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Archiv "Chronische und funktionelle Erkrankungen: 99. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden, April 1993" (03.12.1993)

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MEDIZIN

99. Kongreß der

Deutschen Gesellschaft für Innere Medizin in Wiesbaden, April 1993

T

rotz des 1994 anstehenden (100.) Jubiläumskongresses war der Präsident, Professor Dr. Hans-Peter Schuster/Hil- desheim bemüht, durch ein Feuer- werk von Hauptsitzungen, Vorsym- posien, Symposien, Satellitensympo- sien, Workshops, Kontroversen, Rundtischgesprächen, Mittagsge- sprächen, Abendseminaren, Kursen, Kolloquien und Posters einen ein- drucksvollen Kongreß zu gestalten und die mehreren tausend Hörer in dem neugestalteten Kongreßgebäude zu verteilen. In seiner Eröffnungsre- de setzte er sich mit der Zukunft der Inneren Medizin als ganzes und — in differenzierender Form — mit dem Gesundheitsreformgesetz, vor allem mit seinen Auswirkungen auf die jun- ge Ärztegeneration auseinander. Wie alljährlich kann in diesen „Notizen"

aus Platzgründen nur über einige we- nige praxiswichtige Aspekte berichtet werden, von diesen dafür in verwert- barer Ausführlichkeit. Die Zusam- menfassungen aller Vorträge enthält der Supplementband 2 der Medizin.

Klinik vom 15. April 1993.

Strategien bei chronischen Erkrankungen

In seiner Einführung bezeichne- te H.-P. Schuster/Hildesheim als Ziel eine rationale, nicht eine rationierte Behandlung chronischer Krankhei- ten. H Zeidler/Hannover sprach über die inzipiente chronische Polyarthri- tis und die Gelenkdestruktionen bei der PCP. Behandlungsziele sind: ein Fortschreiten zu verhindern, De- struktionen hintanzuhalten. Er un-

KONGRESSBERICHT

terschied eine exsudative Synovialitis (Tage bis Wochen), eine proliferative Synovialitis, die Destruktion, die Im- mobilisation und die Detritus-Syno- vialitis. Der pathogenetische Mecha- nismus ist der destruierend in die Knochen einwachsende Pannus; die zentrale Diagnostik sind Aufnahmen der kleinen Gelenke (Fußgelenke, früher und häufiger betroffen als Handgelenke). Blutparameter sind vor allem die BKS, das C-reaktive Protein und, besonders wichtig für die Prognose, die Rheumafaktoren.

Das therapeutische Hauptarsenal bilden neben dem bekannten Gluko- kortikoiden und nichtsteroidalen An- tiphlogistika sowie physikalischer Therapie und gegebenenfalls opera- tiven Eingriffen vor allem langwirk- same Antirheumatika, deren Wirk- samkeit oft erst nach sechs Monaten beurteilt werden kann. Dazu gehören vor allem Gold (oral oder i. m.), An- timalariamittel und D-Penicillamin, auch Methotrexat und Azathioprin.

Die Gold-Behandlung konnte aller- dings nur bei 50 Prozent der Kranken über ein Jahr, bei über 20 Prozent noch nach zwei Jahren durchgeführt werden. Bei den Antimetaboliten nannte Zeidler die Stufenleiter MTX, Azathioprin, Cyclophospha- mid. In der Schwangerschaft kom- men Sulfasalazin und eventuell Kor- tikosteroide in Betracht. Schwanger- schaften wirken meist günstig auf den Prozeß. Neuere Ansätze, über die noch keine kontrollierten Studien vorliegen, sind Gamma-Interferon, Extrakte aus E. coli sowie Ciclospo- rin.

H. Magnussen und D. Nowak aus Großhansdorf sprachen über das irri- table Bronchialsystem. Eine kurze Inhalation mit Histamin oder Meta- cholin bewirkt bei Gesunden wenig, bei Sensiblen starke Reaktionen. Da- bei ist das Belastungsasthma dieser Art streng zu trennen von der Dys- pnoe kardio-pulmonaler Genese. Die Autoren nehmen als Grund der Überempfindlichkeit eine primäre

Entzündung an und unterscheiden das Asthma bronchiale von der chro- nisch-obstruktiven Bronchitis. Eine Überempfindlichkeit des Bronchial- systems besteht asymptomatisch bei etwa 15 Prozent der Erwachsenen, mit Symptomen bei etwa 5 Prozent.

Ein banales, oft zu wenig beachtetes Frühsymptom ist chronischer Hu- sten. Die Überempfindlichkeit kann ein Vorläufer des typischen Asthma bronchiale und der Ig E-Vermehrung sein. Theophyllin hat sich bewährt, wenn auch der Mechanismus bisher nicht nachgewiesen werden konnte.

Mittel der Wahl ist die Inhalation von Kortikosteroiden, deren klarer Vorteil bei langfristiger konsequen- ter Behandlung auch histologisch nachgewiesen wurde. Der Psyche schrieben die Autoren eine modulie- rende, keine kausale Rolle zu. Nach ausgiebigen Untersuchungen in der ehemaligen DDR ist die Schadstoff- belastung nicht korreliert mit der Häufigkeit des Auftretens.

Ringe/Leverkusen sprach über das Problem der Osteoporose. Davon sind in der Bundesrepublik etwa 8 bis 10 Prozent, vor allem der älteren Be- völkerung betroffen mit einer jährli- chen Inzidenz von etwa 65 000. Er unterschied fünf Formen: 1. die al- tersassoziierte Osteoporose, 2. eine mäßige präklinische Verminderung der Knochendichte, 3. eine deutliche Verminderung der Knochendichte, 4.

eine Höhenminderung bei über drei Wirbeln, 5. Auftreten von Frakturen, auch außerhalb der Wirbelsäule. Die optimale Knochenmasse wird mit et- wa 30 Jahren erreicht, danach be- ginnt ein „bone remodelling". Die Ursachen sind eine negative Kalzi- umbilanz, der Mangel an Östroge- nen, Alkohol, Nikotin und ein den Knochenabbau fördernder Kaffee- Mißbrauch. In der Prophylaxe gelten entsprechende Ernährung, als eigen- verantwortliche Maßnahmen Sport, Kalziumzufuhr, langzeitliche Be- handlung mit Östrogenen-Gestage- nen (mit der Nebenerscheinung von Abbruch-Blutungen im höheren Al- ter), als Behandlung besonders in den fortgeschrittenen Stadien Schmerztherapie, allgemeine Maß- nahmen, hochdosierte Kalziumbe- handlung (etwa 1000 mg/Tag) sowie zusätzlich niedrig dosiertes Fluor

Chronische und

funktionelle Erkrankungen

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DIZIN

(rund 15 mg/Tag), Östrogene, Kalzi- tonin und Biphosphonate. Bei Vit- amin D3 und Kalziumzufuhr ist eine Kontrolle auf das Entstehen von Harnsteinen erforderlich.

Herzkrankheiten

A. Schömig befaßte sich mit Herzfunktionsstörungen, besonders mit der kongestiven Herzinsuffizienz.

Führende Ursachen sind in abstei- gender Reihenfolge: Koronarinsuffi- zienz, Hypertonie, Vitien, dilatative Kardiomyopathie. Das Renin-Angio- tensin-System und ein erhöhter Sym- pathikotonus sowie besonders eine Stimulation von Wachstumsfaktoren wurden als Hauptursache genannt.

Die meistgeübte Basisbehandlung mit Digitalis, mit oder ohne Diureti- ka, ist bisher nicht in vergleichenden Untersuchungen als wirksam erwie- sen worden. Ähnliches gilt für die Kalzium-Antagonisten. Den Beta- Blockern kommt vielleicht eine ver- bessernde Wirkung zu. Prazosin ist ohne Einfluß. Dagegen verbessern ACE-Hemmer, besonders Enalapril, sowie Hydralazin die Überlebensrate um rund 27 Prozent. Mit Captopril oder Enalapril wurden die Untersu- chungen mit 50 mg beziehungsweise 20 mg durchgeführt, so daß die ge- ringstwirksame Dosis noch nicht si- cher feststeht. ACE-Hemmer ver- langsamen die fortschreitende Herz- insuffizienz und mindern das Infarkt- risiko, haben aber keinen Einfluß auf den plötzlichen Herztod. Umgekehrt mindern Beta-Blocker die Häufigkeit plötzlicher Herztodesfälle. Eine Kombination wurde von Schömig dis- kutiert.

Die Leber

Pape/München sprach über die chronische Hepatitis und die Leber- zirrhose, der in der Bundesrepublik

1991 27 000, in der früheren DDR 16 000 Personen erlagen. Die einzige kausale Behandlung, die Transplan- tation, wurde im gleichen Zeitraum nur etwas über 500 mal durchgeführt.

Die Hauptursachen (in Klammern:

führende Therapie) sind: die virusin- duzierten Hepatitiden B, C und D

KONGRESSBERICHT

(Interferon 3 x wöchentlich), Auto- immunerkrankungen (Immunsup- pressiva), die alkoholinduzierten Formen (Abstinenz), die medika- mentös induzierten Formen (Medi- kamentenentzug), der M. Wilson (D-Penicillamin), die Hämochroma- tose (Aderlässe), der alpha 1-Anti- trypsinmangel (bisher keine thera- peutischen Konzepte). Offen blieb unter anderem die Frage, ob auch

M. Crohn

Goebell referierte über den Mor- bus Crohn und das Kurzdarmsyn- drom. Bei etwa 1/4 der Crohnkranken ist nur der Dünndarm, bei einem wei- teren 1/4 der Dickdarm, beim Rest sind beide betroffen. Zur Malabsorp- tion kommt es bei einem Verlust von über 50 Prozent des Dünndarms, wo- bei besonders das terminale Ileum mit der Resorption der Gallensäuren und des B12-Komplexes von Wichtig-

Funktionelle

Krankheitsbilder ohne organpathologischen Befund

Diese Sitzung, zum Teil sich mit dem Symposium über Schmerzthera- pie überschneidend, stellte vielleicht einen der Höhepunkte des Kongres- ses dar, obwohl oder weil hier weni- ger naturwissenschaftlich Quantifi- zierbares zur Diskussion stand. Von Wichert/Marburg, der zusammen mit Gerok/Freiburg die Sitzung leitete, sprach einleitend über eine Art von somatisierten Depressionen, nach dem ICD-Schlüssel unter Nr. 10 lau- fend, mit rezidivierenden Störungen und starkem Leidensdruck über Jah- re hin.

Freund/Düsseldorf behandelte einleitend die funktionellen Kopf- schmerzen, unter denen etwa die Hälfte der Bevölkerung irgendwann leidet. Etwa 15 Prozent haben eine echte Migräne, 2 bis 3 Prozent su- chen eine Arzt auf. Weit häufiger noch ist der sogenannte Spannungs- kopfschmerz, seltener der Cluster- Kopfschmerz (Typ Bing-Horton),

minimale chronische Hepatitiden zu Übergängen führen und mit kleinen oder kleinsten Dosen von Predniso- lon sowie Azathioprin (50 mg täglich) behandelt werden sollen. Interferon ist bei den virusinduzierten Hepatiti- den Methode der Wahl, solange noch HB-Virus-DNS nachweisbar ist. Ziel ist die Normalisierung der GPT, oft nach vorübergehender scheinbarer Verschlechterung.

keit sind (Diarrhoen, Steatorrhoen, megaloblastische Anämie) Goebell empfahl organsparende Resektionen und Strikturoplastiken, auch mehr- fach. Die reine medikamentöse Be- handlung bringt oft zu wenig, dage- gen vermag sie in Verbindung mit der Operation, besonders bei der Ileitis, die Rezidive von rund 47 Pro- zent auf 8 Prozent zu vermindern.

Neben der üblichen 5-ASS ist zur Zeit Butenosid, ein an Nebenwirkun- gen armes Steroid, in Erprobung.

noch seltener epileptische Anfälle fo- kalen Typs. Eine gemischte Gruppe sind die sogenannten vasomotori- schen Kopfschmerzen, streng genom- men nicht der Migräne zuzuordnen, aber oft schwer von ihr abgrenzbar.

Häufig besteht ein Mißbrauch an Al- kohol, Kaffee oder anderen Genuß- mitteln. Der sogenannte Spannungs- kopfschmerz, besonders bei Ver- spannungen im Nacken, wird oft überschätzt. Bei posttraumatischen Kopfschmerzen besteht keinerlei Be- ziehung zur Schwere des Traumas.

Eine Differenzierung ist bei über 90 Prozent durch Anamnese und sorg- fältige Untersuchungen möglich. Die Migräne ist bis heute nicht heilbar, nur prophylaktisch zu behandeln. Ih- re Hauptursachen werden in Fehl- funktionen der Raphe, des Nucleus coeruleus und der Trigeminuskerne gesucht. Offenbar kommt es bei einer Fehlfunktion dieser Kerne mit hoch- frequenten Entladungen zu Extraver- saten, einer Art aseptischer Entzün- dung mit Freisetzung von Neuro- transmittern. Diese werden für die (dann doch mehr organische) Stö- rung verantwortlich gemacht. Migrä- ne kommt bei psychiatrischen Patien- Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 48, 3. Dezember 1993 (61) A1-3237

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MEDIZIN

ten oder Neurose-Betroffenen nicht häufiger vor als in der Durchschnitts- bevölkerung. Eine Beziehung zur In- telligenz besteht nicht. Ebenso wie Diener/Essen auf dem Schmerzsym- posium empfahl Freund zunächst die Gabe eines Antiemetikums, danach peripher wirksame Analgetika wie Aspirin, Paracetamol, Ibuprofen, Metamizol, bei schweren Attacken 2 mg Dihydroergotamin i. m. oder den neuen Serotinin-Antagonisten Su- matriptan (Imigran®) in einer Dosis von 100 mg oral oder 6 bis 8 mg sub- cutan. Dieses Präparat kann zu En- gegefühl in der Brust führen und hat deshalb Kontraindikationen wie ko- ronare Herzkrankheit, Hypertonie, Schwangerschaft und anderes.

Freund und Diener empfahlen bei Medikamenten-Abusus einen Ent- zug, eventuell kurz stationär mit tri- zyklischen Antidepressiva. Sauerstoff hilft nur beim Bing-Horton-Syndrom, nicht aber bei Migräne. Für die Pro- phylaxe kommen an erster Stelle Be- ta-Rezeptoren-Blocker, an zweiter Stelle Flunarizin, an dritter Stelle Se- rotonin-Antagonisten oder Ergot- amin als Spray in Betracht.

Kardiale

Funktionsstörungen Meinertz sprach über funktionel- le Herzbeschwerden. Sie sind außer- ordentlich häufig und.praktisch wich- tig, für manchen Kardiologen „oft nicht existent", da ihnen mit natur- wissenschaftlichen Methoden oft nicht beizukommen ist. Nach der Framingham-Studie sind 16 Prozent der Allgemeinbevölkerung betroffen, 20 bis 30 Prozent in der Sprechstun- de eines Kardiologen, 10 Prozent der Probanden, die einer Koronarangio- graphie (ohne Ergebnis) unterzogen werden. Die Nomenklatur ist vielsei- tig. An Symptomen kann jede Art von Dysrhythmien, Dysdynamien, Dysaesthesien auftreten. Abzugren- zen sind Herz- und Kreislauf- erkrankungen, besonders die hyper- tensive Herzkrankheit, Mitralklap- penprolaps, extrakardiale Ursachen sowie Psychosen. Echte Psychosoma- tosen sind nach Meinertz am Herz selten, eher psychoreaktive Störun- gen bei organischer Herzkrankheit.

KONGRESSBERICHT

Der Referent differenzierte die Ängstlichen, die Hysterischen, die Anankastischen, die Depressiven und die Schizoiden, die in etwa ab- steigender Reihenfolge das Syndrom stellen. Es reicht von vagovasalen Synkopen, Hyperventilations-Störun- gen, paroxysmalen Tachykardien, Herzklopfen, Beklemmungsangst, Atemnot bis zu „Ohnmacht" und Krämpfen. Nach einer Untersuchung

Tendomyopathien

MenningerlBad Abbach sprach über Tendomyopathien. Sie sind nicht monokausal erfaßbar. Er unter- schied eine mehr periphere Form mit vermehrtem Einstrom von nozizepti- ven Reizen und gestörten Verhal- tensmustern von zentralen Formen mit Fibromyalgie-Syndrom. Charak- teristisch sind universelle Druck- schmerzen, Verkürzungen der Extre- mitäten, Verhärtungen, Atrophie, Paraesthesien. Nach einem amerika- nischem Schema kann die Diagnose gestellt werden, wenn 11 von 18 defi- nierten Schmerzpunkten empfindlich sind. Am häufigsten betroffen sind Frauen über 40 Jahre mit mehr oder minder depressivem Hintergrund. Im Vordergrund steht auch hier die Gesprächstherapie, medikamentös eventuell Antidepressiva. Die Gabe von Steroiden ist nutzlos.

Chronische Müdigkeit Ewig/Bonn sprach über das chro- nische Müdigkeitssyndrom (Chronic Fatigue Syndrome = CFS), das neu- erdings auch in den Medien lebhaft diskutiert wird, obwohl es sich um ein altes Problem handelt. Verschiedene Infektionen wurden immer wieder Klein-Endemien zugrunde gelegt, so mit Epstein-Barr-Virus, Enterovi- ren, Herpes 6-Virus und anderen.

Auch in eine Umschaltung von Im- munregulationen wird wegen des häufig angetroffenen Ig G 1 sowie Ig

G3 und einer Verminderung der „Na- tural-Killer-Zellen" diskutiert. Etwa zwei Drittel der Patienten habe eine allergische Diathese. Als beweisend gilt nach der neuesten Definition des

sollten weitere vermieden werden, besonders ständige EKG-Schreibun- gen. Mittel der Wahl in der Behand- lung sind Gespräche und Persuasion, autogenes Training, Verhaltensthe- rapie, kognitive Therapie. Vor weit- reichenden aufdeckenden Maßnah- men, wie etwa der Psychoanalyse, warnte der Referent. In der Diskussi- on wurde auch Lithium in niedriger Dosierung genannt.

Disease-Control-Center in Atlanta Müdigkeit über sechs Monate mit über 50 Prozent Aktivitätsverlust, Ausschluß anderer Erkrankungen, vor allem Psychosen, Infektionen, Toxikomanien Dagegen sind Infek- tionen mit Toxoplasma, Borrelia, dem bereits genannten EBV, dem HIV, sowie den Hepatitis-Viren ein- geschlossen. Der Altersgipfel liegt bei etwa 35 Jahren, Frauen überwie- gen. Auch hier bietet sich als Be- handlung vor allem die Aufklärung sowie die Anerkennung des beste- henden Zustandes an. Dabei kann die Gutartigkeit hervorgehoben wer- den, da es in der Regel nach zwei bis drei Jahren zu einer völligen Rück- bildung kommt Gegenüber einer Pharmakotherapie „ins Ungezielte"

ist Skepsis geboten. Wichtiger sind positive Motivierung, Physiotherapie, Psychotherapie, eventuell Antide- pressiva.

Funktionsstörungen des Darms

Wienbeck/Augsburg sprach über die Motilitätsstörung des Darmes und das „Colon irritabile". Es macht in der gastrointestinalen Fachpraxis 60 bis 70 Prozent aller Konsultatio- nen aus. Der Stuhlgang kann zu schnell, zu langsam, retrograd oder schmerzhaft sein. In der Bundesre- publik suchen etwa 20 Prozent der Patienten wegen abdominaler Be- schwerden den Arzt auf; bei ihnen wird in etwa 50 Prozent eine organi- sche Ursache gefunden, in weiteren 50 Prozent ein Colon irritabile. Die Patienten sind gegen Ballonblähun- gen und schon gegenüber der Rek- troskopie doppelt so empfindlich wie

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MEDIZIN

die Durchschnittsbevölkerung. Unter den Arztbesuchern überwiegen die Kranken mit psychosomatischen Stö- rungen, während eine Kontrollgrup- pe, die den Arzt nicht aufgesucht hat, sich nicht von der Durchschnittsbe- völkerung unterscheidet. In dieser Gruppe wurde auch eine erhöhte Laktoseintoleranz gefunden. Wien- beck empfahl die „Kleine Psycho- therapie": nach sorgfältiger, einmali- ger oder eventuell stufenweiser Un- tersuchung Nehmen der Krebsangst und Akzeptanz als Patient ohne per- sönliche Wertung. Häufige Besuche der Kranken sind zweckmäßig, häufi- ge Untersuchungen unzweckmäßig.

Unverträglichkeiten der Kost müssen eruiert werden. Ballastreiche Kost ist sinnvoll, doch sollte sie ohne Stuhl- trägheit nicht gleich über Monate ge- geben werden. Eine medikamentöse Behandlung, etwa mit Loperamid

KONGRESSBERICHT / FÜR SIE REFERIERT

(zum Beispiel Imodium® und zahlrei- che andere Handelspräparate) oder Bierhefe (zum Beispiel Perenterol®), kann in akuten Phasen ebenso wie Spasmolytika wirksam sein.

Hypertonie

Die unter Leitung von Rahnl Münster und Philipp/Essen diskutier- ten Kontroversen II über milde Hy- pertonie sowie die Altershypertonie läßt sich in einigen Sätzen zusam- menfassen:

1.) Als „Grenzwertig" werden diastolische Werte von 90 bis 100 mmHg, von anderen mit 95 bis 105 beurteilt.

2.) Der diastolische Druckwert steigt durch Elastizitätsverlust im Al- ter oft isoliert bis auf Werte um 170

bis 180 mmHg an. Philipp riet trotz- dem zu einer Behandlung auch die- ser Form von Hypertonie.

3.) Eine milde Hypertonie iso- liert ist kein hoher Risikofaktor (Schlaganfälle 1,0 bis 1,6 mal häufi- ger), wohl aber im Zusammenhang mit anderen Risikofaktoren wie Dia- betes, Hypercholesterinämie, Rau- chen, Übergewicht: Anstieg bis auf 2 bis 4 mal (Distler/Berlin).

4.) In größerem Rahmen rando- misierter Studien über fünf bis sieben Jahre wurde eine Risikominderung bisher nur für Diuretika und Beta- Blocker erwiesen. Für ACE-Hemmer und Kalzium-Antagonisten liegen noch keine prospektiven Langzeitstu- dien vor.

Prof. Dr. med. Dr. h. c. Rudolf Gross Auf dem Römerberg 40

50968 Köln

Cimetidin zur

Gewichtsreduktion?

Wenn zwei das gleiche tun, ist es noch lange nicht dasselbe. Dies be- wahrheitet sich unter anderem auch bei klinischen Studien. In einer nor- wegischen Doppelblindstudie waren 60 übergewichtige Patienten mit 200 mg Cimetidin-Suspension oder mit einem Plazebo 30 Minuten vor den drei Mahlzeiten Frühstück, Mittages- sen und Abendessen als Begleitthe- rapie zu einer 1200-Kalorien-Diät behandelt worden. Die Diät war mit 9 g Pflanzenfasern angereichert wor- den. Der durchschnittliche Gewichts- verlust unter der Cimetidin-Behand- lung lag um 7,4 kg über der Plazebo- gruppe, wobei insbesondere das Hungergefühl durch den H2-Blocker unterdrückt wurde.

Dänische Autoren führten eine weitgehend identische Studie bei 60 Patienten, darunter 51 Frauen durch, wobei der Gewichtsverlust nach acht- wöchiger Behandlung in der Cimeti- din-Gruppe 5,7 kg, in der Plazebo- Gruppe 5,9 kg betrug. Die Patienten waren im übrigen überdurchschnitt- lich oft in der Lage, richtig abzu-

schätzen, ob sie Verum oder Plazebo erhalten hatten.

Stoa-Birketvedt, G.: Cimetidin suspen- sion reduces appetite and weight in diet- ing overweight subjects (abstract). Int. J.

Obesity 15 (1991) (suppl. 13): 19 Rasmussen, M. H., T. Andersen, L.

Breum, P. C. Gotzsche, J. Hilsted: Cime- tidin suspension as adjuvant to energy re- stricted diet in treating obesity. Br. Med.

J. 306 (1993) 1093-1996,

Department of Endocrinology, Hvidovre University Hospital, DK-2650 Hvidovre, Denmark.

Erhöhte Mortalität von Gallensteinträgern

Gallensteine führen selten zu le- bensbedrohlichen Komplikationen und verlaufen bei über 80 Prozent aller Menschen asymptomatisch.

Trotzdem weisen Patienten mit Gal- lensteinen eine erhöhte Mortalität auf, sieht man von der Entwicklung eines Gallenblasenkarzinoms einmal ab. Da Pima-Indianer eine hohe Prä- valenz von Cholesteringallensteinen haben, eignet sich diese Bevölke- rungsgruppe, die im Süden Arizonas

lebt, besonders gut für Langzeitstu- dien.

Die Autoren beobachteten ein Kollektiv von 383 Personen mit be- kanntem Gallenblasenstatus über ei- nen Zeitraum von 20 Jahren. 186 (49 Prozent) verstarben während des Be- obachtungszeitraumes. Die alters- und geschlechtskorrigierte Todesrate lag bei den Gallensteinträgern um den Faktor 1,9 über dem von Perso- nen mit steinfreier Gallenblase. To- desfälle infolge eines Malignoms wurden 6,6mal häufiger bei Gallen- steinträgern beobachtet, von 20 töd- lich ausgehenden Malignomfällen bei Gallensteinpatienten betrafen elf den Gastrointestinaltrakt, davon sechs Gallenblase oder -gänge. Es ist nicht bekannt, ob eine frühzeitige Cholezystektomie das aufgezeigte er- höhte Risiko vermindert hätte. W

Grimaldie, C. H., R. G. Nelson, D. J.

Pettitt et al.: Increased Mortality with Gallstone Disease: Results of a 20-Year Population-Based Survey in Pima Indi- ans. Ann. Int. Med. 118 (1993) 185-190 Phoenix Epidemiology and Clinical Re- search Branch, National Institute of Dia- betes and Digestive and Kidney Dis- eases. National Institutes of Health, Phoenix, Arizona 85104, USA.

Deutsches Ärzteblatt 90, Heft 48, 3. Dezember 1993 (63) A1-3239

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