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Wermelinger, B. (1993). Der Schwammspinner (Lymantria dispar L.): Massenvermehrung auf der Alpensüdseite. PBMD-Bulletin: Vol. Mai.

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Academic year: 2022

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Eidgenössische Forschungsanstalt für Wald, Schnee und Landschaft

Institut federal de recherches sur la foret, la neige et le paysage

lstituto federale di ricerca per la foresta, la neve e il paesaggio

Swiss Federal Institute for Forest, Snow and

Landscape Research

PBMD-BUllETIN

Mal 1993

Der Schwammspinner. (Lymantria disparl.):

Massenvermehrung auf der Alpensüdseite

Beat Wermellnger

Gruppe Entomologie, WSL

CANTONE TICINO DIPARTIMENTO DEL TERRITORIO Sezione forestale cantonale

Forstinspektorat Graubünden lspettorato forestale dei Grigioni lnspectorat forestal dil Grischun

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PB MD-BULLETIN

Mai 1993

Der Schwammspinner (Lymantria disparl.):

Massenvermehrung auf der Alpensüdseite

Beat Wermelinger

Gruppe Entomologie, WSL

FDK: 453: 412: 145.7x18.77: 151: (494)

Inhalt

1 Biologie des Schwammspinners Vorkommen

Systematik, Morphologie Lebensweise, Wirtspflanzen Entwicklung

Antagonisten Massenwechsel

2 Die Massenvermehrung auf der Alpensüdseite 1992 Die Massenvermehrung ...

... und deren Bedeutung Die Situation im Frühjahr 1993 Massnahmen

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Auskünfte

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Ausgewählte Literatur

Der phyto11nitlre Beobachtungs- und Melde- di■nlt PBMD ist eine Gruppe d■r Eidg. For- 1chung11n1t1lt IDr Wald, Schnee und Land•

schalt, WSL, Birmensdorl.

Als Anlauf- und Beratungsstelle für Forstschutz- fragen informiert der PBMD über AuHreten, Ver- breitung und Bedeutung aktueller Forstschutz- probleme in der Schweiz.

Der PBMD steht milden kantonalen Forstschutz- beauttragten in direktem Kontakt, um anstehen- de Probleme gemeinsam zu I0sen.

In der Regel stammen die Beobachtungen und

Le Service phyto11nlt1lre d'obsemtlon et d'in•

form1t1on SPOI eil un groupe 1pp1rten1nt i l'lnstllut 16d6ral de recherches 1ur 11 forit, 11 neige 11 le p1ys1ge, FNP, i Blrmensdorl.

En tant que servlce de consultatlon et de cana- llsatlon des questlons de protectlon des forets, le SPOl lnforme et conseille lorsque des probl6- mes surglssent dans ce domaine.

Le SPOI reste en contact direct avec les dele- gues cantonaux a la protection des forets alin de resoudre en commun les probl6mes qul se posent. Les observatlons et Informationstrans-

II Senrizlo Flto11nlt1rlo dl Onenrazione • d'lnformazione SFOI e un gruppo dell' lstltuto f1d1r111 dl rlc1rc1 per 11 forestl, II n,ve I II p1111gglo, FNP, Blrm1n1dorl.

In quallta dl ufllclo dl segnalazione e dl consu- lenza per le questionl sanitarie del bosco, lo SFOI informa sulla presenza, la distribuzione e I' importanza del problemi litosanitari attuali a livello Svizzero.

Lo SFOl lavora in dlretto contatto con i rispettivi responsabili cantonali delle questloni fitosani- tarle, alla comune ricerca di soluzioni ai vari

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8903 Birmensdorf

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Im Sommer 1992 trat auf der Alpensüdseite eine Massenvermehrung des Schwammspinners, eines Nachtfalten auf. Die Raupen hinterliessen kahlgefressene Kastanienwälder, machten sich über Obstkulturen her und waren ein Ärgernis für Haus- und Gartenbesitzer und eine starke Belästigung der Bevölkerung. Diese sieht- und spürbaren Einwirkungen auf die menschliche Sphäre sorgten bei der betroffenen Öffentlichkeit für ein grosses Echo und weckten ein Bedür_fnis nach Information und allfällige Massnahmen.

BIOLOGIE DES SCHWAMMSPINNERS

Vorkommen

Der Schwammspinner ist von Europa über Russland bis nach Japan verbreitet mit Kalamitätsschwerpunkten in Süd- und Südosteuropa (Kalamität= wirtschaftlich be- deutende Massenvermehrung). In der zweiten Hälfte des letzten Jahrhunderts wurde der Falter auch in den Osten der USA einge- schleppt (engl.: gypsy moth). Dort breitete er sich stark aus und führte zu grossen wirtschaft- lichen Einbussen vorwiegend in Eichenwäldern.

Eine Massenvermehrung des Schwammspinners in der Schweiz ist erstmals um 1888 aus der Gegend von Biel verbürgt, wo damals vorwie- gend Buchen auf 47,5 ha Fläche und viele Einzelbäume kahlgefressen wurden. Weitere Ausbrüche gab es 1907--09 im Unterwallis, 1924 und 1929/30 im Tessin und 1984/85 im Tessin und Misox sowie im Unterwallis. 1991 begann in den Tessiner Wäldern vor allem in der Gegend zwi- schen .Bellinzona und Locamo eine Gradation, welche zu einem grossflächigen Befall führte (Gradation= Phase hoher Populationsdichte).

Systematik, Morphologie .

Der Schwammspinner (Lymantria dispar L.) gehört zur Familie der Trägspinner (Lymantriidae). Wie alle Trägspinner zeigt auch L. dispar einen ausgeprägten Sexual- dimorphismus (geschlechtsspezifische Unter- schiede im Aussehen): Die Weibchen sind gelblich-weiss gefärbt mit dunkler Zeichnung;

sie sind mit 5-8 cm Flügelspannweite deutlich grösser als die graubraunen Männchen mit 3,5-5 cm Spannweite (Abb. 1). Die Weibchen besitzen kurz gezähnte Fühler, diejenigen der Männchen sind doppelt gekämmt. Der Hinterleib ist stark behaart, mit der Afterwolle hüllen die Weibchen bei der Eiablage ihre Eier ein. Der Rüssel ist zurückgebildet, die Flügel sind in Ruhe dachförmig zusammengelegt.

Die Raupen sind zu Beginn gelb-braun gefärbt mit schwarzen, behaarten Warzen. Als ausgewachsene Raupen sind sie dunkler mit drei gelben Längsstreifen (Abb. 2). Die Warzen der ersten fünf Segmente sind blau, die restlichen rot gefärbt, alle sind stark behaart (Brennhaare). Alle Larvenstadien besitzen Spinndrüsen. Auch hier sind die weiblichen Tiere grösser (6-9 cm) als die männlichen (4-5 cm).

Falter wie Raupen unter- liegen einer beträchtli- chen Farbvariation, eine hohe Populationsdichte führt zu helleren Rau- pen.

Abb. 1: Weiblicher (linb) und mlnnlicher (rechts) Falter des Schwammapinnen. Jedes Weibchen legt ei,a Gelege ab, welches die in IOS· Afterwolle eingehüllten Eier enthilt. Rechts des Männchen• ist eine Puppe sichtbar.

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Lebensweise, Wirtspflanzen

Die Tiere sind an warme und trockene Standorte gebunden und bevorzugen lichte, son- , nige Wälder (Waldränder), Parkanlagen usw.

Massenvermehrungen kommen bis ca. 1600 m.ü.M. vor. Die männlichen Falter fliegen tagsüber in ruhelosem Zickzackflug umher, während die Weibchen nicht fliegen und sich höchstens kriechend fortbewegen. Die grossräumige Verbreitung der Populationen ge- schieht im ersten Larvenstadium, in welchem sich die Räupchen mit Hilfe langer Schwebehaare und Spinnfäden vom Wind über Kilometer verfrachten lassen.

Die Schwammspinnerraupen sind sehr po- lyphag, und es sind in den USA 450 Wirtspflanzen gezählt worden. Bevorzugte Frasspflanzen sind in Europa Eichen, Hagebuche, Buche, Kastanie, und Stein- und Kernobst (Prunus, Pirus). Bei Massenver- mehrungen dehnt sich das Spektrum aus auf Birke, Pappel, Weide, Ahorn, Linde, Ulme, Erle, Lärche, Fichte und Föhre. Esche, Rosskastanie, Kreuzdorn, Nordmanntanne, Holunder und Robinie werden verschmäht.

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Abb. 2: Ausgewachsene Raupe des Schwammapinnen

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Entwicklung

Ei: Die Embryonalentwicklung dauert 3-4 Wochen. In diesem Stadium verfallen die fer- tig entwickelten Räupchen bis zum Frühjahr in eine Diapause _(Winterruhe) mit meist obliga- torischer Kälteperiode.

Larve: Mit dem Austrieb der Blätter im April/Mai schlüpfen die jungen Eiräupchen.

Diese verbringen die ersten Tage in Gruppen als sog. Spiegel neben dem verlassenen Eigelege und wandern anschliessend stammaufwärts zu den Zweigspitzen. Die ersten drei Larven- stadien fressen tagaktiv an den jungen Knospen und Blättern. Ab dem vierten Stadium fressen die Raupen vorwiegend nachts und ruhen sich tagsüber in Rindenritzen aus. Bei aus-. gebeutetem Nahrungsangebot wandern sie zu neuen Ressourcen. Die Entwicklungsdauer be- trägt je nach Witterung und Nahrung 6-12 Wochen, währenddessen die männlichen Tiere 5-6, die weiblichen 6-7 Stadien durchlaufen.

Die männlichen Raupen haben eine etwas kür- zere Entwicklungsdauer. Eine Larve verzehrt während ihrer Entwicklung schätzungsweise 1 m2 Laub. Am Ende der Larvalzeit umgibt sich die Raupe mit einigen Spinnfäden und verbringt ca. 2 Tage als Präpuppe, um danach als Puppe aus der alten Raupenhaut zu schlüpfen.

Puppe: Die Puppen sind häufig in Gruppen mit wenigen Fäden in Ritzen, Blättern, an Zweigen oder am Boden befindlichen· Gegenständen befestigt. Ihre Farbe verändert sich bald von anfänglich weisslich zu dunkel- braun. Die Puppenruhe dauert 2-3 Wochen und fällt in die Monate Juli und August.

Falter: Die Männchen erscheinen 1-2 .Tage vor den Weibchen. Die frisch geschlüpften Weibchen verharren in unmittelbarer Nähe der Puppenhülle, entfalten ihre Flügel und löcken die umherflatternden Männchen mit ei- nem Sexuallockstoff an. Innerhalb eines Tages nach dem Schlüpfen werden si.e begattet und wenige Stunden danach beginnt die Eiablage.

Jedes Weibchen legt meist nur ein Eigelege. Die Eier werden mit Afterwolle umhüllt und an ge- schützten Stellen an Stämmen, Ästen, Mauem, Felsen oder an herumliegenden Gegenständen abgelegt. Bei niedrigen Populationsdichten werden die Gelege v.a. an den unteren 4 m der Stämme auf der Südseite abgelegt. Die Grösse dieser 'Eischwämme' (davon die Namen Schwammspinner, la spongieuse!) schwankt zwischen 100 bis über 1000 Eiern und hängt von der Gradationsphase, d.h. dem Nahrungs- angebot und dem Konkurrenzdruck ab: Vor und

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zu Beginn einer Gradation sind sie grösser als während der Massenvermehrung. Der weitaus grösste Teil der Eier wird am ersten Tag abgelegt, die Eiablage zieht sich über ca. eine Woche bis zum Tod der Weibchen hin.

Der Schwammspinner ist somit univoltin, d.h. er durchläuft nur eine Generation pro Jahr.

Antagonisten

Unter Antagonisten versteht man die natür- lichen Gegenspieler einer Wirtspopulation.

Darunter fallen Parasiten (alle Stadien para- sitisch) und Parasitoide (nur Larven parasi- tisch), Prädatoren (Räuber) und Pathogene (Krankheitserreger).

Abb. 3: Der Puppenräuber (Calosonua sycoplumm) ist einer der augenfälligsten Gegenspieler des Schwammspinners.

Seine Larve (im Bild) &iat Raupen und Puppen, der er- wachsene Kifer llellt am Boden den Raupen nach.

Der Schwammspinner besitzt eine ganze Reihe von Ei-, Raupen- und Puppen-Parasi- toiden. Darunter fallen Raupenfliegen (Tachi- nidae), Schlupfwespen (Ichneumonidae), Brackwespen (Braconidae) und Erzwespen (Chakididae). Diese Antagonisten treten erst gegen Ende einer Massenvermehrung in genü- gend grosser Dichte auf, um die Wirtspopulationen markant zu senken.

Hingegen spielen sie eine wichtige Rolle bei der Regulation der Pop~lationen in der

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Latenzphase. Wurmparasiten spielen eine un- tergeordnete Rolle.

Als mögliche Prädatoren treten Pelzkäfer (Dermestidae), Weichkäfer (Cantharidae), Baumwanzen (Pentatomidae), Laufkäfer (Carabidae, v.a. der Puppenräuber (Calosoma sycophanta), Abb. 3), sowie Kröten, Eidechsen, Vögel und Spitzmäuse auf. Prädatoren sind vor allem in den Latenzphasen wichtige Regulatorel').. In den USA sollen Schwankungen der Mäusepopulationen eine bedeutende Rolle sowohl bei Schwammspinnerausbrüchen als auch bei deren Niedergang spielen. .

Unter die Krankheitserreger fallen Viren, Bakterien und Pilze. Jüngere Raupen scheinen vorwiegend an Bakteriosen, ältere an Virosen zu sterben. Die wichtigste Krankheit und der wichtigste Mortalitätsfaktor generell ist die Polyedrose, ausgelöst durch Kern- Polyederviren (Abb. 4). Bei der nahe ver- wandten Nonne (Lymantria monacha) ist' diese Krankheit auch als Wipfelkrankheit bekannt.

In den USA wird dieses Virus auch zur Schwammspinner-Bekämpfung eingesetzt.

Viele Tiere kommen bei der Wegdrift mit den Wind um, wenn sie nicht auf ihren Frasspflanzen landen.

Abb. 4: Die an der Viruskrankheit Polyedrose gestorbenen Raupen hingen in charakteristiKher, umgekehrter V-Form an den Ällen. Die Bauchbeine haften an der Oberfläche, Kopf und Hinterleib hingen hinunter.

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Massenwechsel

Eine Gradation ist immer das Resultat meh- rerer Prozesse: Ausgelöst durch Witterung, Zustand der Wirtspflanzen, Koinzidenz von Blattaustrieb und Schlüpfen der Raupen, feh- lende Antagonisten oder gute Schutzmög- lichkeiten für die Raupen nimmt die Popula- tion in bestimmten Herden zu, im Tessin häufig an trockenen, felsigen Stellen. In dieser Phase hinken Parasitoide und Räuber hinter der Entwicklung der Wirtspopulation her. Das Nahrungsangebot bezüglich bevorzugten Baumarten (Qualität) und Blattmasse (Quantität) ist optimal und die Konkurrenz und Mortalität noch klein. Demzufolge werden grosse, eireiche Gelege produziert und der Weibchenanteil der Nachkommen ist hoch, die Herde dehnen sich aus. Bereits während dieser Progradationsphase beginnt die Konkurrenz zu wirken; die Raupen haben weni- ger und qualitativ schlechtere Nahrung zur Verfügung und müssen andere, weniger opti- male Wirte aufsuchen. Dadurch nimmt wie-

derum die Produktivität der Weibchen ab, und die Überlebensraten der Eier und Raupen sinken infolge mangelnder Ernährung, zunehmender Empfindlichkeit gegen Krankheiten und an- steigenden Antagonistenzahlen. Darauf folgt der Niedergang der Population. Massgeblich am Zusammenbruch beteiligt ist die Virenkrankheit Polyedrose.

Im Gegensatz zu den USA weisen v.a. die südosteuropäischen Populationen Tendenz zu zyklischem Verhalten auf. In der Schweiz konnte dies nicht festgestellt werden. Eine Gradation, d.h. die Zeit vom Beginn bis zum Ende eines Ausbruchs dauert fn Europa 3-6 Jahre. In den USA wurden auf dem Höhepunkt einer Gradation Dichten von 12 Mio. Larven im vierten Larvenstadium pro ha gezählt!

DIE MASSENVERMEHRUNG AUF DER ALPENSÜDSEITE 1992

Die Massenvermehrung ...

1992 waren auf der Alpensüdseite insgesamt 1500 ha hauptsächlich Kastanienwald vom Befall durch die Schwammspinnerraupen be- troffen, 400 ha davon erlitten Kahlfrass.

Nicht nur an den Sµdhängen zwischen Loquno und Bellinzona bis hinauf in die untere Riviera und im Valle Onsernone, sondern auch eingangs des Valle di Blenio und des Misox (Kt.

Graubünden) sowie im Gebiet südlich des Monte Ceneri verursachten die Raupen stellenweise Kahlfrass (Abb. 5).

Im Wald waren neben dem hauptsächlichen Wirtsbaum Edelkastanie (Castanea sativa) (Abb. 6) auch praktisch alle anderen Laubbäume und sogar Nadelbäume (Lärche, Fichte) und Sträucher betroffen; Eschen wurden von den Raupen verschmäht. Bereits Ende Juli zur Zeit des Puppenstadiums des Schmet- terlings begannen die kahlgefressenen Bäume mit dem Wiederaustrieb und Ende August waren sie wieder belaubt. Die befallenen Bestände waren im November gut zu erkennen,

da sie 2-3 Wochen länger als die nicht- befallenen Bäume grünes Laub aufwiesen. Im Juli waren häufig Puppenräuber-Laufkäfer als Räuber der Schwammspinnerraupen zu beob- achten.

Daneben waren auch landwirtschaftliche

· Kulturen, insbesondere Aprikosen-, Birn-, Apfel- und Nussbäume von Raupen befallen, die aus benachbarten Waldgebieten verfrach- tet wurden. Die Tiere mieden jedoch Feigen, Pfirsich und Reben. Die Landwirte bekämpften den Befall im Rahmen ihrer üblichen Spritzpläne, sodass es kaum zur Eiablage in Obstkulturen kam.

... und deren Bedeutung

Während bei früheren Kalamitäten stets der forstwirtschaftliche Schaden im Vordergrund stand (Reduktion von Holzzuwachs, Eichel- und Bucheckernmast), hat sich heute die Bedeutung von Schwammspinnergradationen im Wald zumindest in der Schweiz gewandelt.

Ein Kahlfrass führt zu einer Mobilisierung von

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Kastanienbestände regenerieren sich jedoch abgestorbene Bäume durch Stockausschläge. Daneben kann die Freilegung des Waldbodens Veränderungen der Fauna auslösen oder unerwünschte Vegetation begünstigen (z.B.

Brombeere).

Von den Kulturen der Landwirtschaft waren vorwiegend Obstbäume betroffen. Neben Blättern frassen die Raupen auch an den Fruchtständen. Die meisten betroffenen Obstanlagen gehören zu Nebenerwerbsbetrieben oder zu Privatgärten,

Haupterwerbsbetriebe wurden nur • vereinzelt. in Mitleidenschaft ge- zogen. Die grösseren Aufwendun- gen durch zusätzlich benötigte Spritzungen hielten sich in Grenzen.

Als dritter Aspekt ist die Belästigung der Bevölkerung zu nennen. Viele Privatpersonen, Besitzer von waldnah gelegenen Häusern und Gärten, spielende Kinder, Haustiere fühlten sich durch die massenhaft auftretenden Raupen behelligt. Diese befielen Gartenpflanzen, krochen an Hausmauern und Gegenständen herum (Abb. 7), die Fenster muss- ten mitten im Juli geschlossen blei-

Abb. S: Vom Schwammspinner befallene Waldbestände. Da■ llauptgebiet mit Kahlfrae1 liegt zwischen Bellinzona und Locamo. Dieses Gebiet wurde bereits in früheren Jahren heimgesucht.

ben, und die Leute wurden durch die herunferfallenden und am Boden liegenden Raupen belästigt. Auch in den USA ist der Schwammspinner grösstenteils ein "people problem". Die in Latenzphasen (Zeit .zwischen zwei Gradationen) ruhigen Raupen werden bei Massenausbrüchen hyperaktiv und führen so zu einer intensiven Belästigung der Bevölkerung.

Zudem besteht eine gewisse Gefahr von Hautreizungen durch die Haare der Raupen.

Diese ist allerdings bedeutend kleiner als beim ebenfalls im Tessin vorkommenden Pinienprozessionsspinner (Thaumetopoea pi- tyocampa). Anfänglich wurden in den Massenmedien diese zwei Schmetterlinge mit- einander verwechselt, was zu einer Aufregung der Öffentlichkeit führte.

Wiederaustrieb der Blätter, was ein geringeres Baumwachstum bedeutet. In den heute extensiv bewirtschafteten Kastanienwäldern spielen jedoch verminderte Zuwachsraten der Bäume und ein allfälliges Absterben einzelner Bäume keine grosse wirtschaftliche Rolle mehr. · Wichtiger ist heute die Schutzfunktion dieser Wälder gegen Steinschlag. Grössere Ausfälle entstehen bei den meisten gesunden Laubbäumen erst nach dreimaligem, aufeinan- derfolgendem Kahlfrass. Allenfalls können sich pathogene Pilze auf geschwächten Bäumen schneller ausbreiten und dadurch zu ihrem vorzeitigen Tod führen, oder die plötzlich unbeschatteten Stämme verschiedener Baumarten können durch Sonnenbrand geschä- digt werden. Im Falle der betroffenen

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Wald: Behandlungen im Wald mit Pflanzenschutz- mitteln sind nicht nur unnötig (s. Bedeutung), sondern ge- mäss der neuen Waldver- ordnung des Bundes grund- sätzlich nur erlaubt, wenn die Walderhaltung gefährdet ist, was zur Zeit keinesfalls zutrifft. In diesem Zusam- menhang muss auch gesagt werden, dass der Schwamm-

~pinner ein Bestandteil des Ökosystems Wald ist und gelegentliche Ausbrüche des- halb natürlicherweise vor- kommen.

Abb. 6: Durch Schwammspinnenaupen entlaubte Kastanien am 21. Juli 1992 bei Gonluno. Landwirtschaft: (mitgeteilt

Die Situation im Frühjahr 1993

An den Hauptbefallsorten der Alpensüdseite fanden sich im Winter 92/93 viele Eigelege an den Stämmen. Allerdings handelt es sich in gewissen Gebieten zu einem grossen Teil um alte, leere Gelege aus dem Jahr 1991. Die 92er Gelege sind etwas kleiner, was auf zunehmen- den Konkurrenzdruck hinweist. Zudem wiesen Eier von bereits 1991 befallenen Standorten im Labor eine tiefere Schlupfrate auf (rund 40 %)

als solche von erstmals 1992 befallenen Orten.

Es stellt sich nun die Frage, was für die kom- menden Jahre zu erwarten ist.

Die 1992 noch vereinzelt angetroffene Virose dürfte sich 1993 weite\- ausdehnen und zu hoher Raupenmortalität führen. Trotzdem können die Tiere in den letztjährigen Hauptschadengebieten nochmals in grösserer Zahl auftreten und evt. stellenweise erneut Kahifrass verursachen. Auch können neue, an- grenzende Wald- oder Obstanlagen durch windverfrachtete (v.a. Nordföhn) Räupchen befallen werden. Anderseits können ungünstige Witterungsbedingung (nasser, kalter Frühling) jederzeit zu einem vorzeitigen Ende des Ausbruchs führen.

Massnahmen

Die grössten Probleme bestehen weder im Wald noch in den Obstanlagen, sondern in der Belästigung von Privatpersonen. Im folgenden werden mögliche Massnahmen für diese drei Gruppen separat aufgeführt.

von G. Mauri, Servizio fito- sanitario del Cantone Ticino): Basierend auf dem Schlüpfzeitpunkt der Larven wird der Kantonale Pflanzenschutzdienst den Obstbauern den optimalen Behandlungszeit- punkt mitteilen. Gegen die Raupen können Mittel auf der Basis von Bacillus thuringiensis (BT) oder Diflupenzuron verwendet werden.

Bei Zierbäumen werden dieselben, für den Menschen nicht toxischen Produkte empfohlen.

Garten- und Hausbesitzer:

Bekämpfun~:

• An Stämmen, Hausmauern, Fensterläden, herumliegenden Gegenständen, Steinen etc.

können die Eigelege im Winter oder Frühjahr zerstört werden (Entfernen und vergraben oder in Seifenwasser eintauchen). Neben den sich fest anfühlenden neuen Gelegen gibt es häufig auch alte, verlassene und weich anzufühlende Vorjahresgelege, welche belassen werden kön- nen.

• Junge Raupen (bis ca. 2,5 cm) können mit dem Wasserschlauch von den Bäumen gespritzt und gleichzeitig so getötet werden.

• 30 cm breite Jutestreifen können mit einer Schnur in der Mitte so um die Stämme gebunden werden, dass die oberen 15 cm lose hinunter- hängen. Die grösseren Raupen suchen tagsüber darin Schutz und müssen täglich entfernt wer- den. Mit an Stämmen angebrachten Klebebändern (Klebstoff nicht direkt auf die Rinde) können wandernde Raupen gefangen werden.

• Raupen an Pfosten, Mauem können mit Besen entfernt werden.

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• Die gesammelten Raupen sollten ihrer Brennhaare wegen mit Handschuhen angefasst werden. Da im Kanton Tessin das Entfachen von offenem Feuer zum Verbrennen der Raupen verboten ist, können sie in Seifenwasser er- tränkt werden.

• Für chemische / biotechnische Bekämpfung s. Landwirtschaft.

Prophylaxe gegen zukünftigen Befall:

• Möglichst wenig Gegenstände (Geräte, Rinde, Äste, Kisten, Pneus etc.) herumliegen lassen, die Gelegenheit zur Verpuppung bieten.

• Mechanisches Zerstören von Puppen, weibli- chen Faltern und deren Gelegen.

• Gut bewässerte Pflanzen ertragen den Befall durch Schädlinge besser.

Abb. 7: Raupen, die" auf der Suche nach neuen Futterpflanzen sind, kriechen oft manenhaft an Pfoeten oder Mauern hoi:h.

Es ist das erste Mal, dass der Schwamm- spinner in dieser Stärke auf der Alpensüdseite auftritt. Im Frühling '93 werden von den Tessiner Forstdiensten Stichproben der Eigele- gedichten genommen, um den lokalen Befalls- druck abschätzen zu können. Der Kantonale Landwirtschaftsdienst verfolgt die Aktivität der Schmetterlinge mittels Lichtfallen an ver- schiedenen Orten. Vertiefte Kenntnisse über das Verhalten dieser lokalen Gradationen feh- . len. In Zukunft wird die WSL ein Langzeit-

Monitoring an den am häufigsten befallenen Standorten durchführen, um die Populations- schwankungen zu verfolgen und den Verlauf dieser Massenvermehrungen besser verstehen zulernen.

Auskünfte

Fragen bezüglich Probleme im Wald sind an G. Moretti, Dipartimento del Territorio del Cantone Ticino, Sezione forestale in Bellinzona (Tel. 092/24'36'61) zu richten, bezüglich Landwirtschaft erteilt G. Mauri, Servizio fito- sanitario del Cantone Ticino in Bellinzona (Tel. 092/25'98'31) Auskunft. An diese beiden Stellen können auch andere Fragen im Zusammenhang mit dem Schwammspinner ge- richtet werden.

Verdankungen

Für Anregungen und die kritische Durchsicht des Manuskripts bedanke ich mich bestens bei M.

Conedera, P. Duelli, B. Forster, F. Giudici, E. Jansen (alle WSL/FNP), G. Mauri, G. Moretti (Kt. Tessin), R. Zuber (Kt. Graubünden) und P. Lüthy (ETHZ).

Abbildung 7 stammt von G. Mauri, B. Crivelli be-

sorgte das Layout der Titelseite.

Ausgewählte Literatur:

OOANE, C.C. &: MCMANUS, M.L., 1981: The Gypsy Moth: Research Toward Integrated Pest Management. U.S. Department of Agriculture, Washington, D.C., U.S.A. (757 pp.).

MONTGOMERY, M.E. &: WALLNER, W.E., 1988: The gypsy moth, a westward migrant.

In: Dynamics of forest insect populations (Ed. A.A. Berryman). Plenum Press, New York, pp. 353-375.

SCHMID, W., 1889: Die Waldverwüstungen in den Roches d'Orvin bei Biel durch den Schwammspinner (Ocneria dispar) im Sommer 1888. Schweiz. Z. Forstwes. 14: 125- 144.

SCHWENKE, W., 1978: Die Forstschädlinge Europas, 3. Band: Schmetterlinge. Paul· Parey, Hamburg, D (467 pp.).

Dieses Bulletin entstand in Zusammenarbeit der WSL mit den Kantonalen Forstschutzämtern der Kan- tone Tessin und Graubünden.

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Verzeichnis der bisher erschienenen PBMD-Bulletins, Bulletin SPOI, Bollettino SFOI

Urech, H., 1987: Buchenbiattschäden 1987 in der Schweiz. PBMD-Bulletin 1: 3 S.

Engesser, R., 1988: Chrysomyxa rhododendri; auffällige Pilzkrankheit der Rottanne. PBMD- Bulletin 2: 1 S.

Haemrnerli, F.; Stadler, B., 1988: Eichenschäden, Eine Übersicht zur Situation in Europa und in der Schweiz. PBMD-Bulletin 3: 15 S.

Forster, B.; Meier, F., 1989: Die Borkenkäfersituation 1988, Buchdrucker (Ips typographus), Kommentar zur Revierumfrage 1988, Empfehlungen für 1989. PBMD-Bulletin 4: 10 S.

Forster, B.; Meier, F., 1989: La situation du bostryche en 1988, Typographe (Ips typographus), Comrnentaire ä propos de l'enquete 1988, Recommandations pour 1989. Bulletin SPOI 4: 9 p.

Forster, B.; Meier, F., 1989: La situazione sul fronte del bostrico nel 1988, bostrico tipografo (Ips typographus), Comrnento all'inchiesta 1988, Raccomandazioni 1989. Bollettino SFOI 4: 9 p. Conedera, M.; Forster, B.; 1990: Fichtenröhrenlausbefall 1989 (Liosomaphis abietinum) auf der

Alpensüdseite. PBMD-Bulletin 5: 16 S. ·

Conedera, M.; Forster, B., 1990: La pullulazione di afide verde dell'abete rosso (Liosomaphis abietinum) nel 1989 al sud delle Alpi. Bollettino SFOI 5: 21 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E., 1990: Forstschutz-Überblick 1989. PBMD- Bulletin 6: 24 S.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E., 1990: Protection des forets - Vue d'ensemble 1989.

Bulletin SPOI 6,: 25 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E., 1990: Situazione fitosanitaria dei boschi nel 1989.

Bollettino SFOI 6: 24 p.

Forster, B.; Meier, F., 1990: Die Borkenkäfersituation 1989/90, Buchdrucker (Ips typographus), Resultate der Revierumfrage 1989, Empfehlungen nach den Sturmschäden 1990. PBMD- Bulletin, Oktober 1990: 18 S.

Forster, B.; Meier, F., 1990: La situation face au bostryche en 1989/90, Le Typographe (Ips typographus), Commentaires ä propos de l'enquete 1989, Recommandations ä la suite des degAts causes par les tempetes de 1990. Bulletin SPOI, Octobre 1990: 19 p.

Forster, B., 1991: Sturmschäden und Forstschädlinge. PBMD-Bulletin, März 1991: 8 S.

Forster, B., 1991: Les degAts dus aux tempetes et les ravageurs forestiers. Bulletin SPOI, Mars 1991: 8 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E., 1991: Forstschutz-Überblick 1990. PBMD-Bulletin, April 1991: 27 S.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E., 1991: Protection des fo~ts - Vue d'ensemble 1990.

Bulletin SPOI, Avril 1991: 27 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Porster, B.; Jansen, E., 1991: Situazione fitosanitaria dei boschi nel 1990.

Bollettino·SFOI, Aprile 1991: 27 p.

Jansen, E.; Forster, B., 1991: Der schwarze Nutzholzborkenkäfer (Xylosandrus germanus) -Ein eingeschleppter Lagerholz-Schädling. PBMD-Bulletin, August 1991: 6 S.

Jansen, E.; Forster, B., 1991: Le bostryche noir du Japon (Xylosandrus germanus) -Un ravageur des bois stockes. Bulletin SPOI, Aout 1991: 6 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E.; Odermatt, 0., 1992: Forstschutz-Überblick 1991.

PBMD-Bulletin, April 1992: 23 S.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E.; Odermatt, 0., 1992: Protection des forets - Vue d'ensemble 1991. Bulletin SPOI, Avril 1992: 25 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E.; Odermatt, 0., 1992: Situazione fitosanitaria dei boschi nel 1991. Bollettino SFOI, Aprile 1992: 27 p.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E.; Odermatt, 0., 1993: Forstschutz-Überblick 1992.

PBMD-Bulletin, April 1993.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E.; Odermatt, 0., 1993: Protection des forets - Vue d'ensemble 1992. Bulletin SPOI, Avril 1993.

Meier, F.; Engesser, R.; Forster, B.; Jansen, E.; Odermatt, 0., 1993: Situazione fitosanitaria dei boschi nel 1992. Bollettino SFOI, Aprile 1993.

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