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Archiv "Erfahrungen mit Phytopharmaka: Bericht über die 34. Deutsche Therapiewoche in Karlsruhe" (12.11.1982)

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Zur Fortbildung Aktuelle Medizin KONGRESS-BERICHT

Bei der Bewertung von Arzneistof- fen sollte die Frage, ob es sich um synthetische Stoffe oder um Na- turprodukte handelt, keine Rolle spielen. Vom Standpunkt einer ra- tionellen Arzneimittelverordnung kann es nur ein einziges Eintei- lungsprinzip geben, das auf der Trennung des Schlechten und Un- brauchbaren vom Guten und Nütz- lichen beruht und das Überflüssi- ges und Schädliches durch Not- wendiges und Brauchbares er- setzt (H. Haas, Mannheim).

Pflanzliche Naturstoffe spielen auch heute noch eine wesentliche Rolle in der Arzneitherapie. Sie sollen etwa 40 Prozent des Welt- umsatzes an Pharmaprodukten ausmachen, führte W. Klaus, Köln, aus. In manchen Bereichen, z. B.

bei Antibiotika und Laxantien, werden bis zu 90 Prozent der Stof- fe aus pflanzlichen Mitteln gewon- nen. Diese Bereiche der Arzneimit- teltherapie mit pflanzlichen Pro- dukten bereiten keine Verständ- nisschwierigkeiten für den natur- wissenschaftlich orientierten Me- diziner und damit für die Pharma- kologie. Es muß jedoch gewarnt werden vor der Polarisation zwi- schen chemischen und pflanzli- chen Arzneistoffen und der damit verbundenen Klassifizierung der chemischen Stoffe als gesund- heitsschädlich, unverträglich, ge- fährlich und der pflanzlichen Arz- neimittel als gesund, verträglich, unbedenklich. So können auch manche pflanzlichen Wirkstoffe in entsprechender Dosis gefährlich sein oder Nebenwirkungen auf- weisen wie z. B. Digitalispräparate oder Aristolochiasäure. Die Phyto- therapie im engeren Sinne betrifft jedoch nicht den Einsatz definier- ter Monosubstanzen pflanzlicher Herkunft, -sondern die Anwendung von Gesamtextrakten, d. h. von Stoffgemischen. Die Indikationen umfassen ein weites Spektrum

von Symptomen und Krankheits- bildern, wobei in der Regel nicht akut bedrohliche Zustände, son- dern bevorzugt leichte Gesund- heits- und Befindlichkeitsstörun- gen, vor allem bei chronischen Prozessen, therapiert werden sol- len. Ein besonderes Problem stellt der Wirksamkeitsnachweis derart komplexer Gemische, wie sie in den meisten Phytopharmaka vor- liegen, dar. Wenn auch der vom wissenschaftlich orientierten Kli- niker bevorzugte Doppelblindver- such nicht der einzige Maßstab zu sein braucht, sollte zumindest die therapeutische Wirksamkeit der Phytopharmaka unzweifelhaft do- kumentiert werden können.

Über gefäßaktive Substanzen aus Arzneipflanzen referierte H. Haas, Mannheim. Bei chronisch-arteriel- len Durchblutungsstörungen soll- te die Therapie auf eine Beseiti- gung der vaskulären Insuffizienz und ökonomisierung des Stoff- wechsels ausgerichtet sein. We- gen ihrer kurzfristigen Wirkung sollten Papaverin und Theophyllin heute nicht mehr verwendet wer- den. Das Alkaloid Raubasin und die Inhaltsstoffe des Ginkgo bil- oba verringern den arteriellen Wi- derstand über eine Beeinflussung der Gefäßmuskulatur und vergrö- ßern bei nahezu unverändertem Blutdruckniveau das Durchblu- tungsvolumen. Gleichzeitig wird durch Tonuserhöhung im venösen Bereich ein gesteigerter Abfluß er- möglicht. Für Ginkgo ist außer- dem erwiesen, daß es im Bereich der Mikrozirkulation die Kapillar- permeabilität herabsetzt und zu- dem die Plättchenaggregation hemmt. Klinisch-pharmakologi- sche Untersuchungsreihen bele- gen außerdem, daß Ginkgoextrak- te bei Patienten mit zerebrovasku- lären Symptomenkomplex die Per- fusion in den ischämisch geschä- digten Arealen steigern.

P. Brühl, Urologische Universitäts- klinik Bonn, wendet die Phytothe- rapie zur Spasmoanalgesie und Diuresesteigerung in der Urologie an. Wie er mitteilte, hat sich die Durchspülung mit harnspezifi- schen Drogenextrakten als adju- vante Therapie bei Harnwegsin- fektionen als unentbehrlich erwie- sen. Darüber hinaus ist sie als Ba- sisprophylaxe des Harnsteinrezi- divs anzusehen. Eine deutliche Aufwertung der Nieren- und Bla- sentees bei Erkrankungen der ab- leitenden Harnwege lieferte der klinische Nachweis ihrer diureti- schen Wirkung durch die in ihnen enthaltenen Wirkstoffe Saponin und ätherische Öle. Spezifische Gemische von Phytosterinen wer- den seit langem bei der benignen nodulären Prostatahypertrophie und bei der Prostatitis zur Erleich- terung der Beschwerden ange- wendet, um u. a. auch die häufig synchrone Blasenirritation regula- torisch zu beeinflussen. Schließ- lich ist die Reizblase der Frau ei- ner phytotherapeutisch und allge- mein roborierenden Behandlung gut zugänglich, wenn eine organi- sche Ursache ausgeschlossen werden kann.

J. Massier, Karlsruhe, empfiehlt die Verwendung von Tees (Wa- cholder, Brennessel, Hängebirke, Ackerschachtelhalm u. a.) zur Vor- beugung und Linderung von Pro- statabeschwerden, darüber hin- aus pflanzliche Präparate aus Wirkstoffen von Sabal serrulat, Echinacea purpura (Sonnenhut), Brennessel und Kürbis zur urolo- gischen Therapie, wobei eine Wir- kung nicht mehr zu erwarten ist, wenn bereits ein operationsbe- dürftiger Befund vorliegt.

Eine große Gruppe von Pflanzen vermag Störungen der Leber- und Gallenfunktion zu bessern, L. Mai- wald, Medizinische Universitätskli- nik Würzburg. In der Mehrzahl er- weisen sich diese pflanzlichen Mittel als Choleretika und Chola- goga. Für die therapeutische Pra- xis ist die Feststellung wichtig, daß die experimentell erwiesene choleretische-cholagoge Wirkung

Erfahrungen mit Phytopharmaka

Bericht über die 34. Deutsche Therapiewoche in Karlsruhe

Ausgabe B DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 79. Jahrgang Heft 45 vom 12. November 1982 47

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Zur Fortbildnng Aktuelle Medizin Phytopharmaka

nicht ohne weiteres auf den Ein- zelpatienten übertragen werden kann, vielmehr jeweils klinisch er- fahren werden muß. So gut wie immer haben die als Choleretika und Cholekinetika verwandten Präparate auch eine sekretionsför- dernde Wirkung auf Magen und Pankreas. Pflanzliche Cholagoga eignen sich für die Langzeitbe- handlung von Dyskinesien der Gallenwege und der gallenman- gelbedingten Obstipation, ferner zur Langzeitbehandlung neurove- getativ bedingter Funktionsstö- rungen von Leber, Galle, Pankreas und Magen. Auch sind sie wertvoll bei notwendiger Nachbehandlung cholezystektomierter Patienten, wenn andere Organursachen bzw.

Operationsfolgen ausgeschlossen sind. Als alleiniges Mittel zur Be- handlung akuter Gallenkoliken sind Cholagoga ungeeignet, bei akuten Gallenwegserkrankungen sind sie kontraindiziert.

Hinsichtlich der antiarteriesklero- tischen Wirkung des Knoblauchs kommt dem Allicin, H. D. Reuter, Medizinische Universitätsklinik, Köln, eine besondere Bedeutung zu. Allicin vermag offensichtlich, durch eine Reaktion mit Koenzym A regulierend in den Fettsäure- stoffwechsel einzugreifen. Über einen bisher noch unbekannten Mechanismus fördern Allicin und andere Sulfoxide aus dem Knob- lauchöl die Bildung antiatherogen wirksamer "High-density"-Lipo- proteine (HOL) und reduzieren gleichzeitig die Entstehung stark atherogener "Low-density"-Lipo- proteine (LDL). Zusätzlich senken Knoblauchinhaltsstoffe die Se- rumcholesterinspiegel und erhö- hen die fibrinelytische Aktivität des Blutes. Ein wesentlicher Fak- tor der Arterioseentstehung, die Plättchenaggregation, wird eben- falls durch s-haltige Knoblauch- Verbindungen sowie durch das in hoher Konzentration vorkommen- de Adenosin gehemmt.

Prof. Dipi.-Chem. Dr. phil.

Hans D. Reuter

Joseph-Stelzmann-Str. 9 5000 Köln 41

AUSSPRACHE

Krebs - ein Industrieprodukt?

Zu dem Aussprachebeitrag von Professor Dr. phil. Fritz Eiden, Pro- fessor Dr. med. Fritz H. Kemper, Professor Dr. med. Gerhard Lehnert, Professor Dr. med. Dietrich Schmähl, Professor Dr. med. Garlos Thomas, Professor Dr. med. Helmut Valentin-und Professor Dr. med.

Gustav Wagner in Heft 8/1982, Ausgabe AlB, Seite 52 ff.

Vorwort

Es ist ein Anliegen der Redaktion, daß im wissenschaftlichen Teil des DEUTSCHEN ÄRZTEBLATTES von den zahlreichen uns errei- chenden Leserbriefen nur die zum Abdruck kommen, die entweder den Kollegen neue und zusätzli- che Informationen bringen oder wesentliche Unterschiede begrün- det herausstellen. Wie in jeder wis- senschaftlichen Zeitschrift erhält der Autor des Beitrages in jedem Fall Gelegenheit zu einem Schluß- wort.

Im vorliegenden Fall handelt es sich um die Kritik am Buch eines Medizin-Journalisten "Krebswelt- Krankheit als Industrieprodukt".

Die Auseinandersetzung wurde beiderseits mit Schärfe geführt.

Trotzdem möchten wir unseren Lesern den Brief von E. R. Koch und das Schlußwort von sieben Arbeitsmedizinern, Pathologen, Epidemiologen, nicht vorenthal-

ten. Die Redaktion

Stellungnahme

Wer anderen auf die Füße tritt, muß damit rechnen, daß diese das nicht mit Jubelschreien zur Kennt- nis nehmen. So gesehen steckt das eigentliche Motiv der Profes- soren-Schelte in ihrem letzten Ab- satz: Darf ein Nichtmediziner, erst 31jährig überdies, "erfahrene, wis- senschaftlich und klinisch tätige Kollegen" kritisieren?

Natürlich darf er nicht, selbst wenn er sich für seine Kritik fachli- chen Beistand sucht. Und wenn er es dennoch tut, ohne den An- spruch zu erheben, eine wissen-

schaftliehe Arbeit zu verfassen (denn dann wäre er wahrschein- lich Mediziner und nicht Journa- list), muß er auf allerlei Zornesaus- brüche gefaßt sein.

Auch jener im DEUTSCHEN ÄRZ- TEBLATT fällt präzise in diese Ka- tegorie. Argumente werden an den Haaren herbeigezogen, auf das Wesentliche des Buches wird gar nicht erst eingegangen. Einige Vorwürfe ignorieren, daß ich mich mit den angesprochenen Sachver- halten im Detail auseinandersetze, oder kritisieren Behauptungen, die nirgendwo im Buche stehen. Zufall oder Notwendigkeit?

Einige Beispiele:

..".. Todesfälle werden sowohl in absoluten als auch in relativen Zahlen ausgedrückt. Wenn hierzu- lande jährlich 160 000 Menschen an Krebs sterben und dies die weltweit (nach den USA) die größ- te Absolutzahl ist, hat das meines Erachtens mehr als nur akademi- sche Bedeutung. Beklagen wir nicht auch 13 000 Verkehrstote pro Jahr und ebenso viel Suizidfäl- le (ohne einen Bezug zur Bevölke- rungszahl oder gar Verkehrs- dichte)?

Müssen sich nicht unsere (auch absoluten finanziellen) Anstren- gungen wesentlich nach den Ab- solutzahlen orientieren und nicht nach der relativen Häufigkeit?

Schließlich leben bei uns nicht nur die meisten Menschen (und Krebs- kranken) in Europa, sondern auch die meisten Steuerzahler!

Natürlich bedürfen bei der Erfor- schung der Krebsursachen inter-

48 Heft 45 vom 12. November 1982 79. Jahrgang DEUTSCHES ARZTEBLATT Ausqabe B

Referenzen

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