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Archiv "Betriebliche Gesundheitsförderung durch die Gesetzliche Krankenversicherung: Rückenschulen und umfassende Ansätze eines betrieblichen Gesundheitsmanagements" (25.06.2004)

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Academic year: 2022

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D

ie gesetzliche Grundlage für die betriebliche Gesundheitsförde- rung durch Krankenkassen ba- siert auf dem im Zuge des Gesund- heitsreformgesetzes 2000 erweiterten

§ 20 des Sozialgesetzbuchs V (SGB). Da- nach können Krankenkassen „den Ar- beitsschutz ergänzende Maßnahmen der betrieblichen Gesundheitsförde- rung durchführen“, (§ 20 Abs. 2 SGB V). Sie sind angehalten, bei der Verhü- tung arbeitsbedingter Gesundheitsge- fahren mit den Trägern der gesetzli- chen Unfallversicherung zusammenzu- arbeiten und diese über Erkenntnisse zu unterrichten, die sie über Zusam- menhänge zwischen Erkrankungen und arbeitsbedingten Gesundheitsge- fahren gewonnen haben. Maßgeblich ist hierfür ein von den Spitzenverbän- den der gesetzlichen Krankenkassen erstellter Leitfaden zur Qualitätssiche- rung (2).

Die jüngsten Meldungen zur Kran- kenstandsentwicklung weisen kassen- übergreifend den niedrigsten Stand seit der Wiedervereinigung auf. Das Bun- desgesundheitsministerium hat den Rückgang kürzlich auf den wirtschaftli- chen Strukturwandel, die Zunahme der Teilzeitarbeit, aber auch die Wirkung der betrieblichen Gesundheitsförde- rung zurückgeführt (3). Für gezielte In- terventionen der betrieblichen Gesund- heitsförderung – von verhaltensprä- ventiven Angeboten (arbeitsplatzbezo- gene Rückenschulen, Suchtprävention, Ernährungsberatung/Betriebsverpfle- gung) bis zu verhältnispräventiven An- geboten eines integrativen Arbeits- schutz- und Gesundheitsmanagements – ist jedoch nicht allein die Höhe der Krankenstände ausschlaggebend, son-

dern auch ihre indikationsspezifische Ausprägung.

Muskel- und Skeletterkrankungen verursachen die meisten Fehltage. Nach der AOK-Statistik hat sich ihr Anteil an den Gesamtarbeitsunfähigkeitsta- gen sogar noch von 26,9 Prozent im Jahr 1999 auf 28,0 Prozent in 2002 erhöht (Grafik 1). Die Muskel-Skelett-Erkran- kungen stellen den Schwerpunkt für ge- zielte Maßnahmen des betrieblichen Gesundheitsmanagements dar.

Für das Spektrum an Interventionen erweist sich die Unterscheidung von Rückenschmerzen in spezifische und un- spezifische Schmerzen als relevant. Bei spezifischen Rückenschmerzen liegen diagnostizierbare somatische Ursachen wie entzündliche oder tumoröse Verän- derungen an der Wirbelsäule und dem Spinalkanal, systemische Erkrankungen wie Osteoporose oder ankylosierende Spondylitis sowie chronische Polyarthri-

Betriebliche

Gesundheitsförderung durch die Gesetzliche Krankenversicherung

Rückenschulen und umfassende Ansätze eines betrieblichen Gesundheitsmanagements

Zusammenfassung

Nach § 20 Abs. 2 des Sozialgesetzbuchs V kön- nen Krankenkassen Maßnahmen, die den Ar- beitsschutz ergänzen, im Rahmen der betriebli- chen Gesundheitsförderung durchführen. Die Interventionen erfolgen in der Regel auf der Basis von Arbeitsunfähigkeitsanalysen und wei- teren Instrumenten der Primärerhebung. Die Maßnahmen reichen von verhaltenspräventi- ven Angeboten wie Rückenschulen bis zu Unter- stützungsangeboten bei der Umsetzung eines integrativen Arbeits- und Gesundheitsmanage- mentsystems. Anhand von zwei Studien aus die- sen Bereichen wird nachgewiesen, dass durch ein wissenschaftlich abgesichertes Vorgehen präventive Potenziale zum Nutzen der Betriebs- angehörigen erschlossen werden können. Ar- beits-, sozialmedizinische sowie arbeitswissen- schaftliche Erkenntnisse sollten kontinuierlich

ausgewertet werden und in die Weiterentwick- lung von Maßnahmen leitfadengestützt ein- fließen.

Schlüsselwörter: betriebsärztliche Betreuung, Arbeitsmedizin, Gesundheitsförderung, Rücken- schule, Prävention

Summary

Occupational Health Promotion Carried out by Statutory Sickness Funds

About 90 per cent of the population in Germany is insured with a statutory health insurance fund.

These funds are governed by the same national legislation. Apart from paying for a wide range of medical services the statutory health insur- ance funds may also carry out measures for health promotion in the workplace. These com- plement the more medico-technical aspects of

workers' protection for which other organiza- tions are responsible. Using two studies – one on the prevention of unspecific back pain, the other on the implementation of a management system of occupational health promotion – the article aims to show how scientifically validated meas- ures can mobilize preventative potential. This leads to proven benefits for all three parties con- cerned: employers, workers and health funds.

The adoption of a systematic and purposeful/

directed approach is crucial. Furthermore, find- ings with a relevance to occupational and social medicine as well as occupational science have to be evaluated continuously and utilized for further development of measures for health pro- motion in the workplace.

Key words: occupational counselling, occupa- tional medicine, promotion of health, back pain prevention programme, prevention

AOK-Institut für Gesundheitsconsulting (Leiter: Dr. rer.

soc. Michael Drupp), Hannover

Michael Drupp

(2)

tis vor. Von unspezifischen Rücken- schmerzen wird dann gesprochen, wenn keine eindeutigen pathologisch anato- mischen Veränderungen als Auslöser nachgewiesen werden können.

Nach Schätzungen sind etwa 80 Pro- zent aller Rückenschmerzen unspezifisch (5). Ein Blick auf die prozentuale Vertei- lung der Arbeitsunfähigkeitstage nach der ICD-Klassifikation in der Gruppe

„Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens“ für die Versicherten der AOK Niedersachsen bestätigt die Dominanz des „unspezifischen“ Rückenschmerzes (Tabelle).

Eine durch das Institut für Gesund- heitsconsulting der AOK Niedersach- sen durchgeführte Korrelationsanalyse zu einzelnen Betriebsklimadimensio- nen und Krankenständen im Bereich der ICD-Gruppe 13 (Muskel-Skelett- Erkrankungen) weist auf eine besonde- re Bedeutung der kollegialen Bezie- hungen sowie der betrieblichen Organi- sation für die Höhe der Krankenstände bei muskuloskelettalen Erkrankungen hin (Grafik 2). Die hohe Bedeutung, die die kollegialen Beziehungen in der Stu- die erlangt haben, kann dadurch erklärt werden, dass bei den befragten Betrie-

ben (darunter mehrere Autozulieferer) die Einführung und Praxis von Grup- penarbeit in den Betriebsprozessen ei- ne besondere Rolle spielt. Das Studi- energebnis deutet darauf hin, dass eine Berücksichtigung so genannter weicher Faktoren, beispielsweise bei organisa- torischen Veränderungen (wie Einfüh- rung von Gruppenarbeit, Änderungen des Schichtsystems) eine angemessene Beteiligung der Betroffenen (auch im Sinne von Ideen- und Lösungsfindung) sowie Informationen über anstehende Maßnahmen, die Krankenstandsent- wicklung günstig beeinflussen. Klassi- Arbeitsunfähigkeitstage nach Krankheitsarten 1999 bis 2002

(AOK bundesweit), Auswertung der AOK anhand der Daten des wissenschaftlichen Instituts der Ortskrankenkassen

Grafik 1

´ Tabelle ´

Häufigste Einzeldiagnosen der Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (AOK Niedersachsen)

ICD-Code Bezeichnung AU-Fälle AU-Fälle AU-Tage AU-Tage

absolut in %* absolut in %*

M54 Rückenschmerzen 140 135 67,6 1 543 122 57,5

M53 Sonstige Krankheiten der Wirbelsäule 25 333 12,2 319 143 11,9

und des Rückens, anderenorts nicht klassifiziert

M51 Sonstige Bandscheibenschäden 14 838 7,1 386 307 14,4

M48 Sonstige Spondylopathien 8 359 4,0 132 692 4,9

M47 Spondylose 7 184 3,5 109 465 4,1

Quelle: WldO, AOK-Institut für Gesundheitsconsulting 2001

* die Angaben beziehen sich auf den jeweiligen Anteil an allen Krankheiten der Wirbelsäule und des Rückens (M40–M54 nach ICD, 10. Revision); AU, Arbeitsunfähigkeit

Notwendigkeit verhältnispräventiver Maßnahmen, Betriebsklimadimensionen korrelieren mit der Höhe des Krankenstandes im ICD 13 (1997)

Daten einer Mitarbei- terbefragung in 26 Be- trieben mit 10 019 Be- fragten, Definition der abgefragten Parame- ter: Allgemein – allge- meine Aussagen zum Thema; Kollegen – Ver- hältnis der Kollegen zueinander; Vorgesetz- te – Beziehung der Un- tergebenen zu den Vor- gesetzten; Organisati- on – Beschreibung der Arbeitsbedingungen und Aufgabengebiete;

Information – Informa- tionsfluss und Mitspra- che; AOK-Institut für Gesundheitsconsulting 1999.

Grafik 2

(3)

sche Maßnahmen des Arbeitsschutzes oder physikalisch-therapeutische Maß- nahmen greifen vor diesem Hinter- grund zu kurz.

Weitere Hinweise auf den Zusam- menhang zwischen psychosozialen Be- dingungen der Arbeitssituation und der subjektiven Befindlichkeit gibt eine durch das niedersächsische AOK-Insti- tut im Jahr 2000 durchgeführte Analyse von Befragungen bei 15 Projektbetrie- ben mit 6 249 Befragten. Hier wurden die genannten Beschwerden in den Be- reichen Kreuz- und Nackenschmerzen getrennt danach ausgewertet, ob der Befragte jeweils mit dem Betriebsklima zufrieden oder unzufrieden war. Grafik 3 verdeutlicht, dass die zufriedenen Per- sonen nur zu 31 beziehungsweise 24 Prozent angaben, unter Kreuz- oder Nackenschmerzen zu leiden. Hingegen klagten Mitarbeiter, die mit den kollegia- len Beziehungen unzufrieden sind, in 85 Prozent über Kreuz- und in 66 Prozent über Nackenschmerzen. Dieser Zusam- menhang ist für die abgefragten Parame- ter Kollegenbeziehungen, Beziehungen zu den Vorgesetzten, Organisation (Be- schreibung der Arbeitsbedingungen und Aufgabengebiete) sowie Informations- fluss und Mitsprache durchgängig zu er- kennen.

Empirische Befunde

Vor dem Hintergrund der skizzierten Daten sind zwei wissenschaftlich be- gleitete Studien der AOK Niedersach- sen von Interesse, deren Ergebnisse in- zwischen zu einer deutlichen Modifika- tion und Weiterentwicklung der eige- nen Beratungsangebote geführt und über den regionalen Bereich hinaus na- tionale und internationale Beachtung gefunden haben.

Prävention unspezifischer Rückenschmerzen

Im Rahmen einer mit dem Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Ge- sundheitssystemforschung (ISEG) an der Medizinischen Hochschule Han- nover durchgeführten Studie wurden erstmalig bei einer gezielt ausgesuch- ten Teilnehmergruppe regionenbezogen die an unspezifischen Rückenschmer-

Unterschiede im Auftreten von Kreuz- und Nackenschmerz je nach Wahrnehmung der psycho- sozialen Arbeitssituation. Es wurden 6 249 Personen in 15 Betrieben befragt.

Definition der abgefragten Parameter: Allgemein – allgemeine Aussagen zum Thema; Kollegen – Verhältnis der Kollegen zueinander; Vorgesetzte – Beziehung der Untergebenen zu den Vorgesetzten; Organisation – Beschreibung der Arbeitsbedingungen und Aufgabengebiete; Information – Informationsfluss und Mitspra- che; AOK-Institut für Gesundheitsconsulting 2000.

Grafik 3

Krankengeldpflichtige AU-Tage aufgrund von Muskel-Skelett-Erkrankungen (revidierte Fas- sung von ICD 9, 710 –739). Erfasst wurden Erwerbstätige im September 1999, Versichertenco- des 101–119, 201, 501–599, Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitssystem- forschung, März 2001.

Grafik 4

(4)

zen leidenden AOK-Mitglieder über definierte Routinedaten nach Alter und Arbeitsunfähigkeitsdauer ausgewählt und nach persönlicher Beratung einem Kursprogramm zugeführt.

Die Selektion der Teilnehmer er- folgte auf der Basis vorhandener Rou- tinedaten der AOK Niedersachsen.

Die Probanden mussten jünger als 55 Jahre sein und mindestens zwei Arbeitsunfähigkeitsmeldungen (AU) nach ICD 9, 724 innerhalb von sechs Monaten aufweisen. Eine AU dauerte 13 Tage oder mehr als 27 zusammen- hängende Tage aufgrund von ICD 9, 724.

Ausgeschlossen wurden Personen, die mehr als sechs Monate wegen Rückenschmerzen arbeitsunfähig wa- ren oder in den vergangenen zwölf Monaten eine Krankenhausentlas- sungsdiagnose aufgrund schwerwie- gender Begleiterkrankungen, wie bei- spielsweise gravierende Herz-Kreis- lauf-Erkrankungen (ICD 9, 402–453) oder dialysepflichtiges Nierenversa- gen (ICD 9, 584–586) aufwiesen. In ei- nem Beratungsgespräch mit den AOK-Präventionsfachkräften wurden Kontraindikationen abgeklärt und im Zweifelsfall an den Arzt verwiesen.

Schwerpunktthemen der durchge- führten AOK-Rückenschule bei Be- schwerden waren unter anderem

>Maßnahmen zur Schmerzlinde- rung und -bewältigung,

>Interventionen bei den Funk- tionskreisen Hinsetzen, Sitzen, Auf- stehen, Bücken, Heben, Tragen, Abset- zen sowie Hinlegen, Liegen, Aufste- hen.

Die Befragung erfolgte mit indi- kationsspezifischem standardisiertem Fragebogen (Soziodemographie, spe- zifische Maßnahmen zur Krankheits- bewältigung, protektive Faktoren wie Bewegungsaktivität, aktueller Krank- heitsstatus). Es wurde belegt, dass am- bulante Rückenschulkurse signifikan- te gesundheits- und leistungsbezogene Effekte aufweisen und sich eine Inve- stition einzel- wie volkswirtschaftlich sinnvoll ist (4).

Durch die direkte Ansprache konn- ten vor allem berufstätige Männer (63 Prozent) zur kontinuierlichen Teilnah- me gewonnen werden – eine Zielgrup- pe, die über herkömmliche Zugangs-

wege nur schwer erreichbar ist. In klassischen Kursen beträgt der Män- neranteil 29 Prozent. 96 Prozent dieser Männer erfüllen die hier definierten Einschlusskriterien nicht.

Unmittelbar nach dem Kursende nimmt die Rückenschmerzstärke sig- nifikant ab und der Bereich der kör- perlichen Schmerzen verbessert sich deutlich, ein Effekt, der auch nach ei- nem Jahr weitgehend erhalten bleibt.

Jüngere Teilnehmer unter 45 Jahren scheinen mittel- und langfristig deut- lich mehr zu profitieren als ältere.

Zum Kursbeginn sportlich Inaktive zeigen im folgenden Jahr größere Ver- besserungen als sportlich Aktive.

Die Teilnahme an der ambulan- ten Rückenschule beeinflusst die indi- kationsspezifische Arbeitsunfähigkeit durch eine Reduktion der AU-Dauer, jedoch nicht der AU-Fälle. Zwei Jahre nach Kursende ergaben sich dabei Einsparungen von etwa 18 Tagen je Teilnehmer. Allerdings gleicht sich eineinhalb Jahre nach Kursende der AU-Verlauf zwischen Kursteilneh- mern und Kontrollgruppen wieder an (Grafik 4).

Aus volks- und einzelwirtschaftli- cher Perspektive hat sich das Rücken- schulprogramm insgesamt als effizient erwiesen. Initialen Programmkosten in Höhe von 985 DM je Kursabsolvent

standen Einsparungen bei den Kran- kengeldleistungen in Höhe von 1 850 DM (GKV) und von 1 295 DM (AOK) gegenüber. Daraus leitet sich ein Inve- stitionsgewinn für die AOK von 1 : 1,3 ab (6). Grundsätzlich lassen sich die Maßnahmen sowohl außerbetrieblich wie auch innerhalb größerer Betriebe und in einzelnen Branchen durch- führen.

Betriebsklima und Krankenstände Eine mittelbare Beeinflussung von Betriebsklimadimensionen und Kran- kenständen im Muskel-Skelett-Be- reich ist durch ein systematisches be-

triebliches Gesundheitsmanagement möglich. Dies dokumentieren Erfah- rungen, die das AOK-Institut für Ge- sundheitsconsulting im Rahmen eines zweiten, mehrjährigen Forschungspro- jektes mit mehr als 40 niedersächsi- schen Unternehmen gesammelt hat.

Grundgedanke war die Idee, Unter- nehmen, die Gesundheit zum integra- len Bestandteil ihrer Management- prozesse machen und bereit sind, sol- che Aktivitäten auch systematisch zu dokumentieren und sich einer exter- nen Evaluation zu unterziehen, einen Beitragsbonus in Höhe eines Monats- beitrages der Krankenversicherung einzuräumen. Das Projekt wurde im Verbesserung des Betriebsklimas, erfasst mit dem Fragebogen zum Betriebsklima von Lutz von Rosenstiehl, Universität München. Berücksichtigt wurden Veränderungen in den Betriebskli- mawerten bei 7 Betrieben mit mindestens 3 Bewerbungen.

Definition der abgefragten Parameter: Allgemein – allgemeine Aussagen zum Thema; Kollegen – Verhältnis der Kollegen zueinander; Vorgesetzte – Beziehung der Untergebenen zu den Vorgesetzten; Organisation – Beschreibung der Arbeitsbedingungen und Aufgabengebiete; Information – Informationsfluss und Mitspra- che; AOK-Institut für Gesundheitsconsulting, Mitarbeiterbefragung 1997–2001.

Grafik 5

(5)

Jahr 2000 aufgrund seines innovativen Ansatzes auf der Konferenz der Welt- gesundheitsorganisation in Mexico- City ausgezeichnet. Inzwischen hat der Bundesgesetzgeber mit Hinweis auf das niedersächsische Modell eine vergleichbare Regelung in das Ge- sundheitsreformgesetz 2004 aufge- nommen. Die im Modellprojekt betei- ligten Unternehmen unterziehen sich einem kombinierten Selbstbewer- tungs-/Fremdbewertungsprozess, der sich grundsätzlich am Qualitätsmodell der European Foundation of Quality Management (EFQM) orientiert (7, 8). Dabei war es Aufgabe der Unter- nehmen, ihre Aktivitäten über ein

Selbstbewertungsverfahren zu doku- mentieren und sich auf dieser Basis um den Beitragsbonus zu bewerben.

Nach der sechsjährigen Projektlauf- zeit konnten positive Entwicklungen festgestellt werden.

Die in Ein- bis Zweijahresabstän- den durchgeführten Mitarbeiterbefra- gungen weisen tendenziell eine – wenn auch nicht signifikante – Verbesserung der Betriebsklimawerte bei den mei- sten abgefragten Dimensionen auf. In sieben Unternehmen, die bereits zum dritten Mal eine Betriebsklimastudie durchgeführt und sich mehr als drei- mal beworben und damit einem syste- matischen Review von Maßnahmen

unterzogen hatten, ließ sich beim Ver- gleich mit der Kontrollgruppe eine Verbesserung der Betriebsklimawerte bei hohem Ausgangsniveau von der zweiten zur dritten Befragung nach- weisen (Grafik 5). Zugleich wurde deutlich, dass sich Betriebsklimawerte nur mittel- und langfristig verbessern lassen.

Betriebe, die sich mindestens drei- mal beworben hatten und sich damit einem systematischen, Review-gelei- teten Vorgehen im Sinne des EFQM- Modells unterzogen hatten, weisen ge- genüber den vertretenen Einzelbran- chen sowie gegenüber einer definier- ten Kontrollgruppe (Unternehmen, die sich weniger als dreimal beworben haben und/oder den Prozess abgebrochen ha- ben) in einem Vierjahreszeit- raum die mit Abstand größ- ten Krankenstandssenkun- gen in allen Indikationsbe- reichen auf (Grafik 6).

Ausblick

Die Ansätze eines durch die Krankenkassen geförderten systematischen betrieblichen Gesundheitsmanagements be- legen, dass durch ein wissen- schaftlich abgesichertes Vor- gehen nachweisbar präven- tive Potenziale zum Nutzen der Betriebsangehörigen er- schlossen werden können.

Wichtig ist dabei, arbeitswis- senschaftliche und sozialme- dizinische Erkenntnisse kontinuier- lich auszuwerten und in die Weiterent- wicklung der Maßnahmen leitfaden- gestützt einfließen zu lassen. Im be- trieblichen Interventionsfeld muss der Sachverstand der Akteure, dazu gehören neben dem verantwortlichen Management auch die Arbeitsmedizi- ner, die Sicherheitsfachkräfte sowie die Gesundheitsberater der Sozialver- sicherungsträger (Kranken- und Un- fallversicherung), eingebunden wer- den. Hier hat sich in der Praxis ein in- tegratives Vorgehen als zielführend er- wiesen, das im Idealfall Gesundheit zum integralen Bestandteil von Manage- mentprozessen macht und nicht an die

klassisch ausgewiesenen Experten wegdelegiert, die möglicherweise als zu- sätzlicher Kostenfaktor erst gar nicht mit einbezogen werden.

Manuskript eingereicht: 14. 10. 2003, revidierte Fassung angenommen: 4. 3. 2004

Der Autor erklären, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2004; 101: A 1881–1885 [Heft 26]

Literatur

1. Drupp M, Osterholz U: „Das Bonusprojekt der AOK Nie- dersachsen. Kontext, Grundzüge, Möglichkeiten und Grenzen, in: Pfaff H, Slesina W, eds.: Effektive betriebli- che Gesundheitsförderung. Weinheim, München: Ju- venta 2001.

2. GKV-Spitzenverbände: Gemeinsame und einheitliche Handlungsfelder und Kriterien der Spitzenverbände der Krankenkassen zur Umsetzung von § 20 Abs. 1 und 2 SGB V vom 21. Juni 2000 in der Fassung vom 27. Juni 2001. www.vdak.de/pe/praevention-2001.pdf 3. Handelsblatt online vom 15. 7. 2003: Krankenstand im

Rückwärtsgang (Dokumentennummer: 336157), www.

handelsblatt.de

4. Krauth C, Hoopmann M, Schwartz FW, Walter U, in:

Walter U, Drupp M, Schwartz FW eds.: Prävention durch Krankenkassen. Zielgruppen, Zugangswege, Wirksamkeit und Wirtschaftlichkeit, Weinheim, Mün- chen: Juventa 2002; 306–317.

5. Lühmann D, Kohlmann T, Raspe H: Wirksamkeit von Rückenschulprogrammen in kontrollierten Studien. Z Arztl Fortbild Qualitatss 1999; 5: 341–348.

6. Schwartz FW: Evaluation präventiver Maßnahmen. In- stitut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesund- heitssystemforschung (ISEG) an der Medizinischen Hochschule Hannover Abteilung Epidemiologie, Sozial- medizin und Gesundheitssystemforschung. Abschluss- bericht Band I, Hannover, März 2001.

7. Zink KJ: TQM als integratives Managementkonzept.

München, Wien: Carl Hanser Verlag 1995.

8. Zink KJ, Thul HJ: Gesundheitsassessment – ein metho- discher Ansatz zur Bewertung von Gesundheitsförde- rungsmaßnahmen in der Arbeitswelt. Müller R, Rosen- brock R eds.: Betriebliches Gesundheitsmanagement – Bilanz und Perspektiven. Sankt Augustin: Asgard-Ver- lag, 1998; 327 ff.

Anschrift des Verfassers:

Dr. rer. soc. Michael Drupp AOK-Institut für Gesundheitsconsulting Karlsruher Straße 2c

30519 Hannover

E-Mail: michael.drupp@nds.aok.de Krankenstände in den Jahren 1995 und 1999, 14 Betriebe

in der Interventionsgruppe (Bonusbetriebe) wurden mit 34 der gleichen Branche verglichen; AOK-Institut für Ge- sundheitsconsulting 2001

Grafik 6

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