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Archiv "„Sie dürfen China nicht mit anderen Ländern vergleichen!” - Impressionen aus Maos Reich: Mit deutschen Ärzten in Peking, Shanghai, Kanton - Teil 1" (04.12.1975)

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Academic year: 2022

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Die Erziehung zu chinesischer Eigenständigkeit gehört zum Aufgabenbereich der Schule: Die Krokodilklemmen, die hier von Mittelschülerinnen in der schuleigenen Werkstatt zusammengesetzt werden, bestehen aus Teilen, die andere Schüler mit zum Teil selbstgebauten Maschinen gestanzt haben

Die Information:

Bericht und Meinung

BLICK ÜBER DIE GRENZEN

Einblick in das

chinesische Gesundheitswesen Die Leistungen des Gesundheitswe- sens werden hauptsächlich in drei Formen angeboten: Im Kranken- haus der Gemeinde mit Ambulato- rium, in der betrieblichen Kranken- station und in den Gesundheits-Ge- nossenschaften der Kommunen auf dem Lande. Zwei Weisungen von Mao Tse-tung sind für das Gesund- heitswesen maßgebend (und ihr zehnjähriges Jubiläum ist in die-

sem Jahr umfassend gefeiert wor- den): „Im Gesundheitswesen muß das Hauptgewicht auf den ländli- chen Regionen liegen" und „Vor- rang für die Prävention".

Diese beiden Weisungen führten zu zwei Neuerungen, von denen die zweite inzwischen zum Vorbild für manche Länder der Dritten Welt geworden ist: zur genossenschaft- lichen Selbstorganisation des Ge- sundheitswesens in der Kommune und zu den Barfußärzten.

Gesundheitswesen auf dem Lande In die Genossenschaft zahlt jedes Kommunenmitglied jährlich einen Yuan ein und erwirbt damit das An- recht auf Gesundheitsfürsorge in den eigenen Einrichtungen der Kommune. Im allgemeinen soll eine Kommune eine Krankensta- tion besitzen, die mit einigen Ärz- ten besetzt ist. Primärversorgungs- stelle ist aber die Sanitätsstation der Produktionsbrigade — eine Untergliederung der Kommune etwa in der Größe eines Dorfes.

Dort arbeiten je drei bis vier „Bar- fußärzte" mit einer medizinischen Grundausbildung, die eher in Form einer Lehre als eines Studiums ver- mittelt wird. In regelmäßigen Ab- ständen gehen diese Barfußärzte in die Krankenstation, um weitergebil- det zu werden; mancher hat auch gelegentlich eine Chance, in einem größeren Krankenhaus zu arbeiten.

Andererseits sollen nicht nur die Ärzte der Krankenstation der Kom- mune, sondern auch die in den großen Stadtkrankenhäusern täti- gen Ärzte in gewissen Zeitabstän- den beim und mit dem Barfußarzt arbeiten — dies ist die „permanen- te Revolution" für die Ärzte in der Stadt.

„Sie dürfen China nicht mit

anderen Ländern vergleichen!”

Impressionen aus Maos Reich:

Mit deutschen Ärzten in Peking, Shanghai, Kanton

Walter Burkart

Fortsetzung und Schluß

Es wird nun aber sehr viel Wert darauf gelegt, daß der Barfußarzt diese Tätigkeit nicht etwa hauptbe- ruflich ausführt. Er soll ein Bauer sein wie jeder andere und neben- her die anderen Bauern mit medizi- nischer Grundversorgung betreu- en. So sieht man immer wieder in chinesischen Zeitschriften Bilder, wie neben einem Reisbauern oder Baumwollpflücker die Sanitätsta- sche mit dem Roten Kreuz steht — das ist dann der Barfußarzt. In China gibt es nach glaubhaften of- fiziellen Angaben inzwischen derer 1,3 Millionen — in der Mehrzahl wohl jüngere Mädchen und Frau- en. Das ergibt für die Landbevölke- rung eine Barfußarztdichte von etwa einem auf 500 Bewohner.

Die Station der Barfußärzte in ei- ner Produktionsbrigade bestand Fortsetzung auf Seite 3358

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 49 vom 4. Dezember 1975 3355

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Die Information:

Bericht und Meinung

Mit deutschen Ärzten in China

Kommune und Krankenhaus in Shanghai

Die Bilder auf diesen beiden Seiten sind keine fotografischen Meister- werke, sondern Schnappschüsse eines Amateurs an zwei Orten, die für die chinesische Medizin beson- ders typisch sind. Auf der linken Seite: Fotos aus einer Volkskom- mune in der Nähe von Shanghai.

Oben links ein Stallgebäude neben der Sanitätsstation mit Aufklä- rungsbildern über Bilharziose und Malaria; den Eingang zur Sanitäts- station zeigt das Bild links unten.

3356 Heft 49 vom 4. Dezember 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

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Die Information:

Bericht und Meinung

In ihr sind die Barfußärzte tätig — oben mit dem Sprecher der deut- schen Ärztegruppe, Dr. Gerhard Jungmann, zum Erinnerungsfoto aufgestellt. Das Foto auf der linken Seite unten ist ein Straßenbild im Zentrum der Kommune. — Rechte Seite: einige Bilder aus einem Krankenhaus in Shanghai, das vor- nehmlich der Therapie und der Lehre in der traditionellen chinesi- schen Heilkunde dient. In der Am- bulanz werden beispielsweise Lum-

balneuralgien und andere Wirbel- säulenerkrankungen traditionell behandelt: mit Schröpfköpfen (links oben) oder mit der „Moxibu- stion" — Nadeln werden an be- stimmten Punkten tief ins Gewebe eingestochen, ein duftendes Kraut am äußeren Ende wird entzündet, und so dringt genau dosierte Wär- me tief in die schmerzenden Kör- perpartien ein. Rechts oben: Aus der Kuppel gesehen eine Opera- tion unter Akupunkturanästhesie.

Der Vorgang ist von Laken ver- deckt: Die sitzende Schwester dreht an zwei Nadeln, die im be- deckten Unterarm der Patientin stecken. Eine halbe Stunde später wurde das Bild rechts unten „ge- schossen": Die eben operierte Pa- tientin erschien im Konferenzsaal, bereit, Fragen zu beantworten. Ihr Gesicht beweist zumindest, daß die angewandte lokale Anästhesie nicht sehr belastend gewesen sein kann.

Fotos (8): Walter Burkart

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 49 vom 4. Dezember 1975

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Begrüßung der Gäste vor einem Kindergarten: nach chinesischer Sitte klatschen alle — auch die Begrüßten — in die Hände. Kleine Chinesinnen interessieren sich aber, wie man vorn rechts sieht, auch sehr für die eleganten Schuhe einer west- deutschen Besucherin

3358 Heft 49 vom 4. Dezember 1975 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Die Information:

Bericht und Meinung

Mit deutschen Ärzten in China

Fortsetzung von Seite 3355 aus einem Raum, in dem unsere Gruppe gerade so eben unterkom- men konnte — einfach ausgestattet mit Lehmfußboden wie andere Häuser auch. Die wichtigsten Ge- rätschaften für einfache Behand- lungen waren vorhanden, außer- dem auch Medikamente — zum Teil aus eigener Produktion: Viele Barfußärzte ziehen oder sammeln selbst Heilkräuter.

Nur mit einer solchen Organisation war es wohl auch möglich, Hygiene und Prävention aufs Land zu brin- gen. Neben der von uns besichtigten Sanitätsstation war auf einer Haus- wand eine Aufklärungszeichnung über die Bilharziose angebracht — verblaßt inzwischen, aber noch er- kennbar. Da der Reisanbau im Wasser erfolgt, und man noch im- mer viele Bauern, vor allem in Mit- tel- und Südchina barfuß gehen sieht, ist das wohl eine sehr not- wendige Aufklärung.

Der „demographische Übergang"

An dieser Stelle wurde die Auffor- derung, nur mit der chinesischen Vergangenheit zu vergleichen, sehr

sinnvoll. Es ist nicht zu bezweifeln, daß 1,3 Millionen Barfußärzte bes- ser sind als das weitgehende Vaku- um an ärztlicher Versorgung, das zuvor auf dem Lande existierte. Au- ßerdem: So neuartig ist manches an der Einrichtung der Barfußärzte nicht — das betrifft vor allem die Ausbildungsmethode: Die traditio- nelle chinesische Heilkunst (Heil- kräutertherapie, Akupunktur) ist nie in Schulen gelehrt, sondern im- mer vom Meister an Gesellen und Lehrlingen weitergegeben worden.

Und nur mit einem Vergleich kann man auch die Effektivität der Bar- fußärzte beurteilen: 1958 erwähnte Mao — so weist es das berühmte kleine rote Büchlein aus — 600 Millionen Chinesen. Heute sind es etwa 800 Millionen — also eine Be- völkerungsvermehrung um ein Drit- tel, obwohl die Kinderzahl stark be- grenzt ist. Das Bevölkerungs- wachstum ist hauptsächlich auf die verlängerte Lebenserwartung zu- rückzuführen — und daran haben die Barfußärzte sicher einen erheb- lichen Anteil.

Für die Familienplanungs-Beratung sind sie auch zuständig — und es stehen alle Verhütungsmittel und

-methoden frei zur Verfügung. Eine inzwischen an Bedeutung verlie- rende Methode zur Verringerung der Kinderzahl ist die Spätehe; ge- genüber dem Beginn ihrer Propa- gierung ist das durchschnittliche Heiratsalter inzwischen um je eins auf 25 und 24 Jahre bei Männern und Frauen gesunken. Der chinesi- sche Sozialismus hat mit den ande- ren roten Lehren dies gemein: Er ist sehr prüde. Voreheliche Liebesbe- ziehungen werden, wie uns der chi- nesische Führer sagt, „gesell- schaftlich mißbilligt" — allerdings glaubt mancher Reisende, hierbei ein gewisses Nord-Süd-Gefälle be- obachten zu können. Die formlose Einheitskleidung hat im übrigen lange Zeit hindurch sekundäre Ge- schlechtsmerkmale vollständig ver- borgen; im Süden sieht man je- doch jetzt ab und zu wieder eine bunte Mädchenbluse, und überall lassen Frauen die verpönt gewese- nen Zöpfe wieder wachsen. Das Bevölkerungsproblem scheint je- denfalls gelöst zu sein; man be- sorgt sich nicht mehr über die Ge- fahr eines übermäßigen Wachs- tums. In der von uns besuchten Kommune betrug die durchschnitt- liche Familiengröße rund 4 Perso- nen, wobei die Familie auch die Großelterngeneration umfaßt.

Gesundheitswesen in der Fabrik Entsprechend der Idee, die Fabrik als Kommune zu organisieren, übernimmt auch die erwähnte Baumwollfabrik als Institution die medizinische Betreuung ihrer Mit- arbeiter und der Familienangehöri- gen, bei letzteren allerdings nicht kostenlos: Die Angehörigen müs- sen den halben Preis für die medi- zinischen Leistungen zahlen, die andere Hälfte übernimmt die Fa- brik. Es ist uns trotz insistierender Fragen nicht gelungen, etwas über die Preise zu erfahren. Die Fami- lienangehörigen haben übrigens die Wahl: Sie können auch ins Ambulatorium des Städtischen Krankenhauses gehen, zu den glei- chen Bedingungen.

Fortsetzung auf Seite 3375

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