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Archiv "105. Deutscher Ärztetag: Stapellauf in der Werfthalle" (31.05.2002)

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as sah beeindruckend nach Arbeit aus. Nachdem sich der 100. Deut- sche Ärztetag in Eisenach zur Eröffnungsveranstaltung in einer Kirche eingefunden hatte, bildete nun die Schiffs- bauhalle der Kvaerner Warnow Werft die Kulisse für die Auftaktveranstaltung zum 105. Deutschen Ärztetag in Ro- stock. Beim Anblick des gewaltigen Schiffsrumpfs im Hintergrund drängte sich unwillkürlich die Frage auf,wie lange es wohl noch dauern wird, bis das große Projekt „Reform der Gesetzlichen Kran- kenversicherung“ vom Stapel laufen wird. Und fast schon mochte man an eine perfekte Ärztetags-Regie

glauben, als zum begeistert aufgenommenen Statement des gerade mit der Paracel- sus-Medaille ausgezeichne- ten Prof. Dr. med. Hanns Gotthard Lasch – „Helfen und Heilen muss auch wei- terhin der Mittelpunkt unse- res Berufes sein“ – dreimal das Signalhorn eines vorbei- fahrenden Schiffes erklang.

Lasch verwies auf die „uner- trägliche Bürokratisierung“

der ärztlichen Berufsaus-

übung, wodurch die Zuwendung zu den Patienten immer mehr eingeschränkt werde. Unter den herrschenden Bedin- gungen verliere die junge Ärztegenerati- on zunehmend den Spaß an der Aus- übung ihres Berufs, obwohl viele junge Ärzte doch zu außergewöhnlichem Ar- beitseinsatz bereit seien.

Arbeitsbelastung und Bürokratisie- rung waren auch Schwerpunkte in den Reden des Bundesärztekammer-Präsi- denten Prof. Dr. med. Jörg-Dietrich Hop- pe und der Bundesgesundheitsministerin Ulla Schmidt. Die Ministerin bezeichne- te die zügige Umsetzung des Urteils

des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zum Bereitschaftsdienst im Kranken- haus als wichtiges Projekt für die nächste Legislaturperiode. Für die Gegenwart empfahl sie pragmatische Lösungen; im Fallpauschalengesetz seien bereits zu- sätzlich 200 Millionen Euro für die bei- den nächsten Jahre zur Verfügung ge- stellt worden. Nun seien die Kranken- häuser gefordert, kurzfristig für eine bes- sere Arbeitszeitgestaltung zu sorgen.

Sollten die bereitgestellten Gelder aufge- braucht sein, könne sie sich weitere kurz- fristige Lösungen vorstellen. Hoppe zeig- te sich von diesen vagen Versprechungen wenig beeindruckt. Die kor- rekte Umsetzung des EuGH- Urteils bedeute jährliche Per- sonalmehrkosten in Höhe von mindestens einer Milliarde Euro. Im Fallpauschalenge- setz werde nur ein Bruchteil dieser Summe zur Verfügung gestellt – kaum mehr als ein Tropfen auf dem heißen Stein.

„Wird diese Politik so fortge- führt, ist der Personalkollaps in den Kliniken program- miert.“ Hoppe warnte zudem davor, dass die rein betriebs-

Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2231. Mai 2002 AA1473

Stapellauf in der Werfthalle

Die Bundesgesundheitsministerin setzt weiterhin auf Kooperation mit der ärztlichen Selbstverwaltung. Der Präsident der Bundesärztekammer

definiert die Anforderungen für einen künftigen gemeinsamen Weg.

105. Deutscher Ärztetag

Gespannter Blick nach vorn: Schmidt, Hoppe, Bunge

Alle Fotos aus Rostock:Bernhard Eifrig

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wirtschaftliche Ausrichtung des DRG-Sy- stems zu einer drastischen Reduktion ärztlicher Weiterbildung am Kranken- haus führen werde. Aus der Sicht eines Verwaltungsdirektors sei nunmehr die ärztliche Weiterbildung nur noch ein lästi- ger Kostenfaktor; ein hoher Facharztan- teil erscheine aus Verwaltungssicht effizi- enter als die Zeit und Personalressourcen bindende Weiterbildung.

Einig waren sich der Bundesärzte- kammerpräsident und die Bundesge- sundheitsministerin darin, dass gerade auch angesichts des abzusehenden Ärz- temangels die Arbeitsbedingungen für Ärztinnen verbessert werden müssten.

Für Ärztinnen mit der immer noch klas- sischen Doppelbelastung von Beruf und Familie forderte Hoppe mehr flexible Arbeitszeitmodelle in den Kliniken wie auch eine flexiblere Handhabung des Jobsharing und anderer Teilzeitmodelle in der Arztpraxis. „Denn wir können es uns auf Dauer nicht leisten, auf die beruf- lichen Fähigkeiten und Erfahrungen von einem Viertel der rund 150 000 Ärztin- nen in Deutschland zu verzichten.“

Schmidt hatte sich gleich zu Beginn ihrer Rede für die Einladung zum „Deutschen Ärztinnen- und Ärztetag“ bedankt. Sie sei Optimistin und hoffe es noch zu erle- ben, dass ihr in den Gremien der Ärzte und der Krankenkassen genauso viele Frauen gegenübersitzen, wie es ihrem Bevölkerungsanteil entspricht.

Auch bei der vertragsärztlichen Versor- gung setzt die Gesundheitsministerin wei- terhin auf Kooperation. Schmidt ver-

sprach den Ärzten, den Sicherstellungs- auftrag für die ambulante Versorgung nicht den Krankenkassen zu übertragen.

Die Bundesregierung werde hierbei nicht den Ratschlägen der von Hoppe heftig kritisierten Experten folgen. Sie stehe für die freie Arztwahl und eine wohnortnahe Versorgung, was von den Krankenkassen alleine nicht geleistet werden könne. Bei der Umsetzung flexible-

rer Vertragsmodelle – so etwa Einzelverträge mit bestimmten Leistungs- erbringern – hoffe sie weiterhin auf die Zu- sammenarbeit mit der kassenärztlichen Selbst- verwaltung. Auch die starre Budgetierung im ambulanten Bereich werde auf Dauer keinen Bestand haben. Denn floatende Punktwerte seien ungerecht und be- straften gerade diejeni- gen, die besonders enga- giert arbeiten. Ähnlich

der neuen Krankenhausvergütung müsse eine Lösung gefunden werden, bei der Leistung entsprechend honoriert wird.

Energisch plädierte Schmidt für den Erhalt der solidarischen Finanzierung im Gesundheitswesen. Die Forderung nach einer Aufsplittung in Grund- und Wahlleistungen lehnte sie kategorisch ab: „Diese ganzen Angebote richten sich an junge Gesunde auf Kosten derer, die wirklich Hilfe nötig haben.“

Unerwartet positiv aufgenommen wurde die Rede der PDS-Sozialministe- rin von Mecklenburg-Vorpommern, Dr.

Martina Bunge. Sie sprach sich – bei Er- halt der solidarischen Krankenversiche- rung – für unkonventionelle Konzepte in der künftigen Gesundheitsversorgung aus.Anzustreben sei eine aufgabenorien- tierte Ausgabenpolitik. Medizinische Versorgung sei nicht zum Nulltarif zu haben.

Der Lohnsummenbe- zug beim Arbeitgeber- anteil zur Krankenversi- cherung müsse durch ei- nen Wertschöpfungsbe- zug abgelöst werden.

Hoppe wies darauf hin, dass die derzeit dis- kutierten gesundheits- politischen Konzepte der gesellschaftlich ge- wünschten medizini- schen Entwicklung nicht gerecht würden. Re- präsentative Umfragen zeigten, dass die größte Sorge der Bevölkerung nicht der Bei- tragssatzstabilität, sondern der Zugangs- möglichkeit zu innovativen Therapiefor- men gelte. Für die uneingeschränkte Teil- habe am medizinischen Fortschritt seien die Menschen auch bereit,höhere Beiträ- ge zu entrichten. Als Sofortmaßnahmen zur Sicherstellung der notwendigen Res- sourcen für das Gesundheitswesen for- derte Hoppe

❃ einen Stopp des sozialpolitischen Missbrauchs der Versichertengelder für Zwecke der Renten- und Arbeitslosen- versicherung,

❃ eine Steuerfinanzierung versiche- rungsfremder Leistungen, wodurch die Gesetzliche Krankenversicherung um mindestens 2,3 Milliarden Euro entlastet würde,

❃ eine Erweiterung der Einnahmeba- sis über das Arbeitseinkommen hinaus sowie eine faire Gestaltung der Mitversi- cherung.

„Ich will, dass wir wieder den Spit- zenplatz in der Medizin einnehmen“, forderte die Bundesgesundheitsmini- sterin zum Abschluss ihrer Rede. Dem wird sicherlich auch der Präsident der Bundesärztekammer zustimmen. Über den Weg dorthin besteht jedoch noch Uneinigkeit. Thomas Gerst P O L I T I K

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A1474 Deutsches ÄrzteblattJg. 99Heft 2231. Mai 2002

Forderte Sofortmaßnahmen zugun- sten der Ostärzte: Gastgeber An- dreas Crusius; rechts Ursula Auers- wald, wie Crusius Vizepräsident(in) der Bundesärztekammer

Mit der Paracelsus-Medaille ausgezeichnet (von links): Georg Holfelder, Wildor Hollmann, Ru- precht Zwirner, Hanns Gotthard Lasch (Laudationes in diesem Heft)

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