 1

, damit der Gravitationskollaps einer Gaswolke einsetzt. Wenn wir für den Beginn der Galaxienbildung z = 10 einsetzten, wird das Ergebnis um noch eine Größenordnung kleiner. Man sieht hier schon, dass während der Expansion nach dem Standardmodell die Baryonen allein den Kontrast nicht genügend verstärken können. Dunkle Materie muss hinzukommen. Diese breitet sich offensichtlich stoßfrei und ohne Dissipation der Energie aus. Baryonische Materie dagegen kann kinetische Energie nur durch Abstrahlung verlieren. In einer Wolke aus dunkler und baryonischer Materie wird sich die baryonische unter Verlust von kinetischer Energie und Drehimpuls in das Innere der Wolke bewegen. Dort kann daher leicht ein ausreichenden Dichtekontrast entstehen. Die dunkle Materie bildet dagegen einen nahezu stationären Potentialtopf, in welchem die baryonische Materie einer Galaxie eingeschlossen ist.

Man kann auch für eine dunkle, stoßfreie fermionische Materie eine maximale Jeansmasse ableiten. Doch diese ist abhängig von der Masse der Teilchen der dunklen Energie. Diese ist

noch völlig unbekannt, weshalb mit diesen Überlegungen wenig gewonnen ist (s. z.B. G.

Börner: The Early Universe. 4th Edition Ch. 10.2.2.).

In Fig. 11.4 ist ein jüngst publiziertes Beispiel zu sehen, wo sich im Innern einer großen Wolke dunkler Materie viele Galaxien befinden. Man geht davon aus, dass die Galaxien oder Protogalaxien alle ihr Halo aus dunkler Materie mitbringen und dass im Laufe der Zeit weitere Vereinigungen zu größeren Strukturen ganz wesentlich von den Halos der dunklen Materie bestimmt werden. Während heftiger Sternbildung kommt es häufig zu Supernova-Explosionen, bei welchen große Mengen heißer Gase (d.h. H, He und geringe Mengen schwerer Elemente) in den intergalaktischen Raum ausgeschleudert werden.

Fig. 11.4. Ein Bild-Komposit von „Abell 520“. Die Galaxien des Cluster sind als diffuse weiße Flecken zu sehen. Die rot dargestellte Wolke aus intergalaktischen Materie (IGM), welche im Lichte der emittierten Röntgenstrahlung (Chandra) zu sehen ist, hat die fast 10fache Masse der leuchtenden baryonischen Materie. Schließlich stellt die blaue Wolke die Verteilung der dunklen Materie dar, die indirekt durch „Scannen“ mittels des Gravitationslinseneffektes bestimmt wurde. Ihre Masse überwiegt die der gesamten baryonischen Materie um etwa einen Faktor 7.

Quelle der Aufnahme X-ray: NASA/CXC/CfA/ M. Markkevitsch et al. Lensing: NASA/STScI, ESO WFI, Magellan/U. Arizona/D.Clowe et al. Optical: NASA/STScI, Magellan/U.

Arizona/D.Clowe et al. 2006

11.2. Die weitere Entwicklung des Dichtekontrasts. Das sphärische

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