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Archiv "Hauptversammlung des NAV-Virchowbundes 1994: „Der Arzt darf nicht gleichgeschaltet werden“" (16.12.1994)

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Hauptversammlung des NAV-Virchowbundes 1994

„Der Arzt darf nicht

gleichgeschaltet werden"

Führungswechsel beim NAV-Virchowbund (Verband der niedergelassenen Deutschlands e. V.). Die Bundeshauptversammlung dieses Ärzteverbandes wählte mit Dr. med. Maximilian Zollner (54), Allgemeinarzt aus Friedrichshafen, einen ausgewiesenen Streiter für die Interessen der Niedergelassenen an die Spitze dieses Ärzteverbandes. Der Vorsitzende des Landesverbandes Baden-Württem- berg des NAV-Virchowbundes erhielt 46 von 62 abgegebenen Stimmen, für sei- nen Gegenkandidaten, Dr. med. Manfred Blinzler (51), Internist aus Kronach, Vorsitzender des Landesverbandes Bayern des NAV-VB, votierten 15 Delegierte.

Der bisherige NAV-Virchowbund-Vorsitzende, Dr. med. Erwin Hirschmann (63), Kinderarzt aus München, der den Bundesverband 12 Jahre führte, hatte nicht mehr kandidiert. Er ist zum Ehrenvorsitzenden des Verbandes ernannt worden.

Die Vorstandswahlen und innerverbandliche Gefechte hatten zuweilen die drän- genden gesundheitspolitischen Sachfragen in den Hintergrund gerückt.

THEMEN DER ZEIT

D

er NAV-Virchowb und machte sich in seinem Blick nach vorwärts selbst Mut:

„Wir müssen die Meinungs- führerschaft unter den Ärztever- bänden wieder zurückgewinnen."

So eine Parole der Delegierten, bei denen man die Unzufriedenheit der Niedergelassen von „der Basis" ver- spürte. Immer mehr NAV-Virchow- bund-Landesverbände forderten ei- ne Erneuerung der Verbandsstruk- turen und eine Akzentuierung des Verbandsprofils.

So versprach denn auch der neu gewählte Vorsitzende Zollner, sich intensiv um die Bündelung der verschiedenen ärztlichen Interessen und gemeinsamen Anliegen zu bemühen. Ziel sei es, eine gemein- same politische Vertretung und Plattform der Ärzte zu bilden, um mit mehr Gewicht bei der nächsten Stufe zur Strukturreform im Ge- sundheitswesen mitzureden und die Freiberuflichkeit und Unabhängig- keit des Arztberufes zu verteidigen.

Es müsse Schluß sein mit der Ver- teidigung von Partikular-Interessen, innerärztlichen Streitereien und ex- zessiven Verteilungskämpfen inner-

TAGUNGSBERICHT

halb des eigenen Lagers. Als fach- übergreifender Ärzteverband will aber der NAV-Virchowbund auch die Fühler in Richtung der ambu- lant und freiberuflich tätigen Klinikärzte ausstrecken, um sich diesen als „geborener" Interessen- walter zu öffnen und diese in seine

Dr. Maximilian Zollner, Frie- drichshafen, neu gewählter Bun- desvorsitzender des NAV-Vir- chowbundes.

Klientel „einzuverleiben". Ande- rerseits sieht man in der Gründung von Vertragsärztlichen Vereinigun- gen (beispielsweise in Baden-Würt- temberg, in Sachsen und in Schles- wig-Holstein) den Ausdruck einer

Krise der freien ärztlichen Verbän- de. Dies habe zweifellos eine allge- meine Verunsicherung über die Da- seinsberechtigung und die Notwen- digkeit der Erneuerung der freien Verbände heraufbeschworen.

Während der scheidende NAV-Vor- sitzende, Dr. Erwin Hirschmann, Vertragsärztliche Vereinigungen als störend und als basisfremd abtat, warnte Zollner: „Wir sollten die Entwicklung nicht wegdiskutieren, unterdrücken können wir sie ohne- dies nicht.

Dr. Maximilian Zollner setzt weitgehend auf die Kontinuität der Politik mit seinem Vorgänger Erwin Hirschmann. Andererseits will man sich intensiver um die Probleme der Kolleginnen und Kollegen in den neuen Bundesländern kümmern und die Vorstandsarbeit durch strik- te Ressortaufteilung verbessern.

Das Programm

Zollner umriß seine Vorstellun- gen der künftigen Verbandsarbeit:

— Aktive Beteiligung an der Honorar- und Vergütungsreform mit dem Ziel einer gerechteren Ho- norarverteilung und einem Ab- bremsen des Punktwertverfalls.

— Unterstützung des von der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung eingeschlagenen Weges zur EBM-Reform, insbesondere der Schaffung von „vernünftigen" Lei- stungskomplexen und Stärkung der hausärztlichen Tätigkeit.

—Allerdings sei es „systemge- rechter" gewesen, so der Verband, die hausärztliche Vergütung bei der am 1. Oktober 1994 in Kraft getre- tenen „kleinen" EBM-Reform zu erhöhen, statt für die eingehende Erörterung eine hausärztliche Nummer 10 und eine fachärztliche Nummer 9 zu schaffen.

—Praktikable Abgrenzung des Zuständigkeitsbereichs von Hausärzten und Fachärzten; Ableh- nung des „klassischen" Primärarzt- modells mit einer Beseitigung der freien Arztwahl und des Direktzu- gangs zum frei gewählten Arzt.

— Erhaltung der Investitions- fähigkeit auch durch Ausschöpfung von Rationalisierungsreserven und A-3490 (26) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994

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THEMEN DER ZEIT

den Zusammenschluß zu fachver- bindenden Gemeinschaftspraxen, Gruppenpraxen, Ärztehäusern, Praxiskliniken und der gemeinsa- men Nutzung von Großgeräten durch niedergelassene Ärzte und Kliniken in Form eines partner- schaftlichen Kooperationsmodells und in der Rechtsform von Gesell- schaften mit beschränkter Haftung.

Beschlossen wurde, eine Ar- beitsgruppe zu bilden, die Möglich- keiten ventilieren soll, wie die Zu- sammenarbeit zwischen niederge- lassenen Ärzten und Krankenhäu- sern verstärkt werden soll. Ziel ist es, vor allem einen Einstieg der nie- dergelassenen Ärzte in den Kran- kenhausbereich auf vertraglicher Ebene und mit gesetzlichen Rah- menbedingungen zu erleichtern, nicht nur im kooperativen Beleg- arztwesen und über Praxiskliniken, sondern generell durch eine Öff- nung der Krankenhäuser zumindest der Grund- und Regelversorgung für die gegenseitige „Befruchtung".

Zur Wehr will man sich dagegen.

setzen, Krankenhäuser auf der „in- stitutionellen Schiene" für den am- bulatorischen und semistationären Betrieb weit zu öffnen, etwa nach den jüngsten Forderungen der Deutschen Krankenhausgesell- schaft e. V. (Positionspapier vom 28. November 1994), der Gesund- heitsministerkonferenz der Länder (vom 17./18. November) oder teil- weise auch des Marburger Bundes.

Völlig verfehlt sei es, die gesamte fachärztliche Behandlung an das Krankenhaus zu konzentrieren, den Ort der Hochleistungsmedizin mit unbeherrschbaren Kostenschüben.

Der NAV-Virchowbund mo- niert die Ungleichbehandlung von Krankenhäusern und niedergelasse- nen Ärzten bei der Möglichkeit zur Kooperation. Die Krankenhäuser seien durch das Gesetz (GSG und SGB V) für die vor- und nachsta- tionäre Behandlung sowie das klinikambulante Operieren geöff- net worden, vergleichbare konkrete und vollziehbare Vorgaben für den

Bereich der Niedergelassenen fehl- ten weithin. Der Verband fordert deshalb die Möglichkeit, daß künf- tig niedergelassene Ärzte die Pati- enten konservativ in den Kranken-

TAGUNGSBERICHT

häusern mitbehandeln können — un- ter gemeinsamer Nutzung von Ein- richtungen und Geräten. Nur so könne dem Expansionsdrang der Krankenhäuser als Institution Ein- halt geboten werden.

Namentlich der scheidende NAV-Vorsitzende Hirschmann plä- dierte für eine Integration von am- bulanter und stationärer Versor- gung zumindest in den Randberei- chen des Krankenhaussystems und

für eine Erweiterung des Sicherstel- lungsauftrags der niedergelassenen Ärzte. Hier müsse die Trennlinie ambulant/stationär in Richtung Krankenhaus verschoben werden.

Den Krankenhäusern müsse durch mehr Schwerpunkt- und Notfallpra- xen, die auch über eine „Heilbe- rufs-GmbH" betrieben werden könnten, Paroli geboten werden (eine Entscheidung des Bundesge- richtshofs vom 25. November 1993 betrifft zwar nur Zahnärzte — unter bestimmten Bedingungen —, der Trend sei aber auch bei den Ärzten nicht aufzuhalten).

Handschrift des NAV

In einem Rückblick auf seine zwölfjährige Amtszeit registrierte Erwin Hirschmann eine Menge von Reform-Ideen, die inzwischen reali- siert und/oder in das Gesundheits- politische Programm der deutschen Ärzteschaft (beschlossen vom Deutschen Ärztetag 1994 in Köln) aufgenommen wurden.

Die Ärzteschaft müsse mit den politischen Vorgaben leben und Ge-

genstrategien entwickeln, vor allem zu folgenden Drangsalierungsin- strumenten:

• Globalbudget und Honorar- deckelung; zeitlich unbefristete, ge- setzlich verankerte Beitragssatzsta- bilität; Verlagerung der Verantwor- tung der Krankenkassen für das fi- nanzielle Leistungsgeschehen ein- seitig auf die Vertragsarztpraxis über sogenannte kombinierte Bud- gets und eine flexiblere Vertragsge- staltung. Bei beiden letzteren In- strumenten, die von den Kassen- spitzenverbänden propagiert wer- den und die in der Koalitionsverein- barung als Reformoption festge- schrieben worden sind, bestehe die Gefahr, daß der „Freiraum der Ärz- te einer Gefängniszelle um ein Hof- grundstück erweitert wird", so der Vorsitzende der KV Niedersachsen, Dr. med. Bodo Strahl, in seinem Statement zu Beginn der Tagung.

Abgelehnt werden vom Verband

„grundgesetzwidrige" Niederlas- sungsbeschränkungen und dirigisti- sche, globale Honorardeckel. Der Sicherstellungsauftrag könne nur dann erhalten werden, wenn Steue- rungselemente und Flexibilisierung Platz greifen können. So forderte Hirschmann, eine kontinuierliche Übergaberegelung von älteren zu jüngeren Ärzten vorzusehen. Dazu zählt der NAV-Virchowbund Ver- tragsarztsitze mit bedarfsorientier- ter Erweiterungsmöglichkeit (Teil- zeitbeschäftigung, facherweiternder Ausbau, Übergabeabläufe). Mobile Teams mit Ärzten und anderen Heilberufen könnten dazu beitra- gen, daß die Klinikaufenthalte ver- kürzt und die Patienten rechtzeitig in dem Einzugsbereich niedergelas- sener Ärzte zurückgeführt werden.

Versorgungsabsprachen von indivi- duellen und lokalen Versorgungs- aufträgen zwischen Krankenkassen und ärztlichen Verbänden und ein- zelnen Gruppen müßten kollektiv von den Kassenärztlichen Vereini- gungen abgeschlossen werden. Über differenzierte Vergütungsformen und flexible Versorgungsstrukturen könnte das starre gesetzliche Lei- stungssystem aufgebrochen und Vor- fahrt für eine individuelle Leistungs- gestaltung durch Patienten einge- räumt werden. Dr. Harald Clade Dr. Erwin Hirsch-

mann, Kinder- arzt aus Mün- chen, Ehrenvor- sitzender des NAV-Virchow- bundes, Träger der Kaspar- Roos-Medaille.

Fotos (2):

Bernhard Eifrig, Bonn

Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 50, 16. Dezember 1994 (27) A-3491

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