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Um eine möglichst hohe Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, erwägt der Kanton Bern den Wechsel zur Hilfsfristregelung 90/15

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I 090/2009 GEF 13. Mai 2009 GEF C Interpellation

0884 Widmer, Wanzwil (BDP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 27.02.2009

Rettungsdienste im Kanton Bern:

Wechsel von der Rettungsregel 80/30 zur Hilfsfristregelung 90/15

Der Versorgung der Bevölkerung mit Rettungsleistungen kommt eine immer grössere Bedeutung zu. Aufgrund der Entwicklungen in den übrigen Kantonen und im Ausland gerät der Kanton Bern mit seiner bisherigen Konzeption zunehmend unter Druck. Im Rahmen der Versorgungsplanung 2011-2014 soll offenbar ein Wechsel von der heutigen Rettungsregel 80/30 (80% der Bevölkerung in 30 Minuten retten) zur Hilfsfristregelung 90/15 (90% der D 1 Rettungen erfolgen innert 15 Minuten in ländlichen und innert 10 Min in städtischen Gebieten) geprüft und vorgenommen werden.

Im Kanton Bern wird das Angebot der stationären Akutmedizin aufgrund der knappen Betriebs- und Investitionsmittel, der Vorgaben zur Investitionskonzentration, der geforderten Umlagerung von der stationären zur ambulanten Behandlung, der Qualitätssicherung und der Mengenvorschriften zunehmend auf die Zentrumsspitäler fokussiert. Im Zuge dieser Entwicklung sind im Kanton Bern in qualitativer und quantitativer Hinsicht gute und ausreichende Rettungsleistungen besonders wichtig.

Die Rettungsregel 80/30 wird in der Schweiz und in Europa als nicht mehr genügend erachtet. Um eine möglichst hohe Versorgungssicherheit gewährleisten zu können, erwägt der Kanton Bern den Wechsel zur Hilfsfristregelung 90/15. Der im Auftrag der schweizerischen Gesundheitsdirektorenkonferenz tätige Interverband für Rettungswesen (IVR) hat diese Regel schon vor Jahren erarbeitet und unterstützt die neuesten Bestrebungen im Kanton Bern ausdrücklich.

Der Regierungsrat wird um Beantwortung folgender Fragen gebeten:

1. Vertritt der Regierungsrat grundsätzlich die Auffassung, dass mit der Konzentration der stationären Akutmedizin das Rettungsleistungsangebot überprüft und verdichtet werden muss?

2. Die neuen und alten Richtlinien des Interverbandes für Rettungswesen streben die Zertifizierung der Rettungsdienste an.

- Ist der Wechsel zur Hilfsfristregelung 90/15 eine Voraussetzung zur Erlangung der Zertifizierung?

- Ist zu erwarten, dass die Hilfsfristregelung 90/15 bald zum Standard wird und von der Santésuisse als Voraussetzung für eine bessere Abgeltung verlangt wird?

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- Empfiehlt der Regierungsrat den bernischen Rettungsdiensten die Zertifizie- rung?

- Auf welchen Zeitpunkt soll die neue Hilfsfristregelung eingeführt werden?

- Ist die Anwendung der Rettungsregel 80/30 auf Zeit noch verantwortbar?

3. Welche Konsequenzen ergeben sich aus dem Wechsel auf die Hilfsfristregelung 90/15 für die Rettungsdienste im Kanton Bern in Bezug auf:

- Rettungs- und Ambulanzstandorte - Personalbestände/Personalrekrutierung - Fahrzeuge

- Kosten

4. Wie soll die mit der Anwendung der Hilfsfristregelung 90/15 verbundene Kostensteigerung aufgefangen und finanziert werden.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 02.04.2009

Antwort des Regierungsrates Zu Frage 1:

Mit zunehmendem Finanzdruck im bernischen Gesundheitswesen bahnt sich vermutlich eine Konzentration der stationären Akutmedizin an. Um die Versorgung der Bevölkerung dennoch sicherzustellen, muss auch das Rettungsangebot überprüft werden. Der Gesundheits- und Fürsorgedirektor hat letztes Jahr das Kantonsarztamt angewiesen, im Rahmen des ordentlichen und im Spitalversorgungsgesetz vorgeschriebenen Planungsrhythmus das Rettungsangebot eingehend und fundamental zu überprüfen.

Diese Planung läuft nun unter dem Stichwort DART: Dialog fördern, Alarmierung modernisieren, Rettungsleistungen optimieren und Transportwege verkürzen.

Zu Frage 2:

– Für den Interverband für Rettungswesen (IVR) gilt folgender Richtwert: Die Ambulanzen müssen bei Dringlichkeitsstufe-1-Einsätzen zehn Minuten nach Alarmeingang in städtischem Gebiet bzw. 15 Minuten in ländlichem Gebiet in 90 Prozent aller Fälle bei den Patientinnen und Patienten eintreffen (Dringlichkeitsstufe 1 bedeutet Notfälle mit vermuteter Beeinträchtigung der Vitalfunktion). Die Erfüllung dieser Anforderung bildet einen zentralen Punkt zur Erlangung der IVR-Zertifizierung nach der IVR-Richtlinie vom 11. 03. 2004.

Im Kanton Bern wurde eine Betriebsbewilligung eingeführt, welche auf den IVR- Richtlinien basiert. Der Unterschied zu den IVR-Richtlinien, welche Empfehlungen sind, ist die im Kanton Bern angewandte 80/30-Regel. Diese Betriebsbewilligung erhält nur, wer strenge Qualitätskriterien einhält. Sie muss alle vier Jahre mit erneuter Durchführung des Bewilligungsverfahrens erneuert werden.

– Die Haltung der Santésuisse zu dieser Frage ist uns nicht bekannt. Die Tarifverträge werden zwischen der Santésuisse und den Betrieben, und nicht mit dem Kanton Bern abgeschlossen.

– Der Regierungsrat empfiehlt den bernischen Betrieben eine Zertifizierung durch den IVR, er schreibt diese jedoch nicht vor. Die Kosten für das Zertifizierungsverfahren werden nicht vom Kanton übernommen. Der Entscheid, ob ein Betrieb eine

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Zertifizierung erlangen will oder nicht, ist Sache der zuständigen Betriebsleitung oder übergeordneten Kontrollaufsichtsstelle. Bei den spitalgebundenen Rettungsdiensten entscheidet somit der Verwaltungsrat oder die Spitaldirektion darüber.

– Wenn sich der Regierungsrat für die Einführung der Hilfsfristregelung nach der IVR- Richtlinie entscheiden sollte, würde dies im Rahmen der Umsetzung der Versorgungsplanung 2011–2014 erfolgen.

– In der Öffentlichkeit werden die beiden Regeln „80/30“ und „90/15“ emotional diskutiert.

Die 80/30-Regel sagt aus, dass die Versorgungssicherheit gewährleistet ist, wenn 80 Prozent der Bevölkerung eines Gebietes innerhalb von 30 Minuten durch die Dienste des Rettungswesens erreicht werden können (RRB 3529 vom 22. 12. 1999).

Die Richtwerte für die Hilfsfristregel 90/15 sind im ersten Abschnitt zu Frage 2 erklärt.

Sie betreffen also nur einen Teil der Einsätze. Obschon der Kanton Bern eine sehr schwierige Topographie aufweist und sich urbane Gebiete mit ländlichen Gegenden abwechseln, werden heute bereits in über 70 Prozent der Dringlichkeitsstufe-1-Einsätze die Patientinnen und Patienten nach Alarmierung der Rettungsdienste innerhalb von 15 Minuten erreicht. Im Jahr 2008 waren es rund 17'600 Dringlichkeitsstufe-1-Einsätze.

In beiden Fällen bedeutet Alarmeingang nicht der Eingang des Notrufs bei der Sanitätsnotrufzentrale SNZ 144, sondern die Auslösung des Einsatzes beim Rettungsdienst.

Ein betroffener Patient, welcher nicht in den eben skizzierten statistischen Wert fällt, fühlt sich benachteiligt. Dies, obwohl rein statistisch betrachtet die Rettungsdienste im Jahr 2008 durchschnittlich in über 90 Prozent aller Einsätze innerhalb 30 Minuten nach Alarmierung der Rettungsdienste bei den Patientinnen und Patienten eintrafen. Obwohl die geltende 80/30-Regel immer noch vertretbar ist, soll eine Optimierung des Systems geprüft werden. Allerdings muss darauf hingewiesen werden, dass sich diese eher marginalen Verbesserungen eklatant auf die Staatskosten im bernischen Rettungswesen auswirken können. Darauf wurde bereits in der Versorgungsplanung 2007–2010 hingewiesen.

Zu Frage 3:

Rettungs- und Ambulanzstandorte

Die Versorgungsplanung DART soll mit verschiedenen Varianten aufzeigen, ob es zusätzliche Ambulanzstandorte im Kanton Bern braucht. Durch Synergienschöpfung, das heisst durch das Zusammenlegen von bestehenden Rettungsdiensten, könnten bereits gute Resultate in der Erreichung der 90/15-Regel erzielt werden. Dies würde allerdings, insbesondere bei den spitalgebundenen Rettungsdiensten, ein Umdenken voraussetzen.

Konkret sollten die Rettungsdienste nicht mehr zur Akquisition von Patienten durch die Spitäler benutzt werden.

Die für den Kanton Bern festgelegte 80/30-Versorgungsregel ist auf die demografischen und topografischen Gegebenheiten ausgerichtet. Die 90/15-Regel hätte eine massive Verteuerung zur Folge. Um diese Regel konsequent umsetzen zu können, müssen wohl zusätzliche Ambulanzstandorte betrieben werden. Die betrieblichen Kosten, ohne Lohnkosten, würden nach ersten Schätzungen der Gesundheits- und Fürsorgedirektion jährlich total um die CHF 0.7 Mio. betragen. Wie viele Standorte tatsächlich nötig sein würden, soll die neue Versorgungsplanung 2011–2014 aufzeigen. Es zeigt sich, dass durch Zusammenlegungen einzelner Rettungsdienste weniger Personal nötig sein würde, als wenn die Betriebe nach heutigem Modell weiter betrieben werden.

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Personalbestände/Personalrekrutierung

Die Personalbestände sind eng verknüpft mit den Ambulanzstandorten. Gemäss einer Planungsgrundlage der Versorgungsplanung 2007–2010 braucht es für einen Ambulanzstandort im 24-Stundenbetrieb minimal 13 RettungssanitäterInnen. Die Lohnkosten für dieses Personal belaufen sich auf jährlich rund 1,5 Millionen Franken.

Damit ein Ambulanzstandort sicher betrieben werden kann, müssen jeweils zwei Equipen zur Verfügung stehen. Ein neuer Standort würde deshalb pro Jahr Personalkosten von knapp CHF 3 Mio. verursachen.

Mehr RettungssanitäterInnen generieren auch mehr Ausbildungskosten. Es ist davon auszugehen, dass sich diese Kosten mit der Umsetzung der 90/15-Regel respektive der Aufstockung des Personals von CHF 1.5 Mio. auf CHF 2.4 Mio. belaufen würden.

Fahrzeuge

Der Kanton Bern beschafft jährlich ein gutes halbes Dutzend neue Fahrzeuge. Jedes Fahrzeug kostet im Schnitt um die CHF 320'000. Gibt es zusätzliche Ambulanzstandorte, braucht es auch neue Fahrzeuge. Pro Standort sind mindestens zwei Fahrzeuge nötig. Es sei denn, man könnte Betriebe fusionieren und den Fahrzeugeinsatz von schlechter ausgenützten Standorten optimieren. Bis heute waren die Betriebe in der Fahrzeugbeschaffung selbständig. Sie stellen dem Kanton einen Antrag für eine Neuanschaffung oder einen Fahrzeugersatz. Der Kanton hat in der Regel diese Anträge unterstützt und die Fahrzeuge finanziert. Aktuell wird nun ein einheitliches Fahrzeug- und Bewirtschaftungskonzept geprüft. Damit sollen vor allem Kosteneinsparungen erzielt werden können.

Kosten

Wird unter dem Punkt 4 beantwortet.

Zu Frage 4:

Aus den Ausführungen geht hervor, dass die Einführung der 90/15-Regel die Kosten im bernischen Rettungswesen massiv verteuern könnten. Es ist davon auszugehen, dass nicht mehr Rettungseinsätze gefahren würden als bisher, jedoch vor allem mehr Infrastruktur und mehr Personal nötig wäre. Die neu generierten Kosten müssten vollumfänglich vom Staat und den Standortgemeinden finanziert werden. Die Kostenanstieg könnte nur dann in Grenzen gehalten werden, wenn die heute sehr kleinflächig und betrieblich eng strukturierten regionalen Rettungsdienste bereit wären, zu grösserflächigen Einsatzeinheiten zu fusionieren. Damit könnten Synergien gewonnen und Kosten reduziert werden. Weitere Kosteneinsparungen können erzielt werden, wenn das Rettungswesen enger mit ausserkantonalen Rettungsdiensten und Sanitätsnotrufzentralen zusammenarbeitet: Sei es, dass ausserkantonale Rettungsdienste Grenzgebiete unseres Kantons zu preiswerten Bedingungen versorgen; sei es, dass bernische Rettungsdienste in den Nachbarkantonen Rettungsleistungen anbieten können.

Der Regierungsrat teilt im Wesentlichen die Meinung des Interpellanten, dass ein Wechsel im Rahmen der neuen Versorgungsplanung zu prüfen ist. Jetzt – angesichts der Prüfung der Spitalversorgung/Revision SpVG – ist der Moment, nachhaltige Verbesserungen für das Rettungswesen in die Wege zu leiten. Gleichzeitig soll der Dialog mit den

Trägerschaften, den Betrieben und der Bevölkerung gefördert werden.

An den Grossen Rat

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