2. Im sogenannten "Estii-Urteil" des Bundesgerichtshofes vom 11. Juli 1972 wird der ärztlichen Informa- tion über unter Umständen gefähr- liche Arzneimittel-Nebenwirkungen ebenfalls große Bedeutung zuge- messen. An die Aufklärung über mögliche Gefahren, die von Arznei- mitteln ausgehen, seien besonders strenge Anforderungen zu stellen, - ohne Rücksichtnahme auf die Absatzinteressen des Herstellers.
Auch sei es keineswegs zuläs- sig, eine bestimmte Zwischenfalls- quote von vornherein in Kauf
zu
nehmen.Die Pflicht der Gefahrenvermei- dung treffe in erster Linie den Arzt, weil er - in Abstimmung mit dem Patienten - Herr der Behandlung bleiben müsse. Die gleiche Verant- wortung und Sorgfaltspflicht gelte aber auch für den Hersteller, zumal wenn er durch intensive Arztwer- bung Einfluß auf die therapeuti- sche Entscheidung des Arztes er- strebe und gewinne.
111. Der Umgang mit den modernen Arzneimitteln der technischen Weit ist - das dürfte unbestritten sein schwierig. Die Arzneiverord- nung erfordert komplizierte Überle- gungen über Wirksamkeit und Un- bedenklichkeit, viel präsentes Wis- sen und daher auch zuverlässige und aktuelle wissenschaftliche In- formationen. Anders ist eine hinrei- chende Übersicht und Auswahl nicht möglich.
..,.. Je besser die Information und Rückinformation innerhalb der Ärz- teschaft funktioniert, desto mehr an Arzneimittelsicherheit kommt dem Patienten zugute. Die Arzneimittel- kommission der deutschen Ärzte- schaft, die seit Jahren mit den Bundes- und Länderbehörden und ihren Ausschüssen eng zusammen- arbeitet, betrachtet diese verant- wortungsvolle Informationsarbeit als wichtige ärztliche Aufgabe und Berufspflicht.
Auch die Öffentlichkeit wird gewiß kein Verständnis dafür haben, wenn die Arbeit der Arzneimittelkommis- sion mit versteckten Drohungen zu stören versucht wird. DÄ
Bundesärztekammer plant Seminar
über Filmgestaltung
Ein neuartiges Seminar für "filmen- de Ärzte" wird von der Bundesärz- tekammer vorbereitet. Es gibt in der Bundesrepublik, schätzungs- weise, einige Dutzend Ärzte, die (zumeist als Autodidakten) bereits seit Jahren innerhalb ihrer Lehr- oder Fortbildungsarbeit mit dem Medium Film arbeiten. Viele von ih- nen hatten bisher kaum die Mög- lichkeit, sich entsprechende film- technisch-dramaturgische Grund- kenntnisse anzueignen. Vor allem an diesen Kreis richtet sich das
Die Information:
Bericht und Meinung
NACHRICHTENSeminar, das an drei Wochenen- den Anfang 1976 stattfinden soll (27./29. Februar; 26./28. März; 23./
25. April). Mit der Entwicklung des Programms und der Leitung des Seminars wurde ein bekannter Fachmann beauftragt: der Film-Au- tor, Regisseur und Produzent Dr.
Pierre Kandorfer (Köln und Mül- heim/Ruhr).
Weitere namhafte Experten wurden für die Arbeit gewonnen. So wer- den Hans Mahl (Gesundheitsmaga- zin "Praxis"), Dr. Günter Siefarth ("Bilder aus der Wissenschaft"), Winfried Göpfert (ARD-Ratgeber
"Gesundheit") und der vielfache Medizinfilm-Preisträger Dr. med.
"Umfassende Krankenversicherung"
Erwerbstätige nach Art der Krankenkasse und Stellung im Beruf lin10001
Krankenkasse
AOK und ähnliche 1.1LI6 1.010 2.947 11.859
Ersatzkassen..... 474 138 261 5.490 333
Private Krankenvers. 646 200 808 300 20
nicht versichert... 32 8 7 7
insgesamt' 12.528
t
11.492~ !
2.086t
18.744t
112.213 ..(ondor
Der Krankenversicherungsschutz der Erwerbstätigen in der Bundesrepublik Deutschland ist nahezu umfassend. Eine Aufgliederung der Erwerbstätigen nach Art der Versicherung und Stellung im Beruf ergibt: Mit rund 40 Pro- zent sind die Beamten weitaus häufiger privat krankenversichert als alle üb- rigen Berufsgruppen. 50 Prozent der Beamten sind gesetzlich versichert oder haben Heilfürsorge der Polizei beziehungsweise der Bundeswehr. Die übrigen Erwerbstätigen sind meist versicherungspflichtig und Mitglied der Orts-, Betriebs- oder landwirtschaftlichen Krankenkasse oder einer Ersatz- kasse. Freiberufler und Selbständige sind zu 25 Prozent privat versichert, mithelfende Familienangehörige zu 13 Prozent. Die Angestellten - zumeist versicherungspflichtig - sind mit 63 Prozent, also weit überwiegend, ln den Ersatzkassen und zu gut einem Drittel in den Pflichtkrankenkassen versi- chert. Fast jeder zehnte Erwerbstätige verfügt außerdem über eine zusätzli-
che private Krankenversicherung. WZ/DÄ
DEUTSCHES ARZTEBLA'IT Heft 42 vom 16. Oktober 1975 2883
Die Information:
Bericht und Meinung
NACHRICHTEN
Georg Munck innerhalb des Semi- nars referieren. Außerdem hat u. a.
der bekannte Kameramann Werner van Appeldorn seine Mitwirkung zugesagt.
Nähere Auskünfte und Anmeldun- gen bei der Bundesärztekammer, 5 Köln 41, Haedenkampstraße 1. BÄK
„Widerspruchslösung"
im Transplantations- Gesetzentwurf
Aufbauend auf den Beratungser- gebnissen einer Bund-Länder-Ex- pertenkommission hat das Bundes- ministerium der Justiz den Refe- rentenentwurf eines Transplanta- tionsgesetzes vorgelegt, der die Entnahme von Körperteilen eines Toten zum Zwecke der Transplan- tation bei Lebens- oder schwerer Gesundheitsgefahr für den Emp- fänger auch dann zuläßt, wenn sich der entnehmende Arzt vor Beginn der Entnahme vergewissert hat, daß dem Ausweis des Verstorbe- nen keine der Entnahme wider- sprechende Erklärung des Verstor- benen beigefügt war und dem ent- nehmenden Arzt auch nicht auf an- dere Weise ein der Entnahme ent- gegenstehender Wille des Verstor- benen bekanntgeworden ist. Diese sogenannte Widerspruchslösung geht von der Notwendigkeit einer Abwägung der Interessen des Or- ganempfängers einerseits und der Belange des potentiellen Trans- plantatspenders andererseits aus und mutet dem einzelnen Bürger in Anbetracht der medizinischen Er- fordernisse zu, seinen etwaigen Widerspruch gegen eine Explanta- tion noch zu Lebzeiten kundzutun.
Durch breite Öffentlichkeitsarbeit soll jedermann, also alle Personen mit Wohnsitz im räumlichen Gel- tungsbereich des Gesetzes, unter- richtet werden, daß er nach seinem Tode mit einer Entnahme von Transplantaten rechnen müsse, so- fern er einen entgegenstehenden Willen nicht in genügender Weise zum Ausdruck gebracht hat. Die Widerspruchslösung geht dabei davon aus, daß künftig jeder, dem
die Unverletztlichkeit seiner Leiche ein echtes Anliegen ist, selbst für die Beachtung seines Willens Sor- ge tragen wird.
Für die Widerspruchslösung haben sich in Westeuropa bereits Däne- mark (Gesetz vom 2. 6. 1967), Nor- wegen (Gesetz vom 9. 2. 1973) und der Kanton Zürich (Verordnung vom 25. 3. 1971 über die Kantona- len Krankenhäuser) ausgespro- chen. Auch die Opposition im Deutschen Bundestag hat in einem Entschließungsantrag am 4. Juni 1975 die Vorlage eines Transplan- tationsgesetzes mit Widerspruchs- lösung gefordert. WZ/CK
Die EG-Arbeit
wieder aufgenommen
Mitte September 1975 traten erst- malig seit mehr als zweieinhalb Jahren die Arbeitsgruppen „Ar- beitsmedizin" und „Angestellte Ärzte" des Ständigen Ausschusses der Ärzte in der Europäischen Ge- meinschaft wieder zu Beratungen zusammen. Die bisherigen Vorsit- zenden, Dr. Berensmann (Stuttgart) und Dr. Bechtoldt (Bad Soden) wurden in ihren Ämtern bestätigt.
Beide Gremien erörterten in Vorbe- reitung der im November 1975 in London stattfindenden Plenarver- sammlung Fragen, die die Berufs- ausübung der arbeitsmedizinisch tätigen und der angestellten Ärzte der Europäischen Gemeinschaft betreffen und dabei insbesondere die Auswirkungen der im Sommer 1975 vom Ministerrat verabschiede- ten Richtlinien „Ärzte", die zum 1.
Januar 1977 in Kraft treten (DEUT- SCHES ÄRZTEBLATT, Heft 40/
1975, Seite 2729). pb
Über den
„Arztkostenabschlag"
verschiedener Meinung
Ob die Pflegesätze generell um die Anteile für ärztliche Leistungen bei Inanspruchnahme der privatärztli- chen Wahlbehandlung (sogenann-
ter Arztkostenabschlag) gesenkt werden müssen, hänge vom Einzel- fall, insbesondere davon ab, ob und welche Auswirkungen eine ge- sondert berechenbare Leistung auf die übrigen Selbstkosten des Kran- kenhauses habe. Diese Frage müs- se von den Bundesländern geprüft und entschieden werden. Die Bun- desregierung sehe keine Möglich- keit, auf diese Entscheidung der Länder Einfluß zu nehmen.
Solches antwortete der Parlamen- tarische Staatssekretär des Bun- desministeriums für Jugend, Fami- lie und Gesundheit, Karl Fred Zan- der, auf eine entsprechende Anfra- ge des CDU-Bundestagsabgeord- neten Adolf Müller (Remscheid).
Zwar sei der Bundesregierung be- kannt, daß bisher lediglich ein Teil der Länder auf Grund der Ermäch- tigung des § 3 Absatz 2 der Bun- despflegesatzverordnung einen solchen Arztkostenabschlag einge- führt habe. Nach Auffassung der Bundesregierung aber lasse sich weder aus § 17 Absatz 2 des Kran-
kenhausfinanzierungsgesetzes noch aus § 3 Absatz 2 der Bundes- pflegesatzverordnung herleiten, daß Krankenhausbenutzern, denen Arztkosten gesondert berechnet werden, generell ein Arztkostenan- schlag gewährt werden müsse. Pa- ragraph 3 Absatz 2 der Bundespfle- gesatzverordnung enthalte viel- mehr lediglich eine Ermächtigung für die Länder zum Erlaß einer entsprechenden Rechtsverordnung.
Inzwischen liegen für privatärztli- che Behandlung die entsprechen- den Rechtsverordnungen erst in den Ländern Bayern, Nordrhein- Westfalen, Rheinland-Pfalz und Saarland vor. Der Verband der pri- vaten Krankenversicherung (PKV), Köln, vertritt die Rechtsauffassung, daß ein genereller Arztabschlag eingeräumt werden müsse, wenn die gesondert berechenbare privat- ärztliche Behandlung in Anspruch genommen werde, um so eine Dop- pelberechnung der ärztlichen Lei- stungen zu vermeiden. Der PKV- Verband stützt sich auf ein im April 1975 beim Amtsgericht Frankfurt- Höchst ergangenes Urteil (Aktenzei- chen: Hö 3 b C 1496/74). DÄ
2884 Heft 42 vom 16. Oktober 1975