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Archiv "Urteil: Realitätsfern" (05.08.2013)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 110

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Heft 31–32

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5. August 2013 A 1493 von den „Oberen“ (Oberärzt(inn)en

und Chef) arbeiten alle ärztlichen Kolleg(inn)en (männlich und weib- lich, also keineswegs nur die Frau- en) Teilzeit, und zwar zwischen 60 und 85 Prozent. Eine Kinderklinik samt Intensivstation ist damit pro- blemlos führbar! Teilzeit heißt ja nicht unbedingt, dass man nur von acht bis zwölf Uhr arbeitet. Es gibt da auch durchaus intelligentere Ar- beitszeitlösungen. Außerdem hat Teilzeit den Vorteil, dass man nicht permanent überlastet ist und auch mal freihat. Finanziell ist das ja nun in unserem Beruf auch kein Problem.

Dr. Sandra Haghir, 77652 Offenburg

Teilzeitkräfte sind besser motiviert

. . . Ob man/frau Karriere machen will oder nicht, hängt nicht davon ab, ob man Teilzeit arbeitet. Umge- kehrt wird ein Schuh daraus: Die jungen Eltern sehen ganz klar ihre Prioritäten, und die heißen auch Fa- milie und Kinder.

Es gibt nicht mehr (regelmäßig) den Jungstar der Forschung (männlich), der 70 Stunden und mehr in der

Klinik und im Labor verbringt, während ihm seine Frau den Rü- cken freihält und die Kinder erzieht.

Es gibt kaum mehr die jungen Kol- leginnen, die mit Familiengründung ihre berufliche Tätigkeit beenden, weil „beides nicht geht“. Gott sei Dank, möchte ich sagen! Die jun- gen Kolleginnen – und auch ihre Männer! – empfinden aber auch, dass die Politikerversprechen, dass, wenn es nur flächendeckend Krip- pen gäbe, Karriere in Vollzeit und ein glückliches Familienleben gleichzeitig zu haben wäre, nicht stimmen! Sie empfinden ganz in- tensiv, dass sie dann sich, ihren Partner und ihre Kinder belügen, dass sie die Familie aufs Spiel set- zen und sich abends fragen: „War - um tue ich mir das an?“

Teilzeit kann organisiert werden.

Deswegen muss kein Kollege mehr arbeiten . . . , sondern natürlich kann der Teilzeit-Kollege auch nur mit entsprechend anteiliger Last in die Patientenversorgung eingeteilt werden! Die Weiterbildung in Teil- zeit dauert länger: na und? Dafür hat man während der Weiterbil- dungszeit ein (Familien-)Leben.

Das soziale Leben fängt eben nicht

erst an, wenn der Facharzt in der Tasche ist! Und wenn Frau Dr. Das- sau fragt: „Wie wollen Sie . . . die Versorgung in einem Krankenhaus . . . rund um die Uhr . . . nur mit Teilzeitkräften hinbekommen?“, dann hat sie als Geschäftsführerin nicht viel Professionalität: Wer spricht von „nur Teilzeitkräften“?

Und auch gerade Teilzeitkräfte sind durch ihre Flexibilität bestens ge- eignet, um Lücken im Dienstplan zu füllen: Dienste, die der Vollzeit- kollege nicht übernehmen kann, weil er sonst Ruhezeiten nicht ein- hält und Höchstarbeitszeiten über- schreitet! Teilzeitkräfte, die gut nachts arbeiten können, wenn der Partner beim Kind ist. Teilzeitkräf- te, die gern Wochenenddienste ma- chen, wenn die Großeltern Zeit für die Kinder haben . . .

Also bitte: Klagt nicht über Teilzeit, weil es das Krankenhaus schwieri- ger zu organisieren macht: Die Leu- te sind dafür besser motiviert und weniger ausgepowert!

Unterstellt nicht, dass so keine Kar- riere geht: Die Karriere wird in Zu- kunft nach der Kleinkind- und Jun- ge-Familien-Zeit stattfinden . . .

Dr. Ines Pistner, 99094 Erfurt

URTEIL

Ein HNO-Arzt han- delt wettbewerbs- widrig, wenn er Pa- tienten auf die Hör- geräteakustiker am Ort hinweist (DÄ 14/

2013: „Gerichtsur- teil: Ärzte sollen keine Hilfsmittelerbrin- ger empfehlen“).

Realitätsfern

Es ist schon erschreckend, wie weit entfernt Urteile deutscher Gerichte von Realität und Praktikabilität sind.

Das Gericht scheint ausgeblendet zu haben, dass die Politik sogar In- tegration und Zusammenarbeit der Leistungserbringer wünscht. Man blättere im gleichen DÄ nur einige Seiten weiter und lese das Interview mit grünen Spitzenpolitikern. For- derungen wie Vernetzung und Ko- operation sind hier nachzulesen.

In letzter Konsequenz wäre es dann auch wettbewerbswidrig, Patienten in bestimmte Krankenhäuser einzu- weisen oder Ärzte zu empfehlen.

Nun wird aber jeder verantwor- tungsvolle Arzt im Interesse seines Patienten diesen dorthin verweisen, wo er weiß, dass er dort medizi- nisch bestmöglich behandelt wird.

Das sind Erfahrungswerte. Gleiches gilt für Hilfsmittelerbringer.

Auch ungefragt wird man Empfeh- lungen aussprechen, da man seinen Patienten mit einer Verordnung nicht einfach aus dem Sprechzim- mer entlassen kann. Spätestens beim Verlassen der Praxis fragt die- ser dann am Tresen: „Und wo gehe ich jetzt damit hin?“

Man stelle sich nur mal den Irrsinn vor, alle in Betracht kommenden Anbieter nennen zu müssen, wenn der Patient beispielsweise aus Ber- lin kommt.

Mario Loß, 12159 Berlin

U

E d w t g O 2 teil: Ärztesollen kein

BONU SZ AHLUNGEN

Künftig muss jedes Krankenhaus in sei- nem Qualitätsbe- richt ausweisen, ob es bei Verträgen mit leitenden Ärzten den Empfehlungen der DKG zu leistungsbezogenen Zielverein- barungen folgt (DÄ 20/2013: „Empfeh- lungen zu Bonusvereinbarungen: Kein stumpfes Schwert“ von Jens Flintrop).

Unklare Sprache

Als langjähriger Freund und Be- gleiter der Ärzteschaft mache ich mir zunehmend Sorgen dar - über, wie die Kommunikation zwischen den Ärzten, aber auch zwischen Ärzten, Patienten und an- deren gesellschaftlichen Gruppen gefährdet wird durch den Verfall des guten, klaren sprachlichen Aus- drucks.

BONU SZ AHL

K K n r e l E DKGzuleistungsbez

B R I E F E

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A 1494 Deutsches Ärzteblatt

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5. August 2013 Dabei meine ich nicht so sehr die

häufig beklagte Zunahme der An - glizismen. Das ist nur eine Mode, die wieder verschwinden wird . . . Aus gegebenem Anlass habe ich dieser Tage meiner Frau vorge- schlagen, dass wir unseren Verlo- bungstag in Zukunft als jährlichen

„Tag der partizipativen Entschei- dungsfindung“ (DoPDF) bege- hen. (Ihre Antwort kam prompt, braucht aber hier nicht wiedergege- ben zu werden).

Diesen Schwulst musste ich bei der Kassenärztlichen Bundesvereini- gung lesen, die allen Ernstes das Folgende empfohlen hat: „Die Er- wartungshaltung des Patienten wird exploriert und dann die Entschei- dung für oder wider . . . im Rahmen einer partizipativen Entscheidungs- findung besprochen, nachdem für den Patienten in nachvollziehbarer Weise ein abwendbar gefährlicher Verlauf ausgeschlossen wur- de.“ Das läuft sogar auch noch un- ter der Vorschlagzeile „Ärztliches

Kommunikationsverhalten“. Dabei ist von Verhalten gar nicht die Re- de, und statt „Ärztliches“ war wohl gemeint „Ärgerliches“!

Können denn Akademiker nicht – oder wollen sie nicht – einfach und klar sagen: „Die Entscheidung für oder wider . . . sollte im Gespräch mit dem Patienten getroffen wer- den.“? Ist so etwas Sorglosigkeit oder gar Unfähigkeit? Helfen wir auf diese Weise den Mitbürgern mit ausländischer Abstammung bei ih- rer Integration? Geben wir so den Schulkindern ein gutes Beispiel?

Und ist es gleichgültig, ob wir rich- tig verstanden werden oder nicht?

Wirklich ernst wird es, wenn Fach- leute selbst Sachverhalte, die zu Rechtsstreiten führen können, nicht mehr eindeutig ausdrücken. Auch dafür ein Beispiel:

Bundesärztekammer und Deutsche Krankenhausgesellschaft haben sich zum Thema Bonuszahlungen für leitende Ärzte auf folgende Emp- fehlung geeinigt: „Finanzielle An-

reize für einzelne Operationen/Ein- griffe oder Leistungen dürfen nicht vereinbart werden, um die Unab- hängigkeit der medizinischen Ent- scheidung zu sichern.“ Der Satz sieht klar und einfach aus, kann aber völlig falsch verstanden wer- den. Das „um zu“ ist fehl am Platze.

Denn: Wenn Anreize nicht mit dem Ziel („um zu“), die Unabhängigkeit zu sichern, vereinbart werden dür- fen – ja, wann dürfen sie denn dann vereinbart werden? Um die Unab- hängigkeit zu gefährden? – Das ist aber nicht gemeint. Warum schreibt man also nicht klipp und klar: „Weil finanzielle Anreize . . . die Unabhän- gigkeit . . . gefährden können, dür- fen sie nicht vereinbart werden.“?

Schon vor Jahrzehnten begannen wir, von der „Sprechenden Medi- zin“ zu reden. Und wo sind wir ge- landet? „Im Rahmen einer partizi- pativen Entscheidungsfindung“! – Tucholsky würde gesagt haben:

Und genauso siehste auch aus.

Günter Burkart, 53347 Alfter

HIV-THERA PIE

Wissenschaftler be- tonen, dass derzeit keine Möglichkeiten bestehen, das hu- mane Immundefi- zienzvirus zu eradi- zieren (DÄ 19/2013:

„Normale Geburt statt Kaiserschnitt“

Leserbrief von Ralph Kästner).

Mutterschaftsrichtlinien dringend überarbeiten

. . . Dass Ärzte erst im Kreißsaal von der HIV-Infektion der Gebä- renden erfahren, ist ein untragbarer Missstand, den wir über die seit 1998 bestehende ehrenamtliche Hotline „HIV und Schwanger- schaft“ der Frauenklinik der Uni- versitätsmedizin Mannheim kon- stant über die Jahre aus dem ge- samten Bundesgebiet erfahren.

Dass 30 Jahre nach der Erstbe- schreibung von HIV, nach Quan- tensprüngen in der Therapieoption der HIV-Infektion . . . und einer im europäischen Vergleich vorbildli- chen Schwangerschaftsvorsorge

auch im Jahr 2013 Schwangere sich ohne HIV-Test und/oder ohne dessen adäquate Dokumentation im Mutterpass zur Geburt im Kreißsaal einfinden und daraus HIV-Infektionen der Neugebore- nen resultieren, ist eine Katastro- phe! . . .

Am 13.09.2007 beschloss der Ge- meinsame Bundesausschuss die folgende Änderung der Mutter- schaftsrichtlinien. Danach soll je- der Schwangeren ein HIV-Antikör- pertest empfohlen werden. Juris- tisch bedeutet das Wörtchen „soll“

im Gegensatz zu der Formulierung

„ist zu empfehlen“, dass es weiter- hin im Ermessen des betreuenden Arztes liegt, ob er den HIV-Test an- bietet. Bereits hier zeigt sich ein erster juristischer Fallstrick. Die Durchführung der Beratung zum HIV-Antikörpertest ist im Mutter- pass zu dokumentieren. Hierzu wurde auf Seite fünf im Mutter- pass, fern der übrigen Infektionsdo- kumentation, vor der Aufklärung zur Zahngesundheit, eine Spalte eingefügt, in der ein Kreuz zu set- zen ist. Allein diese Dokumentati-

onsform der Beratung hält im Schadensfall keiner juristischen Prüfung stand. Festgelegt wurde aber auch, dass die Durchführung und das Ergebnis der HIV-Untersu- chung im Mutterpass nicht doku- mentiert werden. Dies hat zur Fol- ge, dass selbst, wenn der Test durchgeführt wurde, das Testergeb- nis im Kreißsaal nicht ankommt.

Beispielsweise bei einem Facharzt- wechsel, bei einem Ortswechsel und bei Kommunikationsproble- men der Schwangeren hat dies gra- vierende Folgen für das Kind. Auch im Jahr 2012 wurden Neugeborene durch diese Insuffizienz der Mut- terschaftsrichtlinien mit dem HI- Virus infiziert . . . Die aktuellen Mutterschaftsrichtlinien bedürfen dringend einer Überarbeitung, nicht zuletzt um mehr Rechtsklarheit und Rechtssicherheit für alle Beteilig- ten zu schaffen.

Dr. med. Matthias Beichert, Leiter der Sprech- stunde „Infektiologie in Gynäkologie und Geburts- hilfe“ der Frauenklinik der Universitätsmedizin Mannheim, 68167 Mannheim

Dr. med. Bernd Buchholz, Leiter der HIV-Sprech- stunde der Kinderklinik der Universitätsmedizin Mannheim, 68167 Mannheim

W t k b m z z NormaleGeburtsta

B R I E F E

Referenzen

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