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Wenn es immer leiser wird …

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52 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Mai 2015 | www.pta-aktuell.de

U

m zu überleben, muss- ten unsere Jäger- und Sammler-Vorfahren Tag und Nacht in der Lage sein, herannahende Gefah- ren schnell zu bemerken, wobei das Gehör eine wesentliche Rolle spielte.

Heute hingegen muss es nicht mehr ständig als Gefahrenmelder fungie- ren. Diese Aufgabe erfüllt es höchs- tens noch im Straßenverkehr, wozu aber ein Bruchteil seines eigentlichen Leistungsvermögens genügt. Umso wichtiger ist heute seine Rolle in der sprachlichen Kommunikation. Doch wir schädigen unsere Ohren perma- nent, vor allem durch Lärm. Denn

die Ohren sind 24 Stunden am Tag auf Empfang und nehmen alle wich- tigen und unwichtigen Geräusche ungefiltert auf.

Wie aus Schallwellen Töne wer- den Das Ohr besteht aus dem Au- ßenohr (Ohrmuschel, Gehörgang, Trommelfell), dem Mittelohr (Pau- kenhöhle mit Gehörknöchelchen und der Eustachischen Röhre) sowie dem Innenohr (Gehörschnecke mit Haarzellen, Hörnerv). Unsere Ohr- muschel nimmt Schallwellen aus der Umgebung wie ein Trichter auf, die dann über das Trommelfell und die Gehörknöchelchen in die

Gehörschnecke (Cochlea) weiterge- leitet werden. Je nach Frequenz der Schwingung werden hierdurch in der Cochlea unterschiedliche Haarzellen in Bewegung versetzt, was Nerven- impulse auslöst. Diese gelangen über den Hörnerv ins Gehirn, das sie uns als Töne oder Geräusche wahrneh- men lässt. Gleichzeitig versetzen die Schallwellen auch den Schä- delknochen in Schwingung („Kno- chenschall“), was wir, wenn auch schwächer, ebenfalls im Innenohr registrieren. Unser Ohr kann Schall- wellen in einem Frequenzbereich von 20 bis 20 000 Hertz empfangen, wobei der „normale“ Hörbereich

© doubleus / fotolia.com

Wenn es immer

leiser wird …

PRAXIS SCHWERHÖRIGKEIT

Wer unter Hypakusis leidet, will sich sein Defizit oft nicht eingestehen.

Dadurch droht nicht nur

die soziale Isolation – ein

abnehmendes Hörvermögen

kann sogar die Gehirn-

strukturen verändern.

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zwischen 3500 und 4000 Hertz liegt. Jeder fünfte Deutsche über 14 Jahren hat jedoch bereits keine normale Hörschwelle mehr; hoch- gradig schwerhörig sind davon etwa sieben Prozent.

Mal leichter, mal schwerer Von Schwerhörigkeit spricht man, wenn das Hörvermögen entweder in be- stimmten Frequenzbereichen ab- nimmt oder wenn man alle Geräu- sche gleichmäßig leiser hört. Je nach- dem, in welchem Teil des Ohres die Ursache liegt, unterscheidet man dabei die Mittelohr- oder Schall- leitungsschwerhörigkeit von der Innenohr- oder Schallempfindungs- schwerhörigkeit.

Beim Verdacht auf Schwerhörig- keit wird ein Hals-Nasen-Ohren- Arzt zuerst die Gehörgänge auf eine Verstopfung durch Fremdkörper oder Ohrenschmalzpfropfen un- tersuchen. Entfernt man sie, ist die Schwerhörigkeit schnell behoben.

Ein Blick in den Gehörgang kann aber auch Fehlbildungen oder Ver- letzungen am Trommelfell zeigen.

Sieht dies alles normal aus, werden Stimmgabel-Tests durchgeführt.

Dabei wird das Instrument an verschiedenen Punkten des Schä- delknochens und danach an der Ohrmuschel angesetzt, um zu über-

prüfen, ob der Ton über die Kno- chen- oder die Luftleitung besser zu hören ist, und ob die Hörmin- derung eine oder beide Seiten be- trifft. Hört der Betroffene eine auf dem Scheitel angesetzte Stimmgabel nicht mittig, ist die Schwerhörig- keit einseitig. Bei einer Mittelohr- schwerhörigkeit wird der Ton über die eigentlich lautere Luftleitung schlechter gehört, da er nicht von außen ans Innenohr weitergeleitet werden kann. Hingegen wird er über die Knochenleitung gut gehört, da diese direkt ins Innenohr geht.

Ein anschließendes Tonaudio- gramm, bei dem man ebenfalls die Luft- und Knochenleitung misst, gibt Aufschluss über den Grad der Schwerhörigkeit sowie über die be- troffenen Frequenzen. Dabei werden dem Patienten über Kopfhörer unter- schiedlich hohe Töne mit ansteigen- der Lautstärke eingespielt, sodass man die Hörschwelle ermitteln kann.

Ohne Haare kein Hören Eine Mittelohrschwerhörigkeit lässt sich meist gut therapieren, da sie vielfach durch Blockaden, Entzündungen, Verletzungen des Trommelfells oder einen Paukenerguss (Flüssigkeits- ansammlung am Trommelfell) her- vorgerufen wird. Anders sieht es bei der Innenohrschwerhörigkeit aus.

Hier lässt sich meist nur bei entzün- dungsbedingten Ursachen durch Antibiotika eine Besserung erzielen.

Manche Antibiotika bewirken je- doch genau das Gegenteil, da sie die Haarzellen schädigen. Diese Schall- rezeptoren sind sehr empfindlich und werden, wenn sie einmal zer- stört sind, nicht mehr neu gebildet.

Besonders gefährdet sind die Haar- zellen durch Dauerlärm und Infek- tionskrankheiten, aber auch Nikotin, Alkohol oder hormonelle Störungen

setzen ihnen zu. Mit dem Alter neh- men ihre Zahl und Leistung ab, was zur Altersschwerhörigkeit führt.

Plötzlicher Hörverlust Eine In- nenohrschwerhörigkeit kann auch durch ein Knalltrauma ausgelöst werden. Dabei wirkt ein plötz- licher, sehr hoher Schalldruck nicht länger als drei Millisekunden auf das Innenohr ein, etwa durch einen Schuss, einen Knallkörper oder einen starken Schlag. Trommelfell und das Mittelohr bleiben dabei unbeeinträchtigt. Ein Knalltrauma geht meist mit einem kurzen, ste- chenden Schmerz, einem Tinnitus und Hörverlust einher. Wirkt der Schalldruck länger als drei Milli- sekunden auf das Ohr ein, werden meist auch das Trommelfell und die Gehörknochen geschädigt. Man spricht dann von einem Explosions- trauma. Diese Traumata können mit sofortiger Kortisongabe und einer hyperbaren Sauerstofftherapie gebes- sert, aber nicht vollständig therapiert werden. Meist bleiben Schwerhörig- keit und Tinnitus zurück.

Ist ein Hörverlust im Mittel- oder Innenohr nicht mehr rückgängig zu machen, kann man einem Fort- schreiten nur noch mit Hörgeräten begegnen. Ein Schritt, vor dem viele zurückschrecken, der jedoch so früh wie möglich gemacht werden muss.

Denn: Wenn die Welt immer leiser wird, verliert das Gehirn unwieder- ruflich die Fähigkeit, Töne zu unter- scheiden oder zuzuordnen – wie bei einem Muskel, der nicht mehr trai- niert wird und dadurch verkümmert.

Irgendwann ist die Welt dann nicht mehr nur leiser, sondern stumm. ■

Dr. Holger Stumpf, Medizinjournalist

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DIE PTA IN DER APOTHEKE | Mai 2015 | www.pta-aktuell.de

OHRINFARKT

Eine weitere Ursache für eine Innenohrschwerhörigkeit ist der Hörsturz. Auch er zeichnet sich durch einen plötzlichen Hörverlust, meist mit Tinnitus aus. Anders als das Knalltrauma geht er aber nie mit Schmerzen einher und hat auch keine eindeutig zu benennende Ursache. Ein Hörsturz hat eine relativ hohe Spontanheilungs- quote, allerdings können auch hier Schwerhörigkeit und Tinnitus zurückbleiben.

»Jeder fünfte Deutsche über

14 Jahren hat jedoch bereits keine

normale Hörschwelle mehr.«

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