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Archiv "Doktortitel: Es geht, wenn man will" (08.04.1994)

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SPEKTRUM LESERBRIEFE

EU-Richtlinien

Zu den Beiträgen „Europäische Union: Säuglingsernährung einheit- lich geregelt" von Dr. Gerta van Oost und „Wie sicher sind Immun- globuline und Impfstoffe?" von An- nette Porcher-Spark in Heft 4/1993:

Direkte Macht der EU Beide Artikel beziehen sich auf EU-Richtlinien und haben leider beide eine große juristische Lücke. Eine EU- Richtlinie muß von den natio- nalen Parlamenten in natio- nale Gesetze umgesetzt wer- den. Stimmt!

Da aber zu oft zu viele Parlamente mit der Umset- zung über Gebühr gewartet haben, hat der Europäische Gerichtshof in mehreren Ur- teilen entschieden: Eine EU- Richtlinie, die von den natio- nalen Parlamenten nicht um- gesetzt ist, wird binnen drei Jahren selbst einklagbares Recht. Sie setzt sich also mit voller Wirksamkeit an die Stelle des nicht geschaffenen Gesetzes!

Ich hoffe, damit ist den Lesern klarer geworden, wel- che direkte Macht die EU heute schon hat und was mit einer EU-Richtlinie wirklich auf sie zukommt.

Dr. Reinhold Herrmann, Sonnenweg 3, 59955 Winter- berg-Züschen

Doktortitel

Zu dem Beitrag „Doktortitel zu ver- kaufen" von Gisela Klinkhammer in Heft 5/1994:

Es geht, wenn man will

Es kommen einem fast die Tränen, wenn man liest, daß Ärzte aus Zeitmangel (und das bei zwölf Semester Studi- um!) oder wegen fehlender Ausdauer (bei Abi-Noten von 1,0 „abwärts"!) sich auf dem

„grauen" (gleich kriminellen) Markt ihren Doktorgrad für viel Geld kaufen müssen. Und dabei haben sie es im Ver- gleich zu den Juristen so viel einfacher:

• Sie müssen nicht erst ein Prädikatsexamen ablegen, was bei den Juristen nur sehr wenige schaffen;

• ihre Dissertation be- wegt sich meist auch nicht (unabhängig vom Umfang) wissenschaftlich in besonders

„tiefen Gewässern";

> der Umfang der mei- sten medizinischen Disserta- tionen läßt jeden Juristen ge- radezu vor Neid erblassen.

Ich kenne solche Arbeiten mit einem Textumfang von sage und schreibe 29 (!) Druckseiten (aufwärts);

• die Thematik mancher dieser medizinischen Erst- lingswerke verleitet jeden Au- ßenstehenden sogar zum Schmunzeln. Beispiele: „Der Einfluß des Tee-, Kaffee- und Tabakgenusses auf die menschliche Gesundheit im Urteil deutscher Wochenzeit- schriften, Zeitungen und In- telligenzblätter im Zeitraum von etwa 1730-1780" (Mün- ster 1957), oder „Penisverlet- zungen bei Masturbation mit Staubsauger" (München 1978);

1> das Rigorosum (falls ein solches die Promotions- ordnung überhaupt vorsieht) findet in der Regel in einem nur 15 bis 30 Minuten dau- ernden, angenehm entspann- ten und lockeren Gespräch statt. Bei den Juristen hinge- gen prüfen nicht zu selten drei Professoren einen Kan- didaten bis zu drei Stunden lang, und das nach „Strich und Faden".

Ich weiß, wovon ich schreibe! Es gäbe noch manch andere überzeugende Beispiele dafür, daß die Er- langung des medizinischen Doktorgrades im Verhältnis zu anderen geradezu ein

„Kinderspiel" darstellt. Da- mit will ich aber auf keinen Fall den Eindruck erwecken, daß die meisten oder gar alle medizinischen Doktorarbei- ten ohne einen meßbaren wissenschaftlichen oder intel- lektuellen „Tiefgang" wären.

Ich selbst habe vor einigen Jahren die Doktorarbeit einer jungen Ärztin betreut (über 300 Druckseiten!), die sogar später an der Universität in

Zürich preisgekrönt wurde und die in einer juristischen Fachbuchreihe im Druck er- schienen ist, die zudem seit- her im juristischen Schrifttum wiederholt zitiert wird. Dies zeigt doch (mir), es geht, wenn man nur will und sich auch bemüht. Das lateinische Wort „studeo" besagt dies auch! Alles andere ist und bleibt auch für einen Arzt ein akademisches „Unding" und ist schlicht strafbar (§ 132 a StGB).

Prof. Dr. jur. Gerhard H.

Schlund, Oberlandesgericht München, Josef-Schlicht- Straße 6 a, 81245 München

Eigene Erfahrungen . . . Es wird dem jungen Mediziner heute beinahe un- möglich gemacht, zeitgerecht zu promovieren und dadurch seinen beruflichen Werde- gang voranzutreiben. Dies führt zu der jetzigen gehäuf- ten Nachfrage nach käufli- chen medizinischen Doktorti- teln. Früher war dafür augen- scheinlich kein Bedarf vor- handen.

Ich persönlich begann mit den Untersuchungen für mei- ne Dissertation im Jahr 1983 am Pathologischen Institut ei- ner hessischen Universität, im letzten Drittel meines Studi- ums. Im Jahr 1989 legte ich dann die fertige Arbeit am Dekanat vor zur Einleitung des Promotionsverfahrens.

Hatte nun das Anfertigen der Arbeit aus verschiedenen be- triebsinternen Gründen schon recht lange gedauert, so begann jedoch erst jetzt das eigentliche Ärgernis. Es dauerte bis zum Anfang des Jahres 1993, bis die drei vor- geschriebenen Gutachten beim Dekanat vorlagen. Und dies trotz mehrfacher schrift- licher Mahnung durch die mit der Sache befaßte Sachbear- beiterin. Danach wurde erst auf mehrfaches persönliches Drängen von meiner Seite ein Disputationstermin für den Juni 1993 anberaumt. Damit war mein Promotionsverfah- ren glücklicherweise zu Ende, nachdem der reine Verwal-

tungsakt fast vier Jahre ge- dauert hatte.

Besonders ärgerlich an der Geschichte ist jedoch fol- gendes: Ich hatte zwischen- zeitlich eine Facharztausbil- dung erfolgreich abgeschlos- sen und trotz fehlender Pro- motion eine Oberarztstelle bekommen. Bewerbungen auf höherqualifizierte Positionen wurden jedoch mit dem Hin- weis auf den fehlenden Dok- tortitel höflich abgelehnt. Da am Horizont das Gespenst der Zulassungsbeschränkun- gen durch Herrn Seehofer drohte, ließ ich mich daher mangels beruflicher Perspek- tive in der Klinik im Jahre 1992 als Kassenarzt nieder.

... Ich jedenfalls habe am eigenen Leib erfahren, daß das medizinische Promotions- verfahren sich im juristisch rechtsfreien Raum abspielt ohne Möglichkeit der Inter- vention, der Sanktion oder des Regresses. Demnach ist es einfacher, einem Titel- händler die geforderte Sum- me zu zahlen, als selbst zu promovieren.

Dr. med Johann Peter Weis, Offenbacher Straße 7, 68305 Mannheim

Arzneimittel

Zu der Arzneimittel-Schnellinforma- tion des Bundesgesundheitsamtes

„Clostridium botulinum-Toxin A zur Behandlung des Blepharospasmus und hemifazialer Parese" in Heft 5/1994:

Gravierender Fehler Leider findet sich bereits in der Überschrift ein gravie- render Fehler. Eine hemifa- ziale Parese darf nie mit Bo- tulinumtoxin behandelt wer- den. Möglicherweise meint die Bundesärztekammer ei- nen hemifazialen Spasmus (ich bevorzuge den Begriff Spasmus facialis, da er immer halbseitig auftritt). Der Be- griff hemifaziale Parese bringt jedoch große Verwir- rung, insbesondere, wenn es sich um eine offzielle Stel- lungnahme der Bundesärzte- kammer handelt. Im ersten A-934 (6) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994

(2)

arthre,

c(441

arthres

für's Budget

50 g DM 7,34 100 g DM 12,05 10 Kaps. 10 Kaps.

DM 6,95

(SAG iTrA)

Wir wollen, daß Sie uns weiterempfehlen,

SPEKTRUM LESERBRIEFE

Satz des Statements findet man einen weiteren Fehler:

es wird von „idiopathischem Blepharospasmus und gleich- zeitig bestehenden hemifazia- len dystonen Bewegungsab- läufen" gesprochen. Ein Ble- pharospasmus ist praktisch nie kombiniert mit einem Spasmus facialis. Dystone Be- wegungsabläufe sind aber praktisch nie halbseitig im Gesicht verteilt. Ich möchte noch einmal die drei Begriffe definieren, die hier offen- sichtlich vermengt werden:

C) Blepharospasmus: Un- willkürliches Zusammenzie- hen der Augenlider. Dystone Bewegungsstörung (ZNS- Erkrankung).

Falsch informiert

Ich finde es mehr als be- denklich, daß die Autoren des Deutschen Ärzteblatts nicht in der Lage sind, zwi-

®

Meige-Syndrom: Un- willkürliche dystone Bewe- gungen in der unteren Ge- sichtshälfte, manchmal auch in Kombination mit der obe- ren Gesichtshälfte. Wie auch der Blepharospasmus prak- tisch nie einseitig. Zerebrale Erkrankung.

Spasmus facialis:

Streng einseitig begrenzte Be- wegungsstörung mit kurzen Kloni, hat mit Dystonie nichts zu tun. Vermuteter Pathome- chanismus: Kompression des N. facialis im hirnstammna- hen Anteil durch ein elon- giertes Gefäß.

Prof. Dr. med. A. Ferbert, Städt. Kliniken, Mönche- bergstr. 41-43, 34125 Kassel

schen hemifazialer Parese (also zentraler oder periphe- rer Fazialisparese unter- schiedlicher Genese) und he- mifazialen dystonen Bewe- gungsabläufen, einer Störung

mit völlig anderem Pathome- chanismus, zu differenzieren.

Es ist kaum zu erwarten, daß Clostridium botulinum- Toxin A eine Fazialisparese gleich welcher Genese bes- sert, wohl im Gegenteil .. .

Wie viele Kollegen, die nicht Neurologen sind, haben Sie mit Ihrer Bekanntgabe wohl falsch informiert?

Dr. Roswitha Hefner, Neuro- logische Universitätsklinik, Schleusenweg 2-16, 60528 Frankfurt

Anmerkung: Die Arzneimittelkom- mission der Deutschen Ärzteschaft hat diese Einwände an das Bundes- gesundheitsamt weitergegeben. Die- ses äußert sich wie folgt:

In der Überschrift der Arzneimittelschnellinformati- on 1/1994 ist bei der Erstel- lung des Textes ein sachlicher Fehler unterlaufen. Die Überschrift muß richtig lau- ten: „Clostridium-botulinum- Toxin A zur Behandlung des Blepharospasmus und hemi- fazialer Spasmen". Wir be- dauern diesen Fehler.

In einem der beiden Brie- fe wird behauptet, daß „ein Blepharospasmus praktisch

nie mit einem Spasmus faci- alis kombiniert sei". Dem ste- hen Aussagen in mehreren Literaturstellen gegenüber, die ausdrücklich von einem gemeinsamen Auftreten eines Blepharospasmus und eines hemifazialen Spasmus spre- chen.

Auf der anderen Seite wird vielfach die Ursache des hemifazialen Spasmus in raumfordernden und den N.

facialis komprimierenden Prozessen (häufig Gefäßano- malie im Kleinhirnbrücken- winkel) gesehen. Da der M.

orbicularis oculi, der beim Blepharospasmus kontra- hiert, ebenfalls vom VII.

Hirnnerv (N. facialis) inner- viert wird, kann es im Fall ei- ner Kompression des N. faci- alis neben einem hemifazi- alen Spasmus auch zu einem Blepharospasmus kommen.

In den USA ist Botuli- num-Toxin zugelassen für die Behandlung des „blepharo- spasm associated with dysto- nia, including benign essen- tial blepharospasm or VII nerve disorders".

In der Bundesrepublik Deutschland ist das Anwen- dungsgebiet definiert als:

„symptomatische Alternativ- behandlung von idiopa-

Offene Briefe

Sogenannte „offene Briefe" werden, soweit von all- gemeinem Interesse, redaktionell ausgewertet. Als Le- serbriefe werden sie nicht publiziert. In der Rubrik Le- serbriefe erscheinen grundsätzlich nur solche Briefe, die allein für das Deutsche Ärzteblatt bestimmt sind. DÄ

A-936 (8) Deutsches Ärzteblatt 91, Heft 14, 8. April 1994

Referenzen

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