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Archiv "Ästhetischplastische Chirurgie — Dichtung und Wahrheit" (15.11.1979)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Berichte über die Lage der Familien

für neue Erkenntnisse und die sich nicht aus ideologischer Verbohrtheit solchen Erkenntnissen verschließen darf. Das soll an einem Beispiel ver- deutlicht werden, das sicher nur ei- nen kleinen Ausschnitt aus dem Spektrum des modernen Lebens darstellt, einen Ausschnitt aller- dings, dessen Bedeutung jeder ein- zelne tagtäglich aus eigener An- schauung erleben und sehen kann.

Es ist dem Beitrag „Das Auto in ei- nem ökologisch reformierten Ver- kehrssystem" von Jan F. J. Tebbe, Bremen, in dem Fischer-Taschen- buch „Der neue Konsument" ent- nommen.

Tebbe, von Berufs wegen Verkehrs- berater, schreibt hier u. a.: „Die Au- tos haben sich Stück für Stück den größten Teil des ehemals öffentli- chen Raumes, des gemeinschaftlich genutzten Wohnumfeldes angeeig- net. Wir schauen in die Statistik und sprechen von Fortschritt, wenn wir lesen, daß der heutigen Bevölkerung so viel mehr Wohnfläche zur Verfü- gung steht als der vorigen und der vorvorigen Generation. Dabei über- sehen die meisten von uns den völli- gen Widersinn dieses Vergleichs.

Unsere Großeltern, noch unsere El- tern, nutzten den öffentlichen Raum in erheblichem Maße für ihr häusli- ches Privatleben. Die Kinder spielten auf der Straße, bei schönem Wetter saßen dort auch die Alten, man sprach mit Nachbarn und benutzte Straßen und Plätze mit Selbstver- ständlichkeit bei privaten und öf- fentlichen Festen. Statt dessen ha- ben wir heute, schärfstens getrennt und geschieden, die Wohnzelle und den Verkehrsweg, beide ausschließ- lich einem einzigen Zweck gewid- met. Das fehlende Element des nachbarlichen Lebens — heute sa- gen wir Kommunikation — versuchen wir mit viel Aufwand und wenig Er- folg in Form von Spielplätzen, Alten- tagesstätten, Jugendzentren und dergleichen zu ersetzen. Wem aber fiele es schon ein, die Kosten dieser Ersatzbeschaffung wenigstens teil- weise dem Auto in Rechnung zu stellen?

Im Gegenteil: das uralte Recht der Kinder, auf der Straße zu spielen,

wurde durch die älteren Straßenver- kehrsordnungen wohl eher verse- hentlich ignoriert, weil es noch selbstverständlich und deshalb nicht erwähnenswert war. Die späte- ren und die heutige Fassung haben es ausdrücklich abgeschafft. Nun stellt sich die Aufgabe, wenigstens in einem Teil der Straßen teilweise den Charakter des öffentlichen Rau- mes wiederherzustellen."

Diese Aufgabe ist lebenswichtig für die Gesundheit unserer Kinder, die mehr und mehr Symptome von

„Pferchungsschäden" aufweisen, wie sie sonst nur an auf engem Raum eingesperrten Zootieren be- obachtet werden können. Dazu kommen Habitualisierungen fal- scher Lebens- und Verhaltenswei- sen, auf die ein großer, vermutlich sogar der größte Teil unserer Zivili- sationsschäden zurückgeführt wer- den muß.

Selbstverständlich werden wir auch künftig auf das Transportmittel Auto angewiesen bleiben, aber „eine öko- logisch — und das heißt auch human

— orientierte Verkehrsreform muß sich vor allem mit dem Gebrauch befassen, den wir von diesem Trans- portmittel machen." Es gilt, eine Entwicklung anzusteuern, die den menschlichen Freiraum gegen die Technik absichert, wobei der Siche-

rung der Familie eine erstrangige Bedeutung beigemessen werden muß. Hierzu bedarf es gewaltiger Umschichtungen in der ökonomi- schen Struktur unserer Gesellschaft, deren Richtmaß nichts anderes als das Leistungsgefüge der Familie in ihren Beziehungen zu Staat und Ge- sellschaft sein kann.

• Wird fortgesetzt

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Ferdinand Oeter prakt. Arzt

Rösrather Straße 692 5000 Köln-Rath

THEMEN DER ZEIT

Ästhetisch- plastische Chirurgie — Dichtung

und Wahrheit

Frank Lichtenheld

Keineswegs will ich mich zum Inqui- sitor über die Journalisten aufspie- len; dies möchte ich in aller Deut- lichkeit von mir weisen: ich bin we- der zeitungs- noch illustrierten- feindlich! Aber gewisse Tendenzen der Berichterstattung, deren Ursa- chen nicht nur bei den Journalisten zu suchen sind, möchte ich doch einmal in folgendem kritisch unter- suchen. Dabei mögen meine Aus- führungen der Klarheit wegen die Realität gelegentlich etwas über- zeichnet darstellen, die Leser mö- gen mir dies verzeihen!

Wie und warum entsteht ein Artikel?

Als erstes wären da die Intention und das Motiv der Berichterstattung zu untersuchen. Diese wiederum be- einflussen unweigerlich die Art und Weise der Berichterstattung, und diese schließlich beeinflußt die Le- ser, also auch unsere Patienten in ihren Wünschen, Hoffnungen und Erwartungen. Einzelne „Fehler", wenn ich einmal so sagen darf, auf diesen Ebenen, können also das Verhalten unserer Patienten ganz massiv steuern. Fragen wir uns zu- erst einmal, warum überhaupt ein Journalist — möglicherweise in Zu- sammenarbeit mit einem Arzt — ei- nen Artikel über unseren Beruf, viel- mehr unsere Erfolge, aber auch Miß- erfolge verfaßt. Logischerweise — und Gott sei Dank — wäre da als erstes der Wunsch zu informieren festzustellen. Bedauerlicherweise aber lassen sich bei einigen Artikeln auch andere Gründe ihrer Entste- hung nicht verbergen: einerseits werden leseranziehende Reißer ver-

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 46 vom 15. November 1979 3061

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Spektrum der Woche Aufsätze ·Notizen

Ästhetisch-plastische Chirurgie

öffentlicht, die wohl mehr den Um- satz mit Sensationsdarstellungen steigern als informieren sollen, an- dererseits lassen sich vereinzelt einige wenige unserer Kollegen - wahrscheinlich mehr oder weniger unbewußt- ein Heldenbild in gewis- sen Artikeln setzen. Hier kommt un- weigerlich der Verdacht auf, daß in übertriebenem, eigentlich nicht ver- tretbarem Maße für die ästhetisch- plastische Chirurgie jenes Opera- teurs die Werbetrommel gerührt wird. Eine Analyse der Art der Be- richterstattung muß zuerst einmal negative Tendenzen aufzeigen, um anschließend jeweils die Bedingun- gen für eine möglichst objektive, un- geschminkte und transparente Dar- stellung zu formulieren - eine Dar- stellung ohne "verkaufen zu wol- len", eine Darstellung, die der Infor- mation dient. Üblicherweise finden in Zeitungen und Illustrierten jene Ereignisse Platz, die von der Norm abweichen, z. 8. "Fiugzeugabsturz kostet 75 Menschenleben", oder für unsere Fußball-Fans: "VfB Stuttgart unterliegt auf eigenem Platz der Bo- russia Dortmund 1 :2". Und genauso verfahren die Journalisten auch mit uns ästhetisch-plastischen Chiru r- gen. Es werden jeweils die Opera- tionserfolge und Mißerfolge be- schrieben, die eben nicht mit der Norm der Operationsausgänge übereinstimmen: Dem Leser wird entweder nur eine Verschlechterung durch eine Operation beschrieben, oder sehr häufig wird auch an einem Patienten eine so übertriebene Ver- besserung dokumentiert, wie wir sie nun aus den verschiedensten Grün- den nicht jeden Tag erreichen kön- nen. Und daran sind wir selbst be- dauerlicherweise gar nicht so un- schuldig.

[> Zeigen wir nicht oft dem Journa- listen nur die besten Foto-Doku- mentationen und vergessen dabei, über die einzelnen Schwierigkeiten zu berichten? Über Wundheilungs- störung, Keloide, Mangeldurchblu- tung wird dem Berichterstatter von uns wenig gesagt. Aber gerade dies sind doch Dinge, die entscheidend für den Ablauf der eigentlichen Hei- lung sind. Ich möchte hier im weite- sten Sinne von unserer Aufklärungs-

pflicht sprechen. Sie sollte auch ge- genüber dem Journalisten ihre Be- rechtigung haben.

~ Wir sollten außerdem immer dar- auf bestehen, bevor ein Bericht zu Druck geht, das Geschriebene mit eventuellem Bildmaterial in Ruhe und vor allem kritisch durchzulesen.

Hierbei bewährt es sich sicherlich, einen Kollegen zur Durchsicht des Artikels zu bitten.

Eng damit verbunden ist die Objekti- vität der Darstellung. Jede Darstel- lung kann nur so objektiv sein, wie sie sachlich, und so sachlich, wie sie vollständig ist. Um einen vollständi- gen Artikel zu verfassen, bedarf es auch entsprechend kompetenter, in medizinischen Fragen geschulter Journalisten, die dem Leser Wissen und kein Halbwissen, angereichert mit Hoffnungen und Wünschen, ver- mitteln. Dazu gehört auch, daß man Fotoaufnahmen, die den Artikel do- kumentarisch untermauern sollen, entsprechend sorgfältig auswählt.

Die raffinierten Möglichkeiten der Fotographie darf man nicht verwen- den. Allzu leicht verschwinden Nar- ben durch geschickte Beleuchtung und Belichtung; ein seit'liches Dre- hen des Kopfes führt zu einer positi- ven Aussage und zugleich zur Straf- fung der Halspartie, selbst Schatten können auf ein Bild positiv oder ne- gativ wirken. Und nicht zuletzt be- einflußt ein freundliches Lachen die Atmosphäre der Bilder, um so mehr dann, wenn man diesem Bild vorher ein Bild mit traurigem Gesichtsaus- druck gegenüberstellt. Aber auch die Fotoaufnahmen, die uns selbst darstellen, können oft nicht dem An- spruch der Objektivität und Seriosi- tät gerecht werden: Schönheitschi- rurgen auf Löwenjagd mit ihren Tro- phäen sind ebenso suspekt wie an- dere Kollegen vor ihrem Landhaus mit Swimming-Pool im Hintergrund.

Versetzen wir uns nun in die Lage unserer Patienten, die tagtäglich mit Zeitung und Illustrierten konfrontiert werden. Hierbei müssen wir doch eindeutig feststellen, daß gewisse Artikel - wie beschrieben- den Pa- tienten mehr schaden als nutzen. Ei- nerseits haben die Patienten Angst vor der Operation, da sie ja mit ge-

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DEUTSCHES ARZTEBLATT

nug abschreckenden Meldungen versorgt werden, und scheuen sich, einen Eingriff vornehmen zu lassen, andererseits können wir als plasti- sche Chirurgen die oft überspann- ten Wünsche unserer Patienten nicht erfüllen. ln diesem Zusammen- hang möchte ich noch einmal an die Funktion des Arztgesprächs erin- nern, über dessen Wichtigkeit wir immer wieder gesprochen haben. Dieses Gespräch sollte immer Hauptbestandteil der erforderlichen Aufklärung sein, und es sollte tief in der Verborgenheit liegende Hoff- nungen, aber auch Ängste des Pa- tienten an die Oberfläche bringen.

Und wenn diese Wünsche nicht zu realisieren sind, sollte man dies klar und deutlich, aber eben nicht scho- nungslos aussprechen. Ebenso soll- te man den Patienten von unnötigen Ängsten befreien.

Schließlich sollte es gerade in unse- rer Zeit von großer Wichtigkeit sein, eine sachliche Berichterstattung über unseren Beruf zu erwirken, ei- ne Berichterstattung mit klarer, oh- ne Polemik vorgetragener Aussage, die umfangreich informiert und auch auf Schwierigkeiten hinweist.

Wir als Ärzte, als Vertreter eines noch freien Berufes- und in gewis- ser Hinsicht zähle ich auch hier die Journalisten dazu - leben in einem nicht gerade umweltfreundlichen Lande. Streitigkeiten unter uns, jeg- liche Angeberei und Sensationsha- scherei können nur einem Dritten dienlich sein- und das sollten wir bei allem anderen nicht vergessen!

Seide Seiten, Journalisten und wir Ärzte, haben eine große Verantwor- tung in der Berichterstattung über das Gebiet der ästhetischen Chirur- gie. Diese Verantwortung ist zu- gleich eine große Chance, unseren Mitmenschen unsere Tätigkeit transparent zu machen.

(Nach einem Vortrag bei der 7. Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für ästhetisch-pla- stische Chirurgie im Oktober 1979 in Hamburg)

Anschrift des Verfassers:

Dr. med. Frank Lichtenheld Leibnizstraße 19

6200 Wiesbaden

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