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Das Füttern von Wildschweinen im Kanton Bern ist sofort zu verbieten

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M 114/2005 VOL 10. August 2005 43C Motion

2359 Studer, Höchstetten (SVP)

Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 12.05.2005

Wildschweine attackieren und verwüsten Kulturland im Bernbiet

Der Regierungsrat wird aufgefordert, unverzüglich folgende Massnahmen zu treffen:

1. Das Füttern von Wildschweinen im Kanton Bern ist sofort zu verbieten.

2. Das Jagdinspektorat des Kantons Bern nimmt mit den Nachbarkantonen Kontakt auf, um eine übergreifende Jagdplanung und Bestandesregulierung anzustreben.

3. Effiziente Bejagung der Wildschweine nach ethischen Grundsätzen.

Begründung:

Das Wildschwein ist eine in Mitteleuropa einheimische Tierart mit grundsätzlichem Lebensrecht in der Schweiz. Wildschweine wurden bei uns aber in historischer Zeit ausgerottet, hauptsächlich aufgrund Ihres Schadenpotentials in der Landwirtschaft. In den letzten Jahrzehnten breitete sich das Wildschwein in Mitteleuropa erneut aus und es begann die deutsche Schweiz von Nordwesten aus (d.h. von Deutschland und Elsass) zu besiedeln. Im Zuge dieser Ausbreitung sind „Wildschweinhorde“ auch im Kanton Bern heimisch geworden. Diese Integration der Wildschweine in unsere Kulturlandschaft stellt für uns Landwirte eine grosse Herausforderung dar.

Wildschweine sind von ihrer Natur her Allesfresser. In ihren angestammten Waldlebensräumen sind sie aber stark abhängig vom Futterangebot der Laubbäume (bei uns insbesondere Samen der Eichen und Buchen). Weil sämtliche Laubbäume einer Region gleichzeitig Mast tragen, ergeben sich in der Natur deshalb von Jahr zu Jahr stark schwankende Nahrungsgrundlagen.

Wenn nun der Mensch die natürlichen Schwankungen mit künstlichem Ausbringen von Futter überbrückt, dann simuliert er dauernde Futtergrundlage, wodurch die Wildschweinpopulation problemlos einen Zuwachs von bis zu 250 Prozent verzeichnen kann. Das künstliche Ausbringen von Futter für Wildschweine, erachte ich aus diesem Grunde als höchst fragwürdig und problematisch.

Eine zweite Problematik liegt in der unsachgemässen Kirrpraxis. Wenn Kirrungen nahe bei Waldrändern vorgenommen werden, werden Sauen in Gebiete gelockt, in denen sie auf Landwirtschaftsland „schweinische Visitenkarten“ hinterlassen. Solche unsachgemässen Kirrpraxen (teilweise sogar direkt auf Landwirtschaftsland) wurden in unserem Kanton wiederholt beobachtet.

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Diese Unkompatibilität der Fütterung von Wildschweinen mit dem Patentjagdsystem veranlasste in jüngster Zeit auch den Kanton Graubünden dazu, jegliches Ausbringen von Futter, zur Bejagung der Wildschweine zu untersagen.

Wildschweine kennen auch keine Kantonsgrenzen und bewegen sich frei in der Natur.

Wenn die einzelnen Jagdordnungen der Kantone nicht auf einander abgestimmt werden, merken die cleveren Tiere schnell einmal, zu welcher Zeit sie sich wo, aufhalten müssen.

Diese Problematik hat zum Beispiel im Gebiete des Montoz (Berner-Jura Kanton Solothurn) zu massiven Schäden an Kulturland geführt.

Es wird Dringlichkeit verlangt. Gewährt: 20.06.2005

Antwort des Regierungsrates

Das Hauptvorkommen des Schwarzwildes, wie das Wildschwein von der Jägerschaft genannt wird, liegt in grösseren Wäldern. Die besten Schwarzwildgebiete sind gelegentlich überschwemmte Erlen- und Auwälder, ausserdem Eichen- und Buchenwälder mit reichlich Samen. Als Allesfresser ist das Wildschwein neben Eicheln und Bucheckern insbesondere auf unterirdische Nahrung spezialisiert. Mit seinem kräftigen Rüssel gräbt das Wildschwein Engerlinge, Larven von Schadinsekten und Mäuse aus dem Boden aus. Tagsüber bleiben die Wildschweine im Wald. Nachts ziehen sie auf die Äcker und können hier grossen Schaden verursachen, wenn sie über die Rüben und Kartoffeln herfallen oder Maisfelder verwüsten. Die Wildschweine halten sich jedoch immer häufiger vom Sommer bis in den Herbst hinein auch tagsüber im Mais auf und kehren erst nach der Ernte in den Wald zurück. Die Landwirte klagen deshalb häufig über grosse Verluste. Im Wald dagegen richten Wildschweine keinen Schaden an. Durch ihr Graben und Wühlen fördern sie sogar das Aufkommen von jungen Bäumen und vertilgen eine Menge von Schadinsekten.

Wildschweine sind sehr vermehrungsfreudig und können sich rasch ausbreiten und neue Gebiete besiedeln. Die weiblichen Tiere, die Bachen, bringen pro Jahr durchschnittlich vier oder fünf Frischlinge zur Welt. In ihren angestammten Waldlebensräumen sind sie stark abhängig vom Futterangebot der Laubbäume (bei uns insbesondere Samen der Eichen und Buchen). Die Wildschweine reagieren äusserst schnell auf Schwankungen des Futterangebotes. In den Jahren, in denen viele Bucheckern und Eicheln vorhanden sind, bringen die Bachen deshalb oft doppelt so viele Junge wie üblich zur Welt. Die Wildschweinpopulationen verzeichnen diesfalls ohne weiteres einen Zuwachs von 250%, wohingegen sie in Jahren mit knapperem Futterangebot „bloss“ 100% erreichen. Der Wildschweinbestand wird im Kanton Bern auf etwa 500 Tiere geschätzt. In letzter Zeit erlegten die Jägerinnen und Jäger ungefähr 250 Wildschweine pro Jahr. Die Bestandesentwicklung ist insgesamt zunehmend. Die jährlichen Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen liegen im Kanton Bern bei ca. 50’000 Franken. Verglichen mit anderen betroffenen Kantonen halten sich die Schäden damit in einem vertretbaren Rahmen: Im Kanton Genf beträgt die jährliche Schadensumme ca. 800'000 Franken, während in den Kantonen AG, SO und ZH Schäden im Umfang von jährlich je 300'000 bis 500'000 Franken zu beklagen sind.

Ablenkfütterungen, die Wildschweine gezielt von landwirtschaftlichen Kulturen fernhalten und in den Wald bringen sollen (jedoch nicht zum Zweck der Jagd genutzt werden dürfen) und Kirrungen (Ausbringen von Mais, um Wildschweine an Abschussplätze zu locken und dort zu jagen) sind zwar grundsätzlich taugliche Hilfsmittel zur Schadensbegrenzung. Ihre richtige Anwendung verlangt aber viel Sachkenntnis. Erfahrungen in anderen Kantonen und im Ausland zeigen, dass bei falscher Bejagung und übermässiger Fütterung die Schäden an landwirtschaftlichen Kulturen rasch zunehmen. Es ist Aufgabe der Jagd, diese Schäden zu minimieren. Eine zielgerichtete Bejagung ruht dabei auf zwei Pfeilern: Zum einen auf einer Regulierung der Wildschweinpopulation auf tragbarem Niveau. Zum anderen auf der Vergrämung der Wildschweine von landwirtschaftlich genutzten (und

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dabei Schaden gefährdeten) Gebieten und Lenkung der Tiere in den Wald hinein. Mit anderen Worten: Wildschweine dürfen bei uns leben, aber der Schaden an landwirtschaftlichen Kulturen muss tragbar bleiben. Unsachgemässe Fütterungen von Wildschweinen müssen deshalb verhindert werden.

Der Regierungsrat nimmt zu den Anliegen des Motionärs im Einzelnen wie folgt Stellung:

1. Das Füttern von Wildschweinen kann wie erwähnt zu Problemen führen. Das BUWAL hat vor ungefähr zwei Jahren eine Arbeitsgruppe einberufen, um eine „Praxishilfe Wildschweinmanagement“ zu erarbeiten (siehe: www.wildschwein-sanglier.ch). In dieser Praxishilfe wird empfohlen, dass Ablenkfütterungen und Kirrungen von Wildschweinen im Grundsatz zu verbieten sind, insbesondere in Gebieten, die von Wildschweinen neu besiedelt werden, was auf den Kanton Bern zutrifft.

Ablenkfütterungen und Kirrungen sollen von den Kantonen nur in speziellen Fällen, z.B. bei besonders grossen Wildschäden, mit restriktiven zeitlichen, räumlichen und mengenmässigen Beschränkungen bewilligt werden. Gemeinsam mit der örtlich kundigen Wildhut und Jägerschaft soll deshalb erarbeitet werden, wo Ablenkfütterungen und Kirrungen in welcher Zeit und mit welchem Futterregime Sinn machen. Es wird zudem empfohlen, die bewilligten Ablenkfütterungen und Kirrungen gegenüber der Landwirtschaft zu kommunizieren.

Die kantonale Kommission für Jagd und Wildtierschutz hat sich am 26. Mai 2005 ebenfalls mit diesem Thema auseinander gesetzt und dabei beschlossen, für die Jagdperiode 2005 an alle Jägerinnen und Jäger ein Empfehlungsschreiben zu senden mit dem dringlichen Aufruf, Wildschweine mit Zurückhaltung zu füttern. Sollte sich herausstellen, dass einzelne Jägerinnen und Jäger trotzdem unsachgemäss Wildschweine füttern, seien entsprechende Vorschriften für die Jagd 2006 zu erlassen.

In Anlehnung an den Beschluss der fachlich breit abgestützten Kommission für Jagd und Wildtierschutz will der Regierungsrat für die Jagdperiode 2005 in erster Linie auf die Eigenverantwortung der Jagenden zählen. Es bleibt abzuwarten, ob die Sensibilisierung der Jägerschaft Abhilfe schaffen kann. Sollte der gewünschte Erfolg ausbleiben, wird die Fütterung von Wildschweinen im Sinne der BUWAL-Praxishilfe stärker eingeschränkt oder allenfalls verboten werden müssen. Insofern ist der Regierungsrat bereit, ein Fütterungsverbot zu prüfen und Ziffer 1 als Postulat anzunehmen.

2. Gespräche mit den Nachbarkantonen haben bereits im Rahmen von Tagungen zur interessierenden Thematik stattgefunden. Es wird angestrebt, diese Zusammenarbeit laufend zu optimieren, damit ein grossräumiges und einheitliches Monitoring für Wildschweine durchgeführt werden kann. Das Jagdinspektorat ist deshalb bereit, sich auch in Zukunft in Zusammenarbeit mit den nördlichen Nachbarkantonen zu bemühen, die Jagdplanung, die Jagdvorschriften und die Erfolgskontrolle von Managementmassnahmen weiter zu optimieren. Die Zusammenarbeit und Koordination zwischen verschiedenen Kantonen mit zum Teil unterschiedlichen Jagdsystemen (Revier- oder Patentjagd) gestalten sich jedoch nicht immer einfach.

Ob eine übergreifende Jagdplanung unter diesen Voraussetzungen möglich sein wird, kann heute noch nicht gesagt werden und wird zu prüfen sein.

3. Im Zuge der Totalrevision der Jagdgesetzgebung im Kanton Bern wurde die Jagd auf die Wildschweine um einen Monat verlängert und beginnt jeweils bereits Anfangs August. Diese Massnahme hat eine deutliche Effizienzsteigerung bewirkt: Bis und mit dem Jahr 2002 wurden 60 bis 120 Wildschweine pro Jahr erlegt. Mit der Verlängerung der Jagddauer um einen Monat konnte die Zahl der erlegten Tiere im Jahr 2003 auf 221 und im Jahr 2004 auf 274 erhöht werden. Das trägt dazu bei, dass die

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Wildschadensituation im Vergleich zu anderen Kantonen bisher in einem vertretbaren Rahmen geblieben ist. Die Jagenden üben zudem im Kanton Bern bereits heute die Jagd auf Wildschweine nach weidgerechten Grundsätzen aus. Art. 14 Abs. 1 des Gesetzes vom 25. März 2002 über Jagd und Wildtierschutz (JWG; BSG 922.11) hält zur Weidgerechtigkeit Folgendes fest: Die Jägerinnen und Jäger wenden alle Sorgfalt an, um dem Tier unnötige Qualen und Störungen zu ersparen und seine Würde zu bewahren. Damit sind nicht nur alle Vorschriften des Jagdrechtes angesprochen, sondern insbesondere auch die zahlreichen Verhaltensregeln, die sich aus der hegerischen, moralischen und ethischen Erziehung und Überzeugung ergeben. In einem engeren Sinne verstanden bedeutet „Weidgerechtigkeit“ das korrekte Verhalten der jagenden Person dem Tier gegenüber gemäss den Vorschriften der Jagdgesetzgebung (wie zum Beispiel die fachgerechte Nachsuche oder das Einhalten von Schussdistanzen) sowie der Tierschutzgesetzgebung. Der Regierungsrat ist demzufolge der Auffassung, dass im Kanton Bern die Wildschweine bereits heute effizient und nach ethischen Grundsätzen bejagt werden.

Antrag

Ziffer 1: Annahme als Postulat Ziffer 2: Annahme als Postulat

Ziffer 3: Annahme als Motion und Abschreibung

An den Grossen Rat

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