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Kommunale Finanzierung der Flüchtlinge Ausreichende Entlastung durch Bund und Land?

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Ausreichende Entlastung durch Bund und Land?

Bachelorarbeit

zur Erlangung des Grades einer Bachelor of Arts (B.A.)

im Studiengang gehobener Verwaltungsdienst – Public Management

vorgelegt von Martina Böhringer

Studienjahr 2017 / 2018

Erstgutachter: Prof. Dr. Oliver Sievering Zweitgutachter: Alexander Preuss

(2)

Vorwort

In der vorliegenden Bachelorarbeit geht es um die kommunale Finanzie- rung der Flüchtlinge, die in den Kommunen untergebracht sind. Dabei steht die Frage der finanziellen Unterstützung von Bund und Land im Vor- dergrund und ob diese ausreicht, die Flüchtlingskrise in Deutschland zu meistern.

Mein herzlicher Dank geht an die beiden Korrektoren dieser Bachelorar- beit, Herrn Prof. Dr. Oliver Sievering und Herrn Alexander Preuss. Durch die hilfreichen Anmerkungen und die engagierte Unterstützung haben sie zum Gelingen dieser Arbeit beigetragen.

Ein weiterer Dank gebührt auch den Teilnehmern meiner Umfrage im Landkreis Heilbronn sowie den Mitarbeitern der verschiedenen Ministerien und des Gemeindetags, die mit der Beantwortung meiner Anfragen die Grundlage dieser Arbeit geschaffen haben.

Zur einfacheren Lesbarkeit wurde auf die gleichzeitige Verwendung männ- licher und weiblicher Sprachformen verzichtet. Sämtliche Personenbe- zeichnungen gelten gleichwohl für beide Geschlechter.

Langenbrettach, im September 2017 Martina Böhringer

(3)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort ... II Inhaltsverzeichnis ... III Abkürzungsverzeichnis ... V Abbildungsverzeichnis ... VII Verzeichnis der Anlagen ... VIII 1 Einleitung ... 1 2 Flüchtlinge in Deutschland und Baden-Württemberg ... 4

2.1 Die Flüchtlingskrise 5

2.2 Das Aufnahmesystem 7

2.3 Flüchtlinge und Kosten in den Kommunen 10 3 Finanzierung von Flüchtlingen in den Kommunen ... 12 3.1 Kostenerstattungspauschale nach dem FlüAG 13

3.2 Pakt für Integration 14

3.2.1 Integrationslastenausgleich (§ 29d Absatz 1 FAG) 15

3.2.2 Integrationsförderprogramme 15

3.3 Förderprogramme 17

3.3.1 VwV Deutsch für Flüchtlinge 18

3.3.2 VwV-Integration 19

3.3.3 VwV Wohnraum für Flüchtlinge 21

3.4 Übernahme der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II 22 4 Empirische Erhebung ... 22

4.1 Umfrage 22

4.1.1 Aufbau des standardisierten Fragebogens 23

4.1.2 Durchführung der Befragung 25

4.1.3 Auswertung der Befragung 26

(4)

4.2 Bewertung und Diskussion der Ergebnisse 32

4.2.1 Förderprogramme 33

4.2.2 Sonstige finanzielle Unterstützungen 36

4.2.3 Handlungsbedarf 42

4.2.4 Beschwerden 45

5 Fazit und Ausblick ... 50 Literaturverzeichnis ... 54 Erklärung... 60

(5)

Abkürzungsverzeichnis

Abs. Absatz Art. Artikel

AsylbLG Asylbewerberleistungsgesetz AsylG Asylgesetz

AsylVG Asylverfahrensgesetz AU Anschlussunterbringung AufenthG Aufenthaltsgesetz

AVdual Ausbildungsvorbereitung dual B. A. Bachelor of Arts

BAMF Bundesamt für Migration und Flüchtlinge BEA Bedarfsorientierte Erstaufnahmestelle BRD Bundesrepublik Deutschland

BW Baden-Württemberg

bzgl. bezüglich

EU Europäische Union FAG Finanzausgleichsgesetz

FlüAG Flüchtlingsaufnahmegesetz des Landes Baden- Württemberg

GG Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland GU Gemeinschaftsunterkunft

HH Haushalt

HN Heilbronn

i. e. S. im engeren Sinne i. w. S. im weiteren Sinne KdU Kosten der Unterkunft Kita Kindertageseinrichtung

L-Bank BW Landesbank Baden-Württemberg LEA Landeserstaufnahmestelle

LK Landkreis

Mio. Millionen

(6)

NKHR Neues Kommunales Haushalts- und Rechnungswesen SGB Sozialgesetzbuch

SGB II Zweites Soziales Gesetzbuch sog. sogenannt

UNHCR Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen (United Na- tions High Commissioner for Refugees)

VwV Verwaltungsvorschrift

(7)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Flüchtlingskostenschätzungen der Presse ... 2

Abbildung 2: Entwicklung der jährlichen Asylantragszahlen seit 1990 ... 7

Abbildung 3: Zuwanderungsgruppen im LK HN zum 31.03.2017 ... 11

Abbildung 4: Höhe der einmaligen Pauschale nach dem FlüAG ... 13

Abbildung 5: Einwohnerzahlen der teilgenommenen Kommunen ... 27

Abbildung 6: Inanspruchnahme der Förderprogramme von den Kommunen ... 28

Abbildung 7: Auswertung der Aussagen von Frage 7 ... 29

Abbildung 8: Bereiche die finanzielle Unterstützung benötigen ... 30

Abbildung 9: Verlängerung/Ausbau der Förderprogramme ... 31

Abbildung 10: Verzichtbarkeit von finanziellen Unterstützungen ... 32

Abbildung 11: Gegenüberstellung der finanziellen Unterstützungsmittel und der Kosten ... 40

Abbildung 12: Geschätzte monatliche und jährliche staatliche Ausgaben je Adressat ... 52

(8)

Verzeichnis der Anlagen

Die folgenden Anlagen sind in dieser Reihenfolge der beiliegenden Anla- gen-CD zu entnehmen.

Anlage 1 Eine Busfahrt die ist peinlich; Spiegel Online Anlage 2 Kommunen überfordert; Focus Online

Anlage 3 Finanzierung der Flüchtlingspolitik - Eine ausgewogene Fi- nanzierung der Flüchtlingsleistungen bei Bund, Ländern und Kommunen; Studie für die Robert Bosch Stiftung Anlage 4 Vertrauen in Angela Merkels "Wir schaffen das" nimmt ab;

infratest dimap

Anlage 5 Jung, männlich - und enttäuscht; Frankfurter Allgemeine Anlage 6 Flüchtlingskrise (Deutsch); Wortbedeutung.info/Wörterbuch Anlage 7 Statistiken; UNHCR The UN Refugee Agency

Anlage 8 Perspektiven für Flüchtinge schaffen; Bundesamt für wirt- schaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung

Anlage 9 Das Bundesamt in Zahlen 2016; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Anlage 10 Aktuelle Zahlen zu Asyl - Ausgabe: Dezember 2016; Bun- desamt für Migration und Flüchtlinge

Anlage 11 Anschlussunterbringung von Flüchtlingen; Landratsamt Tuttlingen

Anlage 12 Flüchtlingsaufnahme; Landratsamt Heilbronn Anlage 13 Leistungen für Flüchtlinge; Landratsamt Heilbronn

Anlage 14 Ablauf des deutschen Asylverfahrens; Bundesamt für Mig- ration und Flüchtlinge

Anlage 15 Infobrief - Migration und Integration im Landkreis Heilbronn;

Landratsamt Heilbronn

Anlage 16 320 Millionen Euro für Integrationsarbeit vor Ort; Baden- Württemberg

Anlage 17 Vorlage - 013/2015 - Aufwendungen für Flüchtlinge und Kostenerstattung durch das Land; ALLRIS®net: Ostalbkreis

(9)

Anlage 18 Bund entlastet Länder und Kommunen; Die Bundesregie- rung

Anlage 19 Auskunft vom 10.07.2017; Gemeindetag BW Anlage 20 Pakt für Integration mit den Kommunen; Baden-

Württemberg

Anlage 21 Umsetzung der Maßnahme "Integrationsmanagement" im Rahmen des Paktes für Integration; Baden-Württemberg, Landkreistag BW, Städtetag BW, Gemeindetag BW

Anlage 22 Zuwanderung von Flüchtlingen und Asylsuchenden im Blick auf die Kommunalfinanzen und den Wohnungsbedarf; der gemeindehaushalt

Anlage 23 Pakt für Integration; Baden-Württemberg, Landkreistag BW, Städtetag BW, Gemeindetag BW

Anlage 24 Förderprogramme; Wikipedia

Anlage 25 Integration durch Ausbildung - Perspektiven für Flüchtlinge (Kümmerer); Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Woh- nungsbau BW

Anlage 26 Auskunft "Integration durch Ausbildung - Perspektiven für Flüchtlinge"; Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Woh- nungsbau

Anlage 27 Auskunft VwV Deutsch für Flüchtlinge vom 29.08.2017; Mi- nisterium für Soziales und Integration

Anlage 28 Medieninformation - VwV-Integration: Förderung geht in die vierte Runde; Ministerium für Integration BW - Pressestelle Anlage 29 Pressemitteilung Nr. 016/2016 - Land fördert Kommunen

bei Integrationsarbeit / Über 100 zusätzliche Stellen für In- tegrations- und Flüchtlingsbeauftragte; Ministerium für So- ziales und Integration BW - Pressestelle

Anlage 30 Förderung der gesellschaftlichen Teilhabe und Integration (VwV-Integration); Bundesministerium für Wirtschaft und Energie

(10)

Anlage 31 Auskunft VwV-Integration vom 31.08.2017, Ministerium für Soziales und Integration

Anlage 32 Pressemitteilung Nr. 035/2017; Ministerium für Soziales und Integration BW - Pressestelle

Anlage 33 Wohnungsbau BW 2017; Ministerium für Soziales und In- tegration BW - Pressestelle

Anlage 34 Standardisierter Fragebogen

Anlage 35 Auswertung des standardisierten Fragebogens (oumfrage- online.com)

Anlage 36 Auswertung Frage 1 Anlage 37 Auswertung Frage 1 - 5 Anlage 38 Auswertung Frage 6 Anlage 39 Auswertung Frage 7 Anlage 40 Auswertung Frage 8 Anlage 41 Auswertung Frage 9 Anlage 42 Auswertung Frage 10 Anlage 43 Auswertung Frage 11

Anlage 44 VwV-Integration: Zusätzliche Antragsrunde 2016 - Über- sicht der geförderten Projekte; Ministerium für Soziales und Integration

Anlage 45 Das Bundesamt in Zahlen 2015; Bundesamt für Migration und Flüchtlinge

Anlage 46 Asylgeschäftsstatistik für den Monat Februar 2016; Bun- desamt für Migration und Flüchtlinge

Anlage 47 Familienasyl und Familiennachzug; Bundesamt für Migrati- on und Flüchtlinge

Anlage 48 Familiennachzug von Drittstaatenangehörigen nach Deutschland - Fokusstudie der deutschen nationalen Kon- taktstelle für das Europäische Migrationsnetzwerk (EMN);

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und Europäisches Migrationsnetzwerk

Anlage 49 Wohnungsmarkt; Eduard Pestel Institut

(11)

Anlage 50 Klare Kante, weicher Kern; Heilbronner Stimme

Anlage 51 Merkel will über Familiennachzug jetzt nicht entscheiden;

SÜDWEST PRESSE

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1 Einleitung

„Deutschland ist ein starkes Land (…) wir haben so vieles geschafft – wir schaffen das!“1: Mit dieser Aussage in der Sommerpressekonferenz am 31. August 2015 hat Angela Merkel für Schlagzeilen gesorgt. Viele Kom- munen sahen das anders und waren mit den täglichen Zuweisungen von Flüchtlingen zu jenem Zeitpunkt überfordert. Die in den Medien große Aufmerksamkeit erfahrene Aktion des Landshuter Landrats, der einen Bus mit 31 anerkannten Asylbewerbern vor das Kanzleramt fuhren ließ, sollte ein klares Signal dafür sein. Landrat Peter Dreier wollte damit „ein Zeichen setzen, dass es so wie bisher in der Flüchtlingspolitik nicht weitergehen darf“.2 Die sog. Flüchtlingskrise3 und der manchmal sog. Flüchtlingsstrom nach Deutschland waren und sind Dauerthemen und fest in der öffentli- chen Wahrnehmung verankert.

Die Bundesländer verkürzten in ihrer Not der täglichen Ankünfte von neu- en Flüchtlingen die Zeit in den Erstaufnahmeeinrichtungen auf ein Mini- mum. Dadurch entstand wiederum ein Platzproblem in den Kommunen, die für die zugewiesenen Flüchtlinge eine Unterkunft zur Verfügung stellen mussten.4 Aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes, mussten viele, meist teure Notlösungen, wie Pensionen, Ferienwohnungen oder Hotels, gefunden werden.5 Die Kommunen hatten in dieser Zeit hohe finanzielle Belastungen zu tragen, um Ihrer Aufgabe der Flüchtlingsunterbringung gerecht zu werden.

In der Sommerpressekonferenz am 31. August 2015 wurde von Angela Merkel aber auch angekündigt, dass eine faire Kostenverteilung ange- strebt wird und die Kommunen vom Bund unterstützt werden sollen. Wie hoch die Kosten tatsächlich sind, konnte lange Zeit niemand abschätzen und so waren verschiedene Kostenschätzungen in den Medien im Umlauf.

1 youtube.com / phoenix (2015).

2 Hengst (2016), Anlage 1.

3 Der Begriff wird in Kapitel 2.1 näher erläutert.

4 Siemens (2013), Anlage 2.

5 ZDFzoom (2016).

(13)

Die Abbildung 1 versucht dies zu veranschaulichen. Die meisten Schät- zungen befinden sich im Rahmen von 10.000 bis 14.000 Euro pro Jahr und Flüchtling, wobei der Betrag 12.000 Euro am häufigsten genannt wird.

Abbildung 1: Flüchtlingskostenschätzungen der Presse

Quelle: Finanzwissenschaftliches Forschungsinstitut an der Universität zu Köln: Finanzie- rung der Flüchtlingspolitik – Studie für die Robert Bosch Stiftung, 2016, S. 32, Anlage 3.

Der Glaube in Merkels „Wir schaffen das!“ sank in der Bevölkerung, aber auch in den Kommunen.6 Der Erfolg der Partei ,,Allianz für Deutschland'' (AfD) bei einigen Landtagswahlen im Jahr 2016, deren Wähler sich vor allem wegen des Flüchtlingszuzugs Sorgen machen,7 machte dies deut- lich. Aber auch die Kommunen beklagten schon zum Zeitpunkt der Som- merpressekonferenz und in der Zeit danach, dass sie mit den Kosten al- leine gelassen würden und die finanziellen Belastungen dieses Flücht- lingsstroms nicht alleine bewältigen könnten.

6 Vgl. infratest dimap (2016), Anlage 4.

7 Vgl. Tomik (2016), Anlage 5.

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Nach verschiedenen Verhandlungen von Bund und Ländern mit den Ver- tretern der Kommunen wurden finanzielle Unterstützungen zugesagt und beschlossen, die den Städten und Gemeinden helfen sollen, die Flücht- lingskrise vor Ort zu meistern. Welche Maßnahmen und Förderprogramme vom Bund und Land Baden-Württemberg tatsächlich getroffen wurden, soll im Rahmen dieser Bachelorarbeit analysiert und ausgewertet werden.

Dabei steht die Frage im Vordergrund, ob die Kommunen ausreichend von Bund und Land während der Flüchtlingskrise unterstützt werden.

Zunächst soll im 2. Kapitel die Flüchtlingskrise genauer beleuchtet und das Aufnahmesystem, mit der begrifflichen Abgrenzung der Rechtsbegriffe Asylbewerber und Flüchtling, beschrieben werden. Ebenso erfolgt eine Verknüpfung mit den Flüchtlingszahlen im Landkreis Heilbronn.

Im 3. Kapitel werden die verschiedenen, von Bund und Land zur Verfü- gung gestellten Finanzierungsmöglichkeiten von Flüchtlingen in Baden- Württemberg beschrieben und analysiert.

Darauf folgt in Kapitel 4 eine empirische Erhebung zur Frage der finanziel- len Unterstützung während der Flüchtlingskrise in Form einer Umfrage im Landkreis Heilbronn. Es wird herausgearbeitet, welche Förderprogramme von den Kommunen in Anspruch genommen wurden und ob diese mit den sonstigen finanziellen Unterstützungen von Bund und Land ausreichend sind. Außerdem wird dadurch der Handlungsbedarf in den verschiedenen Unterstützungsbereichen sowie die aktuelle Zufriedenheit mit den finanzi- ellen Hilfen analysiert und geklärt.

(15)

2 Flüchtlinge in Deutschland und Baden-Württemberg

Im Alltag werden die Begriffe „Flüchtling“ und „Asylbewerber“ oftmals ver- mischt und eine Abgrenzung findet selten statt. Daher werden zunächst die beiden Begriffe definiert und unterschieden.

Als Asylbewerber gilt derjenige Ausländer, der einen Asylantrag im Sinne von § 13 Abs. 1 und Abs. 2 AsylG stellt.8 Der Begriff des Ausländers ist nicht im AsylG definiert und wird daher für das deutsche Recht in § 2 Abs.

1 AufenthG legal definiert. Ein Ausländer nach dieser Norm ist jede Per- son, die nicht Deutscher im Sinne des Art. 116 Abs. 1 GG ist. 9

Ein Flüchtling, nach Artikel 1A Nr. 2 der Genfer Flüchtlingskonvention ist jede Person, die „aus der begründeten Furcht vor Verfolgung wegen ihrer Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen ihrer politischen Überzeugung sich außerhalb des Landes befindet, dessen Staatsangehörigkeit sie besitzt, und den Schutz dieses Landes nicht in Anspruch nehmen kann oder wegen dieser Be- fürchtungen nicht in Anspruch nehmen will“.

Flüchtlinge i. w. S. und nach dem allgemeinen Sprachgebrauch sind somit Ausländer, die Schutz in einem anderen Land suchen. Flüchtlinge i. e. S.

und nach genauer juristischer Definition sind Personen, die nach dem Ab- schluss des Asylverfahrens den Flüchtlingsschutz durch das BAMF erhal- ten haben. Die finanziellen Unterstützungen, die im Rahmen der Flücht- lingskrise an die Kommunen ausbezahlt werden, werden nicht nur für Per- sonen mit anerkanntem Flüchtlingsstatus ausbezahlt, sondern an alle Per- sonen, die in Deutschland Schutz suchen und einen anderen Schutzstatus des BAMFs anerkannt bekommen. In dieser Bachelorarbeit wird daher der Begriff „Flüchtling“, wie auch im allgemeinen Sprachgebrauch, für Auslän- der verwendet, die Schutz in einem anderen Land suchen. Die Personen,

8 Vgl. Dietz (2017), S. 130.

9 Vgl. Hailbronner (2017), S. 11.

(16)

denen das BAMF den Flüchtlingsschutz zuerkannt hat, werden in dieser Bachelorarbeit „anerkannte Flüchtlinge“ genannt.

In den folgenden Abschnitten wird zuerst die Flüchtlingskrise in Deutsch- land beschrieben, anschließend das Asylverfahren kurz erklärt und ab- schließend die Flüchtlingssituation im Landkreis Heilbronn erläutert, sowie die zusätzlichen Kosten der Gemeinden genannt.

2.1 Die Flüchtlingskrise

Der Begriff „Flüchtlingskrise“ ist umstritten und wird oftmals für die „Krise im Zusammenhang mit Flüchtlingen“ und hauptsächlich für die Zuwande- rung von Flüchtlingen nach Europa im Jahr 2015 verwendet.10 Es ist daher der allgemeine Begriff für die Überforderung der Behörden mit dem Zuzug von Schutzsuchenden nach Europa und Deutschland.

65,6 Millionen Menschen waren Ende des Jahres 2016 weltweit auf der Flucht. Von diesen Menschen galten aber nur rund 22,5 Millionen Men- schen als Flüchtlinge,11 die vor Konflikten, Verfolgung oder schweren Menschenrechtsverletzungen aus ihrer Heimat flohen und Schutz in einem anderen Land suchten.12 Mehr als die Hälfte dieser Flüchtlinge stammten aus den Ländern Südsudan, Afghanistan und Syrien.13 In diesen Ländern herrscht seit Jahren Krieg sowie gewaltsame Konflikte und ein men- schenwürdiges und sicheres Leben ist für die Zivilbevölkerung kaum mög- lich. Rund 86 Prozent der Flüchtlinge suchen Schutz in einem Land, wel- ches in der Nähe ihrer ursprünglichen Heimat liegt.14 Daher sind die Hauptaufnahmeländer Türkei, Pakistan, Libanon, Iran, Uganda und Äthio- pien.15

10 Wortbedeutung.info/Wörterbuch, Anlage 6.

11 Über 40 Millionen Menschen sind innerhalb ihres Heimatlandes auf der Flucht und gelten daher als Binnenvertriebene. Vgl. UNHCR The UN Refugee Agency (2017), Anla- ge 7.

12 Vgl. UNHCR The UN Refugee Agency (2017), Anlage 7.

13 Vgl. UNHCR The UN Refugee Agency (2017), Anlage 7.

14 Vgl. Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (2017), S.

22, Anlage 8.

15 Vgl. UNHCR The UN Refugee Agency (2017), Anlage 7.

(17)

Im Jahr 2015 beantragten 1.323.465 Menschen Asyl in den Ländern der Europäischen Union, im Jahr 2016 waren es 1.260.350.16 Einige kamen über den Landweg, der sog. Balkanroute17, andere über das Mittelmeer, der sog. Mittelmeerroute, nach Europa. Ausschlaggebend für die Zustän- digkeit der Durchführung des Asylverfahrens ist nach dem Dublin- Verfahren das EU-Land, in dem der Asylsuchende zuerst eingereist ist.

Dadurch soll vermieden werden, dass der Asylantragssteller darüber ent- scheidet, welches Land für seinen Asylantrag zuständig ist und dadurch eine gerechte Verteilung von Antragstellern unter den Dublin- Vertragsstaaten sichergestellt wird.18 Die Entscheidung von Angela Merkel im September 2015, die Asylsuchenden aus Ungarn nach Deutschland einreisen zu lassen, setzte das Dublin-Verfahren in weiten Teilen faktisch außer Kraft.19 Dadurch fand keine Einwanderungskontrolle mehr statt und in Deutschland wurden vermehrte Flüchtlingszugänge verzeichnet. Die Abbildung 2 veranschaulicht dies. Im Jahr 2015 wurden insgesamt 476.649 Asylanträge in Deutschland gestellt, im Jahr 2016 waren es wei- tere 745.545. Ein Vergleich zum Jahr 1992, in dem die Menschen in Deutschland Schutz vor dem Bürgerkrieg in Jugoslawien suchten, ver- deutlicht die hohen Zahlen: damals waren es insgesamt 438.191 Asylan- träge. Für die Bundesrepublik Deutschland bedeutet dies den höchsten Stand der Asylanträge in einem Jahr seit 1953.20

16 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2017), Tabelle I-8, S. 28, Anlage 9.

17 Diese führt über Ungarn. Im Herbst 2015 eskalierte die Situation in Ungarn, da Minis- terpräsident Orbán eine Weiterreise nach Österreich und Deutschland stoppten. Bundes- kanzlerin Angela Merkel entschied am 5. September 2015, die Grenzen Deutschlands für die Asylsuchenden aus Ungern zu öffnen. Vgl. youtube.com / BroadviewPictures (2017) und Luft (2016), S. 68.

18 Vgl. Luft (2016), S. 68ff.

19 Vgl. Luft (2016), S. 68.

20 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2016b), S. 3, gesamte Darstellung, An- lage 10.

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Abbildung 2: Entwicklung der jährlichen Asylantragszahlen seit 1990

Quelle: Bundesamt für Migration und Flüchtlinge: Aktuelle Zahlen zu Asyl, Dezember 2016, 2016, S. 3, Teildarstellung, Anlage 10.

Die Asylsuchenden werden in Deutschland nach dem sog. Königsteiner Schlüssel auf die einzelnen Bundesländer verteilt. Dieser wird zu zwei Dritteln aus den Steuereinnahmen und zu einem Drittel aus den Bevölke- rungszahlen der Bundesländer jährlich errechnet. Im Jahr 2016 hat das Bundesland Nordrhein-Westfalen die höchste und Bremen die niedrigste Quote Asylsuchende aufzunehmen. Baden-Württemberg liegt im selben Jahr auf Platz 3 und muss eine Quote in Höhe von 12,86456 % Asylsu- chenden aufnehmen.21

2.2 Das Aufnahmesystem

In der Bundesrepublik Deutschland gibt es ein dreistufiges System, das jeder Asylsuchende durchläuft. Im folgenden Abschnitt wird dieser Pro- zess erläutert und genauer beschrieben.

21 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2017), S. 16, Tabelle I-2, Anlage 9.

(19)

Sobald Ausländer als asylsuchend in die Bundesrepublik einreisen, wer- den sie registriert.22 Anschließend werden die Asylsuchenden an die Bun- desländer verteilt und dort untergebracht, wo sie ein Bett, Verpflegung und ggf. soziale Anlaufstellen haben. Die Verteilungsquote richtet sich, wie oben bereits erwähnt, nach dem Königsteiner Schlüssel, welcher festlegt, wie viele Asylsuchende jedes Bundesland aufzunehmen hat. Das jeweilige Bundesland bringt die Asylsuchenden in Landeserstaufnahmestellen (LEAs) oder gegebenenfalls wegen der hohen Zugangszahlen in Bedarfs- orientierte Erstaufnahmestellen (BEAs) unter. 23 Dort bleiben die Asylsu- chenden durchschnittlich sechs Wochen und werden, falls noch nicht ge- schehen, registriert und medizinisch untersucht.24 In einer Außenstelle des BAMFs oder einem Ankunftszentrum wird aber auch der persönliche Asyl- antrag gestellt.

Nach einem entsprechenden Einwohnerschlüssel werden die Asylsuchen- den anschließend auf die Stadt- und Landkreise zur vorläufigen Unterbrin- gung verteilt. Diese wiederum verteilen die geflüchteten Menschen nach dem Einwohnerschlüssel und der Kapazität in den verschiedenen Städten und Gemeinden. Bis zum Abschluss des Asylverfahrens, längstens jedoch zwei Jahre bleiben sie in den sog. Gemeinschaftsunterkünften (GUs). In dieser Zeit erhalten die Asylsuchenden Leistungen nach dem Asylbewer- berleistungsgesetz (AsylbLG). Darin sind die Grundleistungen wie Ernäh- rung, Unterkunft, Heizung, Kleidung, Gesundheits- und Körperpflege und Gebrauchs- und Verbrauchsgüter des Haushalts enthalten. Außerdem erhalten sie das sog. Taschengeld zur Deckung des soziokulturellen Exis- tenzminimums und eine medizinische Versorgung im Rahmen der Kran- kenhilfe. Die Kinder können am deutschen Bildungssystem in Form der Aufnahme in den Kindergarten oder der Schule teilnehmen. Den erwach-

22 Nach dem Dublin-Verfahren findet die Registrierung an den Außengrenzen der EU statt. Durch das Aussetzen dieses Verfahrens von Angela Merkel musste danach die Registrierung in Deutschland stattfinden.

23 Vgl. Landratsamt Tuttlingen (2015), Anlage 11.

24 Vgl. Landratsamt Heilbronn - Migration und Integration (2016), Anlage 12.

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senen Asylsuchenden wird eine Teilnahme am Sprach- oder Integrations- kurs ermöglicht. 25

Folgende positive Entscheidungen können nach der vierstufigen Prüfung des Asylantrags vom BAMF erteilt werden:26

1. Anerkennung als Asylberechtigter nach Art. 16a GG27

2. Anerkennung der Flüchtlingseigenschaft gemäß § 3 AsylVG 3. Zuerkennung subsidiären Schutzes nach § 4 Abs. 1 AsylVG

4. Feststellung eines Abschiebeverbots nach § 60 Abs. 5 oder 7 Auf- enthG

Bei der Entscheidung des Asylverfahrens stehen die vier verschiedenen Schutzformen in Konkurrenz zueinander und somit in einem Stufenver- hältnis. Bei der Prüfung werden sie daher nacheinander auf ihre Passung geprüft.28

Nach § 25 Abs. 1 bzw. Abs. 2 AufenthG erhalten anerkannte Asylberech- tigte und Flüchtlinge eine Aufenthaltserlaubnis für 3 Jahre und subsidiär Schutzberechtigte erhalten gemäß § 25 Abs. 2 AufenthG eine Aufent- haltserlaubnis für 1 Jahr. Bei letzteren kann diese um jeweils 2 Jahre ver- längert werden. Bei der Feststellung des Abschiebeverbots erhält die Per- son eine Aufenthaltserlaubnis für mindestens 1 Jahr § 25 Abs. 3 Auf- enthG, die ebenfalls verlängert werden kann. Unter bestimmten Voraus- setzungen kann nach Ablauf der erteilten Aufenthaltserlaubnis29 eine Nie- derlassungserlaubnis erteilt werden.30

25 Vgl. Landratsamt Heilbronn - Migration und Integration, Anlage 13.

26 Vgl. Dietz (2017), S. 131.

27 Reist ein Asylbewerber über einen sicheren Drittstaat (Mitgliedsstaaten der EU sowie Norwegen und Schweden), z.B.über den Landweg ein, kann keine Anerkennung als Asylberechtigter erfolgen, da in diesen Ländern bereits ein Ersuchen um Schutz möglich gewesen wäre. Somit ist die Zahl der anerkannten Asylberechtigter sehr gering. Vgl.

Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2017), S. 47, Anlage 9 und Haubner/Kalin (2017), S. 83.

28 Vgl. Haubner/Kalin (2017), S. 111.

29 Nach 3 bzw. 5 Jahren.

30 Vgl. Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (2016a), S. 17ff., Anlage 14.

(21)

Anerkannte Schutzberechtigte, sowie Asylbewerber, die länger als zwei Jahre in der vorläufigen Unterbringung gewohnt haben, dürfen je nach Wohnsitzauflage ihren Wohnsitz frei wählen. Eine Wohnsitzauflage wird vom zuständigen Ausländeramt nicht erteilt, wenn nachgewiesen werden kann, dass der Lebensunterhalt, z. B. durch Arbeit, gesichert ist und die Person nicht auf die öffentlichen Mittel, wie Leistungen nach dem SGB II, angewiesen ist.31 Finden die anerkannten Personen keine passende Wohnung, werden sie nach einem Einwohnerschlüssel auf die Städte und Gemeinden verteilt. Diese sind für den Wohnraum der Anschlussunter- bringung zuständig und weisen ggf. die Personen in Unterkünfte, wie z.B.

Obdachlosenunterkünfte, ein.32

In Kapitel 3 des Aufenthaltsgesetzes ist die Integration geregelt. Nach § 44 und § 44a AufenthG sind Ausländer zur Teilnahme an einem Integrati- onskurs nach § 43 AufenthG berechtigt bzw. verpflichtet. Nach § 43 Abs. 3 AufenthG ist in dem Integrationskurs ein Basis- sowie ein Aufbausprach- kurs von jeweils gleicher Dauer zur Erlangung ausreichender Sprach- kenntnisse erhalten. Einen Orientierungskurs zur Vermittlung von Kennt- nissen der Rechtsordnung, der Kultur und der Geschichte in Deutschland ist ebenso inbegriffen. Grundsätzlich besteht ein Anspruch auf die Teil- nahme an diesen Sprach- und Orientierungskursen nach der Anerken- nung des Asylverfahrens nach § 44 Abs. 1 AufenthG. Wenn Asylbewerber eine Aufenthaltsgestattung haben und ein rechtmäßiger und dauerhafter Aufenthalt zu erwarten ist (§ 44 Abs. 4 Nr. 1 AufenthG), können sie auch im laufenden Asylverfahren an einem Integrationskurs teilnehmen.

2.3 Flüchtlinge und Kosten in den Kommunen

Durch die Zuweisung des Landes in die vorläufige Unterbringung (GUs) sowie durch den Aufenthalt in den Anschlussunterbringungen befinden sich die Asylbewerber in den Kommunen und nehmen am örtlichen Ge- meinschaftsleben teil.

31 Vgl. Haubner/Kalin (2017), S. 87f.

32 Vgl. Landratsamt Heilbronn - Migration und Integration (2016), Anlage 12.

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Abbildung 3: Zuwanderungsgruppen im LK HN zum 31.03.2017

Quelle: Landratsamt Heilbronn – Migration und Integration: Infobrief – Migration und In- tegration im Landkreis Heilbronn, Mai 2017, S. 1, Anlage 15.

Die Darstellung der Abbildung 3 zeigt, dass nur 13 % der zugwanderten ausländischen Staatsangehörigen im LK Heilbronn Asylbewerber sind.

Dies ist eine sehr geringe Zahl, bezugnehmend auf die mediale Präsenz zu diesem Thema. Fast die Hälfte der Zugewanderten sind EU-Bürger und stellen somit den größten Anteil im Landkreis dar. In dieser Bachelorarbeit geht es hauptsächlich um die zugewanderten Personen, die im Zuge der Flüchtlingskrise nach Deutschland und in den Landkreis Heilbronn ge- kommen sind.33

Nach Aussage von Winfried Kretschmann findet die Integration der ge- flüchteten Menschen in großen Teilen vor Ort statt.34 Dies bedeutet, dass die größte Integrationsarbeit in den Städten und Gemeinden stattfindet.

Diese sehr große Aufgabe heißt es zu bewältigen. Der Integrationspro- zess dauert Jahre und ist ein langfristiges Projekt in jeder einzelnen Kommune.

Nicht nur durch die Unterbringung entstehen den Kommunen Kosten.

Auch die Organisation der Integration z. B. im Rahmen eines Integrations- beauftragten stellt für die Gemeinden Ausgaben dar, die zu decken sind.

33 Landratsamt Heilbronn - Migration und Integration (2017), Anlage 15.

34 Vgl. Baden-Württemberg (2017), Anlage 16.

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Es gibt daneben jedoch Kosten, die unabhängig von einem Aufenthalts- status an alle in Deutschland lebenden Menschen erbracht werden. Zu staatlichen Leistungen gehören die frühkindliche und schulische Bildung.

Durch den Rechtsanspruch auf einen Kindergartenplatz ab einem Jahr für jedes Kind kann in manchen Kommunen der knappe Platz zu Engpässen in den Kitas führen. Auch die Schulpflicht ist unabhängig von der Aufent- haltserlaubnis, die spätestens drei Monaten nach der Einreise einsetzt.

Wegen den geringen Deutschkenntnissen der geflüchteten Kinder und Jugendlichen werden Willkommensklassen oder Integrationsklassen ge- bildet, die je nach Region unterschiedlich angeboten werden und es kann unter Umständen zu Wartezeiten kommen. Die Bereitstellung der Schul- gebäude ist im übrigen Aufgabe der Kommunen.35 Sonstige Kosten, wie die Gewährleistung von Sicherheit und Ordnung, eine funktionierende Verwaltung, öffentlicher Personennahverkehr und Freizeiteinrichtungen mit öffentlichen Einrichtungen sind Leistungen, die teilweise ebenfalls zu- sätzliche Kosten verursachen. Sie sind nicht speziell an Flüchtlinge gerich- tet, können aber durch eine höhere Nutzerzahl, höhere Kosten verursa- chen. Dies sind somit versteckte Kosten, die infolge der Flüchtlingskrise in den Kommunen aufkommen, die aber nicht direkt messbar sind, da sie nicht speziell für geflüchtete Menschen ausgegeben werden.

35 Pflichtaufgabe ohne Weisung der Kommunen.

3 Finanzierung von Flüchtlingen in den Kommunen

In folgendem Kapitel wird die Finanzierung der Flüchtlinge in den Kommu- nen genauer erläutert. Es wird dabei aufgezeigt, welche Unterstützungs- möglichkeiten von Bund und Land im Rahmen der Flüchtlingskrise ge- währt wurden. Dabei werden nicht nur die Förderprogramme aufgezeigt, sondern auch die anderen Pauschalen und Vereinbarungen, die in Form von Gesetzen und einem Pakt ge- bzw. beschlossen wurden.

(24)

3.1 Kostenerstattungspauschale nach dem FlüAG

Das Land erstattet nach § 15 FlüAG den Stadt- und Landkreisen eine einmalige Pauschale für die im Rahmen der vorläufigen Unterbringung entstehenden Ausgaben, für jede nach § 7 FlüAG aufgenommene und untergebrachte Person. Für Asylbewerber ergibt sich folgende in der Ab- bildung ersichtliche einmalige Pauschale:

Abbildung 4: Höhe der einmaligen Pauschale nach dem FlüAG

Jahr Höhe der

Pauschale Gesetzliche Regelung

2014 12.566 € § 15 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 FlüAG 2015 13.260 € § 15 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 22 Abs. 1 FlüAG 2016 13.972 €36 § 15 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 FlüAG

Quelle: eigene Darstellung

Nach § 15 Abs. 1 Satz 2 FlüAG werden mit der Pauschale notwendige Ausgaben für personellen und sächlichen Verwaltungsaufwand zur Durch- führung des FlüAG, für Flüchtlingssozialarbeit, für Leistungen nach dem AsylbLG mit den Aufwendungen zur Krankenhilfe und dem SGB, für lie- genschaftsbezogene Ausgaben wie z. B. Miete, Pacht und Bauunterhal- tung sowie für Aufwendungen der Gemeinden im Rahmen der Anschluss- unterbringung erstattet. Die Stadt- und Landkreise haben die Kosten- und Durchführungsverantwortung des AsylbLG und erhalten dadurch eine fi- nanzielle Unterstützung für ihre Aufgabenbewältigung. 37

Nach § 18 Abs. 4 FlüAG erhalten die Städte und Gemeinden einen einma- ligen Pauschalbetrag für die entstandenen Aufwendungen im Rahmen der Anschlussunterbringung. Diese Pauschale wird von den Stadt- und Land- kreisen ausbezahlt, in dem die zugeteilte Person vorläufig untergebracht war. Sie beträgt im Jahr 2016 135 Euro und erhöht sich jährlich um 1,5 %.

36 Nach § 15 Abs. 3 Satz 2 FlüAG erhöhen sich die Beträge jährlich um 1,5 %.

37 Vgl. ALLRIS®net: Ostalbkreis - Geschäftsbereich Integration und Versorgung (2015), Anlage 17.

(25)

Die Kommunen erhalten dadurch eine kleine finanzielle Entlastung für die Aufgabenerfüllung der Anschlussunterbringung.

3.2 Pakt für Integration

Der Bund unterstützt die Städte und Gemeinden in erster Linie mit einer Integrationspauschale in Höhe von insgesamt zwei Milliarden Euro.38 Ge- mäß des Königsteiner Schlüssels wird diese auf die Länder verteilt und beläuft sich für Baden-Württemberg auf insgesamt 780 Mio. Euro. Vom Land Baden-Württemberg wird die Integrationspauschale in Höhe von ins- gesamt 320 Mio. Euro über einen Zeitraum von zwei Jahren an die Kom- munen über einen Pakt für Integration weitergeleitet.39

Am 27. April 2017 wurde dieser Pakt für Integration von Ministerpräsident Winfried Kretschmann sowie Sozial- und Integrationsminister Manne Lucha als Vertreter des Landes Baden-Württemberg und den Präsidenten des Gemeindetags BW Roger Kehle, des Landkreistags BW Joachim Wal- ter und des Städtetags BW Oberbürgermeister Dieter Salomon unter- zeichnet. Unter der Überschrift „Aus geflüchteten Menschen werden Mit- bürgerinnen und Mitbürger“ bildet der Pakt für Integration die Unterstüt- zungshilfe des Landes an die Kommunen. „Die Integration der Flüchtlinge, die bei uns bleiben werden, soll – für alle sichtbar – gelingen. Dies ist sehr wichtig für den Zusammenhalt unserer Gesellschaft als Ganzes“, so Minis- terpräsident Winfried Kretschmann.40

Unter dem Leitsatz „Fördern und Fordern“ sollen die geflüchteten Men- schen gezielt vor Ort integriert werden und sich schnell in Deutschland durch Stärkung der Selbstständigkeit und Selbstverantwortung zurechtfin- den. Der Pakt für Integration ist untergliedert in zwei Bereiche. Zum einen sollen die Kommunen über einen Integrationslastenausgleich bei den Kos- ten der Anschlussunterbringung und Integration entlastet werden. Zum

38 Vgl. Die Bundesregierung (2017), Anlage 18.

39 Vgl. Gemeindetag Baden-Württemberg (2017), Anlage 19.

40 Baden-Württemberg (2017), Anlage 16.

(26)

anderen sollen sie mit konkreten Integrationsförderprogrammen und – maßnahmen vor Ort unterstützt werden.41

3.2.1 Integrationslastenausgleich (§ 29d Absatz 1 FAG)

Nach § 29d Abs. 1 FAG beteiligt sich das Land an den auf den hohen Flüchtlingszugängen im Jahr 2015 beruhenden Integrationslasten der Gemeinden mit pauschalen Zuweisungen. Dabei werden die Städte und Gemeinden mit jährlich 90 Millionen Euro in den Jahren 2017 und 2018 bei den Kosten der Anschlussunterbringung und Integration unterstützt.

Nach § 29d Abs. 1 Satz 3 FAG erfolgt die Zuweisung dieser Integrations- lastenpauschale im Verhältnis aus den Flüchtlingszugängen des Landes und der Personen, sowie deren Familiennachzug, die sich in den jeweili- gen Kommunen in der Anschlussunterbringung befinden.

3.2.2 Integrationsförderprogramme

Die Integrationsförderprogramme und –maßnahmen im Rahmen des Pak- tes für Integration gliedern sich in vier Förderbereiche:

 Flüchtlinge durch soziale Beratung und Begleitung unterstützten

 Junge Flüchtlinge in der Schule und auf dem Weg in den Beruf un- terstützen

 Spracherwerb fördern

 Bürgerschaftliche Strukturen und das Ehrenamt unterstützen

In den Jahren 2017 und 2018 sollen mit jährlich 58 Mio. Euro ca. 1.000 Integrationsmanager nach dem ersten Förderbereich gefördert werden.

Für die restlichen Bereiche stehen in den beiden Jahren jeweils 12 Mio.

Euro zur Verfügung.42

Im Folgenden werden diese Förderbereiche kurz beschrieben.

41 Baden-Württemberg (2016), Anlage 20.

42 Vgl. Baden-Württemberg/Landkreistag Baden-Württemberg/Städtetag Baden-

Württemberg/Gemeindetag Baden-Württemberg (2017b), S. 3, Anlage 21 und Wolfrum (2017), S. 182, Anlage 22.

(27)

Flüchtlinge durch soziale Beratung und Begleitung unterstützten

In diesem Förderbereich steht die Förderung der sog. Integrationsmana- ger im Vordergrund. Diese sollen in den Kommunen die Integration von geflüchteten Menschen fördern. Dabei steht der Integrationsprozess die- ser Menschen mit sozialer Beratung und Betreuung in der Anschlussun- terbringung im Vordergrund. Durch Aufstellung individueller Integrations- pläne für geflüchtete erwachsene Einzelpersonen bzw. geflüchtete Fami- lien, sollen einzelne Schritte im Integrationsprozess und konkrete Maß- nahmen zu deren Umsetzung verbindlich beschrieben werden. Durch die enge Zusammenarbeit mit den kommunalen Integrationsbeauftragten (nach der VwV Integration in Kapitel 3.3.2) sollen regionale und örtliche Strukturen vermittelt und entsprechende Zugänge geschaffen werden.

Außerdem sind die Integrationsmanager ein Bindeglied zwischen geflüch- teten Menschen und dem Ehrenamt und sollen dazu beitragen, dass ge- flüchtete Menschen Teil der Zivilgesellschaft werden, in dem sie Zugänge zu Vereinen, örtlichen Initiativen, Mehrgenerationenhäusern etc. aufbau- en.43

Junge Flüchtlinge in der Schule und auf dem Weg in den Beruf unterstüt- zen

Im zweiten Förderbereich der Integrationsförderprogramme des Paktes für Integration stehen Zusatzmittel für AVdual-Begleiter (Ausbildungsvorberei- tung dual), für die Schulsozialarbeit und für Jugendberufshelfer zur Verfü- gung. Die AVdual-Begleiter bereiten dabei die Jugendlichen darauf vor, eine Ausbildung erfolgreich abzuschließen und unterstützen aber auch Betriebe und die Schüler im Praktikum und beim Übergang in die Ausbil- dung. Der erhöhte Bedarf für Kinder und Jugendliche mit Fluchterfahrung an öffentlichen Schulen soll mit den Mitteln für die Schulsozialarbeit ange- passt und verstärkt werden. Durch die Mittel für die Jugendberufshelfer sollen junge Flüchtlinge mit sozialpädagogischem Unterstützungsbedarf

43 Vgl. Baden-Württemberg/Landkreistag Baden-Württemberg/Städtetag Baden- Württemberg/Gemeindetag Baden-Württemberg (2017a), S. 2f., Anlage 23.

(28)

beraten und begleiten werden, um so einen guten Übergang von der Schule in den Beruf zu ermöglichen.44

Spracherwerb fördern

Durch die Mittel des Paktes soll neben den ergänzenden Sprachkursan- gebote (VwV Deutsch für Flüchtlinge in Kapitel 3.3.1) eine Erweiterung um zielgruppenorientierte Angebote, wie z. B. spezielle Angebote für Eltern oder die berufsbegleitende Teilnahme an Sprachkursen, in kommunaler Steuerung erreicht werden.45

Bürgerschaftliche Strukturen und das Ehrenamt unterstützen

Das Landesprogramm „Flüchtlingshilfe durch Bürgerschaftliches Engage- ment und Zivilgesellschaft“ soll mit den Mitteln des Pakts qualitativ weiter- entwickelt und neu ausgerichtet werden. Den sich ändernden Rahmenbe- dingungen und dem Erfordernis langfristiger Integrationsprozesse soll da- bei Rechnung getragen werden.

3.3 Förderprogramme

Förderprogramme sind übliche Mittel der Politik, um Fördermittel unter verbindlichen Regeln für die Umsetzung von bestimmten politischen und wirtschaftlichen Zielen zur Verfügung stellen.46 Dabei werden für die ver- schiedenen Förderungen Verwaltungsvorschriften (VwV) von den zustän- digen Ministerien erarbeitet, die als Richtlinie in Kraft treten und die die Rahmenbedingungen für die Förderung schaffen.

Es gibt sehr viele Förderprogramme und finanzielle Mittel, die für die Be- reiche Asyl, Migration und Integration zur Verfügung stehen. Nicht alle werden ausschließlich an die Kommunen gewährt, sondern auch an juris- tische Personen des Privatrechts oder des öffentlichen Rechts. So fördert

44 Vgl. Baden-Württemberg/Landkreistag Baden-Württemberg/Städtetag Baden- Württemberg/Gemeindetag Baden-Württemberg (2017a), S. 6, Anlage 23.

45 Vgl. Baden-Württemberg/Landkreistag Baden-Württemberg/Städtetag Baden- Württemberg/Gemeindetag Baden-Württemberg (2017a), S. 6, Anlage 23.

46 Vgl. Wikipedia, Anlage 24.

(29)

die EU z. B. mit dem Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds (AMIF) Pro- jekte von Organisationen oder anderen Trägern mit den Schwerpunkten Weiterentwicklung und Stärkung des Gemeinsamen Europäischen Asyl- systems, legale Zuwanderung und Integration von Drittstaatenangehöri- gen47 sowie der Rückkehr.48

Ein weiterer Schwerpunkt der Förderprogramme in dem Bereich der Flüchtlingsarbeit ist aber auch die Integration. So hat das Land Baden- Württemberg ein Förderprogramm „Integration durch Ausbildung – Per- spektiven für Flüchtlinge“ ins Leben gerufen, mit dem 27 Träger gefördert werden.49 Mit einem Fördervolumen 1,8 Mio. Euro werden 37,5 Stellen bei Handwerks-, Industrie- und Handelskammern, Sozialen Bildungsträgern und Landkreisen gefördert, um junge Flüchtlinge zu betreuen und ihnen dabei zu helfen, einen Ausbildungs- oder Praktikumsplatz zu finden.50 Folgend werden ausgewählte Förderprogramme, die u.a. an die Kommu- nen gewährt werden beschrieben und erläutert, was förderfähig ist und wer genau förderberechtigt ist.

3.3.1 VwV Deutsch für Flüchtlinge

Die Verwaltungsvorschrift des Ministeriums für Integration über die Ge- währung von Zuwendungen an Stadt- und Landkreise zur Förderung von Deutschkenntnissen bei Asylbewerbern und Flüchtlingen in Baden- Württemberg wurde im Rahmen des Programms „Chancen gestalten – Wege der Integration in den Arbeitsmarkt öffnen“ am 16. Juli 2015 be- schlossen. Diese wurde mit Beschluss vom 1. Juni 2016 geändert und verlängert. Gefördert werden mit dieser VwV die bestehenden Angebote der beruflichen Erprobung und des ergänzenden Sprachkursangebots, die neben den Integrationskursen des Bundes angeboten werden. Laut der

47 Dies sind Personen, die nicht eine Staatsangehörigkeit eines Mitgliedstaates der EU besitzen.

48 Vgl. Gehler/Leiß (2015), S. 170 f..

49 Vgl. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, Anlage 25.

(30)

VwV sollen außerdem dadurch die Lücken geschlossen und den Beteilig- ten die bisher fehlenden Informationen und Mittel bereitgestellt werden.

Die Steuerungsfunktion der Stadt- und Landkreise soll ebenfalls durch das Förderprogramm gestärkt und das synergetische Zusammenspiel in den Netzwerken vor Ort gefördert werden.

In Form der Festbetragsfinanzierung standen dabei im ersten Förderzeit- raum (2015 bis Ende Juli 2016) 3,4 Mio. Euro zur Verfügung. Insgesamt wurden 33 Stadt- und Landkreise gefördert, die 441 Grund- oder Aufbau- kurse anboten, welche von 4.126 Teilnehmern erfolgreich abgeschlossen wurden. Im zweiten Förderzeitraum (August 2016 bis Ende Juli 2017) wurden 4,2 Mio. Euro an 38 Stadt- und Landkreise bewilligt. Es wurde da- bei prognostiziert, dass es ca. 7.000 Teilnehmer für die Maßnahmen ge- ben wird. Eine genaue Zahl kann aber vom Ministerium für Soziales und Integration BW noch nicht genannt werden, da die Auswertung der Sach- berichte noch nicht abgeschlossen ist. In der dritten Förderperiode (Au- gust 2017 bis Ende März 2018) werden derweilen 38 Stadt- und Landkrei- se mit zunächst 2 Mio. Euro gefördert.51 Nach der VwV können die Zu- wendungen von den Stadt- und Landkreisen in öffentlich-rechtlicher Form ganz oder teilweise an kreisangehörige Gemeinden weitergeben werden.

3.3.2 VwV-Integration52

Die Verwaltungsvorschrift vom Ministerium für Integration, die als Grund- lage der Förderung dient, ist am 29. August 2013 in Kraft getreten und wurde durch das Ministerium für Soziales und Integration im Rahmen der Änderung der VwV-Integration am 5. September 2016 geändert. Dabei wird die gesellschaftliche Teilhabe und Integration in Kreisen, Städten, Gemeinden sowie freien Trägern gefördert.53 Konkret bedeutet dies nach

50 Vgl. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg: Referat - Berufliche Ausbildung (2017), Anlage 26.

51 Vgl. Ministerium für Soziales und Integration: Referat 42 - Integration durch Sprache und Teilhabe (2017), Anlage 27.

52 Hinweis: Die VwV-Integration befindet sich zurzeit in der Überarbeitung. Es können ggf. schon Änderungen eingetreten sein.

53 Vgl. Ministerium für Integration BW - Pressestelle (2016), Anlage 28.

(31)

Abschnitt A Nr. 2 der VwV-Integration, dass die Förderbereiche Elternbe- teiligung, mit z. B. Bildungslotsen, Teilhabe und Antidiskriminierung, wie z.

B. die soziale Beratung und Bereuung für Menschen mit Migrationshinter- grund, sowie die Stärkung kommunaler Integrationsstrukturen finanziell unterstützt und gefördert werden.

Seit der Förderrunde 2016 stehen aufgrund des hohen Flüchtlingszugangs weitere finanzielle Mittel für die Einrichtung oder Aufstockung einer Stelle eines Integrations- oder Flüchtlingsbeauftragten auf kommunaler Ebene zur Verfügung.54 Ziel des Förderprogramms ist die nachhaltige Ausrich- tung der Integrationsarbeit vor Ort.55 Die Förderung wird in Form eines Zuschusses und in der Regel mit 60 % der zuwendungsfähigen Ausgaben von der L-Bank BW gewährt. Die Stadt- und Landkreise, sowie die Kom- munen sind antragsberechtigt und müssen im Antrag fachlich qualifizierte und zuverlässige Träger und Akteure der Maßnahmen, an denen Migran- ten zu beteiligen sind, nachweisen.56

Nach Auskunft des Ministeriums für Soziales und Integration BW wurden in den bisherigen Förderrunden (2013 bis 2017) über alle Förderbereiche hinweg insgesamt 1.335 Förderanträge gestellt, von denen 839 Förderan- träge bewilligt wurden. Das Gesamtvolumen des Förderprogramms beläuft sich dabei auf rund 35 Mio. Euro.57 Allein in der Förderrunde 2017 wurden landesweit 153 Projekte gefördert, wovon 137 Projekte mit einem Volu- men von 5,3 Mio. Euro auf die Förderung der Integrationsbeauftragten fallen. Dabei wurden 71 Neu- und 24 Verlängerungsanträge für Integrati- onsbeauftragte gestellt. Die weiteren 16 Projekte wurden in den Förderbe- reichen Elternbeteiligung sowie Teilhabe und Antidiskriminierung mit ei- nem Fördervolumen von 680.000 Euro gefördert.58

54 Vgl. Ministerium für Soziales und Integration Baden-Württemberg - Pressestelle (2016), Anlage 29.

55 Vgl. Ministerium für Integration BW - Pressestelle (2016), Anlage 28.

56 Vgl. Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (Jahr 2017), Anlage 30.

57 Vgl. Ministerium für Soziales und Integration: Referat 41 - Strukturelle Integration, Res- sourcensteuerung (2017), Anlage 31.

58 Vgl. Ministerium für Soziales und Integration BW - Pressestelle (2017), Anlage 32.

(32)

3.3.3 VwV Wohnraum für Flüchtlinge

Das Finanz- und Wirtschaftsministerium hat am 9. Februar 2015 mit In- krafttreten zum 2. Januar 2015 die Verwaltungsvorschrift Wohnraum für Flüchtlinge beschlossen. In diesem Landesprogramm wurde die Schaf- fung von neuem Wohnraum für die gemeindliche Anschlussunterbringung von Flüchtlingen im Rahmen des § 17 FlüAG in den Gemeinden bei Si- cherung angemessener Miethöhen gefördert. Dabei wurden die Maßnah- men für den Erwerb neuen Wohnraums (Wohnraum muss nach Erwerb zur Verfügung stehen), für Wohnungsbau (Schaffung von Wohnraum in neuem selbstständigem Gebäude durch Baumaßnahmen) und Ände- rungs- und Erweiterungsmaßnahmen (Beseitigung von Schäden) geför- dert. Die Zuwendungen wurden als Zuschuss im Wege der Festbetragsfi- nanzierung in der Regel mit 25 % der Erwerbskosten bzw. der Investiti- onskosten von der L-Bank BW an die förderberechtigten Gemeinden ge- währt. Die Förderung war nicht mit anderen Finanzierungen des geförder- ten Wohnraums wie Mitteln des Landes (außer dem Ausgleichstock), ge- förderten Darlehen des Landeswohnraumförderungsprogramms, Bun- desmitteln oder EU-Mitteln und Mitteln aus der Städtebauförderung kumu- lierbar.

Die VwV ist zum Stichtag 3. April 2017 in das allgemeine Wohnraumför- derprogramm „Wohnungsbau BW 2017“ des Landes überführt und somit außer Kraft gesetzt worden.59 In dieser VwV des Wirtschaftsministeriums BW wird der Neubau, Änderungs- und Erweiterungsmaßnahmen, der Er- werb und die Modernisierung von Sozialmietwohnraum an gewerbliche, genossenschaftliche, kommunale und andere Investoren, Privatpersonen sowie Wohnungseigentümergemeinschaften im Allgemeinen gefördert.

Die Förderung erfolgt je nach Förderbereich durch zinsverbilligte oder zinslose Darlehen und Zuschüsse bzw. Tilgungszuschüsse.60 Nach Nr. 6

59 Vgl. Gemeindetag Baden-Württemberg (2017), Anlage 19.

60 Vgl. Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau Baden-Württemberg, Anlage 33.

(33)

der VwV Wohnungsbau BW 2017 tritt diese mit Inkrafttreten der VwV zum Förderprogramm Wohnungsbau BW 2018 außer Kraft.

3.4 Übernahme der Kosten der Unterkunft nach dem SGB II

Nicht nur die Länder unterstützen die Kommunen mit finanziellen Mitteln direkt im Zuge der Flüchtlingskrise und der Integrationsarbeit. Auch der Bund leistet, wie z.B. in Kapitel 3.2 beschrieben, im Rahmen der Integrati- onspauschale, seinen Beitrag dazu. Mit dem Gesetz zur Beteiligung des Bundes an den Kosten der Integration und zur weiteren Entlastung von Ländern und Kommunen wird die Einigung vom 16. Juni 2016 zwischen Bund und Ländern umgesetzt. Dieses Gesetz trat zum 1. Dezember 2016 in Kraft und regelt, dass der Bund unter anderem die Kosten für Unterkunft und Heizung (KdU) der anerkannten Asyl- und Schutzberechtigten im SGB II für die Jahre 2016 bis 2018 vollständig übernimmt.

4 Empirische Erhebung

Im Rahmen dieser Bachelorarbeit wurde eine empirische Erhebung in Form einer Umfrage im Landkreis Heilbronn durchgeführt. Der Grund hier- für liegt darin, dass noch keine Untersuchungen bzgl. der finanziellen Un- terstützung von Bund und Land an die Kommunen während der Flücht- lingskrise vorliegen. Die Durchführung und Auswertung der Untersuchung bildet den Schwerpunkt dieser Arbeit.

4.1 Umfrage

Das empirische Instrument dieser Bachelorarbeit bildet eine Befragung der 46 Städte und Gemeinden im Landkreis Heilbronn mit einem eigens erstellten, standardisierten Fragebogen. Umfragen in Form eines standar- disierten Fragebogens zählen zu den quantitativen empirischen For- schungen.61 Sie ermöglichen, die Meinungen und Ansichten einer größe-

61 Vgl. Schumann (2012), S. 1.

(34)

ren Anzahl von Personen und wie in diesem Fall Kommunen, zu erörtern und auszuwerten.

Zur Ermittlung der Ansichten und Lage der Kommunen im Landkreis Heil- bronn über die finanzielle Unterstützung von Bund und Land während der Flüchtlingskrise ist das Mittel der quantitativen empirischen Forschung passend. Durch die Umfrage wurde ermöglicht, dass in begrenzter Zeit eine große Anzahl an Lagebeschreibungen und Ansichten zum Thema dieser Bachelorarbeit gesammelt werden konnten.

Für die Befragungsart der Umfrage wurde die Online-Umfrage gewählt.

Diese hat die Vorzüge, dass geringe Kosten, nur im Rahmen der Entwick- lung und Auswertung, entstehen, eine schnelle Durchführung sowie Aus- füllung den Befragten ermöglicht wird und der Rücklauf jederzeit kontrol- lierbar ist und ausgewertet werden kann. Daher bietet diese Erhebungsart große methodische und technische Vorteile.62

4.1.1 Aufbau des standardisierten Fragebogens

Zu Beginn der Konzeption eines standardisierten Fragebogens63 wird ge- klärt, welchem Ziel und Zweck die Befragung dienen soll und welche Er- wartungen an die Umfrage gestellt werden. Im Falle dieser Bachelorarbeit soll mit der Umfrage herausgefunden werden, welche Förderprogramme von den Kommunen im Rahmen der Flüchtlingskrise in Anspruch genom- men werden und ob diese ausreichend und passend sind. Außerdem soll geklärt werden, ob es finanzielle Unterstützungen von Bund und Land gibt, die schlecht konzipiert oder sogar unnötig sind und wo es Handlungsbe- darf in den verschiedenen Unterstützungsbereichen gibt. Es geht schluss- endlich um die übergeordnete Frage, ob die Beschwerden der unzu- reichenden Unterstützung mancher Kommunen gerechtfertigt sind.

62 Vgl. Jacob/Heinz/Décieux (2013), S. 109ff.

63 Standardisierter Fragebogen, Anlage 34.

(35)

Bei der Konkretisierung des standardisierten Fragebogens wurde darauf geachtet, dass die Fragen vom Allgemeinen zum Konkreten gestellt wur- den und der rote Faden des Fragebogens sichergestellt ist.

Die ersten beiden Fragen des standardisierten Fragebogens wurden da- her im Bereich der allgemeinen Informationen der Kommune gestellt: zum einen wird die Größe der Kommune anhand der Einwohnerzahl abgefragt, zum anderen das Haushaltsvolumen der Kommune. Dabei wurde zuerst das HH-Volumen in der Kameralistik und dem NKHR definiert. Diese Fra- ge wurde als offene Frage gestellt, da das HH-Volumen einer Gemeinde unterschiedlich hoch sein kann, je nach Gewerbesteuereinnahmen und sonstigen Einkünften. Im nächsten Frageblock geht es um die Flüchtlinge in den Kommunen. Alle drei Fragen werden als offene Fragen gestellt. Die Flüchtlinge in der vorläufigen Unterbringung, sowie in der Anschlussunter- bringung und die geschätzten jährlichen finanziellen Belastungen durch die Aufnahme der Flüchtlinge werden dabei abgefragt. Anschließend sol- len Fragen zu der finanziellen Unterstützung beantwortet werden. Dafür werden die verschiedenen Förderprogramme von Bund und Land aufge- zählt, sowie eine Antwortmöglichkeit „Keine“ und „Sonstige“ für offene Antwortmöglichkeiten der Befragten. Bei dieser Frage sind Mehrfachnen- nungen möglich, was für die Befragten unter der Frage vermerkt wurde.

Die siebte Frage ist in Form des Likert-Items gestellt. Dabei werden sieben Statements und Aussagen vorgelegt, die auf einer Antwortskala einge- schätzt werden sollen.64 Die Antwortmöglichkeiten wurden hier durch eine fünfgliedrige Ordinal-Skala vorgegeben. Durch die Antwortmöglichkeit

„teils/teils“ wird der Befragte nicht zu einer Entscheidung in die ein oder andere Richtung gezwungen und hat daher eine Ausweichmöglichkeit in der Mitte.65 Die nächsten Fragen sind weiterführende Fragen zu den Mei- nungen in den einzelnen Kommunen. Dabei werden Fragen in den Berei- chen fehlende Unterstützung, Ausbau sowie Verbesserungsmöglichkeiten von Förderprogrammen gestellt. Alle Fragen wurden als halboffene Fra-

64 Vgl. Schumann (2012), S. 37.

65 Vgl. Mayer (2013), 93/94.

(36)

gen mit Mehrfachantwortmöglichkeiten gestellt. Anschließend wird eine Frage zur Verzichtbarkeit von finanzieller Unterstützung in Form einer ge- schlossenen Frage gestellt. Die letzte Frage ist wieder als offene Frage gestellt. Dabei wird abgefragt, wie die Meinung in der Kommune zu dem Thema ausreichende finanzielle Unterstützung von Bund und Land wäh- rend der Flüchtlingskrise ist. Diese letzte Frage gilt als Abschlussfrage und kann von den Befragten beantwortet werden, um Meinungen und Bemer- kungen zu machen, welche ggf. nicht im Fragebogen abgefragt werden.

Insgesamt werden 13 Fragen gestellt, die in maximal sieben Minuten be- antwortet werden können. Bei der Aufstellung des Fragebogens wurde auf die Länge und Kompaktheit besonders geachtet, da die Teilnehmer alle freiwillig und innerhalb der Arbeitszeit daran teilnehmen.

4.1.2 Durchführung der Befragung

Bei der Durchführung der Befragung muss zuerst eine passende Stich- probe gefunden werden, da aus Kosten- und Zeitgründen nicht alle Kom- munen des Landes Baden-Württemberg befragt werden können. Nach Rücksprache mit dem Erst- und Zweitgutachter wurde die Stichprobe auf die Kommunen im Landkreis Heilbronn festgelegt. Durch die Auswahl aller Städte und Gemeinden im Landkreis Heilbronn werden 46 unterschiedli- che Kommunen befragt.

Nach Aufstellung des standardisierten Fragebogens und Festlegung der Stichprobe wurde ein Begleitschreiben mit dem Umfragelink von Herrn Preuss an die ausgewählten Stellen, die Kämmereien der Städte und Ge- meinden im Landkreis Heilbronn, versendet. Dies sorgt für eine größere Akzeptanz in den Kommunen und ist hilfreich, die Bereitschaft zur Mitwir- kung der Befragten zu erhöhen, die üblicherweise zeitlich begrenzte Res- sourcen haben.

(37)

4.1.3 Auswertung der Befragung

Alle beendeten Umfragen, die bis zum 17. August 2017, abgeschlossen wurden, fanden Berücksichtigung in der Auswertung. Es nahmen insge- samt 24 von möglichen 46 Teilnehmern teil, dies entspricht einer Rück- laufquote von 52,2 %. Davon sind nur 17 Umfragen vollständig ausgefüllt und beendet worden. Eine Auswertung kann nur anhand der beendeten Umfragen stattfinden, da bei nicht beendeten Antworten teilweise nur zwei Fragen beantwortet wurden, die nicht zum Ziel und Zweck der Befragung beitragen. Somit liegt die Rücklaufquote der teilgenommenen und abge- schlossenen Umfragen bei 37,0 %.

Nachfolgend werden die wichtigsten Ergebnisse der empirischen Erhe- bung dargestellt. Es wurde durchgehend auf eine Nachkommastelle ge- rundet und daher können geringe rundungsbedingte Abweichungen ent- stehen. In den Anlagen66 kann die detaillierte Auswertung des Fragebo- gens eingesehen werden.

Wie bereits angemerkt, haben insgesamt 17 Kommunen67 an der Befra- gung teilgenommen. Hiervon waren elf Kommunen (64,7 %) kleiner als 5.000 Einwohner; zwei Kommunen (11,8 %) haben zwischen 5.000 und 10.000 Einwohner; je eine Kommune (5,9 %) mit 10.000 bis 15.000 Ein- wohner und 15.000 bis 20.000 Einwohner und zwei Kommunen (11,8 %) haben über 20.000 Einwohner.

66 Auswertung des standardisierten Fragebogens (umfrageonline.com), Anlage 35.

67 Auswertung Frage 1, Anlage 36.

(38)

64,7%

11,8%

5,9%

5,9%

11,8%

Kommunengröße der Befragungsteilnehmer

Bis 5.000 Einwohner 5.000 bis 10.000 Einwohner 10.000 bis 15.000 Einwohner 15.000 bis 20.000 Einwohner mehr als 20.000 Einwohner Abbildung 5: Einwohnerzahlen der teilgenommenen Kommunen

Quelle: eigene Darstellung

Bei den Haushaltsvolumina der 17 Städte und Gemeinden sind Große Un- terschiede zu sehen.68 Der Minimalwert liegt bei 1 Mio. Euro und der Ma- ximalwert bei 69 Mio. Euro. Aus der Gesamtzahl sämtlicher teilnehmender Kommunen ergibt sich ein arithmetischer Mittelwert von 20,3 Mio. Euro.69 Bei den angegebenen jährlichen Ausgaben im Rahmen der Aufnahme von Flüchtlingen ergibt sich ein ähnliches Bild. Der Minimalwert liegt bei keinen Ausgaben (0 Euro)70 und der Maximalwert bei 11 Mio. Euro. Bei diesem Maximalwert ist aber von einer Falschangabe auszugehen, da das ange- gebene Haushaltsvolumen bei 6 Mio. Euro liegt. Durch den Ausschluss dieser Angabe von 11 Mio. Euro ergibt sich ein arithmetisches Mittel von 56.000 Euro71 bezüglich der jährlichen Ausgaben für die Aufnahme von Flüchtlingen.

Durch die Angaben des Haushaltsvolumens und den jährlichen Flücht- lingsausgaben kann festgestellt werden, dass im arithmetischen Mittel

68 Auswertung Frage 1 – 5, Anlage 37.

69 Auf 100.000 Euro gerundet.

70 Es handelt sich hier ggf. um eine Falschangabe, die nicht nachgeprüft werden kann.

71 Auf Tausend Euro gerundet.

(39)

9

7

2

1

2 2

0 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10

keine VwV

Integration

VwV Wohnraum

für Flüchtlinge

VwV Deutsch für

Flüchtlinge

Pakt für Integration

Andere

Inanspruchnahme der

Förderprogramme von den Kommunen

0,28 % des Haushaltsvolumens für die Flüchtlinge in den Kommunen aus- gegeben wird.

Die sechste Frage72 gibt Aufschluss über die Inanspruchnahme der För- derprogramme von Bund und Land. Insgesamt haben 52,9 % (9) der Kommunen keine Förderprogramme in Anspruch genommen. Mit 41,2 % (7) wurde das Förderprogramm VwV-Integration am häufigsten bean- sprucht. Das Förderprogramm VwV Wohnraum für Flüchtlinge, das nun in das allgemeine Förderprogramm „Wohnungsbau BW 2017“ umgewandelt wurde, haben 11,8 % (2) der Teilnehmer in Anspruch genommen. Das VwV Deutsch für Flüchtlinge hat eine Kommune (5,9 %) bezogen und 11,8

% (2) gaben an, aus dem Pakt für Integration Geld erhalten zu haben. Au- ßerdem gaben zwei Kommunen an, andere Förderprogramme bezogen zu haben. Dies seinen „Zuschüsse für die Einstellung eines Bufdis“ und das Förderprogramm „Gemeinsam in Vielfalt“.

Abbildung 6: Inanspruchnahme der Förderprogramme von den Kommunen

Quelle: eigene Darstellung

72 Auswertung Frage 6, Anlage 38.

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