Zur Fortbildung Aktuelle Medizin
ÜBERSICHTSAUFSATZ
Einleitung
Die Doppler-Echokardiographie hat sich innerhalb weniger Jahre durchgesetzt und die diagnosti- schen Möglichkeiten der Echokar- diographie wesentlich erweitert.
Sie beruht auf der Kombination zweier bewährter Untersuchungs- methoden: auf der Dopplersono- graphie, wie sie aus der periphe- ren Gefäßdiagnostik bekannt ist, und auf der Echokardiographie, die sich als wichtige nichtinvasive kardiologische Untersuchungs- methode bewährt hat und im ein- dimensionalen M-Mode und im zweidimensionalen Schnittbild bei der Diagnostik angeborener und erworbener Herzfehler wertvolle Hilfe leistet (1, 2)*). Die Kombina- tion beider Verfahren erlaubt erst- mals die exakte Darstellung der Strömungsverhältnisse im Herzen durch eine nichtinvasive Methode.
Dabei kann in einem Bereich von wenigen Millimetern Ausdehnung, dem „Meßvolumen", im Herzen die Strömungsrichtung des Blutes (zum Schallkopf hin oder vom Schallkopf weg) und die Strö- mungsqualität (laminar oder tur- bulent) bestimmt werden. Da die meisten heute von der Industrie angebotenen Echokardiographie- Geräte auch einen Dopplerzusatz besitzen, scheint eine Information über Anwendungsmöglichkeiten, Bedeutung und Grenzen dieser Technik angebracht.
Technische Grundlagen Der Dopplereffekt ist allen be- kannt: Wenn sich uns eine Loko- motive nähert, klingt der Ton ihrer Pfeife höher, als wenn sie steht.
Wenn sie sich von uns entfernt, klingt der Ton deutlich tiefer.
Bei der Doppiersonographie peri- pherer Gefäße wird ein kontinu- ierlicher Ultraschallstrahl auf das Gefäß gerichtet. Die strömenden Erythrozyten reflektieren die Schallwellen, welche von einem zweiten piezoelektrischen Ele- ment wieder empfangen werden.
Bewegen sich die Erythrozyten auf den Schallkopf zu, kommt es zu einer Verkürzung der Wellenlänge des reflektierten Schalls. Bewegen sich die Erythrozyten vom Schall- kopf weg, verlängert sich die Wel- lenlänge. Beim Vergleich mit der ausgesandten Wellenlänge kann so die Strömungsrichtung des Blutes bestimmt werden. Wellen- länge und Frequenz sind umge- kehrt proportional. Gleichzeitig er- laubt der Grad der Frequenzver- schiebung eine Aussage über den erfaßten Geschwindigkeitsvektor.
Da es sich um einen kontinuierli- chen Schallstrahl handelt, werden Dopplerverschiebungen aus der gesamten Eindringtiefe erfaßt.
Dies macht verständlich, warum Versuche, mit dieser Methode in- trakardiale Messungen durchzu- führen, in der Regel wenig erfolg-
Die Auswertung der echokar- diographischen Signale nach dem Dopplerprinzip macht, ne- ben dem Nachweis turbulenter oder laminarer Strömungen, erstmals auch die genaue Lo- kalisation der Turbulenzen im Herzen möglich, und zwar an Hand des zweidimensionalen
echokard iog raph ischen Schnittbildes. Die Bestim- mung des Schnittwinkels zwi- schen Schallstrahl und Blut- strom führt zur exakten Ge- schwindigkeits-Berechnu ng.
reich waren: Es kam immer zu Überlagerungen durch die ver- schiedenen Strömungsgebiete des Herzens.
Bei der gepulsten Doppler-Echo- kardiographie wird in regelmäßi- gen Abständen ein kurzer, nur we- nige Schwingungen umfassender Ultraschallimpuls ausgesandt. Die zurückkommenden Echos werden zuerst als zweidimensionales Schnittbild dargestellt. Im Bild (Abbildung 1) werden dann die ge- wünschte Richtung des Meß- strahls und auf diesem die Posi- tion des Meßvolumens gewählt.
Bei der Messung werden nur die Echosignale, die gemessen an ih- rer Laufzeit aus dem gewünschten Meßbereich stammen, auf ihre Dopplerverschiebung untersucht.
Eine schnelle Fourrieranalyse er- laubt die Registrierung des Fre- quenzspektrums. Gleichzeitig ver- mittelt ein Stereolautsprecher den akustischen Eindruck der Dopp- lerverschiebung. Diese akustische Kontrolle ermöglicht dem Unter- sucher eine optimale Positionie- rung des Meßvolumens.
Klinische Anwendung
Die klinische Anwendung stützt sich auf die im vorigen Absatz dar- gelegten technischen Grundlagen
*) Die in Klammern stehenden Ziffern bezie- hen sich auf das Literaturverzeichnis.
SONOGRAPHIE-SERIE
Kardiologische
Ultraschalldiagnostik:
Doppler-Echokardiographie
Joachim R. Pfefferkorn
Aus der Kardiologischen Abteilung
(Leiter: Professor Dr. med. Fritz Hilgenberg) der Universitäts-Kinderklinik Münster
Ausgabe A DEUTSCHES ÄRZTEBLATT 80. Jahrgang Heft 47 vom 25. November 1983 41
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Aktuelle Medizin
Doppler-Echokardiographie
Abbildung 1: Zweidimensionales Schnittbild der Pulmonalarterie. Die weiße Linie gibt den Verlauf des Schallstrahls an, das Meßvolumen ist durch einen weißen Kreis gekennzeichnet. Bei der Messung werden nur die Echosignale, die aus dem gewünschten Meßbereich stammen, auf ihre Dopplerverschiebung untersucht. Eine schnelle Fourrieranalyse erlaubt die Registrierung des Frequenzspektrums
Abbildung 2: Dopplerverschiebung bei laminarer Strömung vom Schallkopf weg.
Messung im Meßvolumen von Abbildung 1. Schmales Frequenzband, da alle Erythro- zyten im Meßvolumen praktisch mit gleicher Geschwindigkeit fließen. Da die Messung von parasternal erfolgt, zeigt die Darstellung eine nach unten gerichtete Frequenzver- schiebung. Diastolisch ist keine Frequenzverschiebung nachweisbar
der Methode. So kann zwischen einer laminaren und einer turbu- lenten Strömung unterschieden und die Strömungsrichtung be- stimmt werden. Zusätzlich erlaubt eine genaue Lokalisierung der ge- messenen Strömung oder Turbu- lenz den Nachweis von Klappen- stenosen und Insuffizienzen sowie die Lokalisation von shuntbeding- ten Turbulenzen.
Eine Messung der Dopplerver- schiebung mit Bestimmung des Meßwinkels ermöglicht die Be- rechnung der maximalen Strö- mungsgeschwindigkeit.
Laminare Strömung/Turbulenz Eine laminare Strömung, in Abbil- dung 2 am Beispiel der Pulmonal- arterie gezeigt, bietet ein schma- les Frequenzband, da alle Erythro- zyten im Meßvolumen praktisch mit gleicher Geschwindigkeit fließen.
Die Messung erfolgt von paraster- nal, aus diesem Grund zeigt die Darstellung eine nach unten ge- richtete Frequenzverschiebung.
Diastolisch ist keine Frequenzver- schiebung nachweisbar, das Blut fließt nicht.
Kommt es durch eine Stenose oder Klappeninsuffizienz zu Tur- bulenzen, so strömt das Blut im Bereich des Meßvolumens in die verschiedensten Richtungen. Statt des schmalen Frequenzbandes kommt nun eine Vielzahl verschie- dener Frequenzen zur Darstel- lung, welche teils auf den Schall- kopf zu, teils von ihm weg gerich- tet sind.
Als Beispiel zeigt Abbildung 3 das Dopplerspektrum in der Aorta ascendens bei einem Patienten mit hochgradiger Aortenstenose.
Shuntvitien
Eine Turbulenz anderer Ursache entsteht bei Herzfehlern mit Shunt auf Ventrikelebene oder im Be-
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reich der großen Arterien. Beim Ventrikelseptumdefekt ohne Druckangleich der Ventrikel tritt das Blut in einem scharfen Strahl vom linken in den rechten Ventri- kel über. Hier entsteht eine Turbu- lenz, welche vorwiegend auf den Schallkopf zu gerichtet ist, wenn aus einer parasternalen Position untersucht wird.
Der Nachweis dieser Turbulenz mit der Doppler-Echokardiogra- phie erlaubt nicht nur die Diagno- se Ventrikelseptumdefekt, son- dern ermöglicht sogar durch exak- tes Abtasten des Septum interven- triculare die genaue Lokalisation des Defektes ohne invasive Maß- nahmen (3).
Beim persistierenden Ductus arte- riosus ist in der Pulmonalarterie systolisch der normale Blutstrom vom rechten Ventrikel in die Lun- ge nachweisbar. In der Diastole je- doch zeigt sich ein retrograd ge- richteter turbulenter Fluß, welcher durch das aus der Aorta einströ- mende Blut verursacht ist (Abbil- dung 4).
Die Messung erfolgte aus einer pa- rasternalen, präkordialen Schall- kopfposition, der systolische Fluß ist vom Untersucher weg gerich- tet, der diastolische, durch den Duktus bedingte Fluß ist auf den Schallkopf zu gerichtet und ein- deutig turbulent, wie dies in der Verbreiterung des Frequenzban- des anschaulich wird (4).
Geschwindigkeitsmessung
Die Doppler-Echokardiographie ermöglicht die genaue Berech- nung der Strömungsgeschwindig- keit des Blutes im Bereich des Meßvolumens.
Voraussetzung für diese Berech- nung ist die Kenntnis des Winkels, unter welchem sich Strömungs- richtung und Ultraschallstrahl schneiden. Dazu muß die zu unter- suchende Region im zweidimen- sionalen Bild in der Ebene des Blutstroms dargestellt werden.
Abbildung 3: Systolische Turbulenz in der Aorta ascendens bei einem Patienten mit hochgradiger Aortenstenose. Breites Frequenzspektrum ohne sicheres Überwiegen einer Richtung
Abbildung 4: Messung im Stamm der Pulmonalarterie bei einem Patienten mit Ductus arteriosus persistens. Systolisch normaler Blutstrom vom Schallkopf weg nach unten, diastolisch turbulente, auf den Schallkopf zu gerichtete Strömung des Shunt durch den offenen Duktus
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Doppler-Echokardiograph ie
Gleichzeitig muß die Position des Maßvolumens und des Ultraschall- strahls abgebildet sein.
Die Berechnung erfolgt nach einer einfachen Formel, in die auch der Cosinus des Schnittwinkels mit eingeht:
~ Bei einem Winkel von
o o
(cos 0= 1) wird die größte Dopplerver- schiebung gemessen, während bei einem Winkel von 90° (cos 90°
= 0) eine Messung nicht möglich ist.
~ Daher ist es besonders wichtig, die zu untersuchende Strömung in einem möglichst günstigen, das heißt möglichst spitzen Winkel zu schneiden.
Als Beispiel zeigt Abbildung 2 die Dopplerkurve der Messung von Abbildung 1. Die maximale systoli- sche Dopplerverschiebung be- trägt 6000 Hz, der Strahl schneidet die Strömungsrichtung in einem Winkel von 20°.
Die errechnete maximale systoli- sche Geschwindigkeit beträgt bei diesem Patienten im Stamm der Pulmonalarterie 0,94 m/sec.
Praktische Bedeutung
Die besondere Bedeutung der Doppler-Echokardiographie in der klinischen Routine liegt in der Be- urteilung von Klappenstenosen und lnsuffizienzen.
Vor allem Aortenstenosen und Pulmonalstenosen sind mit dieser Methode einer schnellen und ex- akten Diagnose zugänglich. Dabei ist besonders hervorzuheben, daß dies auch für Patienten mit Klap- penersatz gilt.
Eine MitraHnsuffizienz kann sich dem Nachweis entziehen, wenn der Insuffizienzstrahl des Blutes auf die Vorhofhinterwand gerich- tet ist.
ln der pädiatrischen Kardiologie ist neben der Differenzierung von
Klappenstenosen im Frühstadium die Doppler-Echokardiographie ein zuverlässiges Hilfsmittel bei der Diagnostik von Shuntvitien. Außerdem ermöglicht der Nach- weis der Strömungsrichtung viel- fach eine genauere Beurteilung komplexer Herzfehler.
Ausblick in die Zukunft
Zur Zeit beschert uns die Doppler- auswertung echokardiographi- scher Signale eine Information über die Strömungsqualität und Strömungsgeschwindigkeit Ziel der Weiterentwicklung ist eine sichere nichtinvasive Bestim- mungsmöglichkeit des Herzminu- tenvolumens. Dazu sind weitere Parameter von Bedeutung: Das Strömungsprofil über dem ge- samten Gefäßquerschnitt, die Flä- che des Querschnitts sowie die mittlere Strömungsgeschwindig- keit Alle Parameter müssen mit größerer Reproduzierbarkeit er- faßt werden, als dieses bisher ge- lingt.
Es ist zu erwarten, daß dieses Ziel angesichts der bisherigen Schnel- ligkeit der technischen Entwick- lung in nicht allzu weiter Ferne liegen dürfte.
Literatur
(1) Olshausen, K. von; Schuler, G.; Leinberger, H.; Haueisen, H.: Kardiale Ultraschalldiagno- stik, Dt. Ärztebl. 78 (1981) 1415-1423 - (2) Pfefferkorn, J. R.: Kardiologische Ultraschall- diagnostik: Die zweite Dimension, Dt. Ärztebl.
79 (1982) 21-24- (3) Stevenson, J. G.; Kawabo- ri, 1.; Dooley, T.; Guntheroth, W. G.: Diagnosis of Ventricular Septa I Defect by Pulsed Doppler Echocardiography, Circulation 58 (1978) 322-326 - (4) Stevenson, J. G.; Kawabori, 1.;
Guntheroth, W. G.: Pulsed Doppler Echoear- diagraphie Diagnosis of Patent Ductus Ar- teriosus. Cathet. Card. 6 (1980) 255-263
Anschrift des Verfassers: Dr. med. Joachim R. Pfefferkorn Kinderklinik
der Westfälischen Wilhelms-Universität Kardiologische Abteilung Robert-Koch-Straße 31 4400 Münster
KONGRESS-NACHRICHT
Atypische Gefäße der weiblichen Brust:
ein Risikomerkmal
ln einer retrospektiven Untersu- chung an 2702 morphologisch ab- geklärten Fällen aus einem Ge- samtkollektiv von 19 461 unter- suchten Patientinnen wurden die atypischen Gefäße mittels Platten- thermographie auf ihre Wertigkeit untersucht. Nahezu alle vorgege- benen atypischen Gefäße erwie- sen sich als Malignitätszeichen.
Lediglich die Zeichen "flaue Überwärmung" und "ein atypi- sches Gefäß" fanden sich seltener bei Mammakarzinomen. Dafür er- wies sich das Vaskularisationsmu- ster D+E als Malignitätszeichen. Die Problematik der Diagno- stik mittels Plattenthermographie liegt einmal in der Zuordnung ein- zelner Gefäßmuster zu den "atypi- schen Gefäßen". Diese Zuord- nung erfolgt präziser durch subti- le Anwendung des "dynamischen Testes". Die Problematik ther- mographischer Diagnostik liegt weiter in der Treffsicherheit: rich- tig suspekte Befunde global in
67,8 Prozent, falsch negative Be-
funde in 13,9 Prozent und falsch positive Befunde in 6,8 Prozent, Rest unklar. Die Treffsicherheit nimmt mit zunehmendem Tumor- durchmesser bei Karzinomen zu, erreicht aber nicht 100 Prozent. Die Treffsicherheit hängt ferner ab vom Bindegewebsreichtum und von der Stoffwechselaktivität maligner Veränderungen: binde- gewebsarme und stoffwechselak- tive Tumoren sind häufiger ther- mographisch suspekt. Damit prä- sentiert sich die Thermographie weniger als Suchmethode zum Aufdecken maligner Veränderun- gen der weiblichen Brustdrüse.
Sie hilft vielmehr, atypische Gefä- ße zu diagnostizieren und Risiken zu erkennen. Ihr Wert liegt damit in der additiven und/oder zwi- schengeschalteten Anwendung zu klinischer und mammagraphi- scher Untersuchung. Btm
(II. Internationales Thermographieseminar,
Portofino 1981)
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