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Archiv "1947/1997 – Bundesärztekammer im Wandel (VI): Die ärztliche Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland Entwicklungen - Gegenwärtige Lage - Vorstellungen für die Zukunft" (04.04.1997)

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Marilene Schleicher

1. Dauerthema

„Ärztliche Ausbildung“

Wenn man sich mit der ärztlichen Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland befaßt, hat man es mit einer großen Zahl gesetzlicher Rege- lungen, einer fast unüberschaubaren Literatur und immerwährenden Dis- kussionen in Fachkreisen zu tun (1).

Fachwelt und zuständige staatliche Stellen sind seit Jahrzehnten immerzu auf der Suche nach einer Ausbildung, die den Entwicklungen in Medizin und Gesellschaft besser gerecht wür- de als die gerade geltende Ordnung.

Heute ist man erneut um eine grund- sätzliche Reform bemüht.

Schon zu Zeiten ihrer reichsge- setzlichen Regelung war die ärztliche Ausbildung häufigen Änderungen unterworfen. Das zeigt ein Blick in die amtlichen Verkündungsblätter seit den 80er Jahren des vorigen Jahrhun- derts (2). Auch das medizinische Schrifttum widmete sich in dieser Epoche vielfach Fragen der Ausbil- dung. Flexner hat in seiner berühmten vergleichenden Studie über die Aus- bildung zum Arzt in einigen europäi- schen Ländern und in Amerika 1924 festgestellt, daß eine kritische Litera- tur über die ärztliche Ausbildung hauptsächlich in den USA und in Deutschland bestehe. Die deutsche Literatur sei die bei weitem reichlich- ste, sachdienlichste und gedanken- vollste, die Fragen und Probleme un- ter verschiedensten Aspekten und

von jedem nur möglichen Standpunkt behandele (3).

2. Reichsärzteordnung und Bestallungsordnung für Ärzte von 1939

Nachdem sich die Bundesrepu- blik Deutschland konstituiert hatte, bestanden die Vorschriften der Reichsärzteordnung von 1935 über die Zulassung zum ärztlichen Beruf und die Bestallungsordnung für Ärzte von 1939 (4) gemäß Art. 123 GG weit- gehend fort. Sie waren gemäß Art. 125 GG Bundesrecht geworden, da Art.

74 Nr. 19 GG dem Bund eine konkur- rierende Gesetzgebungskompetenz für die Zulassung zu ärztlichen Heil- berufen zuweist.

1947/1997: Bundesärztekammer im Wandel (VI)

Die ärztliche Ausbildung in der

Bundesrepublik Deutschland

gesenkt wird. Diese Zielsetzung er- scheint um so berechtigter, als man weiß, daß in den letzten Jahren trotz ständig steigender Analysenzahlen die medizinische Versorgung der Be- völkerung in diesem Bereich nicht nachweislich besser geworden ist. Zu- nehmend werden sogar Stimmen laut, die von einer Verschlechterung der Versorgung auf diesem Gebiet spre- chen.

Kommerzialisierung

Durch Budgetierung und andere Stabilitätsmaßnahmen versucht man, diesen bedauerlichen Fehlentwick- lungen entgegenzutreten. Aus Sicht der Laboratoriumsmedizin wäre es jedoch dringend geboten, grundsätz- lich neue Gedanken über eine quali- tativ hochstehende und dennoch fi- nanzierbare Laboratoriumsdiagno- stik als ärztliche Leistung anzustellen.

Rationalisierung um jeden Preis bis hin zur Vergewerblichung laborärztli- cher Tätigkeit kann nicht die zu- kunftsweisende Perspektive sein.

Denn die damit verbundenen Fehl- entwicklungen mögen vielleicht für Teile der Ärzteschaft noch hinsicht- lich der Laboratoriumsdiagnostik hinnehmbar sein, sie werden aber un- ter den derzeitigen Vorgaben im Ge- sundheitswesen auch die unmittelba- re Krankenversorgung zunehmend erfassen. Man muß nicht Visionär sein, um vorauszusagen, daß am Ende dieser bereits erkennbaren Fehlent- wicklung die Gesundheit zur Ware, der Patient zum Kunden und der Arzt zum Kaufmann pervertieren. Die Ärzteschaft sollte die Kraft aufbrin- gen, dieser Art Krankenversorgung entschieden gegenzusteuern.

Anschrift des Verfassers

Prof. Dr. med. Michael Krieg

Institut für Klinische Chemie, Trans- fusions- und Laboratoriumsmedizin BG-Kliniken Bergmannsheil – Uni- versitätsklinik –

Bürkle-de-la-Camp-Platz 1 44789 Bochum

Bisher sind in dieser Serie erschienen:

Thomas Gerst: Föderal oder zentral? – Der kurze Traum von einer bundeseinheitlichen ärztlichen Selbstverwaltung (Heft 38/1996) Gerhard Vogt: Arzt im Krankenhaus (Heft 45/1996)

Hedda Heuser-Schreiber: Ärztinnen in Deutsch- land – Fakten, Beobachtungen, Perspektiven (Heft 1–2/1997)

J. F. Volrad Deneke: Körperschaften und Ver- bände – streitbare Verwandte (Heft 4/1997) Klaus-Ditmar Bachmann, Brigitte Heerklotz:

Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärzte- kammer (Heft 10/1997)

Entwicklungen – Gegenwärtige Lage – Vorstellungen für die Zukunft

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärztebl 1997; 94: A-902–906 [Heft 14]

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3. Bestallungsordnung für Ärzte von 1953

An die Stelle der Bestallungsord- nung von 1939 trat 1953 die Bestal- lungsordnung für Ärzte vom 15. 9.

1953 (BGBl. I S. 1334). Das alte Be- stallungsrecht war wegen der extrem großen Zahl der Veränderungen in den verschiedensten Formen (Erlasse und zum Teil nicht verkündete Rechtsverordnungen) unüberschau- bar geworden. Es konnte im übrigen wegen der Nachkriegsverhältnisse, insbesondere des großen Andrangs zum Studium, nicht mehr in allen Tei- len durchgeführt werden. Der Medi- zinische Fakultätentag (MFT), die Ärzteschaft und Studenten hatten sich schon wenige Jahre nach dem Kriege mit Vorschlägen für eine Neu- ordnung befaßt, auf die der damals zuständige Bundesminister des In- nern bei der Vorbereitung zurück- greifen konnte (5).

Auch die wiederholt geänderte Bestallungsordnung von 1953 (6) hat- te nicht lange Bestand.

4. Approbationsordnung für Ärzte

4.1 Vorgeschichte

Schon 1970 folgte der Bestal- lungsordnung die Approbationsord- nung für Ärzte (ÄAppO) vom 28. 10.

1970 (BGBl. I S. 1458). Ihrem Erlaß durch den seinerzeit zuständigen Bundesminister für Jugend, Familie und Gesundheit (BMJFG) war eine mehrjährige eingehende Vorberei- tung unter Mitarbeit der Länder und Beteiligung von Fachkreisen und Be- troffenen sowie Auswertung überaus reichlich vorliegender Literatur vor- ausgegangen. Fachkenner hielten da- mals die ärztliche Ausbildung in der Bundesrepublik Deutschland für er- starrt in alten Formen und zu weitge- hend im Theoretischen verhaftet.

Übermaß an Stoffülle und fehlende Effizienz der staatlichen Prüfungen wurden beklagt. Vom Ende der 50er Jahre an setzte sich zunehmend die Forderung nach einer grundlegenden Reform sowohl durch Anpassung der inneren Strukturen der medizini- schen Fakultäten als auch durch eine

Neuordnung der Ausbildung durch (7).

Der BMJFG berief nach dem Scheitern von zwei auf Änderungen der Bestallungsordnung gerichteten Referentenentwürfen von 1964 und 1965 die „Kleine Kommission zur Neuordnung der ärztlichen Ausbil- dung“ (8). Sie hat von 1966 bis 1969 getagt und eine an den Hauptzielen der Reform ausgerichtete Konzep- tion für die Eckpunkte einer neu zu ordnenden ärztlichen Ausbildung er- arbeitet, die in die 1962 an die Stelle der Reichsärzteordnung getretene Bundesärzteordnung (BÄO) (9) und in die ÄAppO eingegangen ist. Die Neuordnung hat sich – entsprechend der Berechtigung, die die Approba- tion als Arzt nach der BÄO verleiht – auf die Befähigung zur eigenverant- wortlichen und selbständigen Aus- übung des ärztlichen Berufs und auf die Vermittlung des für den Arzt all- gemein erforderlichen Wissens und Könnens ausgerichtet (10).

4.2. Wesentliche Grundzüge der ÄAppO 1970

Mit dem Ziel der Straffung und Intensivierung beschränkte sich die Ausbildung auf ein sechsjähriges Mindeststudium, in das die praktische Ausbildung (Pflichtpraktika und das in Universitätskliniken und Lehr- krankenhäusern durchzuführende

„Praktische Jahr“ am Schluß des Stu- diums) vollständig integriert werden sollte. Als Pflichtunterrichtsveran- staltungen wurden nur noch prakti- sche Übungen und Kurse vorge- schrieben, wobei Leitlinien für die Gestaltung der praktischen Übungen die Bedeutung der praktischen An- schauung, des Kleingruppenunter- richts und der Unterweisung am Pati- enten betonten.

Schon damals wurde eine ver- stärkte Fächerintegration mit dem Postulat angestrebt, den Unterricht, soweit zweckmäßig, nicht am einzel- nen Fachgebiet, sondern am Lehrge- genstand auszurichten. Um dieses Ziel zu fördern, die Stoffülle zu be- grenzen und den medizinischen Fa- kultäten Spielraum für die Gestaltung der Lehre zu belassen, ist auf eine Festlegung von Mindeststunden für die einzelnen Pflichtunterrichtsveran-

staltungen weitgehend verzichtet und nur eine Mindeststundenzahl für den gesamten Pflichtunterricht in einem Studienabschnitt angegeben worden.

Mit den gleichen Zielen wurden Stoff- gebiete gebildet, in die einzelne Fach- gebiete Aufnahme gefunden haben.

In Prüfungsstoffkatalogen ist der Prü- fungsstoff zur Orientierung von Leh- renden und Lernenden – gegliedert nach Stoffgebieten und stichwortartig – zusammengefaßt. An Krankenpfle- gedienst und Famulatur (je 2 Monate) wurde festgehalten, ein Nachweis ei- ner Ausbildung in Erster Hilfe neu eingeführt.

Mit dem Ziel größerer Effizienz und Objektivität wurden die staatli- chen Prüfungen gänzlich umgestaltet.

Auf die Naturwissenschaftliche Vor- prüfung wurde verzichtet, die Ärztli- che Prüfung in drei Abschnitte aufge- teilt. Ärztliche Vorprüfung, 1. und 2.

Abschnitt der Ärztlichen Prüfung waren ausschließlich schriftliche Prü- fungen. Nur im 3. Abschnitt der Ärzt- lichen Prüfung gab es einen mündli- chen und einen schriftlichen Teil. Al- le schriftlichen Prüfungen waren nach dem Antwort-Wahl-Verfahren (Vorbereitung und Auswertung durch das Institut für medizinische und pharmazeutische Prüfungsfra- gen, IMPP), die mündlichen Prüfun- gen vor einem Kollegium durchzu- führen.

Bei dem weitgehenden Verzicht auf mündliche Prüfungen war man davon ausgegangen, daß hinreichen- de mündliche und praktische Lei- stungskontrollen bereits im Rahmen der Scheinerteilung für die regel- mäßige und erfolgreiche Teilnahme an den Pflichtunterrichtsveranstal- tungen stattfinden (11).

Die bundesgesetzlichen Rege- lungen für die ärztliche Ausbildung entsprachen schon damals den seiner- zeit in Vorbereitung befindlichen und 1975 erlassenen EWG-Richtlinien für Ärzte (12).

Bei der Beratung der Verord- nung im Bundesrat hat es eine einge- hende und kritische Auseinanderset- zung mit den auf die Länder zukom- menden sehr hohen, seinerzeit nicht voll abschätzbaren Kosten gegeben (13). Die Kostenfrage sollte bis heute ein schwerwiegendes Problem blei- ben.

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4.3 Kritik – Mängel der ÄAppO 1970 – Schwierigkeiten beim Vollzug der Verordnung – Negative bildungspolitische Einflüsse

Die ÄAppO sieht heute wesent- lich anders aus als ihre ursprüngliche Fassung. Änderungsnotwendigkeiten haben sich im Laufe der Zeit immer wieder ergeben. Neben positiven Stimmen wurde grundsätzliche Kritik an der Verordnung schon bald nach ihrem Erlaß laut (14). Mängel der Verordnung wurden erkannt, langan- dauernde Anlaufschwierigkeiten, bei denen auch Strukturveränderungen an den medizinischen Fakultäten eine Rolle spielten, verzögerten ihre Um- setzung, äußere Einflüsse verhinder- ten ihren ordnungsgemäßen Vollzug.

Vor allem ließ die seit Mitte der 70er Jahre ständig steigende Zahl der Medizinstudenten eine ordnungs- gemäße praktische Ausbildung im Medizinstudium kaum noch zu. Be- trug die Zahl der Studienanfänger in der Medizin 1970 noch 5 378 – eine Zahl, die damals von vielen schon als zu hoch empfunden wurde –, so gab es 1980 bereits 11 234, 1985 11 993 und in den Jahren danach jeweils über 12 000. Die Zahl verringerte sich von 1988 an, blieb jedoch mit 10 345 im Jahre 1990 immer noch extrem hoch (15).

Es ist verständlich, daß das auf Grund verfassungsgerichtlicher Rechtsprechung zu Art. 12 GG (16) ergangene Kapazitätsrecht auf viel Kritik, insbesondere bei den medizi- nischen Fakultäten und der Ärzte- schaft, gestoßen ist. Das gilt beson- ders für die ländereinheitlichen Kapa- zitätsverordnungen, die die Einzel- heiten der Kapazitätsermittlung und der Festsetzung der Höchstzulas- sungszahlen regeln (17). In der Tat ist fraglich, ob diese Verordnungen und ihre Handhabung den Besonderhei- ten in der Medizin gerecht werden.

Aber auch die Art der Auswahl der Bewerber um einen Studienplatz in der Medizin hat viele an der Aus- bildung Beteiligte und Interessierte besorgt gemacht. Es wird vor allem an der Zweckmäßigkeit der zentralen Durchführung des „Besonderen Aus- wahlverfahrens“ durch die Zentral- stelle für die Vergabe von Studien-

plätzen (ZVS) und der Eignung des

„Tests“ zur Auswahl künftiger Medi- zinstudenten gezweifelt (18). Erst die Einführung der durch ein „Auswahl- gespräch“ bei den Hochschulen zu er- mittelnden Zulassungsquote hat zu einer gewissen Beruhigung geführt (19).

Beklagt werden auch zunehmend negative Auswirkungen auf die Aus- bildung durch das Absinken des Stel- lenwerts der Lehre, fehlende Organi- sation und Planung an den medizini- schen Fakultäten und Überlastung der dort tätigen Hochschullehrer durch ein Übermaß an bürokrati- schen Aufgaben (20).

So hat sich seit Jahren ein Ge- flecht von Schwierigkeiten ent- wickelt, das immer wieder warnende Hinweise und den Ruf nach Verbesse- rungen und Erneuerungen ausgelöst hat (21).

Durch die ÄAppO können Rah- menbedingungen des Studiums nicht geändert werden. Der Verordnungs- geber mußte aber zur Sicherung der Qualität der ärztlichen Ausbildung unbedingt bemüht sein, erkannte Mängel der Verordnung zu beheben und – soweit möglich – negativen äußeren Einflüssen entgegenzusteu- ern.

4.4 Entwicklung der ÄAppO zum heutigen Stand

Die ÄAppO gilt heute in der zu- letzt durch das Gesetz vom 21. 8. 1995 (BGBl. I S. 1050) geänderten Fassung der Bekanntmachung vom 14. 7. 1987 (BGBl. I S. 1593) (22). Neben zahlrei- chen technischen Änderungen und Aktualisierungen sind im Laufe der Jahre wesentliche Grundzüge der Verordnung umgestaltet worden.

4.4.1 Ausbildungszieldefinition

Bei Erlaß der ÄAppO hatte der Verordnungsgeber auf die Aufnahme einer Ausbildungszieldefinition ver- zichtet (23). Die Ärzteschaft hat diese Entscheidung nie gebilligt. Im Jahre 1979, als die Diskussionen um die ärztliche Ausbildung seit Erlaß der ÄAppO einen ersten Höhepunkt er- reicht hatten und aus Fachkreisen und von politischer Seite mehrere Re- formvorschläge vorgelegt worden wa-

ren (24), berief der BMJFG die „Klei- ne Kommission zu Fragen der Neu- ordnung der ärztlichen Ausbildung und der künftigen Entwicklung im Bereich des ärztlichen Berufsstan- des“ (25). Sie verständigte sich – vor dem Hintergrund der Auseinander- setzungen um die Strukturen des ärzt- lichen Berufs (Ausbildung zum Arzt oder zum Facharzt) – zum Auftakt ih- rer Arbeiten auf ein Festhalten an der Einheit des Arztberufs und sprach sich für die Aufnahme einer Ausbil- dungszielbeschreibung in BÄO und ÄAppO aus (26).

Auch der 82. Deutsche Ärztetag hatte entsprechende Maßnahmen mit der Begründung gefordert, daß ohne solche Vorschriften Hochschullehrer und Studierende nicht auf ein ver- bindliches Lehrangebot verpflichtet werden könnten (27).

Durch das 4. ÄndG zur BÄO ist 1985 eine kurze Zusammenfassung der Ziele der Ausbildung in die BÄO, durch die 7. ÄndVO 1989 eine aus- führliche Ausbildungszieldefinition in die ÄAppO aufgenommen wor- den. Danach ist die auf wissenschaftli- cher Grundlage erfolgende Ausbil- dung zum Arzt am Ziel der Befähi- gung zur eigenverantwortlichen Aus- übung des ärztlichen Berufs entspre- chend einzeln aufgeführten Anforde- rungen an den Arzt und daraus resul- tierenden Ausbildungserfordernissen auszurichten (28).

4.4.2 Arzt im Praktikum

Nach geltendem Recht umfaßt die ärztliche Ausbildung außer dem sechsjährigen Medizinstudium (ein- schließlich des „Praktischen Jahres“

am Schluß) eine 18monatige Tätigkeit als „Arzt im Praktikum“. Diese Pra- xisphase ist 1985 gesetzlich ein- geführt, 1986 im einzelnen in der ÄAppO geregelt worden und im Herbst 1988 erstmals angelaufen. Ins- besondere die „Kleine Kommission“

und der 82. Deutsche Ärztetag hatten empfohlen, zur Sicherung der vor al- lem durch Massenstudium gefährde- ten Qualität der praktischen Ausbil- dung dem Medizinstudium eine Pra- xisphase anzufügen (29).

Viele Beteiligte werden sich an die zahlreichen Beratungen, aber auch an die Proteste der Medizinstu-

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denten anläßlich dieses Gesetzesvor- habens erinnern. Schwierige Fragen waren zu lösen (zum Beispiel Status- und Kostenfragen). Es gab auch in diesem Zusammenhang Auseinan- dersetzungen zur Struktur des ärztli- chen Berufs. Alternativvorschläge der Verbände der Allgemeinärzte und der praktischen Ärzte sowie der SPD- Fraktion im Deutschen Bundestag für eine Pflichtweiterbildung als Voraus- setzung für die Zulassung als Kassen- arzt (30) waren zu diskutieren. Sei- nerzeit hat sich aber das Anliegen der Mehrheit der Beteiligten durchge- setzt, für alle Ärzte die bestmögliche Qualifikation zu sichern und die not- wendige praktische Ausbildung nicht in eine Weiterbildung zu verlagern.

Auch das schwierige Problem einer weitgehend kostenneutralen Bereit- stellung von 18 000 Plätzen für Ärzte im Praktikum bis Herbst 1988 konnte dank großer Anstrengungen der Be- teiligten rechtzeitig gelöst werden (31).

4.4.3 Gestaltung des Medizin- studiums – Seminare – Stärkere Verzahnung von vorklinischer und klinischer Ausbildung – Pflichtvorlesungen – Senkung der Zahl der

Studienanfänger

Im Laufe der Zeit war erkennbar geworden, daß es einer Intensivie- rung des vorklinischen Unterrichts und einer stärkeren Verzahnung von Vorklinik und Klinik bedürfe, um den Studierenden ein vertieftes Verständ- nis für medizinische Zusammenhän- ge, insbesondere auch für die Bezüge zwischen vorklinischem und klini- schem Ausbildungsstoff, zu vermit- teln. Zu diesen Zwecken sind durch die 7. ÄndVO – dezidierten Vorschlä- gen des MFT entsprechend – Pflicht- seminare in den Kernfächern der Vor- klinik (Höchstzahl der teilnehmen- den Studierenden – in der Regel – 20) eingeführt worden. Neuen Pflichtun- terricht gibt es jetzt in den Praktika

„Einführung in die Klinische Medizin (mit Patientenvorstellung)“ und „Be- rufsfelderkundung“. Aus den Sollvor- schriften für die Gestaltung der prak- tischen Übungen sind Mußvorschrif- ten mit konkretisierten und wesent- lich verschärften Anforderungen ge-

worden. Seit längerem gibt es auch wieder Pflichtvorlesungen (Wieder- einführung durch die 2. ÄndVO 1978).

Neben verschiedenen Untersu- chungen zur Situation in der ärztli- chen Ausbildung und zu bestimmten Parametern der Kapazitätsverord- nungen und weiteren einschlägigen Materialien (32) haben die Neurege- lungen für die Seminare und prakti- schen Übungen dazu beigetragen, daß die Kapazitätsverordnungen mit der Folge einer Senkung der Zahl der Studienanfänger in der Medizin ab Wintersemester 1991 um rund 20 Pro- zent (von 10 354 im Jahr 1990 auf 8 282 im Jahr 1991 – nur alte Län- der –) geändert werden konnten (33).

4.4.4 Prüfungswesen

Auch die Vorschriften der ÄAppO von 1970 für die staatlichen Prüfungen hatten sich schon bald als änderungsbedürftig erwiesen. Die Annahme, daß hinreichende mündli- che und praktische Leistungskontrol- len im Rahmen der Scheinerteilung stattfänden, hatte sich – vor allem we- gen der hohen Zahl der Studierenden – nicht bewahrheitet. So war das Übergewicht der schriftlichen, nur auf Überprüfung kognitiven Wissens gerichteten Prüfungen zu groß, der Anteil mündlicher und praktischer, auf die Darstellung von Zusammen- hängen, Beobachtungen und Einstel- lungen sowie auf praktische Fähigkei- ten gerichteten Leistungskontrollen zu klein geworden. Obwohl unter an- derem die „Kleine Kommission“ und der 82. Deutsche Ärztetag ein ausge- wogeneres Prüfungssystem empfoh- len hatten (34), zögerte das zuständi- ge Bundesministerium mit einer Neu- regelung. Ihm erschien nicht genü- gend sicher, daß zusätzliche mündli- che Prüfungen unter den gegebenen Umständen realisierbar sein würden.

Auf Vorschlag des Bundesrates sind in die 5. ÄndVO 1986 einschlägi- ge Regelungen aufgenommen wor- den. Alle schriftlichen Prüfungen werden nach wie vor bundeseinheit- lich nach dem „Antwort-Wahl-Ver- fahren“, alle mündlichen als Kollegi- alprüfungen durchgeführt. Eine Re- gelung für die Benotung der Prü- fungsleistungen war bereits durch die

4. ÄndVO im Jahre 1983 eingeführt worden. Am Antwort-Wahl-Verfah- ren ist trotz vieler Vorbehalte – insbe- sondere auf seiten der Ärzteschaft (35) – festgehalten worden. Diese Prüfungsmethode hat die Vorteile der Ökonomie und absoluter Objekti- vität. Bei einem mit Prüfungsmetho- den in der medizinischen Ausbildung befaßten Symposium im Sommer 1995 konnte festgestellt werden, daß das Multiple-choice-Verfahren als ei- ne auch in der Medizin geeignete und gängige Prüfungsart in vielen Län- dern praktiziert wird (36).

4.4.5 Vorgaben für den Inhalt der Ausbildung

Als eine wesentliche Vorgabe enthält die ÄAppO heute die Ausbil- dungszielbeschreibung. Die Ausbil- dungsinhalte sind durch Auswahl der Pflichtveranstaltungen, die Regelun- gen für die Prüfungen und den Inhalt der Prüfungsstoffkataloge von jeher an dem Erfordernis der Vermittlung des für den der Gesundheit des einzel- nen und der Allgemeinheit dienenden Arzt allgemein notwendigen Wissens und Könnens ausgerichtet. Im Laufe der Zeit sind die Vorgaben für die Ausbildungsinhalte wiederholt an neuere Entwicklungen in der Medizin angepaßt worden. Im einzelnen kann hierauf im Rahmen dieses Aufsatzes nicht eingegangen werden. Es sei aber beispielhaft die Verankerung allge- meinmedizinischer Inhalte durch die Einführung von Pflichtunterricht in diesem Bereich durch die 2. ÄndVO 1978 erwähnt. Auch die Prüfungs- stoffkataloge sind mehrmals aktuali- siert worden (durch die 2. und die 7.

ÄndVO). Sie erstrecken sich in ihrer jetzigen Fassung zum Beispiel auf

„Fragen des Umgangs mit Patienten“

sowie „ethische Aspekte ärztlichen Handelns“ und sind bewußt auf Be- reiche ausgedehnt worden, die gerade in der modernen Medizin eine immer größere Rolle spielen.

5. Deutsche Einheit

Seit Herstellung der deutschen Einheit gelten gemäß Einigungsver- trag die BÄO und die ÄAppO – mit den Übergangsregelungen und Ände-

(5)

rungen des Vertrags – auch in den neuen Ländern (37). Das Medizinstu- dium wird nunmehr an 36 Universitä- ten grundsätzlich nach der ÄAppO durchgeführt. Alle erfolgreichen Ab- solventen schließen ihre Ausbildung mit der Tätigkeit als Arzt im Prakti- kum ab.

Die in der DDR erworbenen ärztlichen Qualifikationen werden nach Maßgabe besonderer Regelun- gen anerkannt. Das Grundstudium der Studienrichtung Medizin war in vielem dem Medizinstudium nach der ÄAppO ähnlich (38). Sein erfolgrei- cher Abschluß konnte daher der be- standenen Ärztlichen Prüfung gleich- gestellt werden. Für die Anerken- nung der in der DDR nach erfolgrei- chem Medizinstudium erteilten, zum Eintritt in eine obligatorische Weiter- bildung zum Facharzt berechtigenden Approbation als Arzt als Approbati- on im Sinne der BÄO gelten differen- zierende Regelungen. Alle Studieren- den der Medizin mit Studienbeginn im Beitrittsgebiet 1992 und später werden ausschließlich nach den Vor- schriften der ÄAppO ausgebildet.

Für Studierende der Medizin, die ein vor dem Beitritt im Beitrittsgebiet aufgenommenes Medizinstudium nachher dort fortsetzen, und für Stu- dienanfänger im Beitrittsgebiet im Jahr 1991 gilt – befristet – für be- stimmte Ausbildungsteile insoweit weitergeltendes DDR-Recht, im übri- gen die ÄAppO.

Die im Beitrittsgebiet erworbe- nen ärztlichen Befähigungsnachweise sind durch die Richtlinie 90/658 EWG in die gegenseitige Anerkennung in den Mitgliedstaaten der Gemein- schaft einbezogen worden (39).

Der MFT hatte schon vor Ab- schluß des Einigungsvertrages Kon-

takte mit den medizinischen Fakultä- ten der DDR aufgenommen. Auf dem Ordentlichen Medizinischen Fa- kultätentag am 15. und 16. 6. 1990 war – vor allem zum intensiven Informati- onsaustausch – die „Gemeinsame Kommission“ gegründet worden, auf deren Tagungen die ÄAppO stets wichtiger Gesprächspunkt war (40).

6. Ausblick – Vorarbeiten für eine Reform

Das Bundesministerium für Ge- sundheit (BMG) ist mit den Vorarbei- ten für eine Novelle zur BÄO und eine neue ÄAppO befaßt. Schon 1989 war dort eine „Sachverständigen-Arbeits- gruppe zu Fragen der Neuordnung des Medizinstudiums“ berufen worden, die 1993 ihre Arbeiten mit der Vorlage von Reformvorschlägen abgeschlos- sen hat. Der Bundesrat hatte sowohl bei der 5. als auch bei der 7. ÄndVO die Notwendigkeit einer grundlegen- den Neuordnung der ärztlichen Aus- bildung betont, wichtige Zielpunkte einer Reform zusammengefaßt und die Einfügung einer Modellversuchs- klausel gefordert (41). Der von der Friedrich-Bosch-Stiftung berufene so- genannte „Murrhardter Kreis“ hat 1989 sein Werk „Arzt der Zukunft“

vorgelegt (42). Im Anschluß an seine Empfehlungen von 1988 hat der Wis- senschaftsrat 1992 „Leitlinien zur Re- form des Medizinstudiums“ verab- schiedet. Wiederholt hat sich die Kon- ferenz der für das Gesundheitswesen zuständigen Minister und Senatoren der Länder für eine Neuregelung aus- gesprochen, insbesondere eine ver- stärkte Ausrichtung des Medizinstudi- ums auf allgemeinmedizinische und für den Hausarzt wichtige Inhalte an-

gemahnt. Auch der Deutsche Ärzte- tag und die Bundesärztekammer ha- ben wiederholt grundlegende Verän- derungen des Medizinstudiums und der Prüfungen gefordert. An verschie- denen Universitäten (zum Beispiel FU Berlin und Witten-Herdecke) sind – unter Rückgriff auf Reformbemü- hungen im Ausland (Schweden, Nie- derlande, USA) – Reformstudiengän- ge geplant. Sie warten auf die für die Durchführung erforderliche Modell- versuchsklausel im Bundesrecht.

Im Rahmen dieses Aufsatzes kann nicht im einzelnen auf die vorlie- genden Analysen und Vorstellungen eingegangen werden. Es entspricht der Erfahrung, daß viele der heutigen Forderungen denen gleich oder ähn- lich sind, die auch frühere Reformen ausgelöst haben (zum Beispiel ÄAppO 1970). Folgende wichtige, ei- ner Reihe von Stellungnahmen ge- meinsame Postulate lassen sich her- auskristallisieren:

– Verbesserung des Stellenwerts der Lehre,

– Anpassung der Studienanfänger- zahlen an tatsächlich vorhandene Ausbildungsmöglichkeiten (Ände- rung der Kapazitätsverordnungen durch realistischere Gestaltung der Parameter für die Kapazitätsermitt- lung),

– sinnvolle Planung und Organisation an den medizinischen Fakultäten, – Ausrichtung der auf wissenschaftli- cher Grundlage erfolgenden Ausbil- dung an heutigen Erkenntnissen in der Medizin und an Anforderungen, die an den künftigen Arzt gestellt werden,

– Straffung des Medizinstudiums, stärkere Fächerintegration, Patien- ten- und Problembezogenheit des Unterrichts, Verstärkung des prakti- schen Unterrichts am Patienten, Ein- führung neuer Formen für die Pflicht- unterrichtsveranstaltungen (zum Bei- spiel Blockunterricht),

– frühzeitiger Kontakt der Studieren- den mit Patienten,

– Aufhebung der Trennung von Vor- klinik und Klinik,

– Einführung von Wahlpflichtberei- chen,

– Einbeziehung von außeruniver- sitären Krankenhäusern und anderen geeigneten Einrichtungen in die Aus- bildung in möglichst großem Umfang,

Berichtigung: Die richtigen Richtlinien. . .

In den Artikel: „Der Wissenschaftliche Beirat der Bundesärztekam- mer, Funktion und Arbeit sowie Bilanz 1951 bis 1996“ (Heft 10/1997) ha- ben sich in der Tabelle 4 zwei Fehler eingeschlichen.

Unter 1. muß es in der dritten Zeile heißen: z. B. Richtlinien zum Gentransfer in menschliche Körperzellen (und nicht, wie irrtümlich dort steht, Richtlinien zum Führen einer Knochenbank). Unter 3. muß die un- tere Zeile lauten: z. B. Richtlinien zur Durchführung des intratubaren Gametentransfers, der In-vitro-Fertilisation mit Embryotransfer und an- derer verwandter Methoden. DÄ

(6)

– Reduzierung der Zahl der Staats- prüfungen, Verminderung des Anteils der bundeseinheitlichen Prüfungen nach dem Anwort-Wahl-Verfahren, – Gewährung größerer Freiräume für die medizinischen Fakultäten, – Einführung einer Modellversuchs- klausel.

Die bereits der Fachöffentlichkeit bekannten und derzeit diskutierten Referentenentwürfe des BMG für ei- ne Novelle der BÄO und eine neue ÄAppO vom Dezember 1995 greifen diese Forderungen weitgehend auf, soweit Regelungsmöglichkeiten in den genannten Kodifikationen bestehen.

Die auf wissenschaftlicher Grund- lage erfolgende ärztliche Ausbildung soll auch künftig ein sechsjähriges Me- dizinstudium (einschließlich „Prakti- sches Jahr“ von 48 Wochen am Schluß) und eine achtzehnmonatige Tätigkeit als Arzt im Praktikum um- fassen; die vereinzelt vorgeschlagene Verkürzung des Studiums auf fünf Jahre verbietet sich wegen der zeitli- chen Vorgaben des EU-Rechts.

Das Studium soll sich in drei Pha- sen gliedern (erste und zweite Phase je zweieinhalb Jahre, anschließend

„Praktisches Jahr“). Die Trennung von Vorklinik und Klinik soll entfal- len. Neben die bisher üblichen Un- terrichtsveranstaltungen sollen „ge- genstandsbezogene Studiengruppen“

und Blockpraktika treten. Der Un- terrichtsstoff ist nach Stoffgebie- ten, fächerübergreifenden Berei- chen, Blockpraktika in bestimmten Fächern und Wahlpflichtbereichen geordnet, wobei die Hochschulen zu einem großen Teil Art und Umfang der einzelnen Unterrichtsveranstal- tungen selbst sollen bestimmen kön- nen. Der Unterrichtsstoff berücksich- tigt verstärkt Inhalte, die besonders für die allgemeinmedizinische und die hausärztliche Kompetenz wichtig sind. Es soll nur noch die in drei Ab- schnitte aufgeteilte Ärztliche Staats- prüfung mit einem ausgewogenen Verhältnis von schriftlichen, mündli- chen und praktischen Prüfungen ge- ben. Für die schriftlichen Prüfungen sind Antwort-Wahl-Verfahren und Fallstudien, für die mündlichen Kol- legialprüfungen vorgesehen.

Auf Grund einer Modellver- suchsklausel sollen Hochschulen, die Modellstudiengänge erproben wol-

len, nach Maßgabe der Verordnung von bestimmten Vorgaben für den Regelstudiengang und die Prüfungen abweichen können. Erforderlich ist die nach Zustimmung der zuständi- gen Stelle des Landes erteilte Zulas- sung durch das BMG.

Die Referentenentwürfe werden derzeit im BMG mit Beteiligten bera- ten. Die Diskussion ist kontrovers.

Insbesondere der MFT lehnt den Ent- wurf für eine neue ÄAppO wegen Undurchführbarkeit der vorgesehe- nen Regelungen ab. Seine inhaltli- chen Verbesserungsvorschläge zu dem vorhergegangenen Diskussions- entwurf seien nicht hinreichend berücksichtigt. Im übrigen bestehe weder begründete Aussicht auf die notwendige Reduzierung der Studen- tenzahlen, noch sei abzusehen, ob die Länder willens seien, die erforderli- chen erheblichen Haushaltsmittel und personellen Ressourcen bereitzu- stellen. Entsprechende Zusagen müß- ten aber vor Erlaß der Neuregelung vorliegen (43). Die Bundesärztekam- mer vertritt – mit Vorbehalten unter anderem gegen die vorgesehene Bei- behaltung der Tätigkeit als Arzt im Praktikum – einen positiveren Stand- punkt (44).

7. Ausbildungsqualität – Qualität der Ärzte

Am Beginn dieser Ausführungen ist die Rede von den seit Jahrzehnten anhaltenden Auseinandersetzungen um die ärztliche Ausbildung und der immerwährenden Suche der Fachwelt und der zuständigen staatlichen Stel- len nach einer verbesserten Konzepti- on für diese Ausbildung. Die vorste- henden Darlegungen, insbesondere zur Geschichte der ÄAppO und der neuerlichen Reformbemühungen, mögen dies belegen. Jedenfalls prägt die Kritik an der Ausbildung – sei sie gegen die geltende Ausbildungsord- nung, gegen deren Durchführung oder gegen schädliche äußere Einflüs- se gerichtet – seit Jahrzehnten ein zu- tiefst negatives Bild von der ärztli- chen Ausbildung in der Bundesrepu- blik Deutschland.

Merkwürdig ist jedoch, daß unse- re ärztliche Versorgung dieses Bild nie widergespiegelt hat und heute

wohl durchweg von hoher Qualität ist. Zwangsläufig drängt sich die Fra- ge auf, wie es angeht, daß eine ver- meintlich schlechte Ausbildung viele gute Ärzte hervorbringen kann. Man wird sie nicht einfach mit dem Hin- weis beantworten können, das Ver- dienst daran komme einer guten Wei- terbildung zu. Auch eine solche setzt solides Grundwissen und -können des Arztes voraus. So wird man fragen müssen, ob die ärztliche Ausbildung tatsächlich so schlecht wie ihr Ruf ist.

Sicherlich wird es zutreffen, daß die praktische Ausbildung im Medi- zinstudium nicht die gewünschte In- tensität und den angestrebten Um- fang hat. Bei den bis vor wenigen Jah- ren noch extrem hohen und auch heu- te noch nicht den Ausbildungsmög- lichkeiten angepaßten Studentenzah- len läßt sich eine umfassende prakti- sche Ausbildung nicht realisieren.

Die theoretische Ausbildung ist je- doch weit weniger derartigen Einflüs- sen ausgesetzt, so daß sich möglicher- weise hier der Schlüssel dafür finden läßt, daß das „Endprodukt“ der Aus- bildung durchweg ein qualifizierter Arzt ist. Wenn die praktische Ausbil- dung nicht hinreicht, kann dies doch nur daran liegen, daß den Studieren- den ein gediegenes, modernen wis- senschaftlichen Erkenntnissen ent- sprechendes Grundwissen vermittelt wird. Eine Kopflastigkeit der theore- tischen Ausbildung im Medizinstudi- um gehört seit Jahrzehnten zu den Hauptpunkten der Kritik der Refor- mer; die Verlagerung des Schwerge- wichts auf die praktische Ausbildung wird gefordert. Die Erfahrungen dürften aber die große Bedeutung ei- ner fundierten theoretischen Grund- ausbildung hinreichend gezeigt ha- ben. Auch in der Zukunft wird man daher auf ein dem hohen Wert der theoretischen Ausbildung angemes- senes Verhältnis von Theorie und Pra- xis im Medizinstudium bedacht sein müssen.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis, das bei der Redakti- on oder via Internet abgerufen werden kann.

Anschrift der Verfasserin Marilene Schleicher Ministerialrätin a. D.

Buchenweg 2 53343 Wachtberg

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