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„ Wir haben mit Hinterhuber vereinbart, dass der Zugang nur über die Psychiatrie erfolgt.“

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Nummer 57 |Sonntag, 26. Februar 2012

Tirol 12

Betroffene werden an die Psychiatrie zitiert, um Einsicht in ihre Akten zu bekommen. Foto: Böhm

Akteneinsicht nur bei

„Ja“ der Psychiatrie

Von Brigitte Warenski Innsbruck – Die psychi- atrische Kinderbeobach- tungsstation von Maria Nowak-Vogl, in der Kin- der misshandelt und als Versuchsobjekte miss- braucht wurden, war bis 1976 eine Landeseinrich- tung. Dennoch haben die Opfer, die als Kinder dort- hin zwangseingewiesen wurden und nun Einsicht in ihre Patientenakten haben wollen, beim Land kein Glück.

Weder im Landesarchiv noch in der Kinder- und Jugendanwaltschaft wer- den die Akten bereitge- stellt, wie ein Betroffener bestätigt.„Ich musste die- se Woche in die Psychi- atrie kommen, um über- haupt Akteneinsicht zu erhalten. Was ich gelesen habe, war unfassbar. Ich wurde als Sechsjähriger als Schwerverbrecher und Psychopath gesehen“, er- zählt der Mann sichtlich erschüttert. Dass der Be-

troffene nicht im Lan- desarchiv – wo die Akten liegen –, sondern in den Räumen der Innsbrucker Psychiatrie seine Akten lesen musste, erklärt Wil- fried Beimrohr, Leiter des

Landesarchivs. „Wir ha- ben mit Professor Hinter- huber (war bis vor Kur- zem Chef der Innsbrucker Psychiatrie, Anm. der Re- daktion) vereinbart, dass der Zugang nur über die

Psychiatrie erfolgt, und das handhaben wir auch weiter so. Wir sehen es so, dass die Akten bei uns nur deponiert sind.“ Dass Betroffene an die Psychi- atrie zitiert werden, da- von weiß der neue Inns- brucker Psychiatrie-Chef Wolfgang Fleischhacker nach eigenen Angaben nichts. „Es stimmt, dass ich mir die gewünschten Patientenakten zuerst durchsehe und dann an die Opferschutzkommis- sion weiterleite. Zu uns an die Psychiatrie muss niemand kommen.“

Bis zum Donnerstag haben sich bei der neu eingerichteten Hotline laut Psychiatrie-Chef rund 20 Betroffene ge- meldet. Ob sich nun die neue Psychiatrie-Exper- tenkommission oder die bereits eingerichtete Op- ferschutzkommission des Landes um die Nowak- Vogl-Opfer kümmern wird, „ist noch zu klären“, sagt Fleischhacker.

Wir haben mit Hinterhuber vereinbart, dass der Zugang nur über die Psychiatrie erfolgt.“

Wilfried Beimrohr (Leiter des Landesarchivs)

Foto: Land Tirol/Sidon

Von Brigitte Warenski Innsbruck – Hepatitis- versuche an Schwerkran- ken und Experimente mit Tiermedizin an Kindern:

Die angekündigte Exper- tenkommission wird die Vergangenheit der Inns- brucker Psychiatrie sehr genau unter die Lupe nehmen müssen, wie ein Blick der TT in das Archiv der Universität zeigt.

Unter den zahlreichen Akten befindet sich ein brisantes Vernehmungs- protokoll, das die Ope- ration und den Tod einer über 40-jährigen Land- arbeiterin zum Inhalt hat. Die Frau wurde im Frühjahr 1946 wegen an- geblicher Hysterie und Depressionen an die Psy- chiatrie in Innsbruck ein- geliefert. Der damalige Chef Hubert Urban, über den die Tiroler Tageszei- tung vor Kurzem wegen Hepatitisversuchen mit Todesfolgen geschrieben hat, dürfte hier ein weite- res Menschenexperiment vorgenommen haben.

Urban entschloss sich, der Frau, die einen etwas vergrößerten Kropf hatte, die Schilddrüse zu ent- nehmen und eine Drüse vom Kalb einzusetzen, um„die Schwächezustän- de zu beseitigen“, wie Ur- ban vor Gericht aussagte.

Obwohl bereits damals dieser Eingriff medizi- nisch als nicht notwendig galt und als sehr riskant eingestuft wurde, schickte Urban seinen Assistenten zum Schlachthof. Bei vol- ler Sommerhitze wurde dort ein Kalb geschlachtet

und seine Drüse entnom- men. „Mir sind allerdings schon hiebei gewisse Be- denken gekommen, ob diese Entfernung gewähr für die erforderliche Ste- rilität bilde“, erzählte Ur- bans Assistent später vor Gericht.

Die Drüse wurde in ein Glas gelegt oder nur in Zeitungspapier gehüllt (an Genaues kann sich der Assistent vor Gericht nicht mehr erinnern) und an die Psychiatrie getragen, wo sie „mehre- re Stunden“ liegen blieb, bevor sie implantiert wur- de. Das überlebte die Frau nicht: Sie starb nach der Operation an einer Teta- nusinfektion, „die allein auf die tierische Schild- drüse zurückzuführen ist“, heißt es im Protokoll.

Dass noch weitere Do- kumente von derartigen Operationen auftauchen werden, ist sich Histori- ker Horst Schreiber si- cher. „Arme und einfa- che Menschen wurden auch nach dem Ende des Nationalsozialismus als Versuchskaninchen miss- braucht. Das weiß man“, sagt Schreiber.

Wie diese Experimen- te im Einzelnen ausgese- hen haben und für welche Forschungen Menschen herhalten mussten, wird

Arme Menschen wurden an der Psychiatrie laut Historiker

Horst Schreiber für Versuche missbraucht. Das zeigt ein weiteres makabres Experiment.

Frau bekam

Wir werden sicher keine große historische Aufarbeitung ma- chen können.“

Günther Sperk (Forschungs- Vizerektor, MedUni)

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