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Archiv "Hyperparathyreoidismus: 2 Bedarf überschätzt" (24.01.1992)

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Academic year: 2022

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

DISKUSSION

1 Wie weit soll oder muß der Urologe gehen?

Bezüglich der sehr interessanten und mit eindrucksvollem Bildmateri- al ausgestatteten Arbeit zur Diagno- stik des Hyperparathyreoidismus (HPT) mittels nichtinvasiver bildge- bender Verfahren ergeben sich im Vergleich mit der Literatur einige Unklarheiten, deren Klärung für die Diagnosestrategie dieses Krank- heitsbildes von Bedeutung sein dürfte.

In besonderem Maße betrifft dies den Urologen, da sich in etwa 60 Prozent der HPT mit einer primär renalen Symptomatik in Form einer Nephrolithiasis und/oder Polyurie manifestiert (1) und dessen Aus- schluß zum Standardrepertoire der Rezidivprophylaxe beinahe jeder Urolithiasis gehört. Der Bedarf an einer weiterführenden, im Idealfall operationsselektionierenden Dia- gnostik resultiert aus der Erfahrung, daß sich außer einer primär klini- schen Verdachtssymptomatik, wie sie jede Rezidivurolithiasis darstellt, häufig grenzwertige oder nicht kon- gruente Laborparameter ergeben.

Da nicht nur der therapeutische, sondern gewissermaßen auch der diagnostische Goldstandard unver- ändert die explorative Operation mit einer Nachweisrate von bis zu 97 Prozent ist, bekommen sensitive prä- operative Nachweis- oder Aus- schlußmethoden größte Bedeutung.

Nur sie könnten den Patienten letzt- lich vor einer unnötigen Exploration bewahren.

Am Ende ihres Beitrages emp- fehlen die Autoren als diagnosti- sches Procedere bei Patienten ohne vorhergehende Operation im Hals- bereich primär eine Sonographie und eine thallium-Technetium-Sub- traktions-Szintigraphie (TI-Tc-SSZ), die dann bei negativem Ergebnis mittels einer Magnet-Resonanz-To-

Zu dem Beitrag von

Dr. med. Wolfgang Aufferrnann und Prof. Dr. med.

Charles B. Higgins in Heft 8/1991

mographie (MRT) oder einem CT mit Kontrastmittelbolus ergänzt wer- den sollte.

Das aber in 12 bis 19 Prozent al- ler Fälle ektope Nebenschilddrüsen- adenome (Literatur siehe Original- arbeit) gefunden werden, bedeutet dies, daß bei negativem Ausfall der TI-Tc-SSZ die komplementäre Dia- gnostik mittels MRT oder CT auch im Bereich des Mediastinums als häufigstem Lokalisationsort ektoper Herde erforderlich ist.

Grundlage der von den Autoren vorgeschlagenen Diagnosestrategie ist die tabellarische Auflistung der prospektiven Sensitivitäten der ver- schiedenen bildgebenden Verfahren, bei der sich für die Subtraktions- Szintigraphie bei ektopen Herden le- diglich eine durchschnittliche Loka- lisationsrate von 25 Prozent bei einer Streubreite von 0 bis 50 Prozent er- gibt. Hier zeigen sich allerdings Dis- krepanzen mit anderen Literatur- angaben, die aufgrund der aufgeli- steten maximalen Lokalisierung mit einer maximal 50prozentigen Nach- weisrate anscheinend nicht berück- sichtigt wurden. Abweichend hier- von kommen aber zumindest vier an- dere Arbeitsgruppen zu dem Ergeb- nis, daß sich ektope Adenomherde mit einer mindestens 80prozentigen

Treffsicherheit mittels der TI-Tc- SSZ nachweisen lassen (2, 3, 4, 5).

Praxisrelevant wird dies bei kli- nisch und/oder laborchemisch ver- dächtigen Patienten mit rezidivie- render Urolithiasis, bei denen sich primärdiagnostisch weder sonogra- phisch noch szintigraphisch ein An- halt für einen HPT ergibt. Entspre- chend der in dem Beitrag getroffe- nen Diagnosestrategie müßte im weiteren nicht nur eine komplemen- täre Diagnostik im Halsbereich, son- dern wegen der bis zu 20prozentigen Wahrscheinlichkeit einer ektopen Lokalisation auch eine mediastinale Diagnostik erfolgen. Dahingegen würd eine „sichere" Ausschlußdia- gnostik ektoper Herde mittels der TI-Tc-SSZ (2, 3, 4, 5) eine mediasti- nale Komplementärdiagnostik nicht obligat als Folge eines Mangels sen- sitiver, nichtradiologischer Verfah- ren programmieren.

Um die Notwendigkeit einer er- forderlichen Maximaldiagnostik in- klusive der mediastinalen Bildge- bung auf diejenigen Patienten be- schränken zu können, bei denen we- gen eindeutig pathologischer und nicht nur nichtkongruenter oder grenzwertiger Laborparameter ein organpathologisches Korrelat sicher ausgeschlossen werden muß, wäre die ergänzende Diskussion der Treffsicherheit der Subtraktions- Szintigraphie bezüglich des Nach- weises ektoper Adenomherde hilf- reich.

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf die bei dem Verfasser erhältliche Lite- ratur.

Dr. St. Roth Arzt für Urologie Universite de Rennes Pontchaillou

Service d'Urologie Rue Henri Le Guilloux F-35 033 Rennes Cedex

2 Bedarf überschätzt Der Artikel vermittelt in ein- drucksvoller Weise die heute verfüg- baren bildgebenden Verfahren zur Lokalisation erkrankter Neben- schilddrüsen. Leider begrenzen sich

Hyperparathyreoidismus

Nichtinvasive

bildgebende Diagnostik

A1-208 (64) Dt. Ärztebl. 89, Heft 4, 24. Januar 1992

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die Autoren nicht auf Darstellung und Wertung der von ihnen be- herrschten fachspezifischen Metho- den, sondern geben vielmehr auch noch Empfehlungen — und dies mit dem Unterton einer gewissen Ver- bindlichkeit — an Kollegen, die über die Therapie der zugrundeliegenden Erkrankung, vor allem aber über die technische Ausführung zu entschei- den haben. Diese "Indikation" zum Einsatz der Lokalisationsdiagnostik in jedem Fall von Hyperparathyreo- idismus geht über den tatsächlichen Bedarf, aber auch deutlich über die tatsächliche Treffsicherheit hinaus.

Nach allgemeiner Erfahrung gelingt es dem versierten Chirurgen, auch ohne Lokalisationsdiagnostik mittels bildgebender Verfahren beim Erst- eingriff in über 95 Prozent aller Fälle erfolgreich zu sein. Die ganz geringe, dennoch vorhandene Versagensquo- te steht im Zusammenhang mit diffi- zilen Befunden von Mehrdrüsener- krankungen unter extremen Dysto- pien. Bei 216 in der eigenen Klinik behandelten konsekutiven Patienten der zurückliegenden vier Jahre wa- ren nur vier Eingriffe ohne erfolgrei- ches Endergebnis (1,85 Prozent).

Zwei der Patienten hatten eine be- sondere Konstellation von Mehrdrü- senerkrankungen mit später noch kurativer Reoperation, ein Patient mit überprüfenswerter Diagnose und lediglich dauerhaft bislang erfolglos ein Patient. Die nicht auf unsere Veranlassung, sondern vielmehr aus- wärts durchgeführten Lokalisations- diagnostiken waren deutlich unter 50 Prozent nur positiv.

Den allgemeinen internationa- len Gepflogenheiten folgend setzen wir selbst lediglich als orientierende Maßnahme bei geringem Aufwand, beliebiger Wiederholbarkeit und fehlender Patientenbeeinträchtigung die zervikale Ultraschalldiagnostik als ausreichend ein. — Die in dem vorliegenden Artikel meisterlich dar- gestellten vielseitigen und neuen Verfahren erachten wir als lediglich dem Fall einer ergebnislosen Primär- operation oder der Vorbereitung des Rezidiveingriffes vorbehalten. Dies scheint uns trotzdem eine ausrei- chende Sicherheit für den zu behan- delnden Patienten zu gewährleisten und respektiert die in zunehmendem

Maße doch beachtenswerte Kosten- Nutzen-Relation.

Prof. Dr. med. H.-D. Röher Dr. med. Cornelia Dotzenrath Chirurgische Klinik und Poliklinik Abteilung für Allgemeine und Unfallchirurgie

Heinrich-Heine-Universität Moorenstraße 5

W-4000 Düsseldorf 1

3 Aus chirurgischer Sicht Die Autoren empfehlen bei al- len Patienten mit primärem Hyper- parathyreoidismus eine Lokalisati- onsdiagnostik mit nichtinvasiven, bildgebenden Verfahren, ergänzt durch Aspirationszytologie und ge- gebenenfalls die Angiographie mit selektivem venösen Sampling. Dieses Konzept berücksichtigt weder die pathologische Anatomie noch die Möglichkeiten und Ergebnisse einer qualifizierten Operation. An der Kli- nik für Allgemein- und Abdominal- chirurgie Mainz wurden zwischen dem 1. August 1987 und dem 21. Ja- nuar 1991 insgesamt 104 Patienten mit HPT operiert. Unter Verzicht auf die präoperative Lokalisations- diagnostik war bei 102 Kranken die Stoffwechselstörung postoperativ be- seitigt, bei einer Patientin mit Dop- peladenom war ein Zweiteingriff er- forderlich, und bei lediglich einem Patienten mit vier histologisch gesi- cherten Epithelkörperchen liegt bei Erkrankungspersistenz vermutlich ein ektopes Adenom vor. Ausgehend von diesen Erfahrungen und den An- gaben der Literatur ergibt sich:

1. Bei 80 Prozent der Patienten mit pHPT liegt ein solitäres, an typi- schen Stellen gelegenes Adenom vor, dessen Identifizierung nach zervika- ler Inzision unproblematisch ist. Die eigenen Untersuchungen und die Zusammenstellung der Autoren be- legen, daß für das Epithelkörper- chenadenom am Hals (einschließlich Thymus) die Treffsicherheit der Operation höher als die nichtinvasi- ver diagnostischer Verfahren ist.

2. Bei etwa 20 Prozent der Pa- tienten liegen Doppeladenome (ei- genes Krankengut 5,1 Prozent) oder eine primäre Hyperplasie vor (13 Prozent). Diese problematischeren

Situationen sind mit der präoperati- ven Lokalisationsdiagnostik nicht zu- verlässig zu erfassen und wurden von den Autoren nicht erwähnt. Der Mehrdrüsenbefall begründet jedoch unabhängig vom Ergebnis der Loka- lisationsdiagnostik die Notwendig- keit der Revision aller Epithelkör- perchen beim Ersteingriff.

3. Ein ektopes Adenom außer- halb der von einer Halsinzision er- reichbaren Region ist sehr selten (1/79, 1,3 Prozent) und rechtfertigt nicht eine unnötige Lokalisationsdia- gnostik bei den übrigen Patienten.

4. Unter den Nachteilen der Lo- kalisationsdiagnostik (Strahlenbela- stung, Kontrastmittelallergie, Ko- sten) blieben die der Aspirations- punktion unerwähnt. Durch zum Teil erhebliche Verwachsungen ist eine genaue Identifikation des Ade- noms, aber auch des N. recurrens er- schwert, so daß das Risiko des Ein- griffs (Rezidiv bei unvollständiger Entfernung, Rekurrensparese) er- höht wird.

5. Die Begriffe „rezidivieren- der" und „persistierender" HPT sind klar definiert und sollten hinsichtlich der Pathophysiologie und der Be- wertung des chirurgischen Eingriffes getrennt werden. Für die Art der vor einem Zweiteingriff indizierten Lo- kalisationsdiagnostik sind die Befun- de des Ersteingriffes maßgebend.

6. Entscheidend für eine erfolg- reiche HPT-Operation ist die Funkti- onsdiagnose. Ergänzend führen wir vor dem Ersteingriff nur eine Sono- graphie sowie eine Schilddrüsenszin- tigraphie durch, nicht zur Adenomlo- kalisation, sondern um bestehende Schilddrüsenerkrankungen (37 Pro- zent) gleichzeitig beheben zu können.

7. Nach wie vor gilt der Aus- spruch von J. L. Doppmann (1985):

„In my opinion, the only localizing study indicated in a patient with un- treated primary hyperparathyreoid- ism is to localize an experienced parathyreoid surgeon."

Prof. Dr. med. Theodor Junginger Privatdozent Dr. med.

Siegfried Walgenbach Klinik und Poliklinik für

Allgemein- und Abdominalchirurgie Johannes-Gutenberg-Universität Langenbeckstraße 1 • W-6500 Mainz Dt. Ärztebl. 89, Heft 4, 24. Januar 1992 (67) A1-209

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