A 106 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 109|
Heft 3|
20. Januar 2012BÖRSEBIUS
Die heimlichen Börsengurus
W
as von Aktienprognosen der meisten Profis zu halten ist, nämlich nichts, darüber habe ich mich ja bereits in der vorigen Aus- gabe ausgelassen. Das gilt natürlich und erst recht für einige Börsenpro- pheten, die uns telegen oder in Bör- senpostillen mit ihrem todsicheren Wissen heimsuchen. Gerade lese ich eine Online-Anzeige in einem vielgelesenen Finanzforum mit dem alles und nichts versprechen- den Text: „Kursraketen 2012. Jetzt sind wieder dreistellige Gewinne möglich, mit den kostenlosen Emp- fehlungen der Börsenprofis.“ Geht’s noch? Zweistellig hätte für Größen- wahnsinn auch schon gereicht. Ich möchte nicht wissen, wie viele An- leger auf diesen triefenden Unsinn hereinfallen.Dabei gibt es durchaus Leute, die offenbar das Gras wachsen hören und bei ihren Anlageentscheidun- gen ein gutes Händchen beweisen.
Die Rede ist hier von den soge-
nannten Insidern, Unternehmens- chefs also, die mit ihren Aktienkäu- fen in der Vergangenheit ziemlich richtig lagen. Nach Untersuchun- gen des Forschungsinstituts für Asset Management der Rheinisch- Westfälischen Technischen Hoch- schule Aachen war dieser Personen- kreis im Gegensatz zum Gesamt- markt vergleichsweise erfolgreich.
Unterm Strich heißt die aufregende Botschaft, dass die Topmanager 2011 mit ihren Transaktionen 15 Prozent besser abgeschnitten haben als der relevante Vergleichs- index DAX.
Da sind also die „echten“ Bör- sengurus. Nun mag bei Ihnen der Wunsch aufkommen, wie schön es doch wäre, ließe es sich auf den Spuren der heimlichen Börsengurus erfolgsträchtig mitwandeln. Und in der Tat gibt es Insider-Zertifikate, die exakt den gleichen Anspruch haben, also den Markt signifikant schlagen zu wollen. Doch zwischen
Anspruch und Wirklichkeit klaffen manchmal Welten. Das „Deutsch- land Mid Cap Insider-Zertifikat“
der Commerzbank war im letzten Jahr nur 1,5 Prozent besser als der MDAX. Immerhin schlugen das
„Solactive Insider-Index-Zertifikat“
der Deutschen Bank und das „Insider-Index-Zertifikat“ der Com- merzbank ihre relevanten Ver- gleichsindices. Allerdings lassen sich die Geldhäuser ihre Arbeit auch ganz gut entlohnen. Mit Ge- bühren zwischen 0,8 und 1,5 Pro- zent muss der Anleger jährlich kalkulieren.
Wer den Insidern so richtig real hinterherspüren will, kann das tat- sächlich selbst erleben. Auf der Internetseite der Bankenaufsicht (www.bafin.de) lassen sich die In- sidertransaktionen der Topmanager unter „Directors’ Dealings“ ziem- lich zeitnah nachvollziehen. Dort müssen die Unternehmenslenker binnen weniger Tage ihre Trans - aktionen veröffentlichen. Auf direk- tem Wege an offensichtlich markt- relevante und erfolgsträchtige In- formationen zu kommen, ohne Hilfe von Dritten, und das alles gebührenfrei, das hat doch was.