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ichts gehört, schon gar nichts gesehen und erst recht nichts gesagt.Nach der Dreiaffenmethode kamen viele Banken jahre- lang prächtig über die Run- den, wenn sie ihrer Klientel überdimensionierte Erwerbs- modelle finanzierten.
Um was immer es sich auch handelte, ob kreditfi- nanzierte britische Lebens- versicherungen, ob Immobi- lie im Osten, ob Windkraft- werk für Ökofans – es gab jedesmal ein ordentliches Darlehen zu verkaufen.
Wenn die Sache hernach schiefging, blieb der Kunde auf dem havarierten Objekt sitzen. Die Bank hielt sich fein raus, schließlich sei er, der Kunde, mit dem Initiator des Modells eine unterneh- merische Beteiligung einge- gangen, die sei nun, wie es im Geschäftsleben schon mal vorkommt, schlichtweg schief-
gegangen. Das Kreditinstitut habe ansonsten keine Karten im Spiel, sondern lediglich ei- nen Kredit bereitgestellt. Für die Bank kam es letztendlich nur noch darauf an, sich an ei- ner anderen werthaltigen Si- cherheit des Kunden schadlos zu halten.
In der Tat konnten die Banken bis Ende der achtzi- ger Jahre ziemlich gelassen beleiben, hatte doch die Rechtsprechung bis dato we- nig Mitleid mit den Erwer- bern solcher Modelle. Wer auf Steuersparmodelle rein- fällt, ist selbst schuld, hieß bis
dahin der Tenor einschlägiger Urteile.
Aber der Wind hat sich, wie es scheint, gedreht. Heu- te neigt die Rechtsprechung eher der These zu, die Ban- ken hätten wissen müssen, daß sie (in etlichen Fällen) völlig überteuerte Objekte finanzierten. Hier liege also eindeutig ein Verschulden bei Vertragsabschluß vor (culpa in contrahendo) und dies verpflichte eben zum Ersatz des entstandenen Scha- dens.
Ein jüngeres Urteil des Bundesgerichtshofes (IX ZR
352/97) verdeutlicht, worum es geht. Zwar postituliert der BGH nach wie vor, daß es für Banken bei der Finanzierung solcher Modelle keine gene- relle Aufklärungspflicht ge- be. Wenn das Kreditinstitut aber einen eindeutigen „Wis- sensvorsprung“ habe, dürfe dieser gerade nicht für sich behalten werden.
Mit anderen Worten:
Wenn eine Bank einen krum- men Investitionshund finan- ziert, obwohl sie weiß, daß das Objekt eigentlich nur schiefgehen kann, weil völlig zum Beispiel überteuert, dann darf sie den Kunden nicht dumm halten, sondern muß ihn entsprechend auf- klären. Für geleimte Anleger sicher ein Hoffnungsschim- mer, aber kein Ersatz für all den Ärger und Streß in der langen Geschichte ei- nes mißratenen Steuerspar- modells. Börsebius
[52] Deutsches Ärzteblatt 96,Heft 27, 9. Juli 1999
S C H L U S S P U N K T
Post Scriptum
lZwei Ärzte – drei Meinungen (mit Gutach- ten), zwanzig Ärzte – eine Lehrmeinung, zweihundert Ärzte – ein Erfahrungsaus- tausch darüber.
lHumane Medizin zeigt sich darin, wie sich der Arzt zu seinen wenig zahlenden Nicht-Privatpatienten ver- hält.
lErfolgreiche Thera- pie: Der Arzt im Patienten muß sich mit den Ärzten um den Patienten einig sein.
lWas Schuldzuweisun- gen anbetrifft, so wird bei leeren Kassen meist aus dem vollen geschöpft.
lEin guter Arzt hat sich während seiner Aus- bildung alle Krankheiten schon einmal eingebildet, ein weniger guter Arzt ist eher eingebildet, weil sich bei ihm noch nie eine Krankheit ausgebildet hat.
lDie Pessimisten unter den Ärzten sind immer die besten Diagnostiker!
lJeder Arzt glaubt zu wissen, daß der Patient sei- nem Wissen auch glaubt.
lSteuer: Bei dem, was einem zum Wohl des Staa- tes zugemutet wird, ist ei- nem nicht wohl zumute.
lDie Macht der Ge- wohnheit ist die gewöhn- lichste, aber auch die ge- fährlichste Form der Macht.
lDie meisten Men- schen bekennen Farbe, in- dem sie die Wahrheit schön- färben.
lLachen ist gesund – und das ist nicht zum Tot- lachen!
l Privatpatienten-Hono- rar: Der Arzt spendet dem Patienten Trost, und der Pa- tient tröstet den Arzt durch eine Spende!
lEs gibt Menschen, die sind imstande, etwas zu tun, aber nicht in der Lage dazu.
lWenn man schon ein vegetatives Würstchen ist, sollte der Arzt seinen Senf dazugeben, um Selbsthei- lungskräfte scharf zu ma- chen.
lIn der Politik gräbt einer dem anderen das Wasser ab, und dann wun- dert man sich über einen Erdrutsch bei Wahlen.
lWenn man einen Men- schen vor den Kopf stößt, führt das selten zu Denk- anstößen!
Entnommen aus: Ger- hard Uhlenbruck: Die Wahr- heit lügt in der Mitte. Ge- danken zum Bedenken, Ralf Reglin Verlag, Köln, 1999, 161 Seiten, 11 Fotos,
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Börsebius zur Bankenhaftung
Auch bei Unwetter mit im Boot
Als Bücherwürmchen beim Gedanken- lesen (1936) Foto: Archiv Gerhard Uhlenbruck