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Archiv "Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistica" (28.02.1980)

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Academic year: 2022

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin

Mit diesem Übersichtsaufsatz bin ich nicht ganz einverstanden.

Es handelt sich um ein rheumatolo- gisches Thema, und ich bin der Mei- nung, daß man zur Abfassung einer Übersicht mit solcher Breitenwir- kung rheumatologische Beratung hätte hinzuziehen sollen.

() Bei der chronischen Polyarthritis sollte vermerkt sein — wenn dies auch selbstverständlich erscheinen könnte —, daß es mit der antiphlogi- stischen Therapie allein nicht getan ist, sondern daß diese Krankheit vor- dringlich sogenannter basisthera- peutischer Medikamente bedarf. Es könnte also didaktisch ein falscher Eindruck entstehen.

Q Die Phenylbutazongruppe ist un- ter den nichtsteroidalen Antiphlogi- stica die mit der höchsten Nebenwir- kungsquote. Phenylbutazonhaltige Präparate werden deshalb in der deutschen Rheumatologie immer weniger empfohlen und sind aus dem Repertoire unserer Rheumakli- nik längst verschwunden.

• Insbesondere bei der Gicht-Ar- thritis (gemeint ist wohl der akute Gichtanfall) ist Indometazin (und zwar Amuno-Zäpfchen zu 100 Milli- gramm jede achte Stunde in den er- sten zwei Tagen) dem Phenylbuta- zon vorzuziehen, da Phenylbutazon die Plasmauratbindung stört, urikos- urisch wirkt und dadurch den Gicht- anfall verstärken und Harnsäurestei- ne provozieren kann. Umgekehrt wirkt Azetylsalizylsäure in der übli- chen, mäßigen Dosierung (um 2 Gramm täglich) harnsäureretinie-

rend, so daß deren Vermerk in der Tabelle 1 ebenfalls unzweckmäßig erscheint.

• Indometazin kann im Jugend- und Kindesalter nicht mehr als kon- traindiziert gelten. Die Kinder-Rheu- matologen der Rheumakinderklinik Garmisch-Partenkirchen haben dies schon seit Jahren bewiesen.

O Die Herkunft der Schwindeler- scheinungen und Kopfschmerzen unter Indometazin ist noch unge- klärt (auch Prostaglandinsyntheta- sehemmung?). Man sollte sie aber nicht als zentralnervöse Störung be- zeichnen, da man mit diesem Aus- druck die Vorstellung neurologi- scher Ausfallserscheinungen verbin- det, welche von Indometazin eben nicht zu befürchten sind. Die da- durch bedingte Abschreckung vor diesem so wertvollen Medikament ist unzweckmäßig, zumal der ver- dämmernde Effekt gerade für die nächtliche Anwendung gefahrlos genützt werden kann.

() Beim Fibrositis-Syndrom (ein ob- soleter Ausdruck) sind Glucocorti- coide (jedenfalls in systemischer An- wendung) streng kontraindiziert!

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Was heißt Radikulitis? (Es steht unter dem Fibrositis-Syndrom.) Ge- meint ist wohl das radikuläre Wur- zel-Reiz- beziehungsweise Kom- pressionssyndrom. Die Radikulitis ist keine Fibrositis, sondern ein neu- rologisches Krankheitsbild.

(;) Die Warnung vor dem Einsatz von Cortison-Präparaten und deren Gefahren sollte in einer solchen Geistig Behinderte

„schuld” seien. Allerdings ist die Be- reitwilligkeit mancher Eltern, sich trotzdem einer solchen Therapie zu unterziehen, nur allzuoft Ausdruck eines ihnen unbewußten Strafbe- dürfnisses und weniger von Ein- sicht.

Eltern eines geistig Behinderten er- warten von ihrem Arzt zurecht den Rat eines Fachmannes. Es kann da- her nicht angehen, daß dieser sich auf die Rolle eines abstinenten The- rapeuten oder Beraters zurückzieht.

Die solide somatisch fundierte Auf- klärung schafft häufig überhaupt erst das Vertrauen, das die Eltern dem Arzt entgegenbringen müssen.

Als Berater sollte sich der Arzt als Mitglied eines therapeutischen oder heilpädagogischen Teams verste- hen (5).

Bei Ratschlägen hat er darauf zu achten, daß die Verantwortung für das Handeln stets bei den Eltern ver- bleibt. Andernfalls läuft er Gefahr, wieder in die gemeinsame Verleug- nungsarbeit eingespannt zu werden.

Negative Konsequenzen werden dann ihm zugeschrieben. Die Schuldgefühle der Eltern werden nicht abgebaut, sondern in gefährli- cher Weise lediglich auf ihn proji- ziert.

Literatur

(1) Remschmidt, H.: Neuere Ergebnisse zur Psychologie und Psychiatrie der Adoleszenz.

Zschr. Kinder-Jugendpsychiat. 3 (1975) 67-101

— (2) Morgenstern, M.: Die psychosexuelle Ent- wicklung des Behinderten; in: De la Cruz, F. F., La Veck, G. D.: Geistig Retardierte und ihre Sexualität, Reinhardt, München/Basel, 1975

—(3) Goffman, E.: Stigma— Suhrkamp, Frank- furt/M.. 1967 — (4) Mannoni, M.: Das zurückge- bliebene Kind und seine Mutter, Walter, Olten/

Freiburg, 1972 — (5) Spreen, 0.: Geistige Behin- derung, Springer, Berlin/Heidelberg/New York, 1978

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Roland Schleiffer Abteilung für Kinder- und Jugendpsychiatrie

am Zentrum der Psychiatrie der Johann Wolfgang

Goethe-Universität Frankfurt am Main Deutschordenstraße 50 6000 Frankfurt am Main 71

AUSSPRACHE

Therapie

mit nichtsteroidalen Antiphlogistica

Indikationen, Nebenwirkungen und Therapiekosten

Zu dem Beitrag von Professor Dr. med. Rudolf Gross und Dr. med. Volker Schulz in Heft 44/1979, Seite 2895 ff.

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 9 vorn 28. Februar 1980 535

(2)

Zur Fortbildung Aktuelle Medizin AUSSPRACHE

Übersichtsarbeit stärker betont und herausgearbeitet werden.

Diese Hinweise sind als konstrukti- ver Beitrag und als Ergänzung ge- dacht.

Professor Dr. med. F. Schilling Dozent für Rheumatologie Chefarzt der Klinik für Rheumakranke Dr.-Alfons-Gamp-Straße 6550 Bad Kreuznach

Schlußwort

Den Beitrag von Professor Schilling begrüßen wir — nicht nur wegen des sorgfältig abgewogenen Tenors — sehr, da er in einigen Punkten offene Fragen anschneidet, einige Akzente anders setzt und weitere Erkenntnis- se eines erfahrenen rheumatologi- schen Kollegen bringt. Der Leser kann aus dem Übersichtsaufsatz, den Ausführungen von Professor Schilling und dem Schlußwort das aussuchen, was ihm für seinen Be- reich und nach seinen Überzeugun- gen am besten geeignet erscheint.

Die einzelnen Fragen dürfen wir wie folgt beantworten:

Zu Q und 0:

Der Titel unserer zwei Beiträge (1, 2) war: Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistica. Wir mußten im Rah- men dieses Themas bleiben und konnten deshalb nicht auf die weite- re Behandlung einzelner entzündli- cher Erkrankungen eingehen. Die Basistherapie der chronischen Poly- arthritis wurde in der Entzündungs- serie von Forth und Overhoff (3) be- handelt. Über die Gefahren der The- rapie mit Kortisonpräparaten wer- den wir hier in Kürze berichten (4).

Zu 0:

In unserem Beitrag (1) schrieben wir wörtlich: „Phenylbutazon und des- sen Metabolit Oxyphenylbutazon sollen wegen besonders schwerwie- gender Nebenwirkungen im Regel- fall kurzfristigen Behandlungen akut entzündlicher Erkrankungen vorbe- halten bleiben." In unserer Indika- tionstabelle (2) war demzufolge in der Zeile Chronische Polyarthritis

unter Phenylbutazon eine 0 ver- zeichnet (nicht indiziert). Wir belie- ßen es darüber hinaus aber nicht bei allgemeinen Formulierungen, wie höchste Nebenwirkungsquote, son- dern differenzierten die Nebenwir- kungen und belegten die einzelnen Gruppen mit Prozentzahlen (2).

Zu Q:

In einem bekannten Standardwerk der wissenschaftlichen Weltliteratur wird bei der Behandlung der akuten Gicht-Arthritis der Schluß gezogen:

„Phenylbutazone and oxyphenylbu- tazone are very effectiv drugs in the treatment of acute gout phenyl- butazone or oxyphenylbutazone is the drug of choice in treating acute gout ." (5). Indometazin, das bei dieser Indikation ebenfalls wirksam ist, verursacht bei den notwendigen initialen Dosen von 200 Milligramm oder mehr bei 60 bis 70 Prozent der Behandelten toxische Wirkungen (5). Die Harnsäure des Blutes wird nur schwach und zu weniger als zehn Prozent an Plasmaeiweiße ge- bunden (5). Deren Freisetzung aus der Eiweißbindung kann den uns un- bekannten Effekt von Phenylbuta- zon, einen Gichtanfall zu verstärken, wohl kaum erklären. Die urikosuri- sche Wirkung von Phenylbutazon halten wir nicht für einen Nachteil, zumal der Bildung von Harnsäure- steinen mit einfachen Mitteln (große Trinkmengen und Alkalisierung des Urins) vorgebeugt werden kann.

Zu 0:

Wir hatten nicht den Ausdruck Kon- traindikation, sondern die Formulie- rung gebraucht: „Indometazin soll wegen seiner zerebralen Nebenwir- kungen nicht an Kinder unter 15 Jahren verordnet werden", und dachten dabei insbesondere an den ambulanten Bereich. Der verdäm- mernde Effekt von Indometazin mag nachts oder in einer Rheumaklinik erwünscht sein. Bei einem Kind, das sich in der Schule befindet, ist er es gewiß nicht.

Zu

0

bis 0:

Fortbildungsartikel sollen gelesen werden. Dafür müssen sie interes- sant, klar und einprägsam formuliert

sein. Daraus erwächst ein Zwang, in solchen Aufsätzen Dinge zusam- menzufassen. Bei dieser Aufgabe stehen die Autoren nicht selten vor dem Dilemma, entweder wegen mangelnder Genauigkeit kritisiert oder wegen mangelnder Übersicht- lichkeit ignoriert zu werden. Wir be- nutzten zentralnervöse Störungen für die Indometazin-Nebenwirkun- gen Kopfschmerzen, Schwindel, Verwirrtheit und Sehstörungen. Mit welchem anderen Ausdruck hätten wir diese Symptome besser zusam- mengefaßt? Anstelle von extraarti- kulärer Rheumatismus, Weichteil- rheumatismus, Bursitis, Tendovagi- nitis, Periarthritis humeroscapularis et coxae, Epicondylitis humeri und Radiculitis, für deren Behandlung mit nichtsteroidalen Antiphlogistica sich keine wesentlichen Unterschie- de herausstellen ließen, schrieben wir summarisch Fibrositis-Syndrom in eine Tabelle. Welchen anderen kurzen Begriff hätten wir wählen können? Den Ausdruck Radikulitis verwandten wir in diesem Zusam- menhang auch, weil er kürzer war als radikuläres Wurzel-Reiz- bezie-

hungsweise Kompressionssyndrom.

Übrigens: Den Wurzel-Reiz erklären wir uns überwiegend im Sinne ei- ner entzündlichen Begleitreaktion und so auch die gute Wirksamkeit nichtsteroidaler Antiphlogistica bei diesem Syndrom.

Literatur

(1) Schulz, V.; Gross, R.: Therapie mit nichtste- roidalen Antiphlogistica — Geschichtliches, Wirkungsweise und Präparate, DEUTSCHES ARZTEBLATT 76 (1979) 2821-2828 — (2) Gross, R.; Schulz, V.: Therapie mit nichtsteroidalen Antiphlogistica — Indikationen, Nebenwirkun- gen und Therapiekosten, DEUTSCHES ÄRZTE- BLATT 76 (1979) 2895-2900 — (3) Overhoff, H.;

Forth, W.: Arzneistoffe zur Behandlung ent- zündlicher Erkrankungen, DEUTSCHES ÄRZ- TEBLATT 76 (1979) 1231-1243 — (4) Gross, R.;

Schulz, V.: Pharmakodynamische Therapie mit Glucocorticoiden — Verordnungsweise und Ne- benwirkungen, DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 77 (1980) 129-134 — (5) Kelley, W. N.; Weiner, I. M.:

Uric Acid. Handbook of Experimental Pharma- cology Vol. 51, Springer Berlin, Heidelberg, New York (1978) 264-265 und 540-546

Professor Dr. med. Rudolf Gross Dr. med. Volker Schulz

Medizinische Universitätsklinik Köln Joseph-Stelzmann-Straße 9

5000 Köln 41

536 Heft 9 vom 28. Februar 1980 DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Referenzen

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